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Veröffentlicht am 08.09.2023

Ein fesselnder Kurzkrimi mit einem eher konventionellen Ende

Augen ohne Licht
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Inhalt: Eine Frau erwacht in einem dunklen Raum. Wo sie ist, ist ihr unbekannt. Auch wie sie dort hingekommen ist, weiß sie nicht mehr. Ihr einziger Gedanke: Sie muss unbedingt den Raum verlassen, um zu ...

Inhalt: Eine Frau erwacht in einem dunklen Raum. Wo sie ist, ist ihr unbekannt. Auch wie sie dort hingekommen ist, weiß sie nicht mehr. Ihr einziger Gedanke: Sie muss unbedingt den Raum verlassen, um zu ihrer Familie – ihrem Mann Jake und ihrer Tochter Nancy – zurückzukehren.

Persönliche Meinung: „Augen ohne Licht“ ist ein Kurzthriller von S. K. Tremayne. Erzählt wird die Handlung aus der Perspektive einer (zunächst) namenlosen Ich-Erzählerin. Der Plot des Thrillers ähnelt einem Escape Room: Die Ich-Erzählerin sucht in dem dunklen Raum nach Hinweisen, die einerseits auf einen Ausweg aus dem Raum, andererseits auf die Person, die sie gefangen hält, hindeuten könnten. Spannung entsteht – neben der generellen Rätselhaftigkeit des Raumes – vor allem dadurch, dass die Ich-Erzählerin als unzuverlässig auftritt: Permanent hat man während der Lektüre das Gefühl, dass irgendein Umstand im Hintergrund abläuft, der der Ich-Erzählerin eigentlich bekannt ist, den sie aber nicht greifen kann. Der Plot ist – da man bis zuletzt nicht mit voller Sicherheit sagen kann, warum die Ich-Erzählerin eingesperrt ist – fesselnd; die Auflösung (mit ihrem Twist) war für mich allerdings letztlich doch etwas zu prototypisch und konventionell. Der Schreibstil von S. K. Tremayne lässt sich flüssig und angenehm lesen. Insgesamt ist „Augen ohne Licht“ ein fesselnder und spannender Kurzthriller, dessen Ende mich allerdings nicht vollends überzeugen konnte.

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Veröffentlicht am 06.09.2023

Ein Sommerroman, der bei aller Leichtigkeit nicht vor ernsten Themen zurückschreckt

Heartbreak
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Inhalt: Tom hat einen Höhepunkt in seiner bisherigen Karriere erreicht: Er wird die Hauptrolle im neuen „Bello“-Film spielen – einem der gehyptesten Filme Deutschlands. Allerdings kommt es kurz vor Drehbeginn ...

Inhalt: Tom hat einen Höhepunkt in seiner bisherigen Karriere erreicht: Er wird die Hauptrolle im neuen „Bello“-Film spielen – einem der gehyptesten Filme Deutschlands. Allerdings kommt es kurz vor Drehbeginn zu einem Skandal, der nicht spurlos an Tom vorbeigeht. Auch das Leben von Marie ändert sich von einem Tag auf den anderen. In den letzten Monaten ging es ihr mental immer besser – auch durch die Unterstützung von Emil, ihrem Freund. Doch dieser bricht den Kontakt plötzlich ab, scheint spurlos verschwunden zu sein. Tom und Marie könnten nicht unterschiedlicher sein – und doch kreuzen sich ihre Wege unerwartet in der Toskana.

