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Veröffentlicht am 12.04.2022

Figuren der Weltliteratur aus einer psychologischen Warte betrachtet

Monster auf der Couch
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Inhalt: Es ist Dr. Jekyll, Carmilla, Dorian Gray und der Familie Frankenstein gelungen, durch die Zeit zu reisen. Hier, in der Gegenwart, begeben sie sich in die Praxis der Psychotherapeutin J. B., wo ...

Inhalt: Es ist Dr. Jekyll, Carmilla, Dorian Gray und der Familie Frankenstein gelungen, durch die Zeit zu reisen. Hier, in der Gegenwart, begeben sie sich in die Praxis der Psychotherapeutin J. B., wo sie auf Hilfe bei ihren persönlichen Problemen hoffen. Doch nach einigen Sitzungen verschwindet J. B. spurlos. Zurück bleiben nur die Akten, die sie über ihre Patienten geführt hat. Geben diese einen Hinweis darauf, was mit J. B. passiert ist?

Persönliche Meinung: In „Monster auf der Couch“ von Jenny Jägerfeld und Mats Strandberg begeben sich literarische Figuren der Schauerliteratur (im weiteren Sinne) in psychotherapeutische Behandlung. So trifft die Psychotherapeutin J. B. auf Dr. Jekyll und sein Alter Ego Mr. Hyde, die Familie Frankenstein (bestehend aus Dr. Frankenstein, dem „Monster“ und Elizabeth Lavenza), Dorian Gray und die Vampirin Carmilla und deren Freundin Laura (aus der Novelle „Carmilla“ von Joseph Sheridan Le Fanu). „Monster auf der Couch“ besitzt keine kontinuierliche Handlung: Jeder der vier Fälle wird in einer eigenen Akte dargestellt. Hierbei wird das Prinzip der literarischen Montage benutzt: Jede Akte setzt sich aus unterschiedlichen Schriftstücken wie Transkriptionen der Sitzungen, Bildern, E-Mails, Zeitungsausschnitten oder Auszügen aus anderen Büchern zusammen. Den größten Raum nehmen dabei die Transkriptionen der Sitzungen ein, die sich wie Interviews lesen. Demnach existiert innerhalb des Buches auch keine übergeordnete Erzählinstanz. Spannend ist, dass jeder Fall anders behandelt wird. Während es sich bei Dr. Jekyll/Mr. Hyde und Dorian Gray jeweils um Einzeltherapien handelt, wird bei den „Frankensteins“ eine Familientherapie durchgeführt. Bei Carmilla und Laura hingegen wird eine Paartherapie angeboten. In jeder der vier Therapien untersucht J. B. die psychischen Auffälligkeiten der Patienten und kategorisiert diese nach dem heutigen psychologischen Wissensstand. Um nur ein Beispiel zu nennen: Bei Dorian Gray diagnostiziert J. B. eine narzisstische Persönlichkeitsstörung. Daher werden innerhalb des Buches auch einige psychoanalytische Theorien/Modelle (wie bspw. das Freud’sche Instanzenmodell mit Es, Ich und Über-Ich) diskutiert. Spannend ist hierbei auch, wie die Welten der literarischen Figuren, die im 19. Jahrhundert leben, mit der Welt der Therapeutin (Gegenwart) aufeinandertreffen: Verhaltensmuster, die in der Vergangenheit (fälschlicherweise) pathologisiert worden sind, sind es heute nicht mehr, weshalb es zwischen J. B. und ihren Patienten jeweils zu einem Kulturclash kommt. Das Buch endet mit einem überraschenden Twist, der das Verschwinden von J. B. auflöst (Der Klappentext suggeriert, dass man bei der Aufklärung miträtseln kann. Das ist aber eher weniger der Fall). Das Buch ist sehr abwechslungsreich und detailliert gestaltet: Jede Akte setzt sich aus anderen Schriftstücken zusammen, die Schriftstücke besitzen unterschiedliche Layouts und teilweise finden sich kurze handschriftliche Notizen, Fotografien o.Ä. Insgesamt ist „Monster auf der Couch“ ein schön gestaltetes Buch, in dem Figuren der Weltliteratur aus einer psychologischen Warte betrachtet werden.

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Veröffentlicht am 09.04.2022

Weniger Adaption des Märchens und stärker Dystopie

Die Chroniken von Rotkäppchen - Allein im tiefen, tiefen Wald
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Inhalt: Ein Virus greift um sich. Die Welt, wie wir sie kennen, ist zusammengebrochen. Cordelia, von allen nur Red genannt, macht sich allein auf den Weg zum Haus ihrer Großmutter. Dort, umgeben von Wäldern, ...

