Profilbild von stefanb

stefanb

Lesejury Star
offline

stefanb ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit stefanb über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.08.2019

viel böser Zauber

Mucho Mojo
0

„Auf dieser Welt gibt es das Böse. Das echte Böse. (Es) läuft auch nich in Schwarz und auf Zehenspitzen rum, und es is unabhängig von Hautfarbe und Geschlecht. Manchmal entspringt das Böse aus guten Quellen. ...

„Auf dieser Welt gibt es das Böse. Das echte Böse. (Es) läuft auch nich in Schwarz und auf Zehenspitzen rum, und es is unabhängig von Hautfarbe und Geschlecht. Manchmal entspringt das Böse aus guten Quellen. Manchmal tarnt es sich mit vielen guten Fassaden.“ [314]

„Mucho Mojo“ von Joe R. Lansdale ist der zweite Band zu der Reihe "Hap Collins & Leonard Pine“. Ich beziehe mich hier wieder auf die limitierte Taschenbuchausgabe des Golkonda Verlags.

Tja, was soll man sagen? Der erste Teil konnte mich begeistern, der zweite Teil ebenfalls. Wie ich schon bei dem ersten Band geschrieben hatte: „Zwischen der ganzen Gewalt, dem amüsanten Teil, der kurzweiligen Geschichte, steckt zwischen den Zeilen auch Gesellschaftskritik.“ Dies alles trifft abermals voll und ganz zu und zeigt sich auch an dem folgenden Zitat:

„In welcher Polizeiära die Mordserie angefangen hat. Damals lag die Wertschätzung für Minderheiten unter Null, und das is heute vielleicht nich viel anders.“ [207]

Diesmal lässt Lansdale seine beiden Charakteren der Frage nachgehen, was schlimmer ist: „Das vermüllte Haus eines Onkels zu erben, mitsamt Kinderleiche im Keller, oder Nachbarn, die dummdreiste Drogendealer sind?“ [Zitat Cover]

Und Hap und Leonard wären nicht sie selbst, wenn sie nur tatenlos zusähen und die Füße stillhielten. Sie mischen sich ein, wühlen auf, haben klare Statements, auch wenn die Durchführung der angestrebten Lösungen manchmal besser verlaufen könnte.

„Die Gegend hier braucht was Praktisches …. Und keinen Glaubenskram mehr. Kurse zur Verhütung und zur Krankheitsvorsorge, so was wird gebraucht.“ [115]

So ungleich die beiden sind, so zeigt sich doch anhand der Beiden, dass Freundschaft über Grenzen hinweg gilt.

„Ich machte mich ein bisschen über Leonard lustig, nur um zu zeigen, wie gern ich ihn hatte. Seine Antwort war ein ausgestreckter Mittelfinger, was so viel hieß wie: Ich mag dich auch.“ [98]

Fazit: Meine neue Lieblingsreihe geht in Runde zwei und man darf wieder gespannt mitfiebern.
„Die Sache stinkt immer mehr nach Agatha Christie, und mit Rätseln kenn ich mich nich aus.“ [151]

Veröffentlicht am 26.08.2019

eindringliche Literatur

Nacht in Caracas
0

„Die Bestattungsinstitute der Stadt waren wie Öfen. Die Leute wurden hinein- und hinausgeschoben wie die Brote, die in den Läden knapp wurden und als steinharte Erinnerung an den Hunger auf unser Gedächtnis ...

„Die Bestattungsinstitute der Stadt waren wie Öfen. Die Leute wurden hinein- und hinausgeschoben wie die Brote, die in den Läden knapp wurden und als steinharte Erinnerung an den Hunger auf unser Gedächtnis niederregneten.“ [7]


In dem Roman-Debüt „Nacht in Caracas“ von Karina Sainz Borgo bekommen wir einen tiefen Einblick in die Seele Venezuelas, eines untergehenden Landes, welches an der Nordküste Südamerikas liegt.
Die Protagonistin Adelaida, aus ihrer Sicht wird berichtet, verliert nicht nur ihre Mutter, sondern auch ihre Wohnung und findet sich fortan in einer prekären Lage wieder, in einem zerrütteten Land voller Gewalt, Tod und Angst. Flucht scheint die einzige Möglichkeit zu sein, sich selbst zu retten.

