Platzhalter für Profilbild

theblackswan

aktives Lesejury-Mitglied
offline

theblackswan ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit theblackswan über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.03.2023

Ein ganzes Leben lang

Morgen, morgen und wieder morgen
0

"Morgen, morgen und wieder morgen" von Gabrielle Zevin hat mich so sehr fasziniert. Wir begleiten Freunde, die ihr Leben dem gemeinsamen Entwicklen von Videospielen verschrieben haben. Und das macht es ...

"Morgen, morgen und wieder morgen" von Gabrielle Zevin hat mich so sehr fasziniert. Wir begleiten Freunde, die ihr Leben dem gemeinsamen Entwicklen von Videospielen verschrieben haben. Und das macht es so spannend: Wir begleiten sie ca. 40 Jahre lang, erleben ihre Freundschaft und vor allem ihren kreativen Prozess mit, der so faszinierend zu lesen ist. Obwohl ich selbst keine Gamerin bin, fand ich das Buch, die Beschreibung der Spiele und der Prozesse so interessant, das ich fast selbst mitspielen wollte.

Der Schreibstil von Zevin ist faszinierend. Auf der einen Seite ist er in der Prosa sehr sachlich, in den Dialogen aber so realistisch und schön geschrieben. Bei manchen Dialogen fühlt man sich, als sitze man mit am Tisch. Der Schreibstil verändert sich auch im Laufe des Buchs, er passt sich dem Wissensstand des Lesenden an und ist anfangs sehr allwissend und beobachtend und gibt im Verlauf den Charakteren immer mehr Raum, ihre Geschichte selbst zu erzählen. Teilweise hat es mich auch wegen des Stils etwas an "Die geheime Geschichte" von Donna Tartt erinnert: Man weiß von Anfang an in etwa was passiert und begleitet die drei über ihr ganzes Leben.

Das Besondere an dem Buch war für mich, dass es insgesamt sehr natürlich und aus dem Leben gegriffen wirkte. Natürlich ist nicht jede:r von uns Spieleentwickler aber es werden gesellschaftliche Themen in dem Kontext ihrer Zeit angesprochen, später reflektiert und dabei bedient sich die Autorin keiner Klischees. Die Dinge und die Charaktere sind nicht schwarz-weiß sondern haben Facetten, sind komplex und menschlich und nicht immer likable. (Außer Marx, der ist ein Traum von einem Menschen) Dabei trifft die Autorin genau den richtigen Ton. Immer wenn man denkt, jetzt habe ein Charakter es übertrieben, gibt sie einem Einblicke in deren Leben, man versteht sie und sie menscheln extrem. Zevin versteht es außerdem, die Dinge im Buch so schön miteinander zu verbinden, Details aufzugreifen und wieder einzubringen, dadurch ist man wirklich tief im Leben drin. Gerade das Ende wird sehr schön abgeschlossen.

Ein Zitat aus dem Buch ist mir sehr hängengeblieben und gilt für mich für das ganze Erlebnis des Buchs: "Das ist die Wahrheit eines Spiels - es existiert nur in dem Moment in dem es gespielt wird". Und die Zeit des Spielens war voller Höhen und Tiefen und schlussendlich sehr schön.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.02.2023

Persönlichkeit durch die Augen anderer

Männer sterben bei uns nicht
0

In "Männer sterben bei uns nicht" begleiten wir die Protagonistin Luise, ihre Familie und ihre Großmutter, die Matriarchin der Familie, Zusammen mit Luise versuchen wir die Rätsel zu entschlüsseln, die ...

In "Männer sterben bei uns nicht" begleiten wir die Protagonistin Luise, ihre Familie und ihre Großmutter, die Matriarchin der Familie, Zusammen mit Luise versuchen wir die Rätsel zu entschlüsseln, die ihre weiblich geprägte Familie in sich trägt.

Und das gleich vorweg: Es bleibt bei dem Versuch, die Geheimnisse zu entschlüsseln. Deshalb möchte ich das Buch vor allem für Leute empfehlen, die nicht immer auf alles eine eindeutige Antwort brauchen, die mit offenen Enden umgehen können und Geschichten fühlen wollen.

