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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.03.2019

Sehr gelungene, düstere Dystopie

Deathland Dogs
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Kevin Brooks konnte mich in Jugendjahren regelmäßig mit seinen Romanen fesseln und mich begeistert. Dementsprechend freudig habe ich "Deathland Dogs" entgegengeblickt und wurde nicht enttäuscht.

Da ...

Kevin Brooks konnte mich in Jugendjahren regelmäßig mit seinen Romanen fesseln und mich begeistert. Dementsprechend freudig habe ich "Deathland Dogs" entgegengeblickt und wurde nicht enttäuscht.

Da der Roman in einer Zukunft spielt, in der nur wenige Menschen lesen und schreiben können, wurden in der deutschen Übersetzung auf Kommas und Anführungszeichen in der wörtlichen Rede verzichtet. Für mich stellte das keinerlei Einschränkungen beim Lesen dar.

Jeet wurde als Baby von den Deathland Dogs entführt und später von den Menschen rehumanisiert. Er ist ein sogenanntes Hundskind. Mit seinen besonderen Fähigkeiten, die auf seinem Instinkt und seiner schnellen Reaktionsfähigkeit gründen, soll er sich in das verfeindete Lager der Dau einschleichen. Sein Auftrag besteht darin, wichtige Gegenstände für die bevorstehende große Schlacht zu besorgen.

Kevin Brooks konnte mich, wie nicht anders von ihm erwartet, von der ersten Seite an mit seinem Schreibstil und dem Spannungsbogen an Jeet und seine Geschichte fesseln. Die dystopische Welt ist verständlich dargestellt, die Schwierigkeiten und Nöte, mit denen jeder Clan kämpfen muss, sind anschaulich beschrieben.
Während der Plot sich hauptsächlich um Jeets Auftrag und die bevorstehende Schlacht dreht, entfaltet der Autor komplexe Sachverhälte, Beziehungen, Intrigen und Machtaffären, die in die Handlung hineinspielen.

Zwischendurch gab es einige Längen. Im Gesamten konnte mich Kevin Brooks jedoch mitreißen, in die dystopische Welt einführen, die Abenteuer von Chola Se und Jeet mitverfolgen und atemlos, dem Spannungsbogen folgend, bis zur letzten Seite die Handlung verfolgen.

Veröffentlicht am 31.03.2019

Eine Lüge jagt die nächste

Kaschmirgefühl
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Joe ruft bei einer Sexhotline an, obwohl er keinen Sex will. Yvonne ist Kunden wie ihn gewöhnt. Doch er heißt gar nicht Joe, sondern Gottlieb, und Yvonne heißt eigentlich Marie. Die anfänglich benutzten ...

Joe ruft bei einer Sexhotline an, obwohl er keinen Sex will. Yvonne ist Kunden wie ihn gewöhnt. Doch er heißt gar nicht Joe, sondern Gottlieb, und Yvonne heißt eigentlich Marie. Die anfänglich benutzten Namen sind nur der Anfang vieler weiterer Lügen, die sich die beiden auftischen.
Während des Lesens habe ich die eine klar als Lüge enttarnt, die andere Aussage erstmal hingenommen und darauf gewartet, wie sich ihre Geschichten entwickeln.
Für mich war die Auflösung nicht sehr überraschend, der Verlauf der Gespräche zuvor wurde jedoch in ein anderes Licht gerückt, und konnte mich mit dem einen oder anderen Schmunzeln entlassen.

Bernhard Aichners Schreibstil ist wie gewohnt flüssig, voller Eloquenz und Witz. Die Dialoge lassen sich schnell lesen, der Schalgabtausch ist herrlich unterhaltsam.

Veröffentlicht am 31.03.2019

Mehr Theorie als Ratgeber für die Praxis

Wer tut dir gut?
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Wer mit Gabriel Palacios' Buch "Wer tut dir gut?" einen praktischen Ratgeber für den Alltag sucht mit Übungen und Strategien, wird sicher nicht sehr glücklich.

Palacios klassifiziert zunächst Menschen ...

Wer mit Gabriel Palacios' Buch "Wer tut dir gut?" einen praktischen Ratgeber für den Alltag sucht mit Übungen und Strategien, wird sicher nicht sehr glücklich.

Palacios klassifiziert zunächst Menschen in Typen. Dabei unterscheidet er zwischen verschiedenen Tiertypen und Farbtypen, denen er jeweils bestimmte Eigenschaften und Charakterzüge zuschreibt. Er räumt selbst ein, dass es Mischformen gibt. Im anschließenden Selbsttest, welcher Tier- und Farbtyp man ist, wird dies ebenso deutlich wie bei der Lektüre selbst: Obwohl ich bei einigen Beschreibungen ganz klare Menschen aus meinem Umfeld vor Augen hatte, passten manche nirgends hinein. Außerdem wechselten die einzelnen Klassifizierungen und Typen von Begegnungen und Situationen.

Der Titel täuscht meines Erachtens in Verbindung mit den Erwartungen, die der Klappentext sicher bei vielen hervorruft. Der Hypnosetherapeut erzählt nicht nur viel über seinen Lebenslauf und seine Kindheitserlebnisse, sondern reißt immer mal wieder Patientengeschichten an, die eher oberflächlich wirken oder im Sande verlaufen, weil sie in Verbindung mit zuvor Gesagtem keinen sich schließenden Kreis bilden.

