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Veröffentlicht am 13.07.2022

Mehr als eine Familiengeschichte

An den Ufern von Stellata
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Diese umfangreiche Familiengeschichte beginnt im Jahr 1800 mit Giacomo Casadio, der die schöne Viollca heiratet, die mit dem fahrenden Volk nach Stellata kam. Eigentlich dachte man, die passende Frau für ...

Diese umfangreiche Familiengeschichte beginnt im Jahr 1800 mit Giacomo Casadio, der die schöne Viollca heiratet, die mit dem fahrenden Volk nach Stellata kam. Eigentlich dachte man, die passende Frau für ihn gäbe es gar nicht, aber Viollca war da anderer Meinung.

Seitdem haben die Mitglieder der Familie entweder überraschend blaue Augen oder tiefschwarzes Haar und immer wieder hat jemand besondere Fähigkeiten, ist hellsichtig wie Viollca oder kann mit Toten sprechen. Noch Generationen später stellen sie alle ein Schälchen Milch für die Schlange des Hauses vor die Tür. So erklärt bekommen abergläubische Traditionen einen Sinn.

Sie sind alle originelle Menschen in dieser Familie, jede Generation bietet eine spannende Geschichte und erzählt gleichzeitig die Geschichte Italiens bis in die 1990er Jahre hinein. Das macht großen Spaß. Allerdings sind sie auch wirklich viele. Man rast hier durch die Zeit und lernt immer wieder neue Menschen kennen, neue Schicksale und es spricht sehr für dieses Buch, dass man sich trotzdem nicht langweilt. Es ist schön erzählt, einfühlsam, man gewinnt sie alle lieb, bangt mit, leidet mit, staunt, weint und lacht mit. Trotzdem denkt man so etwa in den 1960er Jahren, jetzt ist es genug. Irgendwann sind es dann doch zu viele Figuren. Man verliert den Überblick, da hilft auch der Stammbaum im Anhang nicht viel.

Trotzdem habe ich dieses Buch gerne gelesen. Es ist ein unterhaltsamer Schnellkurs in italienischer Geschichte und Mentalität und zeigt, die vielfältigen Gesichter dieses Landes, das wir nur allzu leicht auf blaues Meer und leckeres Essen reduzieren.

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Veröffentlicht am 03.07.2022

Anrührende Geschichte, unpassender Hörbuchsprecher

IOSUA
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Das sind die Schattenseiten Berlins. Ein Clan von Kriminellen mit osteuropäischen Wurzeln kontrolliert die Stadt, organisiert einen Ring von Schlägern und Dieben, die nicht zimperlich sind.

Iosua ist ...

Das sind die Schattenseiten Berlins. Ein Clan von Kriminellen mit osteuropäischen Wurzeln kontrolliert die Stadt, organisiert einen Ring von Schlägern und Dieben, die nicht zimperlich sind.

Iosua ist der Kronprinz, der Sohn des Bosses, nur ist das eigentlich nicht sein Berufswunsch. Als er die Studentin Isabelle kennenlernt, möchte er endgültig aus diesen Kreisen ausbrechen, allerdings ist das nicht so einfach. Einmal in den Fängen dieser Mafia hat man nach deren Regeln zu spielen, ob man will oder nicht.

Das ist eine spannende, anrührende Liebesgeschichte, eine Tragödie, die zu Herzen gehen könnte, ein interessanter Ausflug in ein ungewöhnliches Milieu, alles was ein gutes Buch braucht. Mit dem Hörbuch hatte ich allerdings Schwierigkeiten.

Leider passt der Sprecher überhaupt nicht dazu. Er hat eine sympathische Märchenerzählerstimme, die ich mir schön für Kinderbücher vorstellen könnte. Hier ist sie deplatziert, wenn nicht gar störend. In dieser beschaulich österreichischen Sprachmelodie wirken gefühlvolle Passagen behäbig und Spannendes nahezu lächerlich. Dieses Buch hätte jemanden gebraucht, der es jünger und frischer präsentiert.

Es ist wirklich schwer, die Handlung vom Sprecher zu trennen, deshalb konnte es mich nur mäßig begeistern. Ich glaube, es hätte mir besser gefallen, wenn ich es gelesen hätte.

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Veröffentlicht am 01.07.2022

Eine Schimpftirade

RCE
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„Fortsetzung folgt.“ – Damit endet dieses Hörbuch, das mir im ersten Teil noch ganz gut gefallen hat. Nach satten 18 Stunden zweitem Teil bin ich dann allerdings doch durch mit dem Thema und werde es wohl ...

„Fortsetzung folgt.“ – Damit endet dieses Hörbuch, das mir im ersten Teil noch ganz gut gefallen hat. Nach satten 18 Stunden zweitem Teil bin ich dann allerdings doch durch mit dem Thema und werde es wohl nicht weiter verfolgen.

Im ersten Buch hatten wir noch eine Geschichte, eine Handlung mit Figuren, auch wenn der rote Faden etwas dünn war. In diesem Buch ist er kaum noch zu sehen. Da sind ein paar jugendliche Hacker, Kinder um die 20, die mit den Kindern aus dem ersten Buch befreundet sind, die jetzt auch Mitte 20 sind und Sachen machen, glaube ich. Man übersieht hier schnell die Zusammenhänge, in dem Wust von Schlenkern, Nörgeleien und Anklagen.

