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Veröffentlicht am 20.06.2022

Die Macht der Worte

Die Sammlerin der verlorenen Wörter
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Wer kennt nicht das Oxford English Dictionary. Doch ist auch bekannt, dass die Fertigstellung der ersten Ausgabe fast 40 Jahre gedauert hat? Band 1 erschien im Jahre 1886, der letzte erst im Jahr 1928. ...

Wer kennt nicht das Oxford English Dictionary. Doch ist auch bekannt, dass die Fertigstellung der ersten Ausgabe fast 40 Jahre gedauert hat? Band 1 erschien im Jahre 1886, der letzte erst im Jahr 1928. Viele Lexikographen und freiwillige Helfer waren an dieser schier endlosen Arbeit und Recherche beschäftigt. Dieses Buch erzählt die Entstehung des Wörterbuches aus Sicht von Esme, der Tochter eines der Lexikographen, die in der Welt der Worte aufwächst. Ihre Mutter ist früh verstorben, der Vater nimmt sie immer mit zur Arbeit ins Skriptorium, einer zugigen Gartenhütte des Herausgebers James Murray. Dort sitzt Esme Stunden unter dem Sortiertisch und sammelt die fallengelassenen Zettel. Allesamt Wörter, die es nicht ins Wörterbuch geschafft haben, für Esme ein wahrer Schatz. Sie versteckt ihre Wörter in der Koffertruhe des Hausmädchens der Murray´s. Lizzie, selbst lediglich 8 Jahre älter, sorgt für Esme. Mit den Jahren wird daraus eine tiefe Freundschaft. Mit dem ersten gesammelten Wort bondmaid = leibeigene Magd begründet Esme ihr „Lexikon der verlorenen Wörter“. Mit den Jahren wird klar, dass vorwiegend Worte aus dem Sprachgebrauch der Frauen nicht in das offizielle Wörterbuch übernommen wurden. So macht sich Esme auf die Suche nach fehlenden Worten, sie spricht mit einfachen Frauen auf dem Markt, erfährt die Auswirkungen des 1. Weltkriegs und schließt sich schlussendlich auch der Frauenbewegung an. Immer wieder erfährt sie Schicksalsschläge. Doch die Macht der Worte scheint sie stark zu machen und sie meistert jede Hürde.
Ich habe ein wenig Zeit gebraucht, um mich auf dieses Buch einzulassen, doch einmal in die Welt der Wörter eingetaucht war ich gefesselt. Die Handlung und auch die Protagonistin Esme sind schon etwas ganz Besonderes. Dreh- und Angelpunkt ist die Welt der Worte, welche auch allgegenwärtig ist im Umgang des Vaters mit Esme. Gleichaltrige Freunde hat Esme nicht wirklich, Kinder und Lehrer halten sie für anders. Das zieht sich auch im Erwachsensein fort. Eine bleibende Bezugsperson neben dem Vater bleibt das Dienstmädchen Lizzie, die mehr oder weniger ein Mutterersatz für Esme wird. Als Esme´s größter Wunsch sich erfüllt und sie selbst an Murray´s Wörterbuch mitarbeiten darf, nimmt die Handlung Fahrt auf. Nebenschauplätze und -handlungen kommen dazu, neue und interessante Charaktere tauchen auf. Esme´s Leben wird begleitet von glücklichen und traurigen Ereignissen, die Esmes Leben prägen. Wobei für meine Empfindung die traurigen Momente überwiegen und dem Buch eine größtenteils melancholische, gar düstere Stimmung verleiht. Würde ich es in Farben ausdrücken wollen, so wäre die Geschichte für mich in sämtlichen Nuancen von Schwarz und Weiß mit roten und gelben Lichtreflexen. Ein Liebhaberstück für alle die Bücher lieben.

Mein Fazit:
Pip Williams hat mit ihrem Buch der Welt des Wortes eine Ehre erteilt. Sie hat wunderbar der historischen Entstehungsgeschichte des Oxford English Dictionary Leben eingehaucht. Viele der Charaktere gab es wirklich. Deren authentische Ausarbeitung mit historischen und fiktiven Handlungen ergaben ein rundes Gesamtbild. Vielen Dank Pip Williams für diese anschauliche und berührende Wörterreise.

