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Veröffentlicht am 10.09.2018

Sinnfrage nach dem Sein

Das Erwachen des letzten Menschen
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„Was mir fehlt, sind ein Sinn und ein Zweck für meine Existenz!“ [22]

Bereits am Anfang der Novelle „Das Erwachen des letzten Menschen“ steigt der Autor Nikodem Skrobisz mit einem großen philosophischen ...

„Was mir fehlt, sind ein Sinn und ein Zweck für meine Existenz!“ [22]

Bereits am Anfang der Novelle „Das Erwachen des letzten Menschen“ steigt der Autor Nikodem Skrobisz mit einem großen philosophischen Zitat ein und schon hier wird klar, dass es um den Existentialismus geht. Hierbei steht der existente Mensch im Mittelpunkt. Sartre lässt grüßen. Es ist eine Sinnfrage nach dem Sein.

Das Buch spielt im Jahr 2137 und handelt von Edgar, dem Protagonisten, der auf der Suche nach dem Sinn des Lebens ist. Mehr möchte ich an dieser Stelle gar nicht verraten.

„Ein Spiel, das man nicht gewinnen kann, ist es nicht die Mühe gespielt zu werden.“ [44]
Dies hat mich sehr an das Buch „Der Mythos des Sisyphos“ von Camus erinnert. Aber auch Orwells Roman 1984 wird kurz angesprochen und perfekt mit in die Geschichte integriert.

Die Novelle transportiert die Grundidee von Sartre und Camus in die Zukunft, hebt sie auf ein aktuelles Level und erörtert die Frage weiter. Weiter sieht der Leser, dass die eigentlich allzu ferne Zukunft gar nicht mehr so weit weg ist. Trotz des Überschaubaren Umfangs der Novelle liefert diese genügend Denkanstöße für weitere, philosophische Folgerungen.

Veröffentlicht am 05.09.2018

Die Wahrheit kommt immer an das Licht

Erzengel
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Band 6 -Erzengel- der Reihe "Nyström und Forss" des Autoren-Duos Roman Voosen und Kerstin Signe Danielsson lässt die zwei Hauptprotagonistinnen, nämlich die Kommissarinnen Ingrid Nyström und Stina Forss ...

Band 6 -Erzengel- der Reihe "Nyström und Forss" des Autoren-Duos Roman Voosen und Kerstin Signe Danielsson lässt die zwei Hauptprotagonistinnen, nämlich die Kommissarinnen Ingrid Nyström und Stina Forss einen alten, längst zu den Akten gelegten Mordfall wieder neu aufrollen. Und diesmal mit anderen Erkenntnissen.
Der Prolog bringt den Leser sofort in das Geschehen und gibt quasi die Schlagzahl vor. Anfangs laufen die Ermittlungen langsam los. "Eine graue undurchsichtige Oberfläche, unter der sich die Gefühle wie lichtscheue Gewächse bewegten."[154]
Auch wenn sich manch einer wünschte, "man sollte die Toten ruhen lassen" [393], so ist dies natürlich für die Kommissarinnen keine Option. Auch wenn dadurch andere Ereignisse ins Rollen kommen. Dem Leser kann dies nur recht sein.
Die komplexen Ermittlungen ziehen sich durch das Buch und werden aufgrund der Vorgehensweise der Polizei zu einem durchdachten Ende gebracht.
"Die Deutschschwedin hatte recht. Es war wichtig sich nun auf die Dinge zu konzentrieren, auf die sie Einfluss hatten. Es war wichtig, den fünfundzwanzig Jahre alten Mehrfachmord, Sidenvalls ominösen Suizid ... aufzuklären." [436]
Der Schreibstil konnte begeistern, die Kapitel sind kurz und knackig, jedoch waren es mir teilweise zu viele Fragen beim Nebenschauplatz und für mich eine zu ausgearbeitete Gefühlswelt, zwischenmenschliche Probleme bei Nyström und Forss. Auch war der Einstieg in den sechsten Band vielleicht nicht ganz glücklich gewählt, obwohl sich das Buch ohne Kenntnis der ersten Bände lesen lässt.

