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Veröffentlicht am 07.01.2021

Aufbruch in die Dunkelheit

Aufbruch in die Dunkelheit
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Mark Stichler stellt seine Personen behutsam vor, langsam lernen wir die Hauptprotagonisten kennen und das ist in diesem Fall auch gut so, denn man muss sich erst einmal einfühlen in eine Zeit die nicht ...

Mark Stichler stellt seine Personen behutsam vor, langsam lernen wir die Hauptprotagonisten kennen und das ist in diesem Fall auch gut so, denn man muss sich erst einmal einfühlen in eine Zeit die nicht nur zeitlich sondern auch Ideologisch so weit entfernt scheint.
1890 Deutschland steht am Beginn der weitgehend flächendeckenden Industrialisierung und Antisemitismus breitet sich aus. Nachdem 1869/71 endlich die Gleichstellung der Juden per Gesetz erfolgte, hetzen nicht nur in dem kleinen Städtchen Waldbrügg Männer wie der zwielichtige Michael Maarsen in nationalen Clubs gegen die jüdischen Bevölkerung.
Wie tief diese Vorbehalte gegen Juden in den Menschen verwurzelt sind, kann man gut am Beispiel Franz Eschers sehen, der von sich behauptet und auch glaubt mit seinem Geschäftspartner Jakob Mandelbaum befreundet zu sein und doch Vorurteile verinnerlicht hat die auch in der heutigen Gesellschaft noch viellerorts Bestand haben.
Eingebettet in die Geschichte zweier Familien und in die eher beschauliche Umgebung des Ortes Waldbrügg, schafft der Autor eine besondere Atmosphäre und durch die behutsame Einführung konnte ich mir dir Personen und den Ort sehr gut vorstellen.
Häufig sind solche Romane in Berlin angesiedelt, in der Anonymität der Großstadt lässt sich das Verhalten der Menschen einfacher erklären als in einer kleinen Stadt wie Waldbrügg, wo jeder jeden kennt und sich eigentlich bewusst sein, das die Eigenschaften die dem Gegner zugesprochen werden nicht zutreffen. Und doch schafft es Michael Maarsen viele Bürger auf seine Seite zu ziehen mit Lügen und offensichtlicher Hetze und er treibt einen Keil in die Familie Franz Eschers.
Diese Geschichte ist noch nicht auserzählt, das wird zum Ende des Buches klar, es bleiben viele Fragen offen und man darf gespannt sein, welches Schicksal Mark Stichler für die Familien Escher und Mandelbaum bereit hält.

Ich bin immer auf der Suche nach Romanen (neben Sachbüchern zu dem Thema) die mir neben Unterhaltung auch die Ansätze einer Erklärung für das während des Nationalsozialismus geschah, bieten können. Aufbruch in die Dunkelheit gehört definitiv zu den geeigneten Büchern.

Aufbruch in die Dunkelheit bekommt von mir eine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 15.12.2020

Der Spiegelmann

Der Spiegelmann
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Pamelas Tochter Alice kommt bei einem Angelausflug mit ihrem Stiefvater Martin ums Leben, der darauf hin zusammenbricht und sich in einer psychiatrischen Klinik behandeln lässt. Nach seiner Entlassung ...

Pamelas Tochter Alice kommt bei einem Angelausflug mit ihrem Stiefvater Martin ums Leben, der darauf hin zusammenbricht und sich in einer psychiatrischen Klinik behandeln lässt. Nach seiner Entlassung wird er Zeuge des Mordes an der Schülerin Jenny Lind die Jahre zuvor auf dem Heimweg von der Schule entführt wurde und seitdem als vermisst galt.
Martin ist nicht in der Lage das gesehene in Worte zu fassen, zu sehr quälen ihn die Schatten seiner Vergangenheit.
Pamela kämpft um Martin und um ihre eigene geistige und körperliche Gesundheit, sie entschließt sich Mia, eine junge Frau im Alter ihrer Tochter als Pflegekind aufzunehmen, doch bevor es soweit ist, wird Mia entführt und Pamela bekommt eine Botschaft:
Wenn Martin redet, wird Mia sterben.
Joona Linna ermittelt auf Hochtouren, um den Täter zu fassen, denn er glaubt nicht an eine einzelne Tat.

Den Inhalt dieses Buches zusammenzufassen ist wirklich schwierig, das Autorenduo Keppler, erzählt mehrere Handlungsstränge, die sich erst nach und nach zu einem verbinden.
Der Weg dorthin ist mit kaum zu überbietender Grausamkeit und Einblicken in die tiefsten Abgründe der menschlichen Seele gepflastert.
Der Spiegelmann ist der achte Band der Reihe die mit Der Hypnotiseur begann und mit diesem Buch sicher nicht enden wird. Ich war zunächst etwas skeptisch, ob ich nach einer längeren Pause,, wieder in die Reihe einfinden würde, ich hatte sie irgendwann aus den Augen verloren. Aber ich muss sagen, ich hatte keinerlei Schwierigkeiten. Jonna Linna und seine Ermittlungsmethoden, die nicht immer regelkonform sind und nicht nur ihn in Gefahr bringen, waren mir schnell wieder vertraut, was nicht heißt, dass er mir auch sympathisch ist, das war er noch nie, aber darauf kommt es nicht an, er tut was getan werden muss um den Opfern und deren Angehörigen zu helfen und das ist es, was ich mir wünschen würde, wäre ich in deren Situation, dafür muss ich ihn nicht mögen.
Der Spiegelmann ist ein echter Pageturner, seit langem endlich mal wieder ein Psychothriller der den Namen auch verdient und definitiv nichts für schwache Nerven.