Denn das Buch hat psychologisch einiges zu bieten. Auch Luise weis wie wir Lesende sehr wenig über ihre Familie, rätselt viel und muss sich einiges auch einfach selbst zusammenreimen. Dieses Gefühl überträgt sich finde ich auch auf die Lesenden. Sie und auch die anderen Mitglieder ihrer Familie leben sehr in ihren eigenen Köpfen und in der Welt, die für sie konstruiert wurde - egal ob sie hineinpassen oder eben auch nicht.

Vor allem spannend fand ich, das wir die Geschichte aus Luises Augen sehen, die die in der Familie am wenigsten zu wissen scheint und meiner Meinung nach auch keine eigene Persönlichkeit hat, die ihr nicht zugeschrieben wurde. Das finde ich an ihr sehr spannend, wie sie sich und ihre Persönlichkeit je nachdem anpasst, in welche Welt sie gerade gehören will.

Mein Manko an dem Buch: Manche Informationen wirken auf mich sehr unzusammenhängend und ich verstehe nicht ganz, warum sie eingebaut wurden. Ein Detail sind die toten Frauen, die schon im Klappentext erwähnt werden. Das macht das Buch für mich teilweise sehr verwirrend und zieht in der Gesamtwertung Sterne ab. Dennoch habe ich das buch schnell gelesen und wollte wissen, wie es weitergeht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.01.2023

Bissle anders als erwartet

Bissle Spätzle, Habibi?
0

Von 'Bissle Spätzle, Habibi' hatte ich bissle was anderes erwartet. Das bunte Cover, die Illustration und das mit Liebe gestaltete Buch (z.B. ist im hinteren Umschlag eine kleine Biografie jedes Hauptcharakters) ...

Von 'Bissle Spätzle, Habibi' hatte ich bissle was anderes erwartet. Das bunte Cover, die Illustration und das mit Liebe gestaltete Buch (z.B. ist im hinteren Umschlag eine kleine Biografie jedes Hauptcharakters) versprechen lustiges. Erwartet habe ich eine lustig-leichte interkulturelle Lovestory. Bekommen habe ich wesentlich mehr Tiefe, Herz und Denkanstöße.

Abla Alaoui lässt die Leser:innen Fliege an der Wand spielen und wirft einen durch ihren Schreibstil mitten in die Gefühlswelt ihrer Protagonistin Amaya. Was es persönlich in der Familie und mit Außenstehenden heißt, in Deutschland einen Migrationshintergrund zu haben, schält sie wie eine Zwiebel immer weiter auf. Die Rückblenden in Amayas Vergangenheit machen deutlich, warum sie handelt wie sie es tut und tragen somit die Handlung, die eigentlich vorhersehbar ist. Aber dadurch stört das gar nicht, man entwickelt tiefe Gefühle für die Charaktere. Wie hier über Kultur gesprochen wird ist tief berührend und kann viele Vorurteile brechen denke ich. In ihre Geschichte hat Abla sehr viele Beschreibungen von Hamburg eingefügt, die sehr genau sind. Ich habe selbst in HH gewohnt und kenne deshalb alle angesprochen Orte und kann mir so das Setting besser vorstellen. Wenn man sich in Hamburg allerdings nicht auskennt, Stelle ich mir das etwas anstrengend vor.

Zu den Charakteren: So viele likable Charaktere hatte ich lange nicht mehr in einem Buch. Amaya ist von tollen Menschen umgeben, die genauso plastisch gezeichnet wurden wie sie selbst. Man wünscht sich fast schon, sie im eigenen Leben zu kennen. Vor allem Clara als beste Freundin hat es mir da angetan. Sie unterstützt nicht nur Amaya, sondern hat auch eine respektvolle Beziehung zu deren Eltern, die sehr realistisch scheint. Auch die Beziehung zwischen ihr und Daniel fühlt sich für einen Liebesroman sehr echt und realistisch an. Erst ab der Mitte habe ich mich kurz gefragt, ob sie Autorin nicht ein bisschen zu sehr auf Amayas Zerrissenheit herumreitet, das hat sich aber auch schnell wieder gelegt.

