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Veröffentlicht am 15.08.2022

Die weißen Herren

„Deutschland, deine Kolonien“
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Es wird nicht viel über die ehemaligen Kolonien Deutschlands gesprochen. Vielleicht weil diese Episode der deutschen Geschichte nur kurz währte, vielleicht weil die Grauen des Dritten Reichs alles andere ...

Es wird nicht viel über die ehemaligen Kolonien Deutschlands gesprochen. Vielleicht weil diese Episode der deutschen Geschichte nur kurz währte, vielleicht weil die Grauen des Dritten Reichs alles andere überschatteten. Doch Deutschland hatte tatsächlich mehrere Kolonien, vom Jahr 1884 bis zum Ersten Weltkrieg. Und was dort geschah ist alles andere als ruhmreich.

Erste Anfänge gehen zurück ins 17. Jahrhundert, doch erst am Ende des 19. Jahrhunderts nahm die Invasion und Übernahme von Ländern in Afrika, China und der Südsee größere Ausmaße an. In Namibia lebten im Jahr 1914 gar 12.000 Deutsche. Trotzdem ist diese Kolonialherrschaft bis heute nicht genügend aufgearbeitet worden. Die vielen Opfer bekamen außerdem größtenteils keine Entschädigungen für die erlittene Ausbeutung und Unterdrückung.

Doch das Erschreckende an diesem Kapitel in der deutschen Geschichte ist, wie sich diese Zeit in der Naziherrschaft fortsetzte und bis in unsere heutige Zeit Auswirkungen zeigt.

Dieses Buch enthält 27 Artikel, die auf verschiedene Aspekte dieser Kolonialgeschichte Deutschlands eingehen. Die Themen sind ganz unterschiedlich – vom Gerichtsprozess eines afrikanischen Prinzen, über Prügelstrafen und medizinische Versuche, bis hin zu Kunstwerken der Unterdrückten, ist die Themenvielfalt groß. Wichtige Begriffe werden erklärt, Bilder lockern den Text auf, und im Anhang finden sich übersichtliche Informationen über die kolonisierten Länder und den zeitlichen Ablauf.

Besonders die Stellen, an denen Menschen aus den unterdrückten Völkern zur Sprache kommen, sind sehr bewegend. Das Buch wäre sicher noch ansprechender, wenn diesen Stimmen einen größeren Raum gegeben würde.

Auf jeden Fall ist es ein Buch, das zum Nachdenken anregt und die Frage laut werden lässt – warum waren diese Gräueltaten möglich? Wo bin ich selbst von einem Denken geprägt, das nicht jedem Menschen den gleichen Wert beimisst?

Fazit: Gut aufgearbeitet, geht dieses Buch auf ein zu wenig beachtetes Thema der deutschen Geschichte ein. Sehr empfehlenswert!

Veröffentlicht am 02.08.2022

Lebensweisheiten eines Seelsorgers

Gary Chapman. Die Autobiografie
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Warum kommen manche liebgemeinten Gesten beim Empfänger nicht an? Gary Chapman sieht einen wichtigen Grund darin, dass Menschen Liebe unterschiedlich weitergeben und empfangen. Sein Konzept der Liebessprachen ...

Warum kommen manche liebgemeinten Gesten beim Empfänger nicht an? Gary Chapman sieht einen wichtigen Grund darin, dass Menschen Liebe unterschiedlich weitergeben und empfangen. Sein Konzept der Liebessprachen ist um die Welt gegangen. Seine Bücher wurden in rund fünfzig Sprachen übersetzt. In den unterschiedlichsten Kulturen finden diese einfachen Wahrheiten Zustimmung.

In diesem Buch erzählt der inzwischen 84jährige Liebessprache-Experte aus seinem Leben. Anders als es meistens bei einer Autobiographie der Fall ist, geht er nicht chronologisch vor. Nacheinander betrachtet er fünf Schwerpunkte seines Lebens – Kindheit, Ausbildung, Ehe, Elternschaft und Beruf. Dabei liegt sein Schwerpunkt auf Erfahrungen, aus denen er gelernt hat und die er gern weitergeben möchte. Jeder Abschnitt endet mit einer Zusammenfassung seiner wichtigsten Ratschläge.

Die Schreibweise ist sehr angenehm. Das Lesen fühlt sich an, als würde man den Erzählungen und Lebensweisheiten eines älteren Mannes lauschen. Dazu passt auch die wiederholte Aussage „das Leben war damals einfach anders“, die allerdings nach einigen Wiederholungen etwas irritiert. Manches aus dem Leben dieses amerikanischen Pastors dürfte für deutsche Leser weniger relevant sein, wenn es zum Beispiel um amerikanische Ausbildungsstätten oder Denominationen geht. Aber davon abgesehen sind die Gedanken dieses Mannes interessant und wertvoll. Es geht allerdings weniger um die Liebessprachen, als der Untertitel vermuten lässt, sondern eher um gesammelte Lebensweisheiten.

