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Veröffentlicht am 22.03.2021

Emanzipation oder purer Egoismus? Dramatischer Lebensweg einer jungen Schauspielerin im Wien der 50/60er Jahre

Johanna spielt das Leben
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Johanna hat es geschafft: aus ärmlichen Verhältnissen kommend landet sie schon als Neunzehnjährige mit großem Erfolg am Wiener Burgtheater.
Dann verliebt sie sich unseligerweise in einen jungen Juristen ...

Johanna hat es geschafft: aus ärmlichen Verhältnissen kommend landet sie schon als Neunzehnjährige mit großem Erfolg am Wiener Burgtheater.
Dann verliebt sie sich unseligerweise in einen jungen Juristen und wird bald darauf schwanger. Was nun? Man beschließt zu heiraten und Johannas Aufstieg in die obere Mittelschicht ist besiegelt.
Bald zeigt sich allerdings, dass diese Ehe auf sehr wackeligen Füßen steht.
Der Roman wird auf zwei unterschiedlichen, nicht sehr weit auseinanderliegenden Zeitebenen erzählt, 1948-51 und 1961.
Johanna will alles haben, Ehe, Kind und Karriere. Das ist natürlich schwer unter einen Hut zu bringen, speziell in den Fünfziger Jahren, als ein Ehemann seiner Frau noch verbieten konnte zu arbeiten. Sie lässt sich allerdings nichts verbieten, aber das Wichtigste ist ihr doch ihre Schauspielkarriere und der damit verbundene Ruhm, so dass Ehe und Kinderversorgung auf der Strecke bleiben. Nichts ist gegen den Karrierewunsch einzuwenden, aber dann sollte man sich überlegen, ob das mit einer Familie, speziell mit einem Kind vereinbar ist.
Für mich ist Johanna keine starke Frau, sondern eine, die ohne Rücksicht auf Verluste ihre Interessen durchsetzt und ihre Rolle als Ehefrau und Mutter nur „spielt“, wenn es ihr gerade in den Kram passt. Sie erscheint selbstverliebt, egoistisch und ziemlich unreif und wurde mir beim Lesen zunehmend unsympathischer.
Johannas Entscheidungen sind für mich nicht nachvollziehbar, auch nicht die ihres Ehemannes Georg. Das mag daran liegen, dass die Figuren nicht ausreichend charakterisiert werden, man sie nur oberflächlich kennenlernt.
Am Ende wird noch unvermittelt ein Familiengeheimnis aufgetischt, das ich schon eine ganze Weile geahnt hatte, das aber eigentlich keinen besonderen Einfluss auf den Fortgang der Geschichte hat. Zum abrupten Schluss dann ein versöhnlicher Epilog in der Jetztzeit, der aber viele Fragen über die inzwischen verstrichene Zeit offen lässt.
Zu Beginn hat mir der Roman sehr gut gefallen, doch je unsympathischer die Protagonistin mir im Verlauf der Handlung wurde, desto weniger konnte ich mich für sie begeistern. Der Schreibstil der Autorin ist größtenteils gut lesbar, jedoch erforderten die von ihr gern genutzten langen Schachtelsätze des öfteren einen Rückblick um zu schauen, welches Subjekt denn zum Verb gehört.
Eine durchaus interessante Story-Idee, deren Umsetzung aber nicht die Erwartungen erfüllen kann, die der Klappentext und das sehr gelungene Titelbild geweckt haben.

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Veröffentlicht am 13.03.2021

Sympathischer und spannender Krimi

Lockvogel
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Ich mochte schon Theresa Prammers Krimireihe um Carlotta Fiore, die allerdings etwas düsterer war. Hier haben die Protagonisten zwar auch reichlich Probleme, aber die Grundstimmung ist doch eher heiter. ...