Ein Buch was mir sehr gut gefallen hat und das ich allen empfehle, die interkulturelle Beziehungen in ihrem Leben kennen oder einfach Mal in eine andere Gedankenwelt abtauchen wollen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.10.2022

Frauen, die Geschichte sind

Elektra, die hell Leuchtende
0

In "Elektra" von Jennifer Saint verfolgen wir nicht nur das Schicksal der Namensgebenden Elektra im trojanischen Krieg, sondern auch die miteinander verwobenen Geschichten ihrer Mutter Klytämnästra und ...

In "Elektra" von Jennifer Saint verfolgen wir nicht nur das Schicksal der Namensgebenden Elektra im trojanischen Krieg, sondern auch die miteinander verwobenen Geschichten ihrer Mutter Klytämnästra und der trojanischen Prinzessin Kassandra. Wer schon mehrere griechische Re-Tellings gelesen hat wird das ganze sehr befriedigend finden. Jetzt fügen sich viele verschiedene Geschichten zusammen, man sieht noch mehr Blickwinkel und es setzt sich immer ein neues Puzzleteil in das große Ganze Mythologie.

Ich mochte den Erzählstil sehr gerne, auch dass wir Einblicke in alle drei Perspektiven von starken Frauen erhalten, die maßgeblich beteiligt waren oder eine wichtige persönliche Verbindung zu den Ereignissen in Troja haben. Die Sichtweisen sind schon alleine deshalb sehr unterschiedlich, weil sich ihr Alter so voneinander unterscheidet. Dadurch bekommt man vor allem bei Elektra einen besonderen Einblick in ihre heranwachsende Psyche im Ausnahmezustand Krieg. Man kann in ihren Kopf schauen, spürt wie verklärt sie ist, zerrissen und durch die Ereignisse teilweise steckengeblieben. Gerade weil manche Figuren wie z.B. Agamemnon Berührpunkte zu allen drei Frauen haben, ist es umso spannender, jede einzelne Sichtweise zu lesen und sich seine eigene zu bilden. Es ist für jede Frau für sich manchmal sehr beklemmend, in ihrem Kopf "mitzuleben" und dennoch versteht man jede irgendwie. Das ist wirklich dem tollen Schreibstil geschuldet.

Das Buch ist auf jeden Fall etwas für alle, die griechische Mythologie aus einer feministischen Sicht betrachten wollen und tief in das generationale Trauma der Figuren eintauchen wollen. Klare Empfehlung!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.10.2022

Wenig Cozy leider

Maple-Creek-Reihe, Band 1: Meet Me in Maple Creek (der SPIEGEL-Bestseller-Erfolg von Alexandra Flint)
0

"Meet me in Maple Creek" folgt Mira, die in einer typisch amerikanischen Kleinstadt lebt und deren Leben von einem Tag auf den anderen durcheinander gebracht wird, als sie erfährt dass sie einen Zwillingsbruder ...

"Meet me in Maple Creek" folgt Mira, die in einer typisch amerikanischen Kleinstadt lebt und deren Leben von einem Tag auf den anderen durcheinander gebracht wird, als sie erfährt dass sie einen Zwillingsbruder hat. Ihn (Lilac) kannte sie nicht nur 19 Jahre ihres Lebens nicht, er bringt auch noch seinen düsteren Freund Joshka mit nach Maple.

Also als erstes möchte ich sagen, dass das Cover und die Aufmachung der Bücher mit dem Farbschnitt, der Goldfolie und den kleinen Blätterillustrationen im Buch wirklich wunderschön ist. Da hat jemand bei beiden Teilen wirklich Liebe zum Detail bewiesen und das sieht im Bücherregal wirklich wunderschön aus.