Dass Menschen dem Autor am Herzen liegen, spürt man beim Lesen schnell. So stehen bei den Ratschlägen des Autors vor allem solche im Mittelpunkt, die mit Beziehungen zu tun haben. Denn, wie der Autor schreibt, „Unabhängig von unserem Alter hungern wir alle nach Liebe und Anerkennung. Vollkommene Zufriedenheit kann uns das Leben nur bieten, wenn wir Menschen finden, die uns durch und durch kennenlernen – und uns trotzdem liebhaben.“ Und, „Unser stärkstes Bedürfnis ist doch das Wissen, von den Menschen, die uns wichtig sind, geliebt zu werden.“

Fazit: Dieses Buch enthält wertvolle Lebensweisheiten und interessante Erfahrungen des Autors der Liebessprachen-Bücher. Sehr empfehlenswert, vor allem für Menschen, die gern von den Erfahrungen anderer lernen!

Veröffentlicht am 01.08.2022

Eine neue Heimat

Ich bin
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Als Kind ist Krieg für Bisrat selbstverständlich, denn der Eritreische Unabhängigkeitskrieg beginnt schon vor ihrer Geburt. Da ihre Eltern in der Freiheitsbewegung aktiv sind, wird es irgendwann unmöglich ...

Als Kind ist Krieg für Bisrat selbstverständlich, denn der Eritreische Unabhängigkeitskrieg beginnt schon vor ihrer Geburt. Da ihre Eltern in der Freiheitsbewegung aktiv sind, wird es irgendwann unmöglich für die Familie im Land zu bleiben. Die Eltern sagen ihren Kindern nicht, wohin es geht, das wäre zu gefährlich. Mit sechs Jahren muss das kleine Mädchen also ihre Heimat verlassen. Ziel: unbekannt.

Nach einem längeren Aufenthalt im Sudan, gelangt die Familie schließlich nach Deutschland, wo sie sich ein neues Leben aufbauen. Bisrat fällt die Eingewöhnung schwer. Sie muss nicht nur eine neue Sprache lernen, besonders schwer fällt ihr, dass Menschen in erster Linie ihre Hautfarbe wahrnehmen, nicht sie als Person. Das ist neu und ungewohnt für sie.

Nach einigen Jahren spricht sie fließend Deutsch. Sie ist gut in der Schule und hat Freunde. Ein besonderer Höhepunkt für sie sind die Wochenenden, die sie mit eritreischen Freunden verbringt. Sie ist dankbar für ihr gutes, geordnetes Leben, und möchte nach Kräften Menschen in ihrer Heimat unterstützen, die immer noch unter den langjährigen Krieg leiden. Ein Besuch in der Heimat bringt viele einzigartige Erlebnisse.

Die Berufswahl fällt ihr schwer, doch dann findet sie ihren Traumberuf als Modedesignerin. Die richtigen Türen öffnen sich, ihr Modelabel wird geboren.

Dieses Buch gibt einen guten Einblick in das Leben der Autorin, angefangen mit der Flucht aus Eritrea, mit einem Schwerpunkt auf ihre Jugendjahre in Deutschland, bis hin zu ihrer Zeit in der Modewelt, zuerst in Frankreich, dann in Deutschland. Dazwischen finden sich Gedanken über Krieg und Frieden, Selbstannahme und Rassismus, Heimat und Mode. Sie zeigt, wie schon Kinder darunter leiden, wenn sie über äußere Merkmale, wie ihre Hautfarbe, definiert werden. Vor allem erzählt sie, wie sie ihren eigenen Weg gefunden hat.

Die Geschichte ist trotz mancher Längen interessant. Es ist vor allem wertvoll zu lesen, wie es der kleinen Bisrat in ihrer Anfangszeit in Deutschland ging und auch wie sie den Weg fand ihren Traum zu verwirklichen. Ihre Gedanken über die Würde der Menschen sind wertvoll, und es ist interessant zu lesen, wie sie mutiger wurde und ihre Identität fand.

Fazit: Eine interessante Lebensgeschichte, die zeigt, wie eine junge Frau unter der Geschichte ihres Landes leidet und wie sie ihren Weg findet. Empfehlenswert, vor allem für Menschen, die sich für Biographien und für fremde Kulturen interessieren.

