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Veröffentlicht am 07.06.2022

Der Appetit kommt beim Essen

Das Abendessen
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Den Roman könnte man gut mit „die Nacht der lebenden Toten“ [51] zusammenfassen. In „Das Abendessen“ von César Aira vermischen sich Fiktion mit Realität. Was ganz locker anfängt wird zusehends immer mehr ...

Den Roman könnte man gut mit „die Nacht der lebenden Toten“ [51] zusammenfassen. In „Das Abendessen“ von César Aira vermischen sich Fiktion mit Realität. Was ganz locker anfängt wird zusehends immer mehr zu einem Splattermovie. Solche Horrorszenarien kennt man von Stephen King oder auch von Bret Easton Ellis. Obwohl viel „in den alten Tod und erneuerte Schrecken“ [56] gehüllt ist, kommt Aira an die anderen Autoren nicht heran.
Der Schreibstil war angenehm und auch sprachlich gefiel mir das Werk gut. Das dünne Buch ließ sich durchweg gut und schnell lesen und die Idee hinter der Story klang interessant. Jedoch sprang der Funke nicht ganz über. Für mich fehlte hier eindeutig die Gefühlswelt, welche einen mitzittern und mitfiebern lässt. Obwohl reichlich passiert, ist die Spannung nicht so ausgebaut, dass man gefesselt wird. Insgesamt fehlten mir Emotionen und irgendeine Bindung, die ich hätte aufbauen können.

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Veröffentlicht am 30.05.2022

Sinnsuche

Von hier betrachtet sieht das scheiße aus
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Der Titel „Von hier betrachtet sieht das scheiße aus“ den der Autor Max Osswald für sein Werk gewählt hat, ist auf den ersten Blick erst einmal gewöhnungsbedürftig und hat mich auch kurz Zweifeln lassen, ...

Der Titel „Von hier betrachtet sieht das scheiße aus“ den der Autor Max Osswald für sein Werk gewählt hat, ist auf den ersten Blick erst einmal gewöhnungsbedürftig und hat mich auch kurz Zweifeln lassen, ob der Roman etwas für mich wäre. Der Klappentext hatte mich schließlich überzeugt, dass ich das Buch lesen müsste. Kurz vorab: Ich bin froh, dass ich es getan habe.
„Ich tauschte Zeit gegen Geld und Freude gegen Status und wusste dabei nie, was die eigentliche Währung des Lebens ist. Bis heute nicht.“ [21]
Der Protagonist Ben stellt alles in Frage, befindet sich auf einer Sinnsuche. Auf dem Weg zur Erkenntnis wird es ganz schön turbulent. Bei mir hat Max Osswald genau den Nerv getroffen. Die Mischung stimmt. Sprachlich, humorvoll und durchaus scharfsinnig beschreibt Osswald die gesellschaftlichen Themen, welche eine ganze Generation beschäftigen.
Für mich bringt er auch die schwierigen Themen mit einer ungeahnten Leichtigkeit zu Wort, dass es ein Lesevergnügen ist, wenn man Ben auf der Suche nach dem Sinn begleitet. Wie ich finde, ist das Ganze sehr pointiert geschrieben. So muss ansprechende Literatur sein.
„Am Ende bleibt sowieso nichts. Am Ende ist das Ergebnis dasselbe. Aber man lebt ja nicht für das Ende, sondern für das Zwischendrin.“ [240]

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Veröffentlicht am 20.05.2022

mal was Neues

Schreib oder stirb
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Wie so oft macht es die Mischung. Bei „Schreib oder stirb“ haben Sebastian Fitzek und Micky Beisenherz versucht, die richtige Mischung zu finden. Das ist ihnen, zumindest meiner Meinung nach, nicht ganz ...

Wie so oft macht es die Mischung. Bei „Schreib oder stirb“ haben Sebastian Fitzek und Micky Beisenherz versucht, die richtige Mischung zu finden. Das ist ihnen, zumindest meiner Meinung nach, nicht ganz gelungen.
„Damit Sie eine Vorstellung davon haben, wie spannend der Thriller werden kann, lasse ich Sie das alles persönlich durchleben.“ [115]
Dass dieses Buch anders ist, außergewöhnlich, ganz anders herkommt, als man es von einem „normalen“ Fitzek erwartet hätte, war bereits von vornhinein klar. Der Schreibstil ist bestens. Das Buch lässt sich schnell und flüssig lesen. Die Spannung ist vorhanden und die Fragen, welche sich normal in den Köpfen der Leser*innen bilden, werden hier offen gestellt und somit wird man aktiv mit ins Geschehen eingebunden.
Der Humor. Das ist bekanntlich so eine Sache. Für mich hätte er pointierter sein müssen. Auch hätte man ihn sparsamer verwenden können. So sah es für mich aus, als müsste nach X Zeilen immer ein Lacher kommen. Das hat für mich nicht immer gepasst.
Etwas gewöhnungsbedürftig fand ich, dass so vieles reales, z.B. von Droemer, eingebaut wurde und sich Fitzek selbst aufs Korn genommen hat.

