Mehr als die Erinnerung
Mehr als die ErinnerungAls ich den Klappentext von diesem Buch gelesen habe, wusste ich sofort, dass ich dieses Buch lesen muss. Wie viele von euch vielleicht wissen, mache ich eine Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin. Während ...
Als ich den Klappentext von diesem Buch gelesen habe, wusste ich sofort, dass ich dieses Buch lesen muss. Wie viele von euch vielleicht wissen, mache ich eine Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin. Während der AUsbildung konnte ich schon viel über das Menschenbild über beeinträchtige Menschen in der Vergangenheit lernen. Umso gespannter war ich natürlich, wie die Vergangenheit in diesem Buch dargestellt wird. Und was soll ich sagen? Der Autorin ist es grandios gelungen ihr Fachwissen in die Geschichte miteinzuweben, ohne dass einem beim Lesen langweilig geworden ist. Im Gegenteil, ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen und hätte ich nicht noch lernen müssen, hätte ich es wohl in einem Rutsch beendet.
Melanie Metzenthin hat wundervolle und authentische Charaktere geschaffen, die mich echt zutiefst berrührt haben.
Zum einem hätte wir da Friederike, die, wie wir erfahren, vor dem Krieg den Plan hatte, Medizin zu studieren und ihr Medizinstudium auch fast abgeschlossen hätte. Als dann ihr Mann Bernhard mit einer schweren Kopfverletzung, die ihn auf den "Stand eines 5jährigen Kindes" zurückversetzt hat, wie Fridericke und ihr Vater oft erwähnen, zurückkehrt, beschließt sie ihr Studium aufzugeben und Bernhart auf dem Gut Mohlenberg zu pflegen und ihrem Vater, der das Gut leidet, in der Verwaltung unter die Arme zu greifen. Auch wenn Bernhard nicht mehr der Mann zu sein scheint, der er früher mal war, erkennt Friederike in ihm immer noch alte Züge wieder und die beiden verbindet eine tiefe Liebe. Ich find es unglaublich stark von Friederike, dass sie ihr Studium aufgegeben hat und trotz ihres jungen Alters immer an Bernharts Seite geblieben ist. Dafür bewundere ich sie sehr.
Bernhart ist so ein liebevoller Mensch, in dem so viel mehr steckt, als Friedericke und ihr Vater anfangs zu glauben scheinen. Oft wird er von den beiden als ein Mensch beschrieben, der sehr kindlich aufgrund seiner Kopfverletzung ist. Erst als Walter Pietsch auftaucht und ihm auf Augenhöhe begegnet, wird immer mehr deutlich, dass Bernhart vielleicht einiges seiner alten Fähigkeiten einbußen musste, dass er aber immer noch ein Mann ist und die gleichen Bedürfnisse hat. Ihm ist es sehr wichtig, dass er nicht als "blöd" bezeichnet wird.
Die Geschichte ist unglaublich spannend und immer wieder kommt es zu Wendungen, mit denen man so nie gerechnet hätte. Die Geheimnisse, die im Laufe der Geschichte ans Licht kommen, sind unglaublich erschütternd. Aber auch was der Leser an unmenschlichen Behandlungsmethoden zu lesen bekommt, hat mir oft eine Gänsehaut beschert. Der Autorin gelingt es wunderbar die Atmosphäre in Deutschland in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg wiederzuspiegeln. Ich hatte die gesamte Geschichte über das Gefühl direkt in der Geschichte drin zu sein und hat lebhaft die Bilder dazu in meinem Kopf.
Besonders schön fand ich auch, dass Melanie Metzenthin in ihrem Roman nochmal deutlich macht, dass wir psychisch kranke Menschen oft unterschätzen und ihr wares Potenzial im Verborgegen bleibt, da viele Menschen ihnen nicht auf Augenhöhe begegnen, sondern immer denken, sie wären kleine Kinder.
Auch haben mir die Rückblenden, in denen wir erfahren, wie sich Bernhart die Kopfverletzung zugezogen hat, sehr gut gefallen. Die Autorin vermittelt in diesem Buch wunderbar, was Menschlichkeit und Liebe bewirken können und hat eine bedingungslose Verbundenheit zwischen zwei Menschen geschaffen, die mich zutiefst berrührt hat.
Fazit
Eine wunderschlöne, aber auch teifgründige und erschreckende Geschichte, die mich so schnell nicht mehr loslassen wird. Von mir gibt es 5/5✨ und eine absolute Leseempfehlung. Das wird auf jeden Fall nicht das letzte Buch gewesen sein, was ich von dieser Autorin gelesen habe. Danke an dieser Stelle an ehrlich & anders für das Rezensionsexemplar.