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Veröffentlicht am 23.05.2023

Interessant, aber weniger wäre mehr gewesen

Komplizin
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Von takabayashi
Zuerst hat mir das Buch sehr gefallen. Als Cinephiler hat mich das Insiderwissen der Autorin sehr interessiert, außerdem freue ich mich immer über chinesische Autoren / Protagonisten, ...

Von takabayashi
Zuerst hat mir das Buch sehr gefallen. Als Cinephiler hat mich das Insiderwissen der Autorin sehr interessiert, außerdem freue ich mich immer über chinesische Autoren / Protagonisten, denn ich habe zehn Jahre in Taiwan gelebt und bin nicht nur cinephil, sondern auch sinophil.
Die Autorin kann sehr gut schreiben und die Beschreibungen von Sarahs (der Protagonistin) familiärem Hintergrund, von ihrer Affinität zu Filmen und ihrem Werdegang als - zunächst - unbezahlte Praktikantin in einer Produktionsfirma waren sehr gelungen und unterhaltsam. Sarah entdeckt, dass sie ein Händchen für Drehbücher hat und trägt mit ihrer Überarbeitung des Drehbuchs von Xander, einem Indie-Nachwuchsregisseur , maßgeblich dazu bei, dass dessen Drehbuch tatsächlich verfilmt werden kann. Der Film läuft dann sogar beim Festival in Cannes und dort lernen Sarah und ihre Chefin Sylvia Hugo North kennen, einen britischen Immobilien-Milliardär, der ins Filmgeschäft einsteigen will und Ihnen die Finanzierung ihres nächsten Films anbietet. Damit nimmt das Unglück seinen Lauf, denn die Figur des Hugo ist Harvey Weinstein nachempfunden.
Das Buch beginnt zehn Jahre später, Sarah ist inzwischen Dozentin für Drehbuchschreiben an einem unbedeutenden College, als ein Reporter der New York Times an sie herantritt und sie zum Thema Hugo North interviewen will. Da werden dann ihre mühsam verdrängten Erinnerungen wieder wach ...
Ungefähr die erste Hälfte des Buches habe ich mit ungetrübtem Vergnügen gelesen, aber dann fand ich, dass die Geschichte etwas zäh wurde und nicht so recht vorankam. Vor allem hat mich Sarahs Selbstmitleid gestört, denn so unterprivilegiert und diskriminiert, wie sie sich immer vorkommt, ist sie nun auch wieder nicht. Sie ist auch zu streng mit sich, denn wenn überhaupt, dann ist eher ihre Chefin Sylvia die "Komplizin" gewesen, die immer weggeschaut hat.
Alles in allem ein durchaus interessanter Roman zum Thema #metoo, der über weite Strecken auch gut unterhält, denn der Schreibstil ist angenehm und gut lesbar, aber etwas Straffung und Kürzung hätte ihm gut getan!

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Veröffentlicht am 07.05.2023

Suter in Hochform!

Melody
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Tom Elmer - mit abgeschlossenem Jura-Studium, aber ohne Job - reagiert auf eine eher altmodische Annonce und landet dadurch einen lukrativen Job als Nachlassverwalter für den sehr alten und sehr kranken ...

Tom Elmer - mit abgeschlossenem Jura-Studium, aber ohne Job - reagiert auf eine eher altmodische Annonce und landet dadurch einen lukrativen Job als Nachlassverwalter für den sehr alten und sehr kranken Peter Stotz. Dieser ist steinreich, eine bekannte Persönlichkeit in der Schweiz, Nationalrat, Militär, Geschäfts- und Lebemann. Tom soll in die Gästewohnung in seiner Luxusvilla einziehen, soll das - größtenteils chaotische Aktenmaterial - sichten und entscheiden, was davon aufbewahrt und was geschreddert werden soll. Denn Dr. Stotz geht es darum, auf sein Image für die Nachwelt einzuwirken - er will gut dastehen. Neben dem Aktensortieren ist es vor allem auch Toms Aufgabe, seinem Arbeitgeber zuzuhören. Dieser erzählt von seiner unsterblichen Liebe zu Melody, von der Entwicklung ihrer Beziehung und davon, wie sie drei Tage vor der geplanten Hochzeit verschwand, und wie er sie danach ein Leben lang gesucht hat. Tom erfährt davon in kleinen Portionen in den sogenannten Kamingesprächen nach dem Mittagessen. Ihm (und auch uns Lesern) erschließt sich nach und nach Stotz' Lebensgeschichte und wie bei ihm wachsen auch bei uns die Zweifel, dass das alles wirklich so gewesen ist. Wir sind ja in einem Roman vo Martin Suter, und da ist meistens nicht alles so, wie es zuerst scheint!
Suter ist ein wunderbarer Beobachter und schildert äußerst reale Menschen. Sein lässiger Schreibstil liest sich süffig, in seinen Texten steckt auch immer eine gehörige Portion Humor und Ironie. Es geht durchaus geruhsam voran, aber die Spannung steigt stetig an, und ich konnte das Buch einfach nicht mehr aus der Hand legen. Als ich dann nach zwei Tagen damit durch war, war ich auch traurig, dass es schon vorbei war, ich hätte gern noch mehr von all diesen Leuten gelesen. Andererseits war ich aber auch zutiefst beglückt von dieser anregenden und unterhaltsamen Lektüre! In meinen Augen das Beste, das Suter seit "Small World" geschrieben hat. Was nicht heißt, dass ich die anderen Bücher nicht gut fand, im Gegenteil, aber dieses kleine Meisterwerk hat mich besonders begeistert. Also: eine klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 07.05.2023