Persönliche Meinung: „Heartbreak“ ist ein Sommerroman von Tarkan Bagci. Erzählt wird die Handlung wechselweise aus den personalen Perspektiven von Tom und Marie. Beide Figuren sind lebendig und sympathisch gezeichnet, wobei Marie eine besondere Tiefe besitzt. Sie ist an einer Depression mit Zwangsstörung erkrankt, wobei dies in enttabuisierender Weise offen, authentisch und einfühlsam beschrieben wird. Neben psychischen Erkrankungen wird (vor allem im Handlungsstrang von Tom) ein weiterer gesellschaftlich wichtiger Gegenstand thematisiert: die Schattenseiten von Social Media wie bspw. die Unmittelbarkeit der Kommunikation, die ständige Erreichbarkeit und die dynamische, sich rasant formierende Mob-Mentalität. Trotz dieser ernsten Themen kommt aber auch die Leichtigkeit innerhalb des Romans nicht zu kurz: Gewürzt ist „Heartbreak“ mit einer schönen Prise Humor und spätestens, wenn Tom und Marie gemeinsam die sonnigen Tage und lauen Nächte der Toskana miteinander verbringen, kommen Sommergefühle auf. Spannung entsteht innerhalb von „Heartbreak“ durch zwei Aspekte. So fragt man sich während der Lektüre einerseits permanent, wie/ob Tom sich aus dem Skandal retten kann. Andererseits sorgt das seltsame Verhalten von Maries mysteriösem (Ex-)Freund für Spannung. Daneben entwickelt sich in „Heartbreak“ zudem eine zarte Liebesgeschichte. Der Schreibstil von Tarkan Bagci ist sehr eingängig und besitzt eine schöne Leichtigkeit, sodass man „Heartbreak“ sehr flüssig lesen kann. Insgesamt ist „Heartbreak“ ein Sommerroman der anderen Art, der einerseits voller Leichtigkeit ist, andererseits aber auch vor ernsten Themen nicht zurückschreckt.

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Veröffentlicht am 04.09.2023

Ein Coming of Age-Roman, der zum Wohlfühlen einlädt

Der große Sommer
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Inhalt: Die Sommerferien stehen an – doch für Friedrich werden sie ganz anders, als er sich vorgestellt hat. Seine Versetzung steht auf der Kippe: In Mathe und Latein hat er jeweils eine 5 kassiert, muss ...

Inhalt: Die Sommerferien stehen an – doch für Friedrich werden sie ganz anders, als er sich vorgestellt hat. Seine Versetzung steht auf der Kippe: In Mathe und Latein hat er jeweils eine 5 kassiert, muss in die Nachprüfungen und dementsprechend die Ferien hindurch lernen. Als wäre dies nicht genug, wird für ihn auch der alljährliche Familienurlaub gecancelt. Seine Ferien soll er bei seinen Großeltern verbringen – wobei sein Großvater ein wortkarger, konsequenter Mann ist, der Friedrich postwendend einen Lernplan vorlegt. Alles keine rosigen Aussichten – wären da nicht Friedrichs beste Freunde Alma und Johann. Und Beate, ein Mädchen, mit dem er kurz vor den Ferien im Freibad den Sprung seines Lebens gemacht hat.

Persönliche Meinung: „Der große Sommer“ ist ein Coming of Age-Roman von Ewald Arenz. Erzählt wird die Handlung, die hauptsächlich zu Beginn der 1980er-Jahre spielt, aus der Ich-Perspektive von Friedrich (genannt Frieder). Eine große Stärke des Romans ist die lebendige Zeichnung der auftretenden Figuren: Diese besitzen Ecken und Kanten, sind aber zugleich sehr liebenswürdig. Besonders Friedrichs Gefühls- und Gedankenwelt – mit allen Hoffnungen, Sorgen und Ängsten – wird authentisch sowie einfühlsam beschrieben, sodass man unweigerlich mit Frieder bangt und hofft. Erfrischend sind zudem die – mal leichten, mal tiefgründigen – Dialoge, die die Figuren miteinander führen. Die Coming of Age-Handlung des Romans besitzt drei inhaltliche Schwerpunkte. Einen Schwerpunkt bildet die Freundschaft (mit all ihren euphorisierenden Höhen und devastierenden Tiefen) zwischen Friedrich, Alma und Johann. Nicht minder eine Achterbahn der Gefühle ist der zweite Schwerpunkt: Eine zart beschriebene Liebesbeziehung, die sich zwischen Beate und Friedrich entspinnt. Zuletzt spielt auch die Beziehung zwischen Friedrich und seinem Großvater, über den Friedrich sein Bild revidieren muss, eine große Rolle innerhalb der Handlung. Insgesamt entwickelt sich „Der große Sommer“ durch diese drei Schwerpunkte zu einem Buch mit Wohlfühlatmosphäre, in dem die unterschiedlichsten Gefühle – von Euphorie, Liebe und Hoffnung über Enttäuschung, Wut und Trauer – thematisiert werden. Eingewoben in den Roman sind zudem immer wieder kluge, tiefgründige Betrachtungen über das Leben an sich. Neben dieser zu Beginn der 1980er-Jahre spielenden Haupthandlung findet sich zudem eine kleine Nebenhandlung, die in der „Gegenwart“ spielt: Der erwachsene Friedrich läuft – auf der Suche nach einem Grab – über einen Friedhof. Diese Nebenhandlung ist mein einziger kleiner Wermutstropfen in Bezug auf „Der große Sommer“: Zwar sorgt sie innerhalb des Romans konsequent für Spannung, doch bleibt sie für mich zuletzt zu offen (aber das ist insgesamt Meckern auf hohem Niveau). Der Schreibstil von Ewald Arenz besitzt eine besondere Leichtigkeit und Bildhaftigkeit, sodass sich „Der große Sommer“ sehr angenehm lesen lässt. Insgesamt ist „Der große Sommer“ ein schön geschriebener Coming of Age-Roman der tolle Charaktere besitzt und zum Wohlfühlen einlädt.