Leider passt das Cover und das Marketing als cozy Herbstlektüre meiner Meinung nach überhaupt nicht zum Leseerlebnis. Denn Coziness kommt ehrlich gesagt sehr selten auf. Manchmal werden herbstliche Eindrücke eingestreut, zum Beispiel bei einem Fest, bei Wanderungen oder wann immer der Autorin wieder eingefallen ist, das ja Herbst ist. Aber das wars auch schon mit der Coziness, der Rest wird schnell sehr düster und dramatisch.

Und das ist auch eins der Hauptprobleme, die ich mit dem Buch hatte. Das Storytelling ist leider meiner Meinung nach etwas überdramatisch (schon alleine weil so oft der Untergrund erwähnt wurde). Da kommen so viele unwahrscheinliche und absurde Dinge zusammen, wie sie einer Familie / einer Person gar nicht passieren können. Dabei entstehen leider auch Plot Holes, die nicht erklärt werden oder einfach keinen Sinn ergeben. Und die komischen Dinge werden nichtmal richtig hinterfragt, das ergibt wirklich gar keinen Sinn. Was mich am Storytelling leider auch stört ist folgendes: Es wird so mit Klischees um sich geworfen das es kracht. An sich sind Klischees nicht schlimm aber das ist dann doch zu viel. Viele dieser Klischees hat man schon 100x gelesen und rollt deshalb schon total mit den Augen. Z.B. frage ich mich wirklich, ob in solchen Büchern die Charaktere immer Erbsen im Gefrierfach haben, nur für den Fall das sich jemand geprügelt hat und ein Kühlpack braucht?

Reden wir kurz über die Figuren. Vor allem bei den Männern strotzen sie leider am Anfang vor toxischer und unreflektierter Maskulinität, die wir selbst in Liebesromanen im Jahr 2022 nicht mehr brauchen. Dabei sind sie leider totale Klischees - Paradebeispiel ist der männliche Lead Joshka, der reich aber Ganster ist. Dabei aber natürlich auch der sanfte Künstler und Wohltäter. Und er erwähnt eindeutig zu oft, wie gefährlich er ist und das es im Untergrund um Leben und Tod geht. Das wird fast schon lächerlich. Bei so vielen oberflächlichen Charaktereigenschaften, die wenig entwickelt und begründet werden kriegt man fast ein Schleudertrauma. Wer mit tatsächlich ganz gut gefallen hat ist Miras bester Freund aber auch die Entwicklung der Beziehung zwischen den Zwilligen. Es ist wirklich herzerwärmend zu sehen, wie sie sich annähern und warm miteinander werden. Das hat mir echt gut gefallen. Die Protagonistin Mira hat mir leider nicht viel gegeben. Sie bleibt meiner Meinung nach sehr eindimensional und platt. Das liegt vor allem daran, dass sie zu nett und gut ist, einfach nur um einen bessren Kontrast zu den Jungs zu bilden.

Zu guter Letzt zur Sprache und dem Schreibstil. Man fliegt zwar schnell durch die Seiten, leider holpert es vor allem an den Übergängen zwischen den drei Perspektiven. Auch werden bestimmte Aspekte immer wieder wiederholt, obwohl man es schon beim ersten Mal verstanden hat (Stichwort Joshkas Untergrund). Leider finde ich auch dass das amerikanische Setting überhaupt nicht vibed. Warum sind die Kapitelüberschriften auf englisch? Und die Namen wirken leider auch wenig authentisch, sondern holpern etwas. Aber ich glaube das sind persönliche Befindlichkeiten. Was mir leider wirklich sauer aufgestoßen ist und ich nicht mehr loslassen konnte war folgendes: Die Autorin legt nach jedem gesprochenen Satz super viel Augenmerk auf die kleine Gestik der Charaktere (ein Lächeln zupft, man zieht die Augenbraue skeptisch hoch etc.) und Joshka sagt andauernd Hölle. Selbst für ihn wirkt das zu kindisch.

An sich konnte das Buch mich nicht überzeugen sondern ich habe leider oft mit den Augen gerollt. Vielleicht lag es aber auch einfach dran, das meine Erwartungen an ein Cozy Buch nicht erfüllt wurden. Wenn man ein spannendes, Action-Liebesbuch sucht, ist es denke ich das richtige, für mich war es nichts.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere