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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.07.2024

Eve, das Chamäleon

Eve
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Amor Towles ist wieder zurück und man merkt schon auf den ersten Seiten, wie sehr er sich selbst treu geblieben ist. Wie auch in seinen anderen Büchern bekommen wir hier wieder eine volle Bandbreite an ...

Amor Towles ist wieder zurück und man merkt schon auf den ersten Seiten, wie sehr er sich selbst treu geblieben ist. Wie auch in seinen anderen Büchern bekommen wir hier wieder eine volle Bandbreite an verschiedenen Charakteren, die alle mit ihren eigenen Dämonen kämpfen. Ich denke, dass die Charaktere hier auch ausschlaggebende Merkmal der Geschichte sind. Prentice zeigt, dass galantes Benehmen nicht tot ist und Männer auch Probleme haben, Eve (die titelgebende Figur) ist ein wahres Chamöleon und kann für jeden genau die sein, die er gerade braucht. Das macht sie zu einem unfassbar spannenden Charakter. Hier kommt auch die Erzähltechnik zum tragen. Denn: Wir hören nicht wirklich viel von Eve selbst. Wie bei einem Film sehen wir sie meist durch die Augen anderer und lernen sie so kennen, wie sie selbst gesehen werden möchte. Sie bleibt das ganze Buch über ein Phantom, dass man selbst analysieren muss. Wer sowas nicht mag und wirklich tief in die Psyche der Protagonisten eintauchen will, wird hier enttäuscht.

Durch die Kürze des Buches betrachten wir immer wieder nur kurze Vignetten, die sich dann zu einer Geschichte zusammensetzen. Gerade im ersten Teil des Buches muss man wirklich arbeiten und kombinieren. Man fühlt sich teilweise wie ein/e fremder Zuhörer:in, die frisch zu einem Gespräch über Menschen, die man nicht kennt, gekommen ist und versucht den Faden zu finden. Das kann sehr befriedigend sein, macht die Geschichte für mich aber etwas unrund, weil doch zu viele Fragen offen bleiben bzw. zu viel unnötiges erzählt wurde.

An sich hat mich die Geschichte über kleine Anekdoten aus Hollywood aber sehr gut unterhalten und auch Evelyn als starke Frau in einem Zeitalter, in dem sie es nicht hätte sein sollen, fand ich toll. Deshalb 3,5 Sterne und eine Empfehlung für alle, die diesen Sommer in eine rasante Geschichte über Lug und Trug in Hollywood abtauchen wollen.

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Veröffentlicht am 28.04.2023

Magische Liebe

Als wir Vögel waren
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"Als wir Vögel waren" ist so magisch und exotisch, wie das Cover des Buches. Als Leser:innen tauchen wir tief in die Kultur, Religion und Mystik Trinidads ein und erleben gesprickt mit magischem Realismus ...

"Als wir Vögel waren" ist so magisch und exotisch, wie das Cover des Buches. Als Leser:innen tauchen wir tief in die Kultur, Religion und Mystik Trinidads ein und erleben gesprickt mit magischem Realismus eine Liebesgeschichte, die von Tod und Leben zusammengehalten wird.

Yejide und Emmanuel sind unsere Protagonisten und die Treiber der Geschichte. Wer eine Geschichte mit schneller Handlung sucht, die das Buch vorantreibt wird hier enttäuscht. Die ersten zwei Drittel des Buches werden wirklich lediglich von den Personen vorangetrieben und objektiv betrachtet passiert nicht viel. Dennoch will man dranbleiben und weiterlesen, wie es um die beiden bestellt ist, die so unterschiedlich sind wie Leben und Tod und trotzdem verbunden. Das schafft eine Liebesgeschichte, die sich nicht aufdrängt und die ich so noch nie gelesen habe. Sie definiert in einem kulturellen Kontext komplett neu, was es heißt, füreinander bestimmt zu sein.