Veröffentlicht am 27.07.2022

Ein Mitmach-Buch gegen Langeweile

happy girl
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Was haben Delfine, Pandabären, Schmetterlinge, Flamingos, Chamäleons und Pferde mit Mädchen zu tun? Von allen diesen Tieren können wir lernen – Freiheit, Gelassenheit, Stärke und Mitgefühl sind nur einige ...

Was haben Delfine, Pandabären, Schmetterlinge, Flamingos, Chamäleons und Pferde mit Mädchen zu tun? Von allen diesen Tieren können wir lernen – Freiheit, Gelassenheit, Stärke und Mitgefühl sind nur einige der Eigenschaften, die diese Tiere verkörpern.

Dieses bunte und wunderschön dekorierte Mitmachbuch fällt mit seiner abwechslungsreichen Gestaltung auf. Mal gibt es etwas auszufüllen, auf anderen Seiten stehen Witze oder interessante Fakten, und dann gibt es wieder etwas zum Basteln oder Malen. Spitze sind auch die einfachen Rezepte. Es ist das perfekte Heilmittel gegen Langeweile, denn es ist für jedes Mädchen etwas dabei.

Am besten scheint das Buch für neun bis elfjährige Mädchen geeignet zu sein. Wie man schon am Cover sieht, rosa und pink sind die vorherrschenden Farben! Das handliche Format ist angenehm zum Mitnehmen.

Fazit: Ein kurzweiliges Buch für Mädchen im Grundschulalter, perfekt auch als Geburtstagsgeschenk geeignet!

Veröffentlicht am 25.07.2022

Freundschaft

Mit dir wird es leichter
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Heiligabend. Tim muss mit jemandem reden. Zu schrecklich ist das, was er heute entdeckt hat. Morgens beim Duschen. Ein Knoten. Was ist, wenn es Krebs ist? Mit wem kann er reden? Sagt er es seiner Familie, ...

Heiligabend. Tim muss mit jemandem reden. Zu schrecklich ist das, was er heute entdeckt hat. Morgens beim Duschen. Ein Knoten. Was ist, wenn es Krebs ist? Mit wem kann er reden? Sagt er es seiner Familie, wird das ganze Weihnachtsfest von dieser Schreckensmeldung überschattet sein. Da schreibt er einer Freundin, Sarah. Obwohl es schon fast Mitternacht ist, ist sie da und hört sich seine Sorgen an. Wie gut es ist, Freunde zu haben!

Dieses Buch enthält ein fiktives Gespräch zwischen Tim und Sarah, das sich über ein Jahr erstreckt. Von der ersten Entdeckung der Krankheit, bis hin zur Diagnose und Behandlung, erlebt der Leser die Höhen und Tiefen eines solchen Schicksalsschlages mit. In langen Textnachrichten tauschen sich die Freunde aus; über ihre gemeinsame Vergangenheit, über Glücksmomente im Alltag, über den Tod, und über den richtigen Umgang mit Menschen, die leiden. Dabei landen sie immer wieder bei dem Thema Freundschaft.

Die Gesprächsabschnitte beginnen mit Datum und Uhrzeit. An manchen Tagen finden sich lange Textblöcke, an anderen ist der Austausch sehr kurz. Dem Gespräch liegt eine echte Unterhaltung des Autors mit einer Freundin zugrunde, als er erleben musste, was Tim durchmacht.

Teilweise ist das Buch spannend wie ein Roman. Rätselhaftes wird erst im Laufe der Erzählung klarer. Doch stellenweise scheint das Gespräch zu stocken und sich im Kreis zu drehen. Der Glaube kommt zwar zur Sprache, spielt aber eine untergeordnete Rolle.

Der Autor, der selbst Musiker ist, lässt Tim Liedtexte schreiben und seiner Freundin senden. Diese Texte können manche Emotionen vielleicht besser ausdrücken als eine normale Nachricht.

Zwischen den beiden Freunden knistert es manchmal, und sie fragen sich, inwieweit eine platonische Freundschaft zwischen Mann und Frau überhaupt möglich ist. Bei allen Fragen, die nicht wirklich geklärt werden können, halten sie an der Erkenntnis fest, dass Freundschaft gut und wichtig ist.

Fazit: Ein Loblied auf die Freundschaft! Dieses Buch behandelt Themen wie Krankheit, Glück und Leid - eingebettet in einem Gespräch zwischen zwei vertrauten Freunden. Vor allem Menschen, die selbst von einer Krebserkrankung betroffen sind, werden sicher viel Hilfreiches in diesem Austausch finden.