Ein ganzes Leben lang
Morgen, morgen und wieder morgen"Morgen, morgen und wieder morgen" von Gabrielle Zevin hat mich so sehr fasziniert. Wir begleiten Freunde, die ihr Leben dem gemeinsamen Entwicklen von Videospielen verschrieben haben. Und das macht es ...
"Morgen, morgen und wieder morgen" von Gabrielle Zevin hat mich so sehr fasziniert. Wir begleiten Freunde, die ihr Leben dem gemeinsamen Entwicklen von Videospielen verschrieben haben. Und das macht es so spannend: Wir begleiten sie ca. 40 Jahre lang, erleben ihre Freundschaft und vor allem ihren kreativen Prozess mit, der so faszinierend zu lesen ist. Obwohl ich selbst keine Gamerin bin, fand ich das Buch, die Beschreibung der Spiele und der Prozesse so interessant, das ich fast selbst mitspielen wollte.
Der Schreibstil von Zevin ist faszinierend. Auf der einen Seite ist er in der Prosa sehr sachlich, in den Dialogen aber so realistisch und schön geschrieben. Bei manchen Dialogen fühlt man sich, als sitze man mit am Tisch. Der Schreibstil verändert sich auch im Laufe des Buchs, er passt sich dem Wissensstand des Lesenden an und ist anfangs sehr allwissend und beobachtend und gibt im Verlauf den Charakteren immer mehr Raum, ihre Geschichte selbst zu erzählen. Teilweise hat es mich auch wegen des Stils etwas an "Die geheime Geschichte" von Donna Tartt erinnert: Man weiß von Anfang an in etwa was passiert und begleitet die drei über ihr ganzes Leben.
Das Besondere an dem Buch war für mich, dass es insgesamt sehr natürlich und aus dem Leben gegriffen wirkte. Natürlich ist nicht jede:r von uns Spieleentwickler aber es werden gesellschaftliche Themen in dem Kontext ihrer Zeit angesprochen, später reflektiert und dabei bedient sich die Autorin keiner Klischees. Die Dinge und die Charaktere sind nicht schwarz-weiß sondern haben Facetten, sind komplex und menschlich und nicht immer likable. (Außer Marx, der ist ein Traum von einem Menschen) Dabei trifft die Autorin genau den richtigen Ton. Immer wenn man denkt, jetzt habe ein Charakter es übertrieben, gibt sie einem Einblicke in deren Leben, man versteht sie und sie menscheln extrem. Zevin versteht es außerdem, die Dinge im Buch so schön miteinander zu verbinden, Details aufzugreifen und wieder einzubringen, dadurch ist man wirklich tief im Leben drin. Gerade das Ende wird sehr schön abgeschlossen.
Ein Zitat aus dem Buch ist mir sehr hängengeblieben und gilt für mich für das ganze Erlebnis des Buchs: "Das ist die Wahrheit eines Spiels - es existiert nur in dem Moment in dem es gespielt wird". Und die Zeit des Spielens war voller Höhen und Tiefen und schlussendlich sehr schön.