Das Buch enthält wichtige Erkenntnisse und Anregungen für die Kompetenz der Menschenkenntnis und der Einschätzung verschiedener Menschentypen. Palacios setzt Menschenkenntnis und Empathie für mein Verständnis mit Gedankenlesen gleich. Wer sich bereits mit Spiritualität, negativen und positiven Energien und Empathie auseinandersetzt, bekommt hier nicht viel neues Wissen geliefert. Trotzdem gibt es wenige interessante Impulse und Gedanken, die als take-home-messages aus der Lektüre mitgenommen werden können.

Veröffentlicht am 27.02.2019

Brillant und feinfühlig

Die Liebe im Ernstfall
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Paula, Judith, Brida, Malika und Jorinde haben eines gemeinsam: Sie kommen aus Leipzig, haben den Fall der Mauer erlebt und sind jede für sich an einen Punkt im Leben angekommen, an dem sie hadern. ...

Paula, Judith, Brida, Malika und Jorinde haben eines gemeinsam: Sie kommen aus Leipzig, haben den Fall der Mauer erlebt und sind jede für sich an einen Punkt im Leben angekommen, an dem sie hadern. Sie hadern mit der Liebe und damit verbunden auch mit sich selbst, ihrem Leben und dem, was sie daraus gemacht haben.
Die Berufe und Lebensstile der Frauen unterscheiden sich. Paula ist Buchhändlerin, nicht glücklich in ihrer Ehe, Judith Ärztin, single und auf der Suche nach dem richtigen Mann, Brida hat ihren Mann an eine jüngere Frau verloren und findet sich in einer unbefriedigenden Dreiecksbeziehung wieder, Malika ist Musiklehrerin und dem Druck ihrer Eltern ausgesetzt, Jorinde ist Schauspielerin, trennt sich von ihrem Mann und muss um das Glück ihrer Kinder kämpfen.
Die Bezüge der Frauen untereinander sind teilweise längere Freundschaften, tiefe Verbindungen oder aber oberflächliche Kontakte, Vernetzungen durch Begegnungen und Kontakte im Alltag.

Daniela Krien hat einen wundervollen Schreibstil, der intensiv ist und sich jeder Frau, der jeweils ein eigenes Kapitel gewidmet ist, anpasst. Auch wenn die fünf Frauen mit der Liebe hadern und in gewisser Weise unzufrieden sind, ist das Buch keinesfalls deprimierend oder frustrierend. Es lässt teilhaben an Gedanken, Erfahrungen, Sehnsüchten und tiefen Emotionen. Vor allem den Emotionen gibt Daniele Krien den Raum, zu Wort zu kommen und sich entfalten zu können.

Ein berührender, intensiver Roman, der von starken Frauen erzählt, die ihr (Liebes)Leben überdenken und Entscheidungen treffen.

Veröffentlicht am 23.02.2019

Skurril, verstörend und dennoch faszinierend

Cat Person
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Kristen Roupenian landete mit iher Kurzgeschichte "Cat Person" einen medialen Hit, die gerade im Kontext der #metoo-Debatte vielfach diskutiert wurde.
In dem gleichnamigen Erzählband sind zwölf Erzählungen ...

Kristen Roupenian landete mit iher Kurzgeschichte "Cat Person" einen medialen Hit, die gerade im Kontext der #metoo-Debatte vielfach diskutiert wurde.
In dem gleichnamigen Erzählband sind zwölf Erzählungen versammelt, die unterschiedlicher nicht sein könnten.
Roupenian spielt nicht nur mit den Inhalten, sondern auch mit Stilen. So wechseln die Erzählungen von Realismus über Skurrilität bis hin zu Horror und märchenhaften Elementen. Die Sprache ist generell recht einfach gehalten und drückt an vielen Stellen geradezu Banalität durch ihre Schlichtheit aus.

Während beispielsweise "Cat Person" von einer gescheiterten Beziehung, schlechtem Sex und dem Machtgefälle zwischen Mann und Frau beim Dating erzählt, mit der sich sicher viele Menschen in ihren Zwanzigern identifizieren können, sind andere Geschichen von absurden, skurrilen Szenarien durchzogen. Oftmals sind die Anfänge stark, flachen jedoch zum Ende hin ab, fast als hätte die Autorin dann doch Angst vor der Intensität und der Brutalität, die sie zuvor geschildert hat.
Da Geschmäcker verschieden sind, ist sicher für jeden Leser mindesens eine Erzählung dabei, die überzeugt - und ebenso mindestens eine, mit der er oder sie nichts anzufangen weiß.

Allen Erzählungen gemein ist die Brutalität und die Hemmungslosigkeit, mit der Kristen Roupenian die niederen Instinkte, Grausamkeit, Voyeurismus, Egoismus, Kontrolle, Macht, sexuelle Begierde und Abweisung der Menschen darstellt.
Auch wenn ich aus den meisten Erzählungen verstört entlassen wurde, haben sie mich beeindruckt. Die Deutungsrahmen sind sehr offen gesteckt, jeder Leser kann quasi beliebig viel oder wenig in die Erzählungen hinein- und herauslesen.