Ich mochte schon Theresa Prammers Krimireihe um Carlotta Fiore, die allerdings etwas düsterer war. Hier haben die Protagonisten zwar auch reichlich Probleme, aber die Grundstimmung ist doch eher heiter. Antonia (Toni) ist eine junge Schauspielschülerin, die bei ihrer Großmutter aufgewachsen ist. Die Oma ist inzwischen in eine edle Senoirenresidenz umgezogen, hat aber ihre Ersparnisse (über 300.000 €) und ihren Schmuck in einem Tresor in der Wohnung ihrer Enkelin deponiert. Nur leider hat sich Tonis Freund und Mitbewohner Felix mit diesen Wertsachen davongemacht - sie ist verzweifelt und glaubt an unglückliche Umstände, die Felix dazu veranlasst hätten. Deshalb sucht sie einen Privatdetektiv auf, der nach Felix suchen soll. Edgar Brehm ist ihr als preiswert empfohlen worden, aber auch er ist für Toni viel zu teuer. Da Edgar selbst in einer gewissen Notlage ist und einen großen Auftrag, den er allein nicht schaffen würde, bekommen könnte, schließen die beiden einen Pakt: Edgar sucht nach Felix, aber Toni soll ihm bei dem Auftrag der Frau des berühmten Filmregisseurs Alexander Steiner helfen: und schon ist ein originelles und sympathisches Ermittlerduo geboren!
Bei der jährlichen großen Party des Starregisseurs ist ein Kellner ermordet worden, der allerdings gar kein Kellner ist, sondern ein erfolgloser Drehbuchautor, der gehofft hatte, sein Manuskript an den Mann zu bringen. Aber darum geht es Frau Steiner gar nicht - ihr waren Dokumente zugespielt worden, aus denen hervorgeht, dass ihr Mann junge Schauspielerinnen sexuell belästigt hat und daher zu einem #MeToo-Fall werden könnte.
Es gibt diverse Verdächtige und Handlungsstränge und eine für mich unerwartete Auflösung. Wir lernen die beiden Ermittler gut kennen, der Schreibstil ist flüssig und die Handlung ist spannend. Nebenbei können wir auch noch etwas Atmosphäre am Filmset und in der Schauspielschule schnuppern. Obwohl der Krimi in Wien spielt, gibt es nicht allzu viel Lokalkolorit, was mich aber nicht weiter gestört hat. Ich habe die Lektüre genossen und mich gut unterhalten gefühlt, gegen Ende konnte ich das Buch kaum noch aus der Hand legen. Klare Leseempfehlung für alle, die Ihre Krimis eher gewaltlos lieben!

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Veröffentlicht am 25.02.2021

Zwiespältig

Kim Jiyoung, geboren 1982
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Ist es ein Roman? Oder eher eine sozialwissenschaftliche Abhandlung? Etwas von beidem. Zwischendurch gibt es immer wieder Fußnoten, wie in einer wissenschaftlichen Arbeit Angaben zur Herkunft der demographischen ...

Ist es ein Roman? Oder eher eine sozialwissenschaftliche Abhandlung? Etwas von beidem. Zwischendurch gibt es immer wieder Fußnoten, wie in einer wissenschaftlichen Arbeit Angaben zur Herkunft der demographischen Daten, die im Text mitgeteilt werden. Das ist meiner Meinung nach auch die Crux dieses Romans: man erfährt sehr viel über die Situation der Frauen in Südkorea, die so viel anders nicht ist als bei uns vor ca. 70 Jahren, aber das Einzelschicksal von Jiyoung wird so kühl geschildert, dass einen zwar die Fakten erschüttern, die Erzählung einen jedoch emotional nicht packen kann. Das Buch liest sich trotz Fußnoten durchaus flüssig, aber es fehlt der gewisse Hoffnungsschimmer, damit es einem Spaß machen könnte. Jiyoungs Lage ist ziemlich hoffnungslos, die gesellschaftlichen Erwartungen erdrücken sie. Nachdem es ihr tatsächlich gelungen ist zu studieren und schließlich auch einen relativ guten Job zu finden (immer unterstützt von ihrer Mutter, die ihrer Tochter gern ihr eigenes Schicksal ersparen möchte), lernt sie einen netten jungen Mann kennen und heiratet ihn. Aber nun ist auch die Schwiegerfamilie im Spiel, die dringend einen Stammhalter erwartet ... viel früher, als es Jiyoung lieb ist. Als sie schwanger wird, erscheint es für alle logisch, dass sie ihren hart erkämpften Job aufgibt. Das Geld, das ihr Mann nach Hause bringt, reicht hinten und vorne nicht, weshalb sie sich dann schließlich einen schlecht bezahlten Teilzeitjob sucht, der sich mit Kinderversorgung und Haushalt kombinieren lässt. Und dafür hat sie studiert? Sie fühlt sich ständig müde und ausgelaugt und wird depressiv und psychisch krank. Das ist sehr traurig und deprimierend. Sicher ein wichtiges feministisches, und für Korea bahnbrechendes Buch, aber dass es zum Bestseller geworden ist, erstaunt mich.
Für uns als westliche Leser wirkt das alles sehr weit entfernt und exotisch, dabei sind dieselben Denkweisen - wenn auch in abgeschwächter Form - doch auch bei uns immer noch gang und gäbe!

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Veröffentlicht am 09.02.2021

Wie viel Kommunikation ist möglich zwischen Mensch und Tier?

Sprich mit mir
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Die drei wesentlichen Protagonisten dieses Romans sind Guy Schemerhorn, Psychologie-Professor, der über den Spracherwerb von Schimpansen forscht, Aimee, eine schüchterne, kontaktscheue und etwas ziellose ...