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Veröffentlicht am 20.06.2022

Gelungener klassischer Krimi

Die Toten von Fleat House
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Ja, zuerst muss ich mich outen. Obwohl einige Bücher auf meinem SuB liegen, ist dies das erste Buch, welches ich von der verstorbenen Lucinda Riley lese. Und dann noch der einzige Krimi, der posthum nunmehr ...

Ja, zuerst muss ich mich outen. Obwohl einige Bücher auf meinem SuB liegen, ist dies das erste Buch, welches ich von der verstorbenen Lucinda Riley lese. Und dann noch der einzige Krimi, der posthum nunmehr durch ihren Sohn Harry Whittaker herausgeben wurde. Schon allein das atmosphärische Cover und der Klappentext haben mich extrem neugierig gemacht.
Der Schreibstil der Autorin ist angenehm flüssig, was mir sehr gut gefällt. Ohne Vorgeplänkelt landet man direkt mitten im Geschehen des Todesfalles. Der 18-jährige Charlie Cavendish wird eines Morgens tot in einem Wohnheim der St. Stephen´s School in Norfolk aufgefunden. Charlie war bekannt für sein Leben auf der Überholspur, er galt als provokant und hat die jüngeren Schüler drangsaliert. Mit seinem Vater gab es Streit, da er nicht in seine Fußstapfen als Anwalt treten wollte. Der anfangs als epileptischer Anfall beurteilte Tod entpuppt sich als anaphylaktischer Schock. Charlie war hochgradig allergisch auf Aspirin, doch wer hat ihm die Tabletten verabreicht?
Die Ermittlungen übernimmt die toughe Ermittlerin Jazmine Hunter. Jazz, die eigentlich ihren Dienst aus privaten Gründen quittiert hatte, kommt nicht umhin den Fall zu übernehmen. Clever verfolgt sie diverse Spuren und vernimmt zahlreiche Beteiligte im Umfeld der Schule und der Familie. So wie es ausschaut, waren viele nicht gut zu sprechen auf den Toten, aus den unterschiedlichsten Gründen. Die klassische Ermittlungsarbeit wurde seitens der Autorin spannend gestaltet. Interessante Spuren entpuppen sich als unbegründet, dafür tun sich neue Ermittlungsansätze auf. Geschickt werden die Puzzleteile zusammengesetzt, deren Ursprung sich auf einen Vorfall in der Vergangenheit gründen. Gekonnt und plausibel werden die Fäden zu einer logischen Lösung verknüpft. Wobei ich bis zum Ende hinsichtlich des/der Schuldigen im Dunkeln getappt habe. Die Art und Weise der Ermittlungen lässt das Herz eines klassischen Krimiliebhabers höherschlagen. Ich hätte mir gut weitere Fälle mit der Ermittlerin Jazz Hunter vorstellen können, in dessen Genuss wir aber leider nicht mehr kommen werden. Ein Grund mehr, mich nunmehr auch den anderen Büchern von Lucinda Riley zu widmen.

Mein Fazit:
Mit „Die Toten von Fleat House“ ist ein solider und spannender Krimi in klassischer „Whodunit“ Art aus der Feder von Lucinda Riley entstanden. Gut durchdachte Handlungsstränge mit lebensnahen Charakteren haben mir einen runden Ermittlungsfall präsentiert. Zu schade, dass es kein Wiedersehen mit Jazz Hunter geben wird. Ich hätte ihr Leben gerne weiterverfolgt.
Vielen Dank an Harry Whittaker, dass er uns an dem Genuss des bereits im Jahr 2006 fertiggestellten Buches seiner Mutter teilhaben ließ

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Veröffentlicht am 01.06.2022

Der Weg einer starken Frau

Die Landärztin - Aufbruch in ein neues Leben
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Zur Zeit liebe ich einfach Buchreihen, hier gerade was den beruflichen Werdegang und die Entwicklung der Frauen anbelangt. Diese Vorliebe hat mich auch bei diesem Buch veranlasst zuzugreifen und ich wurde ...