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Veröffentlicht am 17.05.2022

Groteske Offenheit

Große Gefallen
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„Große Gefallen“ von Lillian Fishman gehört zu den Romanen, welche mich etwas zwiegespalten zurücklassen. Vom Anfang war ich sehr angetan. Die queere Protagonistin Eve gefiel mir ganz gut, auch die Thematik, ...

„Große Gefallen“ von Lillian Fishman gehört zu den Romanen, welche mich etwas zwiegespalten zurücklassen. Vom Anfang war ich sehr angetan. Die queere Protagonistin Eve gefiel mir ganz gut, auch die Thematik, die sich um Begehren und Beherrschen dreht, den Spagat zwischen diesen Themen und darum, wie weit Eve in der Dreiecksbeziehung gehen wird. Es sind die Betrachtungen der zwischenmenschlichen Begegnungen, die ich gut herausgearbeitet finde. Der Schreibstil, die Wortwahl und der teils poetische Blick sind wirklich gelungen.

„Das Meer liefert den Beweis für die Größe der Welt, das Meer zeigt, wie rund, großartig und monströs sie ist. Es steht für die Feier des Lebens, für Anziehung und Tiefe.“ [25]

Der Mittelteil und das Ende der Story konnten mich nicht ganz überzeugen. Hier hätte ich mehr erwartet. Mehr Reflektionen von Eve, mehr vom Inhalt und der gesamten Entwicklung. Fatimas Sichtweise ist die, die ich mir auch mehr bei Eve gewünscht hätte. Sie ist in ihren Betrachtungen nicht eingeschränkt und hat einen besseren Weitblick. „Ihre Definition von Liebe war viel umfassender.“ [152]

Insgesamt verfliegt mir die aufgebaute Aufregung zu schnell. Ab dem Mittelteil stellt sich, zumindest meiner Meinung nach, Monotonie beim Lesen ein.

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Veröffentlicht am 02.05.2022

Das reinste Leichenkabinett

Bullet Train
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„Bullet Train“ von Kotaro Isaka gehört zu den Büchern die mich persönlich richtig positiv überrascht haben. Die Story klang sehr vielversprechend und spannend. Man ist sofort in der Handlung und fühlt ...

„Bullet Train“ von Kotaro Isaka gehört zu den Büchern die mich persönlich richtig positiv überrascht haben. Die Story klang sehr vielversprechend und spannend. Man ist sofort in der Handlung und fühlt sich bei den Dialogen und dem Handeln ein bisschen an Quentin Tarantino erinnert. Die Dialoge haben Gewicht und auch die wunderbar herausgearbeiteten Charaktere tragen dazu bei, dass die Reise in dem Zug zu einem wahren Lesegenuss wird. „Optimismus kann tödlich sein.“ [21]
Mir gefällt der Schreibstil, die erfrischend anders erzählte Geschichte von Isaka und die dabei einfließenden Betrachtungen auf das Weltgeschehen, was ja weit über die eigentliche Handlung des Geschehens im Zug hinausgeht.
„Aber Grausamkeit ist keine Ausnahme, nichts, das nur in fernen Ländern passiert. Wir müssen hinsehen, dachte ich. Auch wir müssen unsere Schwäche und Verletzlichkeit akzeptieren.“ [82]
Die Charaktere haben Tiefgang. Je weiter man im „Bullet Train“ vorankommt, desto mehr Facetten der Protagonisten lernt man kennen. Auch hier wird man immer wieder auf das Neue überrascht. Das gilt auch für das Ende.
„Aber die USA oder die UNO werden nicht von Verantwortungsbewusstsein oder Moral gelenkt, sondern von Kalkül.“ [83]
Die Überschrift ist ein Zitat des Buches von Seite 277.

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