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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.03.2023

Mischung aus 1984 und Handmaids Tale

Institut für gute Mütter
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"Das Institut für gute Mütter" hat mich nachhaltig fasziniert. Wir begleiten Frida, eine Mutter, die nach einem Fehler von dem "Jugendamt" zu einem Jahr "Mutter sein lernen" in einem Institut verdonnert ...

"Das Institut für gute Mütter" hat mich nachhaltig fasziniert. Wir begleiten Frida, eine Mutter, die nach einem Fehler von dem "Jugendamt" zu einem Jahr "Mutter sein lernen" in einem Institut verdonnert wird. Sie darf nicht über das Programm sprechen und das hat auch seinen Grund.

Das Buch hat mich total gefesselt. Das liegt nicht nur inhaltlich an den Methoden des Instituts und den Gepflogenheiten der Trainerinnen, sondern auch an den Fragen, die das Buch insgesamt aufwirft. Natürlich geht es um die Frage, was eine gute Mutter ausmacht und das hat mich selbst beschäftigt, obwohl ich keine Mutter bin. Das Buch ist meiner Meinung nach langsam erzählt, was hier aber wunderbar passt, weil es super das Konzept von Zeit einfängt, das die Frauen im Institut haben müssen. Man kann sie genau beobachte, sieht wie sie sich mit der Situation arrangieren und wie sie sich verändern. Es ist eine besonders interessante Betrachtung von Charakter und Umständen. Für mich hat es sich angefühlt wie eine Mischung aus 1984 und Report der Magd.

Ich denke das könnte in Zeiten von Übermüttern und kontroversen Erziehungsmethoden ein moderner Klassiker werden. Es zwingt die Lesenden wirklich, sich mit ihrer eigenen Meinung, ihrer eigenen Erziehung auseinanderzusetzen und zeichnet eine Dystopie, die ich mir leider tatsächlich so vorstellen kann.

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Veröffentlicht am 23.03.2023

Vielschichtige Geschichte

Der Geheimnishüter von Jaipur
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"Der Geheimnishüter von Janiput" ist der zweite Teil der Jaipur-Reihe um die Hennakünstlerin Lakshmi und ihre erweiterte Familie - der zweite Teil dreht sich dabei hauptsächlich um ihren Ziehsohn Malik. ...

"Der Geheimnishüter von Janiput" ist der zweite Teil der Jaipur-Reihe um die Hennakünstlerin Lakshmi und ihre erweiterte Familie - der zweite Teil dreht sich dabei hauptsächlich um ihren Ziehsohn Malik. Man muss allerdings den ersten Teil "Die Hennakünstlerin" nicht gelesen haben, um dieses Buch zu verstehen. Alles was man wissen muss, wird dezent eingeflochten, das fand ich sehr gut gelungen.

Wie schon im ersten Teil mochte ich total gerne, wie Alka Joshi die Leser:innen in das historische Indien entführt und dort Zusammenhänge erklärt, die man normalerweise nicht unbedingt kennt. Das macht sie - wie auch schon bei den Infos zum ersten Teil - immer sehr subtil und fließend, das gefällt mir mehr als gut. Dadurch nimmt sie ihre Leser:innen in fremde Kulture mit, ohne das man sich dabei unwissend und dumm fühlt. (Hinten gibt es auch nochmal ein ausführliches Glossar zu verwendeten Begriffen.)

Dieser Teil war sehr vielschichtig - im wahrsten Sinne des Wortes. Gerade in diesem Teil bekommt man nicht nur die "priviligierte" Situation von Lakshmi zu hören, sondern auch die von Nimmi, die von einem einheimischen Stamm kommt und deshalb eine ganz andere Lebensrealität als ehemalige Nomadin hat. Sehr faszinierend. Gleichzeitig sieht man wieder die Reichen und Schönen, die Maharanis und Maharadschas. Ich mochte die Mischung, das hat es sehr ausgewogen gehalten.