Inhalt: Ein Virus greift um sich. Die Welt, wie wir sie kennen, ist zusammengebrochen. Cordelia, von allen nur Red genannt, macht sich allein auf den Weg zum Haus ihrer Großmutter. Dort, umgeben von Wäldern, hofft sie, dem Virus zu entkommen. Doch der Weg ist gefährlich…

Persönliche Meinung: „Die Chroniken von Rotkäppchen – Allein im tiefen, tiefen Wald“ ist ein dystopischer Roman von Christina Henry. Erzählt wird der Roman aus der personalen Erzählperspektive Reds. Der Plot orientiert sich an dem Märchen „Rotkäppchen“: Eine weibliche Protagonistin, die aufgrund ihres roten Sweatshirts „Red“ genannt wird, durchwandert Wälder, um zu ihrer Großmutter zu gelangen. Auch „Wölfe“ spielen eine Rolle, allerdings im übertragenen Sinne. Die Bezugnahmen auf das Märchen sind insgesamt aber eher grobmaschig. Eingebettet ist dieser Plot in ein dystopisches Setting: Ein Virus hat das Gesellschafts- und Wirtschaftssystem zum Erliegen gebracht; viele Menschen sind gestorben und die Überlebenden sind meist verroht. Stellenweise finden sich in der Handlung außerdem auch Horrorelemente („Die Chroniken von Rotkäppchen“ ist generell eine kleine Hommage an das Horrorgenre: Red schaute vor der Pandemie gerne Horrorfilme und vergleicht ihre Situation häufig mit diesen). Die Handlung ist unterteilt in die beiden Erzählstränge „Davor“ und „Danach“. Beide sind um ein bestimmtes, einschneidendes Ereignis gruppiert, wodurch Spannung entsteht. Während „Davor“ den Beginn der Pandemie behandelt, beschäftigt sich „Danach“ hauptsächlich mit dem Weg Reds zu ihrer Großmutter. Red ist zu Beginn der Handlung kein einfacher Charakter. Sie neigt dazu, Dinge zu zerdenken, was bei ihr dazu führt, dass sie besserwisserisch auftritt. Ab ca. der Hälfte der Handlung bricht dies aber auf. Hier macht Red eine besondere Begegnung und wird im Folgenden menschlicher und sympathischer. Die Handlung ist insgesamt stimmig und endet mit einem kleinen Twist. [KLEINER SPOILER: BEWERTUNG DES ENDES] Etwas schade fand ich, dass am Ende eine große Frage offenbleibt. Klar, es muss nicht immer alles beantwortet werden und oft besteht der Reiz bestimmter Erzählungen gerade in ihrer Vagheit. In „Die Chroniken von Rotkäppchen“ hätte eine Antwort die Handlung meiner Meinung nach aber besser abgerundet (zumal eine Figur die Antwort auch kennt, Red diese Figur mehrmals nach der Antwort fragt, die Figur sie aber nicht geben möchte). [SPOILER ENDE] Der Schreibstil von Christina Henry lässt sich angenehm und flüssig lesen. Insgesamt ist „Die Chroniken von Rotkäppchen – Allein im tiefen, tiefen Wald“ weniger eine Adaption des Märchens und stärker eine Dystopie mit Horroreinsprengseln. Als solche hat der Roman mir aber sehr gut gefallen.

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Veröffentlicht am 06.04.2022

Ein kurzweiliger Cosy-Krimi

The Maid
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Inhalt: London. Molly Gray arbeitet als Zimmermädchen im Regency Grand Hotel. Hier blüht sie auf, weiß genau, was zu tun ist, und führt ihren Job perfekt aus. Doch ihre Welt gerät aus den Fugen, als sie ...

Inhalt: London. Molly Gray arbeitet als Zimmermädchen im Regency Grand Hotel. Hier blüht sie auf, weiß genau, was zu tun ist, und führt ihren Job perfekt aus. Doch ihre Welt gerät aus den Fugen, als sie bei einer routinemäßigen Reinigung die Leiche Mr. Blacks, eines Stammgastes des Hotels, auffindet. Schnell steht fest: Mr. Black ist ermordet worden. Unversehens findet Molly sich inmitten der polizeilichen Ermittlungen wieder und avanciert – unfreiwillig – zur Hauptverdächtigen.