Zur Zeit liebe ich einfach Buchreihen, hier gerade was den beruflichen Werdegang und die Entwicklung der Frauen anbelangt. Diese Vorliebe hat mich auch bei diesem Buch veranlasst zuzugreifen und ich wurde nicht enttäuscht. Die Autorin Felicia Otten konnte mich mit der ergreifenden Geschichte um die Ärztin Dr. Thea Graven schon nach wenigen Seiten in ihren Bann ziehen.
Anfang der 50er Jahre arbeitet die junge Ärztin Thea als Assistenzärztin in der Chirurgie des Universitätsklinik Hamburg, ihr fehlt es nur noch 1 Jahr an Praxis bis zur Prüfung als Fachärztin für Gynäkologie, was seit Kindesbeinen an ihr Berufswunsch ist. Das Schicksal hat sie bereits hart getroffen, ihr geliebter Mann ist bereits kurz nach der Heirat im Krieg gefallen, was ihr trotz der vergangenen 9 Jahre immer noch Kummer bereitet. Diesen tiefsitzenden Schmerz konnte ich regelrecht fühlen, besonders während der Zwiegespräche die Thea mit dem Foto von Hans führt. Als weitere Belastung trägt sie schwer daran, dass es seinerzeit mit Ihrem Vater zu einem Zerwürfnis kam. Bis heute hat er ihr nicht verziehen, einen in seinen Augen erfolgslosen Künstler geheiratet zu haben. Groß ist die Sehnsucht zu ihren beiden Schwestern Marlene und Katja, die sie seit Jahren nicht gesehen hat.
Während einer Routine-OP begeht der vorgesetzte Professor einen Kunstfehler und der Patient verstirbt. Alle verstecken sich unter einem Deckmantel des Schweigens und tun den Vorfall als eine tragische Komplikation ab. Doch dies kann Thea nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren. Als der Klinikleiter auf Ihre Anzeige hin mit Entlassung droht und sie der Verleumdung bezichtigt, nimmt sie dies in Kauf und erhebt Anzeige bei der Staatsanwaltschaft. Schon diese Handlung hat mir gezeigt, welch eine Kraft und Mut in dieser jungen Frau stecken. Sie lässt sich durch nichts unterkriegen. Auch nicht, als auf Bitten ihrer Schwester Marlene ein Versöhnungsbesuch mit dem Vater scheitert. Dieser leitet seit einiger Zeit als Professor die Klinik in Monschau, wo er gemeinsam den Theas Schwestern und seinen Enkeln wohnt..
Um in der Nähe ihrer Schwestern zu sein, nimmt Thea bei einem Landarzt im Nachbardorf Eichborn eine Stellung als Verstärkung an. Hierfür muss sie all ihre Überredungskunst aufwenden, denn Dr. Georg Berger ist so gar nicht überzeugt von einer weiblichen Kollegin auf dem harten Land. So gibt er sich Thea gegenüber zynisch und hartherzig. Auch bei den Dorfbewohnern und der Gemeindeschwester Fidelius stößt sie nur auf Ablehnung, wobei letztere bevorzugt Thea Steine in den Weg legt. Doch mit kleinen Schritten erkämpft sich Thea ihren Stand und öffnet auch ihr Herz für eine neue Liebe. Dr. Berger hadert mit einer On/Off-Beziehung zu der wunderschönen Sängerin Melanie Winter. Diese tut ihm jedoch gar nicht gut, sobald sie nach ihm schnipst, springt er. Einfach unmöglich diese Frau, sowas von sich eingenommen. Bis zum Ende konnte ich mich nicht für sie erweichen. Dr. Berger verbirgt sein verletzliches Ich hinter einem harten Kern, doch nach und nach bröckelt die Fassade.
Nebenschauplatz bei diesem Buch ist auch der groß angelegte Kaffeeschmuggel über die belgische Grenze hinaus, was zu der ein oder anderen prekären Situation auch für die Hauptcharaktere führt. Hier musste ich schon das eine oder andere Mal die Luft anhalten vor Spannung. Dann ist da noch ein sehr heikles Geheimnis, welches sich um Marlene rankt. Der Schrecken des Krieges und der Zeit danach lastet schwer auf ihr, doch als verzweifelte Mutter ergreift man jeden Strohhalm.
Gefallen hat mir bei diesem Buch die bildhafte und flüssige Schreibweise, so fiel es mir leicht vor meinem geistigen Auge die zauberhafte Landschaft der Eifel, des Ortes Monschau sowie des Dörfchens Eichborn vorzustellen. Laut jauchzend unternahm ich mit Thea die Patientenbesuche auf dem Motorrad, so sehr erinnerte ich mich an eigene Touren durch die Eifel im Sattel meines Motorrads zurück. Die Charaktere zeichnen sich durch große Realitätsnähe aus. Die Story ist eine gelungene Mischung aus privaten und beruflichen Belangen in der Zeit Anfang der 50er Jahre.
Herzlichen Dank für die unterhaltsamen Lesestunden Felicia Otten. Da zu meiner Freude Band 2 schon erschienen ist, werde ich es gleich bei der Buchhändlerin meines Vertrauens ordern.

Mein Fazit:
Die Grundidee ist nicht neu, den beruflichen Werdegang einer Frau, gerade im medizinischen Bereich, in den Fokus zu setzen. Doch der Autorin Felicia Otten ist es mit diesem Auftakt rundum gelungen zu fesseln und eine höchst interessante und facettenreiche Geschichte zu schreiben. Die historisch belegten Gegebenheiten wurden für meinen Geschmack perfekt eingebunden und brachten mir das Zeitgeschehen sowie die Handlungen der Charaktere authentisch nah. Die Landärztin ist somit eine Reihe, die ich sehr gerne weiterempfehlen kann.

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Veröffentlicht am 21.05.2022

Berührende Familiengeschichte über eine italienische Partisanin

Gran Paradiso
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Als mir das Buch seitens der Autorin Grit Landau vorgestellt wurde, konnte ich mich gleich für das historisch anmutende Cover sowie den Inhalt begeistern. Auf der Homepage des Verlages gibt es hierzu auch ...

Als mir das Buch seitens der Autorin Grit Landau vorgestellt wurde, konnte ich mich gleich für das historisch anmutende Cover sowie den Inhalt begeistern. Auf der Homepage des Verlages gibt es hierzu auch ein sehr interessantes Präsentationsvideo der Autorin.
Es ist das Jahr 1982 als die beruflich angeschlagene Turiner Radiojournalistin Gianna Perrin sich auf den Weg nach Sant´ Amato, einer Provinz Liguriens macht. Auf Bitte von Zia Mafalda, der deutlich älteren Cousine ihrer verstorbenen Mutter Maria Perrin, geb. Lanteri, kehrt diese zurück an den kleinen Ort an der Riviera, an dem sie teilweise ihre Kindheit verbrachte. Gianna soll sich den Inhalt eines aufgefundenen Koffers ihrer Mutter anschauen. Maria Perrin hat während des 2. Weltkriegs als Partisanin gekämpft und wird als Heldin verehrt. Das von ihr im Jahr 1955 veröffentlichte Tagebuch „Sommer der Freiheit“ ist inzwischen eine gängige Schullektüre. Gianna´s Verhältnis zu ihrer Mutter war nicht sehr gut, auch ihre Berufswahl wurde von dieser nicht für gut befunden. Über ihre Zeit als Widerstandskämpferin hat Maria nie wirklich gesprochen, Details kennt Gianna nur aus dem veröffentlichten Tagebuch. Umso erstaunter ist sie, nun in dem Koffer handschriftliche Aufzeichnungen der Mutter zu finden, die deutlich von der bekannten Erzählung abweichen. Erst jetzt erfährt Gianna, wer ihre Mutter wirklich war.
Die Autorin Grit Landau erzählt mit einer fesselnden und bildgewaltigen Schreibweise das Leben der Nationalheldin im Kampf gegen die Nazis. Die Geschichte erstreckt sich über zwei Zeitebenen, wobei Gianna im Jahre 1982 mittels der Aufzeichnungen ihrer Mutter zurück ins Jahr 1944 reist und dem Leser die Zeit der Widerstandsbewegung mit all ihrem Schrecken näherbringt. Die Ausführungen der Autorin sind lebendig und emotional, ich hatte das Gefühl, selbst vor Ort zu sein. Doch Marias Leben wurde nicht nur von Gewalt geprägt, auch eine Liebe, von der niemand wusste, hat es gegeben. Besonders gefallen hat mir die Art und Weise, wie Gianna ihre Mutter völlig neu kennenlernt und im Verlauf des Buches eine enorme Entwicklung durchmacht. Anfangs eher entmutigt bekommt sie deutlich mehr Selbstvertrauen und stellt sich schließlich dem Leben.