Obwohl die Autorin ein düsteres Bild, gar ein Schreckensszenario, zeichnet, ist man durch den Schreibstil gefesselt. Auf zwei Zeitebenen wird die Lage des Landes sehr gut verdeutlicht. Man erhält einen Einblick über die Zustände des fernen Landes.
Sainz Borgo schafft es mit ihrem Debüt ein Stück bewegende Literatur zu liefern, das noch lange im Kopf bleibt.

Veröffentlicht am 19.08.2019

Ein Märchen für „Kinder“ ab 16 Jahren

Das Labyrinth des Fauns
0


"Die schlimmsten Ängste sind immer direkt unter uns, verborgen, den Boden erschütternd, den wir uns so fest und sicher wünschen." [167]

Es war einmal ein Film, der spielte in „Francos sauberem Spanien“ ...


"Die schlimmsten Ängste sind immer direkt unter uns, verborgen, den Boden erschütternd, den wir uns so fest und sicher wünschen." [167]

Es war einmal ein Film, der spielte in „Francos sauberem Spanien“ [149] der 1944er Jahre. Ein Märchen wie es seinesgleichen sucht, von einem Regisseur, der einem im Gedächtnis blieb, der etwas Grandioses erschaffen hat. Ein paar Jahre Später….

Was vielen als „Pans Labyrinth“ von Guillermo del Toro bekannt ist, kommt nun als "Das Labyrinth des Fauns" in Buchform zu uns. Cornelia Funke hat dabei ganze Arbeit geleistet. In meinen Augen hat sie das Oscar prämierte Meisterwerk hervorragend umgesetzt. Man taucht sofort in Ofelias Welt ab, begibt sich mit der Protagonistin auf eine nicht leichte Reise, die teils grausam, blutig, schockierend daher kommt. Trotzdem ist man gefesselt. Man kann gar nicht das Werk aus der Hand legen, um etwas zu verschnaufen. Kurze Kapitel, unglaublicher Ideenreichtum und der bild- und wortgewaltige Schreibstil liefern ein herrliches Setting.

Carmen Cardoso glaubte an das gefährlichste aller Märchen: An das, in dem der Prinz kommen und sie retten würde. [14]

Dass nicht immer ein Prinz kommt und die Geschichte zu einem glücklichen Ende bringt, lässt es hier del Toro spüren. Dafür gibt er uns einen Einblick in ein düsteres Spanien, und in eine fantastische Welt des Fauns, in die sich auch Ofelia flüchtet.

"Geheimnisse. Sie vertiefen die Dunkelheit der Welt, doch sie wecken auch den Wunsch in uns, mehr zu erfahren." [29]

Der Autor bringt in dieser düsteren Geschichte Gesellschaftskritik unter, zeigt oftmals die Grausamkeit der damaligen Zeit. Del Toros Werk zeigt auf ganz besondere Weise, dass man für Freiheit kämpfen muss, sie nicht als gegeben betrachten darf.

„Man zahlt meist einen hohen Preis dafür, dass man die Freiheit wählt.“ [149]

Fazit: Für mich ist es ein faszinierendes Buch, jedoch aufgrund der Thematik und der brutalen Szenen, definitiv kein Jugendbuch. Es ist aufwendig gestaltet, Bilder zeigen einzelne Figuren aus dem Werk. Eine ganz klare Leseempfehlung – für „Kinder“ ab 16 Jahren.

Veröffentlicht am 15.08.2019

Wenn die Vergangenheit dich einholt

STILL ALIVE - Sie weiß, wo sie dich findet
0

„Unser Tun zieht Konsequenzen nach sich. Wir können ihnen nicht entfliehen.“ [432]

„STILL ALIVE - Sie weiß, wo sie dich findet“ von Claire Douglas ist ein Thriller der ordentlich Spannung erzeugt, die ...

„Unser Tun zieht Konsequenzen nach sich. Wir können ihnen nicht entfliehen.“ [432]

„STILL ALIVE - Sie weiß, wo sie dich findet“ von Claire Douglas ist ein Thriller der ordentlich Spannung erzeugt, die Leserinnen fesselt und einen tief in das Geschehen hineinzieht.