Persönliche Meinung: „The Maid – Ein Zimmermädchen ermittelt“ ist ein Kriminalroman von Nita Prose. Erzählt wird der Roman aus der Ich-Perspektive von Molly, die auch im Mittelpunkt des Krimis steht und in deren Gedankenwelt man ausführliche Einblicke erhält. Molly wird insgesamt detailliert und lebendig gezeichnet. Sie ist eine liebenswürdige Figur, die es aber nicht leicht hat. Ihre einzige Bezugsperson (ihre Großmutter) ist vor Kurzem gestorben, sodass Molly sich einsam und verloren fühlt. Gleichzeitig fällt es ihr schwer, neue Freunde zu finden: Dadurch, dass sie bei ihrer Großmutter aufgewachsen ist, ist sie teilweise weltfremd und zu gutgläubig. Besonders zu Beginn der Handlung weist Molly – soweit ich es beurteilen kann – leicht autistische Züge auf. Es fällt ihr schwer, die Mimik anderer Personen zu verstehen, und oft nimmt sie Redewendungen, Vergleiche o.Ä. wörtlich. Insgesamt ist sie voller Herzensgüte, was aber die Wenigsten sehen. Durch Mollys Arglosigkeit ist man ihr während der Lektüre immer einen Schritt voraus – so scheint es zumindest. Denn: Die Handlung endet mit einem überraschenden Twist, durch den Molly bedingt in einem anderen Licht erscheint. Die Ermittlungen im Fall „Mr. Black“ rücken durch den Fokus auf Molly in den Hintergrund, was mich persönlich aber nicht gestört hat. Den Untertitel „Ein Zimmermädchen ermittelt“ finde ich allerdings etwas irreführend. Molly selbst ermittelt eigentlich gar nicht so viel: Sie gerät unfreiwillig in den Fokus der Ermittlungen und bedarf eines besonderen Beistandes, um ihre Unschuld zu beweisen. In diesem Punkt lag für mich auch die Spannung des Romans: Wie gelingt es, die Ermittlerfiguren bzw. das Gericht von Mollys Unschuld zu überzeugen, obwohl Molly sich selbst immer weiter in Widersprüche verstrickt? Der Schreibstil von Nita Prose ist eingängig und lässt sich flüssig lesen. Insgesamt ist „The Maid“ ein kurzweiliger und unterhaltsamer Cosy-Krimi mit einer liebenswürdigen Protagonistin.

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Veröffentlicht am 03.04.2022

Die perfekte Sommerlektüre

Man vergisst nicht, wie man schwimmt
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Inhalt: Der 31. August 1999. In Bodenstein knallt die Sonne; die Hitze steht und die Luft flirrt. Der 15-jährige Pascal, von allen nur Krüger genannt, versucht den Tag in seinem Zimmer zu überstehen. Doch ...

Inhalt: Der 31. August 1999. In Bodenstein knallt die Sonne; die Hitze steht und die Luft flirrt. Der 15-jährige Pascal, von allen nur Krüger genannt, versucht den Tag in seinem Zimmer zu überstehen. Doch da hat er nicht mit seinem besten Freund Viktor gerechnet: Dieser überredet Krüger, zum Müller-Markt zu gehen, um gemeinsam „Tony Hawk’s Pro Skater“ zu spielen. Dort begegnen die beiden zufällig Jacky, einem Mädchen aus dem Zirkus, der gerade in Bodenstein gastiert. Ein Treffen, das Krügers Leben für immer verändern wird.

Persönliche Meinung: „Man vergisst nicht, wie man schwimmt“ ist ein Coming of Age-Roman von Christian Huber. Erzählt wird der Roman aus der Ich-Perspektive Pascals (aka Krügers). Die Handlung ist durchzogen von 90er Vibes. So finden sich einerseits viele Referenzen auf die Popkultur der (späten) 90er: Krüger und Viktor spielen „Tony Hawk’s“, der (befürchtete) Millennium-Bug wird thematisiert, typische Produkte (wie das Tamagotchi oder die Super Soaker) werden genannt und das Nokia 3210 spielt eine nicht geringe Rolle im Roman. Auch tönt der Sound der 90er durch „Man vergisst nicht, wie man schwimmt“: Goldfinger und Oasis werden ebenso abgespielt wie Eminem, Massive Töne oder die Red Hot Chili Peppers. Zur Handlung selbst möchte ich gar nicht so viel verraten. Nur: Es geht um Freundschaft, das Erwachsenwerden, das Verarbeiten traumatischer Erlebnisse und die erste Liebe. Eingeflochten in die Handlung sind außerdem kurze Geschichten Krügers: Dieser möchte Schriftsteller werden und schreibt in sein Notizbuch einzelne Kurzgeschichten, die aber keiner außer ihm sehen soll. Für Spannung innerhalb des Romans sorgt ein besonderes Geheimnis, das Krüger in sich birgt und das zum Ende der Handlung offenbart wird. Sehr gut hat mir auch gefallen, wie Christian Huber zwischen Leichtigkeit und Ernsthaftigkeit changiert. So heiter, fast unbekümmert der Roman beginnt, so bedeutungsvoll und ernst ist er zum Ende hin. Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich auch bei den drei Protagonisten Krüger, Viktor und Jacky. Auf den ersten Blick erscheinen sie als „normale“ Jugendliche (die übrigens lebendig gezeichnet sind). Je weiter die Handlung fortschreitet, desto stärker offenbart sich aber ihre Tiefgründigkeit. Das Ende ist bittersüß und könnte nicht perfekter sein. Der Roman lässt sich sehr flüssig lesen, benutzt Umgangs- und Jugendsprache, was sehr gut zu den Protagonisten passt. Insgesamt ist „Man vergisst nicht, wie man schwimmt“ ein spannender Coming of Age-Roman, den 90er Vibes durchziehen und der eine feine Liebesgeschichte besitzt. Er spielt in einer ähnlichen Liga wie Benedict Wells „Hard Land“, wobei mir persönlich „Man vergisst nicht, wie man schwimmt“ aufgrund der räumlichen und zeitlichen Nähe der Handlung (nicht Grady in den 80ern, sondern ein deutsches Kaff in den 90ern) noch einen Tacken besser gefallen hat. Schnipsinger!

