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Veröffentlicht am 02.01.2021

Ein Leben für die Königskinder

Teatime mit Lilibet
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Marion Crawford macht in Edinburgh eine Ausbildung zur Lehrerin, eigentlich mit dem erklärten Ziel, unterprivilegierten, armen Kindern eine Schulbildung zukommen zu lassen. Sie gehört zur ersten Generation ...

Marion Crawford macht in Edinburgh eine Ausbildung zur Lehrerin, eigentlich mit dem erklärten Ziel, unterprivilegierten, armen Kindern eine Schulbildung zukommen zu lassen. Sie gehört zur ersten Generation von Frauen, die eine Berufsausbildung machen. Die Leiterin ihres Instituts überredet sie jedoch, eine Stelle als Gouvernante bei der Herzogsfamilie York anzunehmen, mit dem Argument, dass auch solche privilegierten Kinder Lehrer brauchen, die ihnen das Leben der "normalen" Leute nahebringen. Marion ist 22 als sie die Stelle antritt und man schreibt das Jahr 1932. Eigentlich sollte es erst nur ein Probemonat sein, aber im Endefekt bleibt Marion 16 Jahre bei der Familie, aus der inzwischen die Königsfamilie geworden ist.
Sie bemüht sich, ihren beiden Schützlingen Elizabeth und Margaret Einblick in das Leben außerhalb der Paläste zu geben, fährt mit ihnen U-Bahn, geht in öffentliche Schwimmbäder und zu Woolworth. Ihr Unterrichtsprogramm wird oft von - in ihren Augen überflüssigen - Veranstaltungen des Hofprotokolls gestört und unterbrochen. Aber sie hat die beiden Mädchen ins Herz geschlossen, liebt sie, als wären sie ihre eigenen Kinder und hat ihr Privatleben für ihren Job mehr oder weniger aufgegeben. Mehrfach will sie kündigen, wird aber von der "Queen Mum" immer wieder daran gehindert. Denn obwohl die Mädchen sehr an ihr hängen, wird sie letzlich doch als Domestikin behandelt.
Als sie das (gutbezahlte) Angebot erhält, ein Buch über die Prinzessinnen zu schreiben, tut sie es entgegen dem ausdrücklichen Verbot der Königin und wird danach von der königlichen Familie geächtet.
Gerade wenn man auch "The Crown" gesehen hat, fügt das Buch noch einige informative Facetten hinzu, ist aber insgesamt für mich doch etwas zu langatmig und repetitiv, eine Kürzung und Straffung hätte gut getan.

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Veröffentlicht am 30.11.2020

Realistisch, aktuell, informativ, spannend - ein Krimi mit "Alles drin" sozusagen

Kreuzberg Blues
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Schon lange hatte ich vor, endlich mal einen Dengler-Krimi zu lesen, kenne bis jetzt aber nur ein paar Verfilmungen, so dass Dengler und Olga beim Lesen vor meinem inneren Auge wie Ronald Zehrfeld und ...

Schon lange hatte ich vor, endlich mal einen Dengler-Krimi zu lesen, kenne bis jetzt aber nur ein paar Verfilmungen, so dass Dengler und Olga beim Lesen vor meinem inneren Auge wie Ronald Zehrfeld und Birgit Minichmaier aussahen. Im Frühjahr hatte ich dank Vorablesen den Krimi "Der freie Hund" gelesen, den Schorlau zusammen mit einem Co-Autor verfasst hat. Auch das ein spannender politischer Krimi, aber verglichen mit Kreuzberg Blues doch eher zahm.
Hier wird richtig harter Tobak geboten, es geht um Miethaie verschiedener Ausprägung und deren äußerst fragwürdige Geschäftspraktiken.
Dengler und Olga kommen nach Berlin, um einer Freundin von Olga zu helfen, die von Immobilienspekulanten aus ihrer günstigen Kreuzberger Mietwohnung hinausgeekelt werden soll. 3 Firmen spielen sich dabei gegenseitig in die Hände: die Deutsche Eigentum, Kröger Immobilien und Blackhill - unschwer zu erkennen die Anspielung auf die Deutsche Wohnen und BlackRock. Da wird nicht davor zurückgeschreckt, aggressiv gezüchtete Ratten im Hausflur auszusetzen oder im Winter die Fenster auszubauen. Erschreckend realistisch wird die Lage auf dem Wohnungsmarkt dargestellt. Und dass er so nah an der Realität ist. macht diesen Politkrimi so spannend. Dengler und Olga ermitteln teils zusammen, teils separat jeder auf seine eigene Art. Spannung entsteht dadurch, dass mehrere parallel stattfindende Ereignisse abwechselnd geschildert werden und Schrecken, weil sich einem die skrupellosen Strategien dieser Spekulanten allmählich immer mehr erschließen. Und dann noch eine geheimnisvolle Organisation von Verfassungsschützern und Mitarbeitern des Innenministeriums, die sich selbst scherzhaft als Zentralkomite bezeichnen, unauffällig im Hintergrund arbeiten, um ihre deutschnationalen Ziele voranzubringen. Ob das eine reale Grundlage hat, weiß ich zwar nicht, wundern würde es mich jedoch nicht.
Ein realistischer Krimi am Puls der Zeit, spannend und zum Nachdenken anregend - äußerst lesenswert!