Veröffentlicht am 31.08.2018

Es gibt das Böse

Bonfire – Sie gehörte nie dazu
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„Es gibt das Böse, Abby. Vergiss das nicht. Du musst danach Ausschau halten, damit es dich nicht erwischt.“ [266]

In Krysten Ritters gut geschriebenen Debütrom „Bonfire – Sie gehörte nie dazu“ geht es ...

„Es gibt das Böse, Abby. Vergiss das nicht. Du musst danach Ausschau halten, damit es dich nicht erwischt.“ [266]

In Krysten Ritters gut geschriebenen Debütrom „Bonfire – Sie gehörte nie dazu“ geht es um Vergangenheitsbewältigung, Familiendrama, Mobbing und einen Umweltskandal.
Ziemlich viele Themen für ein Buch, aber ja, das ist der Autorin durchaus gelungen, auch wenn noch etwas Luft nach oben ist.

Abigail „Abby“ Williams kehrt als Anwältin in ihre Heimatstadt Barrens zurück, um einen Umweltskandal aufzudecken. Dabei muss sie sich ihrer Vergangenheit stellen und die Dinge, welche sie die letzten Jahre beschäftigt haben, endgültig für sich aufarbeiten und lösen.
„An Dinge, über die längst Gras gewachsen ist, sollte man nicht rühren. … Solche Sachen sehen nicht schön aus, wenn man sie wieder ausgräbt.“ [226] Aber genau das muss Abby tun, um auch mit ihrer Vergangenheit abschließen zu können.

Das Buch ist mehr Roman als Thriller, wird trotzdem zum Ende schneller und spannender. Aufgrund des flüssigen Schreibstils und der Themen ist „Bonfire“ eine gut zu lesende Geschichte und weiß mit zunehmender Seitenzahl mehr und mehr packender zu sein.

Veröffentlicht am 22.08.2018

1-855-2-NOWHERE

Rache der Orphans
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„Das vierte Gebot: Es ist nie persönlich.“ [56]
Wie Evan sich doch irren kann. Denn diesmal ist es durchaus persönlich. Wie gut, dass man seine Gebote auch brechen kann.

„Evan Smoke, Importeur von Industriereinigern. ...

„Das vierte Gebot: Es ist nie persönlich.“ [56]
Wie Evan sich doch irren kann. Denn diesmal ist es durchaus persönlich. Wie gut, dass man seine Gebote auch brechen kann.

„Evan Smoke, Importeur von Industriereinigern. Langweilig, und das mit Absicht “ [38] trifft in dem dritten Teil der Buchreihe von Gregg Hurwitz der „Rache der Orphans“ auf Charles Van Sciver, Chef des Orphan Programms, der ihm nach dem Leben trachtet und buchstäblich über Leichen geht. Denn eigentlich ist Evan kein geringerer als Orphan X und für höhere Stellen nicht mehr haltbar.

Der Protagonist Evan, der aus dem Orphan Projekt ausgestiegen ist und nun fortan als NOWHERE Man arbeitet, sehnt sich immer mehr nach einem normalen Leben, vielleicht sogar einer Beziehung. Jedoch scheitert dies immer wieder.
„Seine unkonventionelle Erziehung hatte aus ihm eine elegante, perfekt auf ihre Funktion ausgerichtete Waffe gemacht, aber wenn er sich mit dem alltäglichen Leben konfrontiert sah, kam er sich vor wie ein Elefant im Porzellanladen.“[146]

Rasant, brutal, actiongeladen geschrieben jagt Hurwitz den Leser durch das Buch, die kurzen Kapitel. Gerade die kurzen Kapitel in der Verbindung mit dem Schreibstil erzeugen beim Leser reines Lesevergnügen. Man möchte den Thriller gar nicht mehr aus der Hand legen. Luft holen? Fehlanzeige!

