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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.09.2023

Ermittlungsarbeit gerät immer mal wieder in den Hintergrund

Die Akte Madrid
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In einem Luxushotel in Granada wird im Jahr 2016 ein surrealistisches Gemälde gestohlen und der Besitzer Franziskus Ritter, der deutsche Verteidigungsminister, gerät in Erklärungsnot. Lennard Lomberg wird ...

In einem Luxushotel in Granada wird im Jahr 2016 ein surrealistisches Gemälde gestohlen und der Besitzer Franziskus Ritter, der deutsche Verteidigungsminister, gerät in Erklärungsnot. Lennard Lomberg wird daher von seinem Mentor Peter Barrington damit beauftragt, das Verschwinden des Bildes aufzuklären und macht sich auf die Suche und verfolgt die blutigen Spuren des Gemäldes. Dabei wird er unterstützt von der Kriminalrätin Sina Röhm und entdeckt mit ihm die politische Brisanz des Gemäldes.

Andreas Storm unterfüttert den Ermittlungsplot mit zahlreichen historischen Fakten und Zusammenhängen, die von den Folterkelltern aus der Franco-Diktatur bis hin zu Ministerien der Bonner Republik reichen. Dabei geht es um politische Intrigen und persönliche Konflikte, die die Figuren miteinander haben und die den Leser*innen peu à peu offenbart werden. Auch wenn für die Kunsthistorik das detaillierte Wissen sicherlich hilfreich und interessant ist, hat es mich im Lesefluss streckenweise eher genervt bzw. habe ich viele Abschnitte als Längen wahrgenommen, bin mit den Gedanken abgeschweift und konnte mir die einzelnen Fakten nicht ansatzweise merken. Leider verschwand der Ermittlungsplot für mich an einigen Stellen dahinter zurück, mir fehlten Spannung, überraschende Wendungen und Action.

Das Ende war dann schlüssig, offene Fragen wurden weitestgehend geklärt und die Konflikte sowie die politische Sprengkraft des Gemäldes wurden hinreichend beschrieben. Ein wissensgeladener Kriminalroman, der mich leider nicht fesseln konnte.

Veröffentlicht am 27.09.2023

Wohlfühlige Fortsetzung

Let's be bold
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"Let's be bold" knüpft inhaltlich direkt an "Let's be wild" an und führt die Leserinnen wieder zurück nach New York, wo sich Shae, Tyler, Ariana und Evie nicht nur ihren Träumen und Wünschen widmen, sondern ...

"Let's be bold" knüpft inhaltlich direkt an "Let's be wild" an und führt die Leserinnen wieder zurück nach New York, wo sich Shae, Tyler, Ariana und Evie nicht nur ihren Träumen und Wünschen widmen, sondern sich auch mit ihren Sorgen und Ängsten auseinandersetzen. Dabei stehen ihre Freundinnenschaften und Partnerinnen im Fokus und thematisieren viele Aspekte, die ungeschönt angesprochen werden, ohne dabei zu bewerten. Dabei wird deutlich, dass die Freundinnenschaft die vier Freund*innen sehr stark zusammenhält und ermutigt, weiter an sich zu arbeiten und (miteinander) zu wachsen.

Der Schreibstil von Nicole Böhm und Anabelle Stehl ist wieder flüssig und sehr kurzweilig. Daher habe ich es genossen, wieder von Shae, Tyler, Ariana und Evie zu lesen, ihre Arbeit zu verfolgen, mit ihnen zu schmunzeln, zu lachen, die Augen zu verdrehen und Großstadtfeeling zu erleben.

Veröffentlicht am 13.09.2023

RomCom, die ich in einem Stück gelesen habe

Das Beste kommt zum Kuss
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Während der erste Kuss für die meisten Menschen vermutlich der Anfang von etwas sind, sieht Amy Daniels gleichzeitig schon das Ende. Denn sie hat die Fähigkeit, immer, wenn sie jemanden zum ersten Mal ...

Während der erste Kuss für die meisten Menschen vermutlich der Anfang von etwas sind, sieht Amy Daniels gleichzeitig schon das Ende. Denn sie hat die Fähigkeit, immer, wenn sie jemanden zum ersten Mal küsst, sehen zu können, wie die Beziehung zwischen ihr und besagtem Mann ausgehen wird. Ob nach kurzer Zeit oder nach mehreren Monaten oder Jahren - bis jetzt hatte sie ausschließlich negative Visionen, die sich immer bewahrheitet haben. Daher möchte sie sich Männern und der Liebe eigentlich abwenden und sich gar nicht erst wieder auf lovestories einlassen. Doch auf der Hochzeit ihrer Freundin Charlotte lässt sich Amy von ihrer besten Freundin dazu überreden, einfach draufloszuküssen. Und tatsächlich hat Amy bei einem Mann eine positive Vision und sieht beim Kuss ihr Happy End. Einziges Problem: Sie war so betrunken, dass sie sich gar nicht mehr genau an ihre
Kusspartner erinnern kann. Daher macht sie sich mithilfe ihrer Freundinnen auf die Suche nach besagtem Mann und gerät dabei nicht selten in skurrile Situationen.