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Veröffentlicht am 30.08.2023

Eine eindrückliche Offenbarung einer Künstlerpersönlichkeit

De profundis
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Historischer Hintergrund zu „De profundis“: Seit 1891 hatte Oscar Wilde eine Beziehung mit dem britischen Aristokraten Lord Alfred Douglas. Douglas‘ Vater, John Douglas, war mit dieser Beziehung nicht ...

Historischer Hintergrund zu „De profundis“: Seit 1891 hatte Oscar Wilde eine Beziehung mit dem britischen Aristokraten Lord Alfred Douglas. Douglas‘ Vater, John Douglas, war mit dieser Beziehung nicht einverstanden, weshalb er Wilde auf perfide Weise mit Beleidigungen provozierte, die 1895 in einen Gerichtsprozess mündeten. In diesem wurden Wilde wegen „Unzucht“ zu einer zweijährigen Haft mit Zwangsarbeit verurteilt. Kurz vor seiner Entlassung, von Januar bis März 1897, schrieb Wilde einen Brief, den er an Alfred Douglas adressierte. Denn: Obwohl Douglas mehrfach in der Öffentlichkeit über Wildes Inhaftierung redete, besuchte er Wilde nie im Gefängnis. Dieser Brief wurde 1905 – etwas mehr als vier Jahre nach Wildes Tod – unter dem Titel „De profundis“ veröffentlicht.

Persönliche Meinung: „De profundis“ setzt sich thematisch mit zwei Schwerpunkten auseinander. Der erste Schwerpunkt ist die Beziehung, die Wilde und Douglas geführt haben. Wilde charakterisiert diese als hochgradig toxisch: Douglas habe Wilde permanent vom künstlerischen Schaffen abgehalten und ihn in parasitärer Weise finanziell sowie mental ausgebeutet. Mehrfach habe Wilde sich trennen wollen, doch es aus verschiedenen Gründen nicht geschafft. Dieser Part liest sich über weite Strecken wie eine Abrechnung, geht aber darüber hinaus: Wilde gibt nicht Douglas allein die Schuld an dem Defizitären der gemeinsamen Beziehung, sondern reflektiert im Laufe des Briefes auch seine eigenen Fehler. Der Ton des Briefes ist – trotz aller Schonungslosigkeit – tendenziell von Freundlichkeit geprägt. Der zweite Part des Briefes setzt sich mit dem künstlerischen Selbstverständnis Wildes auseinander, das sich durch die zweijährige Haft verändert hat. Wilde wolle sich der Demut zuwenden und den hedonistischen Lebensstil ablegen (auch Ideen für zukünftige schriftstellerische Projekte diskutiert Wilde hier). Zudem vergleicht er in einem Analogieverfahren das Leben Jesu mit dem eines Künstlers: Jesus wird in der Vorstellung Wildes zu einem romantischen, individualistischen Dichter. Durchzogen ist der Brief von Anspielungen auf und Zitation aus Werke(n) der Weltliteratur, deren Herkunft in der Diogenes-Ausgabe in einem Stellenkommentar geklärt wird. Der Erzählstil von „De profundis“ gleicht einem Monolog: Wilde schreibt seine Gedanken nieder, denkt aber immer eine (potenzielle) Erwiderung Douglas‘ mit. Abgerundet wird die Diogenes-Ausgabe durch ein Vorwort der Lyrikerin/Musikerin Patti Smith, in dem sie sich Oscar Wilde auf einer persönlichen Ebene annähert. Insgesamt ist „De profundis“ eine eindrückliche Offenbarung einer Künstlerpersönlichkeit – eine Offenbarung, die nicht nur aus der Tiefe des Gefängnisses, sondern auch aus derjenigen der Gefühlswelt stammt.