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Veröffentlicht am 30.11.2020

Authentische Schilderung der Nachkriegsgeneration in West-Berlin

Ada
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Dies war mein erstes Buch von Christian Berkel und der Autor versteht es, eine unterhaltsame und fesselnde Geschichte zu erzählen. Dass es sich bei diesem Roman um den zweiten Band einer Trilogie handelt, ...

Dies war mein erstes Buch von Christian Berkel und der Autor versteht es, eine unterhaltsame und fesselnde Geschichte zu erzählen. Dass es sich bei diesem Roman um den zweiten Band einer Trilogie handelt, war mir vor der Lektüre nicht bewusst, aber ich kam auch ohne die Kenntnis des ersten Bandes problemlos in die Geschichte hinein. Ich bin ein paar Jahre jünger als die fiktive Ada, aber in vielem decken sich ihre Erlebnisse einer westberliner Nachkriegsjugend mit meinen. Besonders eindrückliche Ereignisse waren der Mauerbau, das Stones-Konzert in der Waldbühne, die Ermordung von Benno Ohnesorg während der Demos anlässlich des Schah-Besuchs, die Studentenrevolte und Woodstock (dort war ich zwar nicht, aber trotzdem gehört das irgendwie zur kollektiven Erinnerung).
Die gesamte Familie durchläuft die typische Entwicklung im Wirtschaftswunderland, man kommt allmählich zu Geld und hat einen - ziemlich spießigen - Freundeskreis, mit dem man regelmäßig zusammenkommt. Die Mutter ist Jüdin und war deshalb mit ihrer Tochter aus Deutschland geflohen: erst nach Paris, dann nach Argentinien. Als sie mit der neunjährigen Ada nach Berlin zurückkehrt, ist es für das kleine Mädchen sehr schwierig, sich dort zu Hause zu fühlen. Dann heiratet die Mutter Adas Vater (wobei die tatsächliche Vaterschaft ein Rätsel bleibt), einen Arzt mit eher nicht ganz reiner Weste während der Nazizeit. Die Mutter, Sala, erzieht ihre Kinder katholisch, das jüdische Erbe wird ausgespart. Überhaupt wird in der Familie über viele Themen nicht gesprochen und Ada beginnt, sich zur Rebellin zu entwickeln.
Das ist gut lesbar und interessant, allerdings bin ich trotzdem mit Ada nicht richtig warm geworden. Das mag zum einen daran liegen dass ein Mann in der Ich-Form als Frau erzählt, was manchmal nicht so ganz hinhaut, zum anderen daran, dass ich Adas Aktionen und Reaktionen nicht immer ganz nachvollziehbar fand.
Fazit: Eine unterhaltsame Lektüre, die Erinnerungen weckt und zum Nachdenken anregt.

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Veröffentlicht am 30.11.2020

Spannend und witzig!

Die Djurkovic und ihr Metzger
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Anfangs tat ich mich recht schwer mit dieser Lektüre: Verwirrend viele unbekannte und skurrile Protagonisten (ich bin Metzger-Neuling), unterschiedliche Zeitebenen und Orte, verschiedene Textformen und ...

Anfangs tat ich mich recht schwer mit dieser Lektüre: Verwirrend viele unbekannte und skurrile Protagonisten (ich bin Metzger-Neuling), unterschiedliche Zeitebenen und Orte, verschiedene Textformen und Schreibstile, teilweise starker Dialekt - da musste ich mich erst einmal einlesen, bin dann aber doch ganz gut hineingekommen und fand es immer witziger und spannemder, zum Ende hin super spannend und auch die einzelnen Puzzle-Teile fügten sich dann zu einem sinnvollen Ganzen zusammen.
Metzgers langjährige Lebensgefährtin Danjela Durkovic, die er nun nach 13 Jahren auch ehelichen wollte, lässt ihn während der Trauung am Altar stehen und verschwindet. Metzger fällt in ein tiefes Loch, beginnt sich dann allmählich doch darüber Gedanken zu machen, ob hinter ihrem Verschwinden nicht etwas anderes stecken könnte. Danjela ist von ihrer Vergangenheit eingeholt worden, die etwas anders aussieht, als sie von ihr immer dargestellt worden war.
Ich will vom Inhalt nicht mehr verraten, aber reizvoll ist auch der Schreibstil: Funkprotokolle, von Leuten, die sich mit Vogelnamen anspreche, ein Anruf bei einer Mobilfunkhotline inklusive Warteschleife, dann wieder Passagen im Stil eines Drehbuches, herrliche, knappe und witzige Dialoge, z.B. beim Anzugkauf in der Umkleidekabine, völlig absurde Situationen, z.B. mit dem Zirkuselefanten bei einer Promi-Party, wo der Metzger zum Youtube-Star avanciert. Satire, rabenschwarzer Humor, liebenswerte Protagonisten, Geselschaftskritik und ein veritabler, spannender Kriminalfall. Sehr unterhaltsam!

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