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Veröffentlicht am 20.08.2021

Adriaküste

Träume und Kulissen
1

Ein Cover mag einen dazu verleiten das Buch in die Hand zu nehmen, doch entscheidend ist, was sich zwischen den Buchdeckeln befindet. „Träume und Kulissen“ von Alida Bremer hat mich vom Klappentext sehr ...

Ein Cover mag einen dazu verleiten das Buch in die Hand zu nehmen, doch entscheidend ist, was sich zwischen den Buchdeckeln befindet. „Träume und Kulissen“ von Alida Bremer hat mich vom Klappentext sehr angesprochen. Das Cover fand ich etwas nichtssagend.
Was ich dann beim Lesen vorgefunden habe, hat mich überrascht. Im positiven Sinne. Was erst einmal nach einer simplen Geschichte, der Hauptprotagonist Mario Bulat ermittelt in einem Mordfall, klang, entpuppte sich als ein ganz besonderer Gesellschaftsroman.
„Das Meer lag vor der Stadt wie ein ewiges Kaleidoskop, dessen Farbe je nach Tages- und Jahreszeit wechselte und die Stimmung in der Stadt mit seinem Farbenspiel bestimmte.“ [115]
Wir befinden uns in der Adriaküste. Genauer gesagt im Jahre 1936 in Split. Mit ihrem ganz besonderen Schreibstil, wort- und bildgewaltig, bringt die Autorin den Leser*innen die lebhafte Atmosphäre der Stadt näher. Pointiert beschreibt sie das damalige Geschehen, lässt uns in das bunte Treiben eintauchen und an den Diskussionen, dem Klatsch und Tratsch der einzelnen und verschiedenen Charaktere teilhaben. Aus diesen ganzen Impressionen bekommt man ein gut herausgearbeitetes Gesellschaftsbild.
Der Blick auf die politische Lage, deren allmählichen Zuspitzung fand ich sehr gut beschrieben. „Ausgerechnet Deutschland, das Land, aus dem die meisten technischen Neuerungen stammen und nicht zuletzt auch die Mehrzahl unserer gut zahlenden Touristen, soll ein Unrechtsstaat sein?“ [291]
Wird in einem Moment noch über die Splitter Torte, „ein ultimativer Beitrag zum Weltfrieden“ [248], gesprochen, so versteht es Bremer perfekt den Blick wieder auf das politische Geschehen zu lenken. Sie gibt Einblicke in Land und Leute, deren Mentalität und hat dabei ein Auge für das Politische, den vorherrschenden Wandel, der auch vor der Adriaküste keinen Halt machen wird. „Die Nacht war ohne Sterne, was durchweg als schlechtes Zeichen gedeutet wurde.“ [262] Man verband in Split „die Erscheinungen der Natur immer mit dem Zustand der Welt.“ [262]
Bulat und sein Fall dienen als roter Faden, wobei er nicht immer im Vordergrund steht. Es ist eine fiktive Geschichte, die mit Fakten und sehr feinem Humor glänzt.

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Veröffentlicht am 16.08.2021

Gewalt wohin man schaut

Keine Ruhe in Montana
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Montana, ein Staat zum Erholen? Zumindest nach dem Lesen des Romans „Keine Ruhe in Montana“ von James Lee Burke lautet die Antwort: Nein. Vorweg, Teil 17 der Reihe "Dave Robicheaux" ist nicht der stärkste ...

Montana, ein Staat zum Erholen? Zumindest nach dem Lesen des Romans „Keine Ruhe in Montana“ von James Lee Burke lautet die Antwort: Nein. Vorweg, Teil 17 der Reihe "Dave Robicheaux" ist nicht der stärkste Band, aber wohl einer, in der die Charaktere die Gewalt ordentlich zu spüren bekommen.
„Mörderische Schwingungen lagen jedenfalls in der Luft, unsichtbar wie Viren, aber nicht weniger tödlich.“ [112]
Was am Anfang nach einem schön gemächlichen Einstieg in die Geschichte aussieht, wandelt sich zusehends, mit einer Schnelligkeit, nimmt Ausmaße an und äußerst sich dementsprechend auch in der derben Sprache, die ich von Burke so noch nicht kannte. Auf mich wirkt das Ganze stimmig. Wort- und Bildgewaltig beschreibt Burke die von ihm skizzierte Szenerie. Es ist ein Ausflug in die Seele der Vereinigten Staaten.
Wunderbare Landschaftsbeschreibungen und Charaktere, die facettenreich dargestellt sind und uns Leser*innen nicht unbedingt die Schokoladenseite zeigen, verknüpft der Autor zu einer Geschichte aus mehreren Stränge, welche am Ende perfekt zusammenlaufen.
„Ein Mord definiert sich fast immer über das Ausmaß an Grausamkeit, das in keinem Verhältnis zum auslösenden Impuls steht.“ [192]
James Lee Burke weiß wie man Geschichten erzählt. Die Übersetzung und das Korrekturart hätten besser sein können. "Die Pappeln am en von Blitzen erleuchtet" [180]. Aber insgesamt war es wieder ein schöner Krimi mit Dave, der sich diesmal etwas im Hintergrund gehalten hatte.