MeinFazit:
Eine historisch bestens recherchierte Geschichte über das Leben der legendären Maria Mortale. Fesselnd und gefühlvoll mit einem ausgewogenen Maß an Liebe und Schicksal. Die Charaktere sind gut herausgearbeitet und in ihrem Agieren authentisch und lebhaft. Neben Gianna und Maria hat auch Mafalda mit ihrer herzlichen Art gleich mein Herz erobert. Eine wunderbare Geschichte mit Tiefgang. Herzlichen Dank Grit Landau für ein unvergessenes Lesevergnügen, welches ich nur weiterempfehlen kann.

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Veröffentlicht am 18.05.2022

Fortsetzung einer wunderschönen Familiensaga

Die Hofgärtnerin − Sommerleuchten
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Obwohl seit Band 1 schon ein gutes Jahr vergangen ist, war ich sofort wieder mit der Handlung vertraut und gefangen vom dem wunderbaren bildhaften, lockeren Schreibstil der Autorin. Was für eine Freude, ...

Obwohl seit Band 1 schon ein gutes Jahr vergangen ist, war ich sofort wieder mit der Handlung vertraut und gefangen vom dem wunderbaren bildhaften, lockeren Schreibstil der Autorin. Was für eine Freude, wieder am Leben von Julius, Marleene und Frieda teilnehmen zu können. Die aufwendige Klappenbroschur nebst liebevoll gestaltetem Cover passen für mich perfekt zu dem Titel -Sommerleuchten- und dem Thema Gärtnerei. Auch dieser Band zeigt sich mit einer üppigen Seitenzahl und überzeugt auf 720 Seiten mit jeder Menge Spannung, Emotionen und überraschenden Ereignissen. Wurde gerade eine Hürde überwunden, so steht schon die nächste bevor. Nicht nur einmal musste ich vor Anspannung die Luft anhalten. Doch auch freudige Ereignisse wie zum Beispiel eine gelungene Bauernhochzeit machen die Geschichte sehr abwechslungsreich. Rena Rosenthal lässt zu meiner Freude annähernd jedes Kapitel mit einem kleinen Cliffhanger enden, wendet sich im nächsten Kapitel jedoch erst einem anderen Thema zu und kehrt später auf das vorherige zurück. So zieht sich ein angenehmer Spannungsbogen durch das ganze Buch und lässt niemals Langeweile aufkommen. Wäre es mir zeitlich möglich gewesen, hätte ich das Buch in einem Rutsch durchgesuchtet.
Nun aber zur eigentlichen Geschichte, bei der auch Quereinsteiger ohne Vorkenntnisse der Saga kein Problem haben werden, da die Autorin in Form von Rückblenden das notwendige Hintergrundwissen bestens vermittelt. Marleene und Julius arbeiten hart an der Verwirklichung ihres Traumes einer eigenen Gärtnerei. Der Verwirklichung liegen einige Hürden auf dem Weg, gerade in finanzieller Hinsicht. Denn Julius – Sohn des Hofgärtners Alexander Goldbach – wurde von seinem Vater enterbt und des Hofes verwiesen, nachdem er sich seiner Liebe zu Marleene, einer einfachen Arbeiterin, die sich als Junge verkleidet seinerzeit als Lehrling in der Gärtnerei eingeschlichen hatte, bekannt hat. Ende des 19. Jahrhunderts war es bekanntlich einer Frau so gut wie unmöglich in einem Männerberuf ausgebildet zu werden. Lediglich bessergestellten jungen Frauen war der Besuch einer Gärtnerinnenschule mit vorwiegend theoretischem Wissen möglich. Durch einen glücklichen Umstand stellt man Marleene und Julius Land für den Aufbau einer Gärtnerei zur Verfügung, allerdings verbunden an die Auflage innerhalb von 3 Jahren eine gut florierende Gärtnerei aufzubauen. Um dies zu schaffen müssen die beiden unbedingt bei der nächsten Gartenbauausstellung in Hamburg eine Goldmedaille holen, um sich künftig mit dem Titel -Hofgärtnerei- zu schmücken.