Im Verlauf des Buches werden des Öfteren Fragen bzw. Aussagen aufgeworfen und getätigt, die die weitere Entwicklung der Charaktere beschreibt und deren Selbstreflexion beleuchtet. „Wenn dich keiner sieht, woher weißt du, dass es dich wirklich gibt?“ [156]
„Wenn man nichts hat, wofür es sich zu sterben lohnt, hat man auch nichts, für das das man gerne leben würde.“[435]
Wichtig ist es, in sich selbst hinein zuhorchen. Daraus leitet sich auch ein Gebot ab – hinterfrage die Entscheidung. Als Leser kann dies nur einem Recht sein. Denn es erlaubt Wendungen und treibt weiter die Spannung.

Veröffentlicht am 16.08.2018

Verkauf deine Klugheit, erwirb dir Staunen

Drei sind ein Dorf
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Dina Nayeris anspruchsvoller Roman „Drei sind ein Dorf“ handelt von „Dr. Bahman Hamidi, einem Bonvivant und Opium-Schrägstrich-Wasserrutschen-Liebhaber“ [195] „unfähig seine Praxis, sein Ansehen, sein ...

Dina Nayeris anspruchsvoller Roman „Drei sind ein Dorf“ handelt von „Dr. Bahman Hamidi, einem Bonvivant und Opium-Schrägstrich-Wasserrutschen-Liebhaber“ [195] „unfähig seine Praxis, sein Ansehen, sein warmes Dorf und seine Fotos zurückzulassen.“ [231] Und es handelt von „Nilou, der Amerikanerin oder Europäerin oder was auch immer sie jetzt war.“ [22]

Die übergreifenden Themen sind die Flucht aus dem Iran von Nilou, ihrer Mutter und ihrem Bruder, was Familie bedeutet, wie sich Heimat definieren lässt.

Dass dies alles nicht unbedingt leichte Themen sind, merkt man an den Reflektionen von Nilou, die sich von Amerika nach Holland begibt. „Bereitete mich auf meine zweite Flucht vor. … Ich konnte mich nicht zu Hause fühlen.“[98] Auch wenn Nilou ihre eigene, sehr beeindruckende Karriere startet, einen Juristen (Gui) heiratet, so bleiben bei ihr manche persönlichen, emotionalen Gefühle auf der Strecke. Auch kann sie ihre alten Gewohnheiten nicht ablegen. Dies stellt Gui sehr treffend dar. „Du bist von einem anderen Planeten.“ [92]

Immer wieder kommt die Autorin auf die Grüne Revolution zu sprechen. Teheran wird während dieser Revolution zum Schlachtfeld und Nilous Vater „dachte an seine eigene Tochter, die diesem Wahnsinn entkommen war.“ [162] Wir bekommen einen Einblick in den Iran, den Ablauf, wie auch von höchster richterlicher Stelle entschieden wird. Nämlich total willkürlich. Aber auch in anderen Ländern ist nicht alles Gold was glänzt und so stellt sich die Protagonistin Nilou im Westen die Frage: „Wie kann ein Vorgang so willkürlich und subjektiv hässlich sein?“ [175] Aber auch andere Charaktere merken, dass es im Migrationsland nicht unbedingt besser ist als zuhause. „Im Iran hat man mich schikaniert, festgenommen…. Und dann komme ich hier an, und derselbe Mist verfolgt mich.“ [179]

Das Buch von Nayeri fordert, regt zum Diskutieren an. Dabei geht es nicht immer darum, wie man in der Heimat verwurzelt ist, sondern auch um kulturelle Unterschiede und Glaubensrichtungen. „Tod für Amerika, Tod für Israel. … Dahin führt es, wenn man einen Gott anbetet.“ [213] Als Beispiel auf einen Terroranschlag, von Bahman diesbezüglich angebracht.
Es finden sich aber auch einige Stellen, die einen schmunzeln lassen. „Spar dir die Bosheiten für deine Ehefrau auf.“ [199]