Gleichzeitig ist das ganze Thema Tod so interessant behandelt. Man lernt wie gesagt sehr viel über Kultur und Mythen und hinterfragt gleichzeitig den eigenen Umgang mit Tod. Gleichzeitig kam mir das Buch an keiner Stelle morbide vor. Auch die Frauen in diesem Buch sind unheimlich stark, gerade Yejide kommt aus einer matriarchalen Familie und den Stellenwert dieser Frauen in Fragen des Todes zu sehen macht es noch spannender.

An manchen Stellen kommt mich das Buch allerdings nicht komplett abholen. Ich finde der Klappentext z.B. passt nur zu 80% und ist tatsächlich schneller im Erzählstil als das Buch selbst. An manchen Stellen fühlt es sich außerdem etwas unfertig an, vor allem bei den Nebensträngen. (Diese hätte es für mich teilweise auch gar nicht gebraucht). Für die Hauptgeschichte lohnt sich dieses Buch aber auf jeden Fall und bekommt von mir 3,5*.

Eine Empfehlung für alle, die in kalten Herbstnächten in eine andere Welt abtauchen wollen, mystische Elemente lieben und eine Liebesgeschichte lesen wollen, die so selbstverständlich ist, dass sie keinen Kitsch braucht.

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Veröffentlicht am 23.03.2023

Vielschichtige Geschichte

Der Geheimnishüter von Jaipur
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"Der Geheimnishüter von Janiput" ist der zweite Teil der Jaipur-Reihe um die Hennakünstlerin Lakshmi und ihre erweiterte Familie - der zweite Teil dreht sich dabei hauptsächlich um ihren Ziehsohn Malik. ...

"Der Geheimnishüter von Janiput" ist der zweite Teil der Jaipur-Reihe um die Hennakünstlerin Lakshmi und ihre erweiterte Familie - der zweite Teil dreht sich dabei hauptsächlich um ihren Ziehsohn Malik. Man muss allerdings den ersten Teil "Die Hennakünstlerin" nicht gelesen haben, um dieses Buch zu verstehen. Alles was man wissen muss, wird dezent eingeflochten, das fand ich sehr gut gelungen.

Wie schon im ersten Teil mochte ich total gerne, wie Alka Joshi die Leser:innen in das historische Indien entführt und dort Zusammenhänge erklärt, die man normalerweise nicht unbedingt kennt. Das macht sie - wie auch schon bei den Infos zum ersten Teil - immer sehr subtil und fließend, das gefällt mir mehr als gut. Dadurch nimmt sie ihre Leser:innen in fremde Kulture mit, ohne das man sich dabei unwissend und dumm fühlt. (Hinten gibt es auch nochmal ein ausführliches Glossar zu verwendeten Begriffen.)

Dieser Teil war sehr vielschichtig - im wahrsten Sinne des Wortes. Gerade in diesem Teil bekommt man nicht nur die "priviligierte" Situation von Lakshmi zu hören, sondern auch die von Nimmi, die von einem einheimischen Stamm kommt und deshalb eine ganz andere Lebensrealität als ehemalige Nomadin hat. Sehr faszinierend. Gleichzeitig sieht man wieder die Reichen und Schönen, die Maharanis und Maharadschas. Ich mochte die Mischung, das hat es sehr ausgewogen gehalten.

Ich war mir anfangs nicht sicher, ob ich den zweiten Teil lesen möchte. Der erste war für mich rund, wie er war. Dennoch hat mich gereizt, meinen Lieblingscharakter Malik in späteren Jahren zu verfolgen und dafür hat es sich gelohnt. Zu sehen wie Malik als Erwachsener ist, war toll.

Die Geschichte an sich wird bis auf die letzten Seiten sehr langsam erzählt, es ist kein Buch, das den Puls nach oben treibt. Die Zusammenhänge finde ich teilweise auch etwas fragwürdig. Ich hatte Spaß mit dem Buch, ich denke aber auch es wird mir nur für kurze Zeit im Gedächtnis bleiben.

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Veröffentlicht am 06.03.2023

Rasante Fahrt

Dein Taxi ist da
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'Dein Taxi ist da' von Priya Guns ist ehrlich, schonungslos und ein Schlag ins Gesicht. Wir verfolgen Damani, die sich als Fahrerin für eine App behaupten muss, um ihre Familie durchzubringen, in ihrem ...