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Veröffentlicht am 28.08.2023

Ein spannender Mysteryroman über ein Familiengeheimnis

Der See der verlorenen Träume
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Inhalt: Nachdem die Lyra, die als Regieassistentin am Royal Opera Haus in London arbeitet, erfahren hat, dass ihr Partner sie betrügt, ist sie am Boden zerstört. Um Abstand zu der Situation zu gewinnen, ...

Inhalt: Nachdem die Lyra, die als Regieassistentin am Royal Opera Haus in London arbeitet, erfahren hat, dass ihr Partner sie betrügt, ist sie am Boden zerstört. Um Abstand zu der Situation zu gewinnen, schlägt ihre Großmutter Millie vor, dass Lyra ihre drei Großtanten in Kanada besucht – ein Zweig der Familie, bei dem Millie einen Teil ihrer Jugend verbracht hat, der Lyra aber völlig unbekannt ist. In Kanada könnte es nicht schöner sein: Ihre Großtanten heißen Lyra freudig willkommen; ihr Anwesen, Evergreen Hall, ist wunderschön – doch nachts hört Lyra ein seltsames Kratzen im Haus, das sie auf die Spur eines wohlgehüteten Familiengeheimnisses bringt…

Persönliche Meinung: „Der See der verlorenen Träume“ ist ein Mysteryroman von Josephine Katharina Groß, der sich um ein Familiengeheimnis dreht. Erzählt wird die Handlung aus den Perspektiven verschiedener Familienmitglieder auf drei unterschiedlichen Zeitebenen. Während der erste Handlungsstrang 1996 spielt, aus Lyras Perspektive erzählt wird und die Aufklärung des Familiengeheimnisses behandelt, spielt ein weiterer Erzählstrang zwischen 1939 und 1945. Dieser wird teils aus der Perspektive Millies, teils aus derjenigen Violets (einer Großtante) erzählt. Hier wird die Kindheit und das Erwachsenwerden von Lyras Großmutter und -tanten in Kanada thematisiert, wobei dieser Handlungsstrang von Coming of Age-Elementen durchzogen ist (besonders die (erste) Liebe und die Findung des eigenen Selbst spielen eine große Rolle). Zu dem dritten Handlungsstrang, der zeitlich zwischen den beiden genannten spielt, möchte ich mich lieber ausschweigen; die Spoilergefahr ist zu groß 🙃. Die drei unterschiedlichen Stränge werden im Wechsel erzählt, wobei dieser Wechsel (und die abschließende Zusammenführung) schön und stimmig komponiert ist. Neben Mystery, Coming of Age und Liebesgeschichte findet sich zudem in „Der See der verlorenen Träume“ mehrfach ein latenter Grusel: Dieser ist zwar eher leicht; es wird aber trotzdem eine Atmosphäre erzeugt, die bis ins Mark geht. Der Schreibstil von Josephine Katharina Groß ist anschaulich, bildhaft und lässt sich sehr flüssig lesen. Zudem ist „Der See der verlorenen Träume“ mit einigen schön atmosphärischen Illustrationen ausgestattet, die die handelnden Figuren sowie die Szenerie veranschaulichen. Insgesamt ist „Der See der verlorenen Träume“ ein spannender Mysteryroman, bei dem auch Lesende, die Coming of Age, Liebesgeschichten und Grusel mögen, nicht zu kurz kommen werden.

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