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Veröffentlicht am 16.08.2021

Düsternis um Duchess

Von hier bis zum Anfang
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„Von hier bis zum Anfang“ behandelt die Frage, was die 13-jährige Duchess, Hauptprotagonistin in dem Roman von Chris Whitaker, alles durchstehen muss, ohne wirklich selbst Kind zu sein. Es ist die Geschichte ...

„Von hier bis zum Anfang“ behandelt die Frage, was die 13-jährige Duchess, Hauptprotagonistin in dem Roman von Chris Whitaker, alles durchstehen muss, ohne wirklich selbst Kind zu sein. Es ist die Geschichte um ein kleines Mädchen, das sehr stark sein muss und dem zugleich viele tragische Momente widerfahren.
„Duchess betrachtete die grellen Lichter, die einst ihr Zuhause gewesen waren, den in der Dunkelheit versinkenden Schauplatz ihres Lebens.“ [110]
Tragik, emotionale Momente und Spannung kennzeichnen diese Geschichte, die die Leserinnen berührt und mitfiebern lässt. Auch wenn der Schreibstil wunderbar ist, so entfaltet der Roman sich erst mit dem unerwarteten Ende in voller Gänze.
Der Autor schafft es mit den gut herausgearbeiteten Charakteren Robin, Vincent, Walk und Hal, dem Leben um Duchess etwas Besonderes und tragisches, schweres und düsteres einzuhauchen. Die Leser
innen sind natürlich mit der Düsternis konfrontiert und sind damit auch emotional betroffen.
„Er hatte Angst vor dem was diese Glut mit ihr machen würde. Der geringste Windstoß genügte, und schon loderte sie auf.“ [116]

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Veröffentlicht am 01.08.2021

Pädagogische Fernwärme

Instagrammatik
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„Stell dir vor, du gehst mit Freunden was trinken, sie machen Fotos und verlinken dich nicht. Warst du dann überhaupt dabei?“ [41]
Mit „Instagrammatik“ zeigt der studierte Deutschlehrer Johannes Schröder, ...

„Stell dir vor, du gehst mit Freunden was trinken, sie machen Fotos und verlinken dich nicht. Warst du dann überhaupt dabei?“ [41]
Mit „Instagrammatik“ zeigt der studierte Deutschlehrer Johannes Schröder, dass die neuen Medien auch vor der Schule und den Lehrkräften nicht haltmachen.
„Die Schüler:innen vertrauen Ihnen, und um die Schule ins 21. Jahrhundert zu befördern, brauchen wir auch Sie.“ [84]
Passend dazu heißt es auch: G8 trifft 5G. Viel habe ich gelacht und auch ordentlich geschmunzelt. Es ist witzig und kurzweilig geschrieben. Aktuelle Themen dieser Zeit, unter anderem Fernunterricht unter Pandemiebedingungen, wird humoristisch gut aufgearbeitet. Man kann dabei sehr gut mitlachen, da einen vieles, wie unter anderem die Latenzzeit oder Verzögerungszeit bei Videokonferenzen, selbst betrifft. Auch der Chat-Verlauf des Messengers dürfte einem so in etwa bekannt vorkommen. Und wer hatte nicht schon mal an Digital Detox gedacht?
Die schöne neue Welt in einem ansprechenden Buch, dem es aber nicht ganz gelingt mit der Geschichte bis zum Ende zu überzeugen. Da entweicht ein bisschen der Dampf. Oder wie Herr Schröder wohl sagen würde: Ein paar Bytes bleiben auf der Strecke.

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Veröffentlicht am 30.07.2021

Gedanken lesen

Der dunkle Schwarm
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„Ein Gedanke von kolossaler Einfachheit und gewaltigem Gewicht: Hier wird es enden.“ [12]

Das Setting und die Umsetzung bei „Der dunkle Schwarm“ von Marie Graßhoff gefallen mir richtig gut. Temporeich ...

„Ein Gedanke von kolossaler Einfachheit und gewaltigem Gewicht: Hier wird es enden.“ [12]

Das Setting und die Umsetzung bei „Der dunkle Schwarm“ von Marie Graßhoff gefallen mir richtig gut. Temporeich beginnt das Abenteuer und spannend gestaltet sich die Suche nach dem Täter in dieser Science-Fiction-Welt. Die Protagonistin Atlas ist ein toller Charakter. Mir gefällt, dass sie eine Wandlung durchmacht und sich im Laufe der Geschichte weiterentwickelt. Sprachlich war ich von dem Roman angetan.

„Die Probleme, die unsere Welt zugrunde richteten, waren zu groß, um nicht an ihnen zu verzweifeln. Deswegen mied ich sie für gewöhnlich.“ [71]

Auch der Schreibstil war gut. Die Seiten flogen nur so dahin. Actionreich ging es zur Sache und als Leserin begleitet man die Protagonistin, auch in ihren gedanklichen Ausführungen, gerne.

Gegen Ende gab es dann viele Kraftwörter. Für meinen Fall waren das zu viel Schei
e und F*ck. Natürlich untermauert dies die Situation von Atlas und deren prekäre Lage, in der sie sich befindet, doch das hätte man sprachlich besser lösen können.

Das Ende ist schwächer als der starke Anfang, aber insgesamt ist es ein rasanter Leseausflug der einen fesselt. Dass dabei interessante Fragen aufgeworfen werden macht zusätzlich Spaß und rundet den positiven Gesamteindruck ab.

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