'Dein Taxi ist da' von Priya Guns ist ehrlich, schonungslos und ein Schlag ins Gesicht. Wir verfolgen Damani, die sich als Fahrerin für eine App behaupten muss, um ihre Familie durchzubringen, in ihrem Leben ist es turbulent und dann lernt sie auch noch eine Frau kennen, die in einer anderen Welt lebt als sie.

Guns spricht viele gesellschaftliche Themen an, nimmt dabei wie ihre Protagonistin Damani kein Blatt vor dem Mund und zieht die Leser:innen damit in den Bann. Sie hinterfragt Klasse, Gesellschaft und performativen Aktivismus und das ist unglaublich wichtig. Man spürt den Unterschied zwischen Privilegien zwischen Damani und ihrem Love Interest Jolene. Dabei überdramatisiert sie die Situation aber auch nicht sondern zeigt uns einfach die ungeschönte Wahrheit von Damanis leben. Das fand ich sehr faszinierend. Gleichzeitig wird auf vieles meiner Meinung aber auch nicht genug eingegangen, da hätte noch viel Potential dringesteckt.

Mit Damani bin ich nicht wirklich warm geworden. Auch wenn ihre Situation gut dargelegt wurde, scheint sie mit an manchen Stellen extrem ehrlich und authentisch, an anderen einfach sehr gekünstelt und aufgesetzt (zb wenn sie dauern von ihren Muskeln spricht). Der Schreibstil ist stark und punchy, trotz gewisser Längen kann man es nicht aus der Hand legen.

Insgesamt ein gutes Debut mit Potential, das man rasant wie eine Autofahrt durchlesen kann.

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Veröffentlicht am 13.02.2023

Persönlichkeit durch die Augen anderer

Männer sterben bei uns nicht
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In "Männer sterben bei uns nicht" begleiten wir die Protagonistin Luise, ihre Familie und ihre Großmutter, die Matriarchin der Familie, Zusammen mit Luise versuchen wir die Rätsel zu entschlüsseln, die ...

In "Männer sterben bei uns nicht" begleiten wir die Protagonistin Luise, ihre Familie und ihre Großmutter, die Matriarchin der Familie, Zusammen mit Luise versuchen wir die Rätsel zu entschlüsseln, die ihre weiblich geprägte Familie in sich trägt.

Und das gleich vorweg: Es bleibt bei dem Versuch, die Geheimnisse zu entschlüsseln. Deshalb möchte ich das Buch vor allem für Leute empfehlen, die nicht immer auf alles eine eindeutige Antwort brauchen, die mit offenen Enden umgehen können und Geschichten fühlen wollen.

Denn das Buch hat psychologisch einiges zu bieten. Auch Luise weis wie wir Lesende sehr wenig über ihre Familie, rätselt viel und muss sich einiges auch einfach selbst zusammenreimen. Dieses Gefühl überträgt sich finde ich auch auf die Lesenden. Sie und auch die anderen Mitglieder ihrer Familie leben sehr in ihren eigenen Köpfen und in der Welt, die für sie konstruiert wurde - egal ob sie hineinpassen oder eben auch nicht.

Vor allem spannend fand ich, das wir die Geschichte aus Luises Augen sehen, die die in der Familie am wenigsten zu wissen scheint und meiner Meinung nach auch keine eigene Persönlichkeit hat, die ihr nicht zugeschrieben wurde. Das finde ich an ihr sehr spannend, wie sie sich und ihre Persönlichkeit je nachdem anpasst, in welche Welt sie gerade gehören will.

Mein Manko an dem Buch: Manche Informationen wirken auf mich sehr unzusammenhängend und ich verstehe nicht ganz, warum sie eingebaut wurden. Ein Detail sind die toten Frauen, die schon im Klappentext erwähnt werden. Das macht das Buch für mich teilweise sehr verwirrend und zieht in der Gesamtwertung Sterne ab. Dennoch habe ich das buch schnell gelesen und wollte wissen, wie es weitergeht.

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