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Veröffentlicht am 02.04.2022

Ein spannender Krimi mit einem beklemmenden Setting

Schneeblind
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Vorab: „Schneeblind“ ist der erste Band der „Dark-Iceland“-Reihe von Ragnar Jónasson. Der Thriller erschien bereits 2011 unter dem Titel „Schneebraut“ im S. Fischer Verlag.

Inhalt: Der junge Polizist ...

Vorab: „Schneeblind“ ist der erste Band der „Dark-Iceland“-Reihe von Ragnar Jónasson. Der Thriller erschien bereits 2011 unter dem Titel „Schneebraut“ im S. Fischer Verlag.

Inhalt: Der junge Polizist Ari lässt sich – sehr zum Leidwesen seiner Freundin – von Reykjavík nach Siglufjörður versetzen. In der abgeschiedenen Kleinstadt erwartet ihn eine verschworene Gemeinschaft, die Auswärtigen gegenüber distanziert ist. Zudem brüstet sich Aris Vorgesetzter damit, dass es in Siglufjörður keine Verbrechen gebe. Einsamkeit und mangelnde polizeiliche Aufgaben belasten Ari sehr. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse: Ein landesweit bekannter Schriftsteller wird nach einer Theaterprobe tot aufgefunden; kurze Zeit später entdeckt ein kleiner Junge eine bewusstlose Frau – und Ari ist der Einzige, der beides nicht als Unfall abtut.

Persönliche Meinung: „Schneeblind“ ist ein Thriller von Ragnar Jónasson. Erzählt wird der Thriller aus mehreren unterschiedlichen (personalen) Erzählperspektiven, wobei diejenige Aris die Hauptperspektive ist. Ari ist insgesamt eine interessante Ermittlerfigur: Seine Eltern sind früh verstorben. Eigentlich studiert er Theologie, hat dies aber auf Eis gelegt und eine Polizistenlaufbahn eingeschlagen. Außerdem liest er häufig und macht sich viele Gedanken über sein Handeln. Neben Ari werden die Perspektiven einiger Bewohner Siglufjörðurs eingenommen, sodass man einen anschaulichen Einblick in die innere Struktur des Ortes erhält. Gleichzeitig sorgt die Perspektivierung für Spannung: Jede Figur hat eine andere Beziehung zu dem toten Schriftsteller und macht sich eigene Gedanken zum „Unfall“, wobei man aber nicht weiß, wem man tatsächlich glauben kann. Zusätzliche Spannung entsteht durch einen undatierten Handlungsstrang: Während die Handlung hauptsächlich im Januar 2009 spielt, kann der undatierte Handlungsstrang bis zuletzt nicht genau eingeordnet werden, sodass man sich permanent fragt, wie er in das Gefüge der Handlung passt. Der Beginn des Thrillers ist eher ruhig: Es wird sich Zeit gelassen, die Figuren und den Handlungsort vorzustellen. Je weiter der Thriller voranschreitet, desto fesselnder wird er. Auch die beklemmende Atmosphäre des Handlungsortes nimmt stetig zu. Die Handlung setzt zwei Schwerpunkte: die Ermittlungen Aris und sein Privatleben (durch seinen Umzug nach Siglufjörður kriselt die Beziehung zwischen ihm und seiner Freundin). Beide Schwerpunkte halten sich schön die Waage. Die Auflösung des Thrillers ist sowohl überraschend als auch stimmig. Dabei hat mir – wie schon bei der Hulda/Helgi-Serie – besonders gefallen, dass das Verbrechen nicht von einem kriminellen Mastermind begangen worden ist: Jónasson versteht sich sehr gut darauf, die alltägliche Seite der Kriminalität literarisch zu verarbeiten. Der Schreibstil lässt sich flüssig lesen. Er ist pointiert und deutlich und passt dadurch perfekt zu der kargen Landschaft, in der der Thriller spielt. Insgesamt ist „Schneeblind“ ein düsterer, prägnant geschriebener Thriller, der durch ein beklemmendes Setting und eine sympathische Ermittlerfigur besticht.

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