Die Welt ist schlecht, natürlich, aber einfach wahllos draufzuhauen, macht sie nicht besser. Hier bekommt jeder sein Fett weg, die Menschen, die Massen, die Märkte, die Autohasser und Radfahrer, die Rüdigers, weiblich gelesene Personen, die Regierenden oder auch Bill Gates, der in Schweden als Gott verehrt wird, weil er die Sonne beherrscht.

Wir kommen ohne weiteres von einem Thema zum anderen, echauffieren uns über Kinderarbeit in der Kakaoindustrie, Wasserunternehmen, die Wasser als Rohstoff verkaufen oder Peter und Ingrid, die kreuzfahrenden Österreicher. Ganz schlecht geht es uns wohl nicht in dieser verderbten Welt, kreuzfahren können wir noch, wahrscheinlich nur Österreicher, wer weiß, im Pauschalisieren ist dieses Buch auch ganz groß.

Also, Sybille Berg klagt in diesem Buch so viel an, dass man am Ende denkt, was will sie denn nun, die Welt abschaffen? Die Reichen sind fies, die Armen sind schlaff, die Grünen sind öko und die Rechten sind ekelig, natürlich, das ist aber weder neu noch originell.

„RCE“ ist eine 18 Stunden dauernde Schimpftirade, bei der ich gar nicht erst anfange, die Logiklücken aufzuzählen. Hier schert sich die Autorin weder um Zeit, Ort, Handlungsbogen oder Protagonisten. Sie möchte sich vermutlich nur Luft machen. Hoffentlich geht es ihr jetzt besser.

Tiefen Respekt für Lisa Hrdina und Torben Kessler, die dieses Werk souverän und engagiert vortragen.

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Veröffentlicht am 29.06.2022

feinste Satire

Ein Sommer in Niendorf
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Solche Leute gibt es wohl. Roth ist 50, Jurist und Zyniker aus Überzeugung. Zufrieden ist er nicht, aber wie kann man auch zufrieden sein, wenn einfach niemand weit und breit seinen Ansprüchen genügt. ...

Solche Leute gibt es wohl. Roth ist 50, Jurist und Zyniker aus Überzeugung. Zufrieden ist er nicht, aber wie kann man auch zufrieden sein, wenn einfach niemand weit und breit seinen Ansprüchen genügt. Die Menschen sind zu dumm, zu feist, zu hässlich, zu laut.

Er nimmt eine Auszeit in Niendorf an der Ostsee, wo er niemanden treffen wird und in Ruhe das Buch schreiben kann, was er schon lange schreiben wollte. Er wäre schon längst ein Bestsellerautor, wenn er nur irgendwann mal seine Ruhe gehabt hätte.

Roth zuzuhören ist wirklich unterhaltsam. Humor hat der Mann, das muss man ihm lassen, nur geht der ganz und gar auf Kosten anderer. Roth ist ein böses Lästermaul, ein fieses sogar, und obwohl man oft über seine despektierlichen Betrachtungen lacht, wünscht man ihm doch eine ordentliche Bauchlandung.

Das Hörbuch liest der Autor selbst und auch wenn man sich ein bisschen daran gewöhnen muss, hat man doch bald das Gefühl, niemand sonst könnte das je besser. Er hat einen ganzen Strauß skurriler Typen kreiert und macht sie lebendig, schnodderig, tumb, lässig, maliziös oder auch dummdreist, beherrscht er perfekt und singt sogar, wenn´s benötigt wird.

Dieses Buch ist feinste Satire, bissig, böse, aber sehr unterhaltsam. Der Plot ist die Spur erwartbar, aber ein großer Spaß ist es trotzdem.

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Veröffentlicht am 27.06.2022

Spannend und anrührend

Der Mann, der vom Himmel fiel
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Walter Trevis ist ein Autor mit ungewöhnlichen Ideen, und offensichtlich ein Spezialist dafür, die Situation von Ausnahmemenschen einfühlsam in Szene zu setzen. Nicht nur das, er kann sich auch in Aliens ...

Walter Trevis ist ein Autor mit ungewöhnlichen Ideen, und offensichtlich ein Spezialist dafür, die Situation von Ausnahmemenschen einfühlsam in Szene zu setzen. Nicht nur das, er kann sich auch in Aliens einfühlen, wie man hier lesen kann.

Ein Mann vom Planeten Anthena kommt auf die Erde und hat eine Mission. Er ist den Menschen intellektuell weit überlegen, versucht sich anzupassen und lässt sich dann aber vom allzu Menschlichen vereinnahmen, ein einsamer Alien mit Heimweh in der Zwickmühle. Das ist eine hoch spannende Geschichte, sogar eine Tragödie, die einen mitnimmt und viele Denkansätze liefert.

Der Planet Anthena ist am Ende, ausgetrocknet, sind wir auf dem gleichen Weg und wollen es nicht hören? Und wie sollte man damit umgehen, wenn man auf tatsächlich Aliens treffen würde?

Dieses Buch wurde in den 60er Jahren geschrieben und kommt einem trotzdem sehr aktuell vor. Es liest sich leicht und hat Sogwirkung, obwohl gar nicht so viel passiert. Mir hat es sehr gefallen.

Eine ungewöhnliche Geschichte, die anrührt, einfühlsam und spannend geschrieben, mit ein paar winzigen Längen.

Ich muss jetzt unbedingt noch die Verfilmung sehen.

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