Der Roman gliedert sich in drei Teile beziehungsweise Abschnitte. Der erste und auch größte Abschnitt dreht sich komplett um den Haustausch. Abschnitt zwei macht einen Sprung in die Vergangenheit und der dritte spielt wieder in der Gegenwart.

Was geschieht hier alles und warum? Welchen Grund könnte es geben, wer steckt dahinter? Es ist echt schon ganz schön gruselig. Spannung ist garantiert. Mir persönlich hat vor allem der erste Abschnitt überdurchschnittlich gut gefallen. Eigentlich ist nicht viel Gewalt oder Blut vorhanden, und das ist daran auch das Schöne. Schauer, Spannung, eine mystische Atmosphäre, das entsteht alles im Kopf der Leser
innen und wirkt ungemein.

„Ich war durch und durch schlecht. Ich hatte den Teufel in mir. Ich zerstörte alles, was ich berührte.“ [335]

Teil zwei ist natürlich enorm wichtig, um das Ganze Geschehen zu verstehen. Man erfährt die wahren Beweggründe der einzelnen Charaktere. Der letzte Abschnitt ist für mich der Schwächste. Dies liegt nicht nur am offenen Ende, sondern auch daran, dass hier eigentlich nicht mehr viel passiert.

Insgesamt ist das Buch gut geschrieben. Der Schreibstil ist flüssig, die Charaktere sind glaubhaft dargestellt. Douglas liefert ein Buch, das die Leser*innen lange im Dunkeln tappen lässt und einige unerwartete Ereignisse und Auflösungen bietet.

Fazit: Raffinierte und starke Handlung, spannungsgeladen. Macht Spaß beim Lesen.

Veröffentlicht am 12.08.2019

Perfektionist trifft saufende künstliche Intelligenz

Der Metropolist
0

„Ich sage nur, wenn man die Illusion moralischer Autorität aufgibt, kann man jedes Problem angreifen, ohne mehr Schaden als Gutes zu bewirken.“ [312]

„Der verklemmteste Korinthenkacker in der Geschichte ...

„Ich sage nur, wenn man die Illusion moralischer Autorität aufgibt, kann man jedes Problem angreifen, ohne mehr Schaden als Gutes zu bewirken.“ [312]

„Der verklemmteste Korinthenkacker in der Geschichte des Bundesamts für kommunale Infrastruktur“ [219] Henry Thompson erlebt mit der künstlichen Intelligenz OWEN einiges, wovon er wahrlich nicht zu träumen wagte.

Dem Protagonisten Henry stellt Seth Fried in seinem Roman „Der Metropolist“ die künstliche Intelligenz OWEN zur Seite. „Diese Leute sollten mir dankbar sein, dass ich sie von dem ganzen Terrorismus abgelenkt habe.“ [170]
Quasi als Impulsgeber, als Ergänzung und als denjenigen, ohne den die Geschichte langweilig wäre. Beide Charaktere sind komplett unterschiedlich, und können ohne den anderen nicht agieren, ja funktionieren, da sie einander benötigen. Sei dies bei der Ausführung diverser durch OWEN initiierte Aktionen die er als Projektion gar nicht physisch ausführen kann oder als Übersetzer für Henry.

In diesem Science Fiction Roman wachsen die Charakter zusehends mit ihren Aufgaben, nehmen mit fortschreitender Zeit eine Wandlung an. Fried zeichnet ein interessantes Setting von einer perfekten Welt, das er gerne auf noch mehr Seiten hätte beschreiben können. Sein Schreibstil, Owen und die Gesellschaftskritik, machen das Buch zu einem Lesevergnügen. Humorvoll, ohne unnötige Längen oder Ausschweifungen fesselt das Buch die Leser*innen, zieht sie in den Bann von Metropolis.

Die Geschichte ist so faszinierend und bunt wie das Cover, welches ich mir glatt als DIN A0 Poster aufhängen würde. „Der Metropolist“ ist ein Buch, das aus der Masse hervorsticht, eine spannende und amüsante Geschichte bietet und durchaus auch etwas Gesellschaftskritik übt.