Ich war mir anfangs nicht sicher, ob ich den zweiten Teil lesen möchte. Der erste war für mich rund, wie er war. Dennoch hat mich gereizt, meinen Lieblingscharakter Malik in späteren Jahren zu verfolgen und dafür hat es sich gelohnt. Zu sehen wie Malik als Erwachsener ist, war toll.

Die Geschichte an sich wird bis auf die letzten Seiten sehr langsam erzählt, es ist kein Buch, das den Puls nach oben treibt. Die Zusammenhänge finde ich teilweise auch etwas fragwürdig. Ich hatte Spaß mit dem Buch, ich denke aber auch es wird mir nur für kurze Zeit im Gedächtnis bleiben.

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Veröffentlicht am 06.03.2023

Rasante Fahrt

Dein Taxi ist da
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'Dein Taxi ist da' von Priya Guns ist ehrlich, schonungslos und ein Schlag ins Gesicht. Wir verfolgen Damani, die sich als Fahrerin für eine App behaupten muss, um ihre Familie durchzubringen, in ihrem ...

'Dein Taxi ist da' von Priya Guns ist ehrlich, schonungslos und ein Schlag ins Gesicht. Wir verfolgen Damani, die sich als Fahrerin für eine App behaupten muss, um ihre Familie durchzubringen, in ihrem Leben ist es turbulent und dann lernt sie auch noch eine Frau kennen, die in einer anderen Welt lebt als sie.

Guns spricht viele gesellschaftliche Themen an, nimmt dabei wie ihre Protagonistin Damani kein Blatt vor dem Mund und zieht die Leser:innen damit in den Bann. Sie hinterfragt Klasse, Gesellschaft und performativen Aktivismus und das ist unglaublich wichtig. Man spürt den Unterschied zwischen Privilegien zwischen Damani und ihrem Love Interest Jolene. Dabei überdramatisiert sie die Situation aber auch nicht sondern zeigt uns einfach die ungeschönte Wahrheit von Damanis leben. Das fand ich sehr faszinierend. Gleichzeitig wird auf vieles meiner Meinung aber auch nicht genug eingegangen, da hätte noch viel Potential dringesteckt.

Mit Damani bin ich nicht wirklich warm geworden. Auch wenn ihre Situation gut dargelegt wurde, scheint sie mit an manchen Stellen extrem ehrlich und authentisch, an anderen einfach sehr gekünstelt und aufgesetzt (zb wenn sie dauern von ihren Muskeln spricht). Der Schreibstil ist stark und punchy, trotz gewisser Längen kann man es nicht aus der Hand legen.

Insgesamt ein gutes Debut mit Potential, das man rasant wie eine Autofahrt durchlesen kann.

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Veröffentlicht am 03.03.2023

Ein ganzes Leben lang

Morgen, morgen und wieder morgen
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"Morgen, morgen und wieder morgen" von Gabrielle Zevin hat mich so sehr fasziniert. Wir begleiten Freunde, die ihr Leben dem gemeinsamen Entwicklen von Videospielen verschrieben haben. Und das macht es ...

"Morgen, morgen und wieder morgen" von Gabrielle Zevin hat mich so sehr fasziniert. Wir begleiten Freunde, die ihr Leben dem gemeinsamen Entwicklen von Videospielen verschrieben haben. Und das macht es so spannend: Wir begleiten sie ca. 40 Jahre lang, erleben ihre Freundschaft und vor allem ihren kreativen Prozess mit, der so faszinierend zu lesen ist. Obwohl ich selbst keine Gamerin bin, fand ich das Buch, die Beschreibung der Spiele und der Prozesse so interessant, das ich fast selbst mitspielen wollte.

Der Schreibstil von Zevin ist faszinierend. Auf der einen Seite ist er in der Prosa sehr sachlich, in den Dialogen aber so realistisch und schön geschrieben. Bei manchen Dialogen fühlt man sich, als sitze man mit am Tisch. Der Schreibstil verändert sich auch im Laufe des Buchs, er passt sich dem Wissensstand des Lesenden an und ist anfangs sehr allwissend und beobachtend und gibt im Verlauf den Charakteren immer mehr Raum, ihre Geschichte selbst zu erzählen. Teilweise hat es mich auch wegen des Stils etwas an "Die geheime Geschichte" von Donna Tartt erinnert: Man weiß von Anfang an in etwa was passiert und begleitet die drei über ihr ganzes Leben.