Hawthorne und Horowitz ermitteln höchst unterhaltsam weiter

Wenn Worte töten
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Wieder nimmt Anthony Horowitz uns in selbstironischer Weise in seine Welt mit, die Welt des Verlagswesens. Der Roman beginnt mit einer Sitzung im Penguin-Verlag, an der außer dem für Horowitz zuständigen ...

Wieder nimmt Anthony Horowitz uns in selbstironischer Weise in seine Welt mit, die Welt des Verlagswesens. Der Roman beginnt mit einer Sitzung im Penguin-Verlag, an der außer dem für Horowitz zuständigen Mitarbeiterstab auch seine Agentin teilnimmt. Man wartet auf Hawthorne, den ehemaligen Police Detective und jetzigen Privatdetektiv und Polizeiberater, der Anthony Horowitz dazu auserkoren hat, ihn quasi Doctor-Watson-mäßig zu begleiten und seine Heldentaten niederzuschreiben. Der erste Band „Ein perfider Plan“ steht kurz vor der Veröffentlichung und die Redaktion will Hawthorne kennenlernen. Dieser, der mit seinem Ghostwriter Horowitz nicht gerade freundlich umspringt, kann aber bei Bedarf seinen Charme sehr wohl anknipsen und kommt bei der Verlagscrew hervorragend an. Dadurch entsteht der Plan, die beiden zu einem Literaturfestival zu schicken.
So landen die beiden kurze Zeit später auf der kleinen Kanalinsel Alderney bei einem gerade erst neu ins Leben gerufenen Literaturfestival – und natürlich passieren dort, wo es vorher noch nie einen Mord gab, sogar gleich zwei Morde!
Zuerst lernen wir die bunt zusammengewürfelte und nicht sonderlich erlesene Teilnehmerschar kennen. Damit lässt sich der Autor viel Zeit, und erst dann passiert der erste Mord: das Opfer ist der Sponsor des Festival, ein überaus gehässiger und unsympathischer Mensch, für dessen Ermordung fast jeder der Anwesenden einen Grund hätte.
Unser Ermittlerduo folgt vielen falschen Fährten und muss viele seiner Verdächtigen von der Liste streichen. Schließlich wird der Fall glorios gelöst, doch das Ergebnis freut Hawthorne und Horowitz nicht sonderlich, denn ihre Sympathien liegen eher auf Seiten des Täters.
Das Ganze liest sich spannend und vor allem äußerst amüsant. Ich bevorzuge humorvolle Krimis, besonders wenn der Humor so schön britisch daherkommt. Der Reiz dieser Reihe liegt in der ungleichen Beziehung zwischen den beiden Protagonisten. Hawthornes Persönlichkeit bleibt ein Rätsel auch für die Buchfigur Horowitz und wir bekommen in jedem weiteren Band nur in homöopathischen Dosen einige wenige neue Informationen über ihn. Und Horowitz stellt seine eigene Person sehr selbstironisch und in sich selbst herabwürdigender Art dar. Vieles aus seinem Leben und aus der Verlagswelt ist ja durchaus real, und diese Vermischung von Realität und Fiktion ist sehr reizvoll.
Diese gelungene Fortsetzung der Reihe unterhält bestens und bekommt von mir fünf Sterne und eine Empfehlung für alle Liebhaber des gepflegten britischen Krimis mit Humor.

