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Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Vergangenheit holt einen immer ein

Cash Landing - Der Preis des Geldes
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November 2009 in Miami, Florida: Ruban Betancourt überfällt zusammen mit seinem Schwager Jeffrey und dessen Onkel Pinky einen Geldtransport und erbeutet über sieben Millionen Dollar. Aber die Probleme ...

November 2009 in Miami, Florida: Ruban Betancourt überfällt zusammen mit seinem Schwager Jeffrey und dessen Onkel Pinky einen Geldtransport und erbeutet über sieben Millionen Dollar. Aber die Probleme fangen mit dem Geld erst richtig an. Denn der Coup ruft nicht nur das FBI auf den Plan. Special Agent Andie Henning spielt eine führende Rolle in diesem tragikomischen Roman.

Ruban, ein Kubaner mit russischen Wurzeln, war 1994 als Flüchtling in die USA gekommen. Im Laufe der Jahre hatte er es geschafft, ein Haus und ein Restaurant sein eigen zu nennen. Ruban war glücklich. Doch durch die Finanzkrise verlor er beides an die Bank. Nur seine Frau Savannah hat zu ihm gehalten, obwohl sie bei einem Motorradunfall schwer verletzt wurde und nun keine Kinder mehr bekommen kann. Ruban liebt seine Frau und so wird ihm sein Mantra: 'Was Savannah will, bekommt sie auch.' schon bald zum Verhängnis.

"Cash Landing" beruht auf einer wahren Geschichte. James Grippando hat daraus einen wunderbar schrägen Roman gemacht, mit lauter skurrilen Typen. Obwohl Ruban kriminell ist und lügt, fiebert man mit ihm mit, ob er es wohl schafft, der Polizei zu entkommen. Pinky ist ein Drecksack, Jeffrey ein Loser und Savannah eine starke Frau. Angie, die erst kürzlich von Seattle nach Miami kam, verbeißt sich in den Fall und ist sich sogar für einen Undercover-Einsatz in einem schäbigen Sex-Club nicht zu schade.

Auch mit Gesellschafts-/Sozialkritik spart der Autor nicht. Die Bürger der USA sehen sich selbst gern als ein Volk der Tüchtigen. Wer dem nicht genügen kann oder will, sieht sich gnadenlos ins gesellschaftliche Abseits gedrängt, ausgegrenzt, diskriminiert und verachtet, weil er versagt hat. Wie viel Dampf verträgt ein Kessel, bis er platzt? Während Ruban verzweifelt versucht, die Truppe und das Geld zusammenzuhalten, verstrickt er sich immer mehr in Lügen und verliert zunehmend die Kontrolle. James Grippando erzählt die Geschichte in perfektem Tempo und mit stetig steigender Spannung bis zum bitteren Ende.

Ich mag Geschichten, die zeigen, wie Liebe, Freundschaft, aber auch Neid, Missgunst, Hass und Verrat das menschliche Schicksal beeinflussen - mit überraschenden, dramatischen und manchmal auch brutalen Folgen. Nicht umsonst trägt der Roman den Untertitel: 'Der Preis des Geldes'. Irgendwie merkt man aber auch, dass das Buch für den US-amerikanischen Markt geschrieben wurde. Denn die Geschichte mündet letztlich in einen filmreifen, fast vierzig Seiten langen Showdown mit viel Action, Waffen, Testosteron - und Toten.

Fazit: Eine zeitgenössische Tragödie über Geld, Gier und Glück, aber auch über Dummheit, Verrat und Verlust, meisterhaft erzählt.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Früchte des verbotenen Baumes

Stumme Hechte
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„Stumme Hechte“ ist bereits der vierte Fall für den Berliner Kult-Kommissar Martin Nettelbeck. Dennoch handelt es sich um eine eigenständige, in sich abgeschlossene Geschichte, die ohne Vorkenntnisse lesbar ...

„Stumme Hechte“ ist bereits der vierte Fall für den Berliner Kult-Kommissar Martin Nettelbeck. Dennoch handelt es sich um eine eigenständige, in sich abgeschlossene Geschichte, die ohne Vorkenntnisse lesbar ist. Worum geht es?
Rainer Wittkamp geht gleich in medias res: Eine Kugel, die einen Schädel durchschlägt! Mord oder Selbstmord? Vier hohe Tiere bei der Polizei machen Männerurlaub. Nun liegt einer von ihnen tot im Morast und die anderen werden verdächtigt, ihren Kollegen getötet zu haben. Wo liegt das Motiv?
Nettelbeck ist total verschnupft, zudem hat er mit privaten Problemen zu kämpfen: Die kleine Tochter seiner Lebensgefährtin Philomena wurde entführt. Der Leser fiebert mit Efua Marie mit, ob sie gerettet wird. Nettelbeck hingegen möchte man zurufen: Lass das mal die Frauen machen! Denn nicht nur Irina Eisenstein, die Freundin von Nettelbecks Partner Wilbert Täubner, ist wieder mit dabei, sondern auch Kriminalrätin Jutta Koschke ist zurück im Dienst.
Lange stoßen Nettelbeck und sein Team auf eine Mauer des Schweigens. Angeblich war der Tote durch und durch korrupt. Zudem soll er ein Verhältnis mit der Frau eines Kollegen gehabt haben. Es wird ermittelt, manch falsche Fährte begangen, überraschende Nebenwege tun sich auf und führen schließlich auf Umwegen zum Ziel, der sogenannten Wahrheit. Im Fall der kleinen Efua Marie führt die Spur zurück in die Vergangenheit. Zum Glück erinnert sich Nettelbeck rechtzeitig…
Entführung, Mord und Selbstmord. Viel Lokalkolorit und Atmosphäre. Die Figurenzeichnung ist glaubhaft und durchdacht. Nettelbecks Privatleben nimmt wieder einen breiten Raum ein. Doch das Thema Posaune, war mir diesmal etwas ‚too much‘. Auch die fein dosierte Bissigkeit aus „Kalter Hund“ und „Frettchenland“ kommt hier für meinen Geschmack ein bisschen zu kurz.

Fazit: Eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Gut, für mich aber nicht das beste Buch aus dieser Reihe!