Das Besondere an dem Buch war für mich, dass es insgesamt sehr natürlich und aus dem Leben gegriffen wirkte. Natürlich ist nicht jede:r von uns Spieleentwickler aber es werden gesellschaftliche Themen in dem Kontext ihrer Zeit angesprochen, später reflektiert und dabei bedient sich die Autorin keiner Klischees. Die Dinge und die Charaktere sind nicht schwarz-weiß sondern haben Facetten, sind komplex und menschlich und nicht immer likable. (Außer Marx, der ist ein Traum von einem Menschen) Dabei trifft die Autorin genau den richtigen Ton. Immer wenn man denkt, jetzt habe ein Charakter es übertrieben, gibt sie einem Einblicke in deren Leben, man versteht sie und sie menscheln extrem. Zevin versteht es außerdem, die Dinge im Buch so schön miteinander zu verbinden, Details aufzugreifen und wieder einzubringen, dadurch ist man wirklich tief im Leben drin. Gerade das Ende wird sehr schön abgeschlossen.

Ein Zitat aus dem Buch ist mir sehr hängengeblieben und gilt für mich für das ganze Erlebnis des Buchs: "Das ist die Wahrheit eines Spiels - es existiert nur in dem Moment in dem es gespielt wird". Und die Zeit des Spielens war voller Höhen und Tiefen und schlussendlich sehr schön.

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Veröffentlicht am 13.02.2023

Persönlichkeit durch die Augen anderer

Männer sterben bei uns nicht
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In "Männer sterben bei uns nicht" begleiten wir die Protagonistin Luise, ihre Familie und ihre Großmutter, die Matriarchin der Familie, Zusammen mit Luise versuchen wir die Rätsel zu entschlüsseln, die ...

In "Männer sterben bei uns nicht" begleiten wir die Protagonistin Luise, ihre Familie und ihre Großmutter, die Matriarchin der Familie, Zusammen mit Luise versuchen wir die Rätsel zu entschlüsseln, die ihre weiblich geprägte Familie in sich trägt.

Und das gleich vorweg: Es bleibt bei dem Versuch, die Geheimnisse zu entschlüsseln. Deshalb möchte ich das Buch vor allem für Leute empfehlen, die nicht immer auf alles eine eindeutige Antwort brauchen, die mit offenen Enden umgehen können und Geschichten fühlen wollen.

Denn das Buch hat psychologisch einiges zu bieten. Auch Luise weis wie wir Lesende sehr wenig über ihre Familie, rätselt viel und muss sich einiges auch einfach selbst zusammenreimen. Dieses Gefühl überträgt sich finde ich auch auf die Lesenden. Sie und auch die anderen Mitglieder ihrer Familie leben sehr in ihren eigenen Köpfen und in der Welt, die für sie konstruiert wurde - egal ob sie hineinpassen oder eben auch nicht.

Vor allem spannend fand ich, das wir die Geschichte aus Luises Augen sehen, die die in der Familie am wenigsten zu wissen scheint und meiner Meinung nach auch keine eigene Persönlichkeit hat, die ihr nicht zugeschrieben wurde. Das finde ich an ihr sehr spannend, wie sie sich und ihre Persönlichkeit je nachdem anpasst, in welche Welt sie gerade gehören will.

Mein Manko an dem Buch: Manche Informationen wirken auf mich sehr unzusammenhängend und ich verstehe nicht ganz, warum sie eingebaut wurden. Ein Detail sind die toten Frauen, die schon im Klappentext erwähnt werden. Das macht das Buch für mich teilweise sehr verwirrend und zieht in der Gesamtwertung Sterne ab. Dennoch habe ich das buch schnell gelesen und wollte wissen, wie es weitergeht.

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