Die drei wesentlichen Protagonisten dieses Romans sind Guy Schemerhorn, Psychologie-Professor, der über den Spracherwerb von Schimpansen forscht, Aimee, eine schüchterne, kontaktscheue und etwas ziellose Psychologiestudentin und - last but not least - Sam, ein junger Schimpanse, der von Guy wie ein Mensch aufgezogen wird und Unterricht in Gebärdensprache erhält. Der Roman spielt in den 70er/80er Jahren, als die Verhaltensforschung ihren Höhepunkt erreicht.
Aimee sieht zufällig im Fernsehen eine Rate-Show, bei der Guy mit Sam zu Gast ist und ist auf Anhieb begeistert, noch mehr, als sie dann am nächsten Tag am Schwarzen Brett in der Uni ein Angebot für studentische Hilfskräfte für just dieses Projekt entdeckt. Sie bewirbt sich um den Job und bekommt ihn, denn Sam springt ihr sofort auf den Arm und lässt sie nicht mehr los: Liebe auf den ersten Blick.
Sie zieht bei Guy und Sam ein, bemuttert und unterrichtet Sam und wird Guys Geliebte. Sie leben in einer familienähnlichen Konstellation zusammen. Doch Sam wird mit zunehmendem Alter immer kräftiger und schwerer kontrollierbar - und in der wissenschaftlichen Forschung kippt die Stimmung ein paar Jahre später, man hält den Spracherwerb von Primaten nun für ein Hirngespinst. Sams Besitzer, ein skrupelloser und geldgeiler Professor aus Iowa will Sam zurückhaben, um ihn als Versuchstier zu halten. Guy gibt schließlich nach, denn seine Beziehung zu Sam war letztenendes nur ein Mittel zum Zweck für seine Karriere. Aimee ist entrüstet und fährt selbst mit dem Wagen nach Iowa.
Und Sam, der sich für einen Menschen hält, sitzt verzweifelt in einem scheußlichen Käfig und kann seine Mitgefangenen in den anderen Käfigen nicht als sene Artgenossen erkennen ...
Boyles Thema ist die Beziehung zwischen Mensch und Natur, Mensch und Tier. Der Mensch sieht sich als Krone der Schöpfung und fühlt sich deshalb berechtigt, mit den anderen Lebewesen zu machen was er will, sogar einen Affen wie einen Menschen aufzuziehen und mit ihm qua Gebärdensprache zu kommunizieren, bzw. - weit schlimmer - ihn als Versuchstier zu nutzen. Doch wie weit reicht die Lernfähigkeit unserer nächsten Verwandten? Handelt es sich wirklich um eine echte Kommunikation? Da es sich um ein fiktives Werk handelt, nimmt der Autor sich die Freiheit, in einigen kurzen Kapiteln Sams Perspektive einzunehmen.
Ein teils witziger und unterhaltsamer Roman, teils sehr berührend und traurig, ein Roman, der einen nachdenklich macht.

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Veröffentlicht am 09.02.2021

Richtig netter Cosy-Krimi

Das Windsor-Komplott
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Die Queen ermittelt selbst! Das ist nicht ganz neu (in C.C. Benisons Reihe aus den späten Neunzigern ermittelte sie schon sehr erfolgreich mit Hilfe ihres Hausmädchens Jane Bee), wird hier aber sehr modern ...

Die Queen ermittelt selbst! Das ist nicht ganz neu (in C.C. Benisons Reihe aus den späten Neunzigern ermittelte sie schon sehr erfolgreich mit Hilfe ihres Hausmädchens Jane Bee), wird hier aber sehr modern und aktuell dargestellt.
Die Handlung spielt um den neunzigsten Geburtstag der Queen herum, als der Hofstaat sich gerade in Windsor Castle aufhält, wo es etwas zwangloser zugeht, als im Buckingham Palace. Nach einer von Prince Charles initiierten Abendeinladung von diversen Russen und Rußland-Kennern ist der junge russische Pianist Maksim Brodsky am nächsten Morgen unter seltsamen Umständen tot in seinem Zimmer aufgefunden worden. Nachdem die forensischen Daten einen Selbstmord ausschließen, ist der Geheimdienstchef von einem politisch motivierten Komplott überzeugt und geht so weit, zwei langjährige, geschätzte Angestellte der Queen als russische "Schläfer" zu entlarven. Diese hält das für kompletten Blödsinn und ist not amused. Weshalb sie ihre stellvertretende Privatsekretärin, die junge Rozie, ins Vertrauen zieht, und sie mit einigen Nachforschungen beauftragt ... Was sie herausfindet, muss nun geschickt den Geheimdienstleuten zugetragen werden, damit diese denken, sie hätten es selbst herausgefunden.
Das macht Spaß, ist spannend und liest sich sehr launig und unterhaltsam. Man hat teil an den Gedanken der Queen, auch über ihren Gatten Prinz Philip (der damals "erst" 94 war), ihrer Freude auf den Besuch der "ganz reizenden" Obamas und ihrer Begeisterung für Pferde und Hunde. Hat mir sehr gut gefallen und ist allen Freunden des Cosy-Krimis sehr zu empfehlen.

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