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Veröffentlicht am 25.04.2023

Freundschaft, Liebe und Verlust

Lichte Tage
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Es geht in diesem poetischen Roman um die Beziehungen zwischen drei Personen: zwei Männern und einer Frau.
Die auf dem Cover abgebildeten Van Gogh'schen Sonnenblumen stehen für den Kontrast zwischen einem ...

Es geht in diesem poetischen Roman um die Beziehungen zwischen drei Personen: zwei Männern und einer Frau.
Die auf dem Cover abgebildeten Van Gogh'schen Sonnenblumen stehen für den Kontrast zwischen einem Arbeiterleben im tristen Oxford der 50er und 60er Jahre und der sonnendurchfluteten und entspannten Zeit, die die beiden Protagonisten Ellis und Michael in der Provence verbringen. Die beiden lernen sich kennen, als Michael seine Eltern früh verliert und zu seiner Tante nach Oxford zieht. Es ist Freundschaft auf den ersten Blick, die sich im Laufe der Jahre unausgesprochen zu einer Liebe entwickelt, die während des kurzen Südfrankreichaufenthaltes zum Blühen kommt. Doch es sind die 60er und Ellis kann nicht zu dieser Liebe stehen. Er lernt Annie kennen und heiratet sie, und Annie erkennt die wichtige Rolle von Michael in Ellis' Leben und die Drei bilden ein unzertrennliches Gespann, dessen Wege sich dann allerdings irgendwann trennen.
All das erfahren wir aus den Erinnerugen von Ellis, der nicht Künstler geworden ist, sondern in derselben Autofabrik gelandet ist, in der sein Vater gearbeitet hat. Er ist mittlerweile 45, hatte einen Unfall mit dem Fahrrad und ist aufgrund seines eingegipsten Arms für längere Zeit krank geschrieben: Zeit zum Erinnern und Nachdenken! Annie ist vor ein paar Jahren gestorben und Ellis ist seitdem in der inneren Emigration. Nun beginnt er, sich mit seinem bisherigen Leben auseinanderzusetzen, die Erinnerungen blitzen sprunghaft auf. Er findet Michaels alte Tagebücher auf dem Speicher und nun erfahren wir einen Teil der Geschichte aus Michaels Perspektive.
Die Autorin kann ohne Zweifel gut schreiben, ich bin dem Leben der Drei sehr gern gefolgt. Wobei Annie etwas zu kurz kam; es geht hauptsächlich um Ellis und Michael und ihre ungelebte Liebe. Sehr leichtfüssig geschrieben, aber trotzdem auch ziemlich traurig, diese unerfüllte Liebe. Für mich persönlich sind allerdings zu viele Fragen offen geblieben ...

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Veröffentlicht am 25.04.2023

Grandioser Genremix

Fünf Winter
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Im Dezember 1941 wird der in Honolulu ansässige Polizist Joe McGrady mit der Aufklärung eines Doppelmords betraut, die Opfer sind ein junger Mann - der Neffe des Oberbefehlshabers der Pazifikflotte - und ...

Im Dezember 1941 wird der in Honolulu ansässige Polizist Joe McGrady mit der Aufklärung eines Doppelmords betraut, die Opfer sind ein junger Mann - der Neffe des Oberbefehlshabers der Pazifikflotte - und dessen Freundin, eine junge Japanerin.
Ein gewisser John Smith gerät ins Visier der Ermittler, jedoch ist er gerade nach Hongkong abgereist und McGrady folgt ihm dorthin. Durch eine Intrige landet er dort im Gefängnis und wird dann nach dem Angriff Japans auf Pearl Harbour von den Japanern, die auch Hongkong besetzt haben, nach Japan deportiert, dort aber von einem japanischen Diplomaten gerettet, der ihn bei sich versteckt. Dort verlässt er jahrelang nicht das Haus und freundet sich mit der Tochter seines Retters an, die ihm Japanischunterricht gibt.
Der Roman ist nicht nur ein Krimi, er ist auch historischer Roman, Abenteuerroman, Anti-Kriegs-Roman und berührende Liebesgeschichte, er ist nicht einfach ein Thriller, sondern überraschend anders! Interessant auch die exotischen Schauplätze, und die kulturellen Einblicke die dem Leser gewährt werden. Der Autor schlägt ganz unterschiedliche Tonarten an und sein Joe McGrady ist ein sympathischer Protagonist, mit dem man mitfiebert. Ein tolles Buch, das ich uneingeschränkt empfehlen kann.

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