Molly James schreibt leicht, flüssig und sehr humorvoll, wobei die Figuren sehr liebevoll und tiefgehend ausgearbeitet sind. So konnte ich mich schnell in Amys Gedanken sowie in ihrem Freund
innenkreis wiederfinden und den Hinweisen und Spuren nach dem perfekten Beziehungspartner für sie folgen. Besonders gefallen hat mir die innige Beziehung zwischen Amy und ihrer Mutter, das hat dem ganzen eher seichteren Plot Tiefe und noch stäreke Emotionen sowie Ernsthaftigkeit verliehen.

Eine schöne RomCom, die ich in einem Rutsch gelesen habe und so für einige Stunden dem Alltag entfliehen und mich ganz von Molly James Geschichte über Amy einnehmen lassen konnte.

Veröffentlicht am 31.08.2023

Außergewöhnlicher Stil, fantastisch erzählt

Die Lügnerin
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Friedemann Karig lässt Clara Konrad - ihr Name stimmt nicht, aber sie nutzt ihn, weil sie ihn so melodisch findet - in "Die Lügnerin" Geschichten aus ihrem Leben erzählen. Adressatin dieser Geschichten ...

Friedemann Karig lässt Clara Konrad - ihr Name stimmt nicht, aber sie nutzt ihn, weil sie ihn so melodisch findet - in "Die Lügnerin" Geschichten aus ihrem Leben erzählen. Adressatin dieser Geschichten ist eine Betreuerin in einer abgeschieden gelegenen Privatklinik, dem Institut. Clara Konrad erzählt, wie sie anderen Menschen erzählt hat, woran diese gern glauben wollten und was sich dann bewahrheitet hätte. Die Betreuerin ist gebannt von ihren Erzählungen und merkt erst spät, dass sie selbst Teil der Geschichten geworden ist.

Friedemann Karigs Stil ist sehr außergewöhnlich, er hat Clara Konrad einen ganz eigenen, sehr zum Inhalt passenden, Ton verliehen. Ausgehend von Sternzeichen, Horoskopen und Sternkonstellationen lernt sie Siri Morgentau kennen und begibt sich mit ihr auf einen Weg hin zum Reichtum. Weshalb genau sie in dem Institut landet, wurde mir aus ihren Geschichten nicht klar. Was mir sehr an "Die Lügnerin" gefallen hat, ist die fast ausschließliche Erzählperspektive aus Clara Konrads Sicht. So haben wir Einblicke in ihre Gedanken, Wahrnehmungen und Erinnerungen, deuten - so wie sie - die Gesprächssituation mit der Beraterin und sind manchmal verwirrt, weil irgendetwas an Ausführungen fehlt. Das Ende und die Deutung all des Geschriebenen bleibt recht offen und lädt so zu eigener Deutung ein, was mir sehr gefällt.

Fantastisch und sehr fesselnd erzählt - ich habe das Buch in einem Stück gelesen und konnte es gar nicht zur Seite legen.

Veröffentlicht am 31.08.2023

Ungewöhnlicher Stil

Der Vorweiner
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Bov Bjerg hat mich mit "Auerhaus" begeistert, weshalb ich mich sehr über und vor allem auf sein neuestes Werk "Der Vorweiner" gefreut habe. In dieser dystopischen Welt herrschen massive klimatische Veränderungen ...

Bov Bjerg hat mich mit "Auerhaus" begeistert, weshalb ich mich sehr über und vor allem auf sein neuestes Werk "Der Vorweiner" gefreut habe. In dieser dystopischen Welt herrschen massive klimatische Veränderungen - den Großteil der Landflächen gibt es nicht mehr. Bürgerkriege und Naturkatastrophen hinterließen ihre Spuren, denn es gibt noch ein Resteuropa, weitestgehend Betonschichten und die Bevölkerung ist entweder von Dürre oder Regen betroffen. Die Emotionalität und Empfindungen sind den Menschen abhandengekommen. Lediglich die Geflüchteten aus nicht europäischen Ländern können noch empfinden, weshalb deren Tränen besonders wertvoll sind. Aus Angst, dass nach dem eigenen Ableben keine Tränen mehr fließen können, legen sich viele Menschen einen Vorweiner zu. So auch A wie Anna, deren Geschichte von ihrer Tochter B wie Berta erzählt wird.

Bov Bjerg erzählt konfus, durcheinander und nicht chronologisch. So steht beispielsweise das zweite Kapitel vor dem ersten Kapitel und die Sichtweisen von B wie Berta werden doch immer mal wieder subjektiv und rutschen in die Ich-Perspektive, weg von A wie Anna. Es wird erzählt von der Kälte, vom Werteverfall, der Bedeutung von Herkunft, Tränen als Prestige und in allem fehlt es an Mitgefühl und Mitleid, was den Ton einer Dystopie sehr gut trifft.
Ich empfinde "Der Vorweiner" als recht konfus, verwirrend, an einigen Stellen habe ich den Anschluss verloren. Dennoch ist der Plot clever überlegt und die Umsetzung und die Rezeption erfordern eine hohe Aufmerksamkeitsspanne und Intellekt, um die Bedeutung der Schilderungen zu entschlüsseln.
Bov Bjergs Stil ist sehr eigenwillig und ungewöhnlich, weshalb ich speziell bei diesem Buch empfehlen würde, zunächst die Leseprobe zu lesen.