Die wenige Zeit und der Zustand des überlassenen Landes am Rande von Rastede lässt kaum Hoffnung, das Ziel zu erreichen. Wären da nicht ihre tatkräftigen Freunde und ehemaligen Kollegen aus Gärtnerei Goldbach, Marleenes Cousine Frieda sowie Nachbarn und Anwohner des Ortes, die Marleene und Julius jede freie Minute zur Seite stehen. Eine große Bereicherung erhält die Geschichte mit den Charakteren Alma und Jost, den ältesten Kindern eines benachbarten Großbauern. Die quirlige und tatkräftige Alma habe ich ab der ersten Sekunde in mein Herz geschlossen. Ein richtiger Wirbelwind, der vor Energie und Einfallsreichtum übersprudelt und sich damit unentbehrlich für das ganze Unterfangen macht. Der eher zurückhaltende Jost unterstützt durch sein handwerkliches Geschick und tatkräftige Planungen.
Alles könnte so schön sein, wenn da nicht das intrigante Verhalten und die Schikanen seitens Julius´ Bruder Konstantin wären, der alles daran setzt ihm Steine in den Weg zu räumen. Auch die Inhaber einer nachbarschaftlichen Gärtnerei, die Hilfsbereitschaft heucheln, sind an Boshaftigkeit kaum zu übertreffen.
Ganz viel Raum und Entwicklungsspielraum wird in diesem Band dem Charakter Rosalie gewährt, der verwöhnten und konsumsüchtigen Schwester der Goldbach-Brüder. Hier darf man auf einige Überraschungen gefasst sein. Mehr mag ich an dieser Stelle nicht verraten, um nicht zu spoilern. Auf jeden Fall gibt es gerade von ihrer Seite sehr unterhaltsame Einlagen, die mich immer wieder schmunzeln lassen. Oh ja, man glaub es nicht, aber auch in der Oberschicht war das Leben nicht immer einfach mit den gesellschaftlichen Gepflogenheiten. Doch lest selbst.
Der Abschluss ist für mich absolut gelungen gewählt und ließ mich mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurück. Mit Hoffnung und Spannung warte ich nun auf den finalen Band der Saga, welcher im Januar des kommenden Jahres erscheinen wird.

MeinFazit:
Diese Saga besticht durch die liebevoll und authentisch gezeichneten Haupt- und Nebenfiguren. Ausgestattet mit realistischen Handlungen, Freuden und Ängsten tragen sie mich durch eine ereignisreiche Geschichte über die Verwirklichung eines Traumes sowie dem Mut, für die Verbesserung der Stellung der Frauen und ihrer Selbstbestimmung einzutreten. Ich habe gelacht, geweint, gehofft und den Charakteren jede Emotion und Handlung abgenommen. Neben den sympathischen Hauptfiguren Marleene und Julius hängt mein Herz vor allem an Frieda, die sich von einem schüchternen Mädchen zu einer starken jungen Frau mausert. Ihr wünsche ich am meisten Glück für die Zukunft. Nicht zu vergessen natürlich Alma, die mich mit ihren norddeutschen Weisheiten und ihrer unermüdlichen positiven Art bestens unterhalten hat, sowie der gutmütige Bruno und meine neue Sympathieträgerin Rosalie. Vielen Dank Rena Rosenthal für das erneute Lesehighlight, welches ich uneingeschränkte weiterempfehlen kann.

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