Von mir gibt es eine uneingeschränkte Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 30.09.2020

Eine wilde Symphonie

Eine wilde Symphonie
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Ein Kinderbuch im Bücherhaus? Eigentlich sind diese Zeiten ja lange vorbei, aber wie es der Zufall wollte, hatte ich kurz bevor ich Eine wilde Symphonie entdeckte, mit einer Erzieherin gesprochen die in ...

Ein Kinderbuch im Bücherhaus? Eigentlich sind diese Zeiten ja lange vorbei, aber wie es der Zufall wollte, hatte ich kurz bevor ich Eine wilde Symphonie entdeckte, mit einer Erzieherin gesprochen die in einem Kindergarten arbeitet. Sie dürfen unter anderem nicht mehr singen, das ist schon an sich sehr schade aber im Hinblick auf die Sprachförderung noch mehr.
Ja und dann fiel mir Eine wilde Symphonie von Dan Brown in die Hand, ich sah die liebevollen Illustrationen und las die ersten Gedichte und war begeistert.
Meine Begeisterung stieg noch als ich mir die zum Buch gehörende, kostenlose App heruntergeladen hatte und die zum Text passende Musik gehört hatte, ich hatte keine so ausgefeilte und doch Kindgerechte klassische Musik erwartet.
Zu jedem Tier gibt es ein passendes Gedicht und dazu die passende Musik.
Ist jetzt aber meine Begeisterung maßgeblich?
Nur bedingt wie ich meine, also packte ich das Buch ein und brachte es in den ehemaligen Kindergarten meiner Kinder, vielleicht, so mein Gedanke haben die Kinder und die Erzieherinnen auch Freude daran.
Gemeinsam mit einer der Erzieherinnen blätterte ich das Buch nochmals durch und war mehr als erfreut als sie meinte, das es auch zur Sprachförderung eingesetzt werden könnte.

Ich mochte da

Das Schlaflied der Grillen am meisten:

Manchmal schau'n wir einfach bloß
(als wär 's ein Bilderbuch, nur groß)
Doch wenn wir lauschen in die Nacht,
dann öffnet sich die Welt mit Macht...

Die Erzieherin, mit der ich sprach, war von den tolpatschigen Kätzchen begeistert, beide konnten wir das plumpsen als eine von ihnen vom Gartenzaun fiel, in der Musik hören.

Eine wilde Symphonie, ist ein besonderes Kinderbuch, liebevoll illustriert von Susan Batori und übersetzt von Uwe_Michael Gutzschhahn, der auch die Gedichte neu schrieb.

Ich habe das Buch mit einem guten Gefühl im Kindergarten gelassen und hoffe sehr das die Kinder soviel Freude daran haben, wir Erwachsenen.

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Veröffentlicht am 06.08.2020

Lovecraft Country

Lovecraft Country
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Ein Brief seines Vaters Montrose lockt den 22.jährigen Korea Veteranen Atticus Turner von Florida zurück nach Chicago, dieser müsse nach Ardham, um das Vermächtnis von Atticus Vorfahren zu klären.

Auf ...

Ein Brief seines Vaters Montrose lockt den 22.jährigen Korea Veteranen Atticus Turner von Florida zurück nach Chicago, dieser müsse nach Ardham, um das Vermächtnis von Atticus Vorfahren zu klären.

Auf der schwierigen Fahrt, wir befinden und in den 50er Jahren, Rassentrennung und die damit einhergehende Diskriminierung der schwarzen Amerikaner sind an der Tagesordnung, hilft ihm der Safe Negro Travel Guide ein Reiseführer den sein Onkel George herausgibt und der die Adressen von Tankstellen, Motels und Restaurants in denen Afroamerikaner bedient und manchmal sogar freundlich behandelt werden. Atticus weiß, dass er sich mit dieser Reise in Gefahr begibt, die nicht nur von den weißen Bürgern, sondern auch von den Sheriffs und State Troppern ausgeht, jede Verkehrskontrolle könnte seinen Tod bedeuten.

Doch das ist alles nichts im Vergleich zu dem was ihn, seinen Onkel und seine Kindheitsfreundin Letitia Dandridges in Lovecraft Country erwartet.

Als er in Chicago eintrifft, erfährt Atticus, das sein Vater schon nach Ardham aufgebrochen ist, irritierenderweise in Begleitung eines Weißen, ein weiterer Hinweis darauf das etwas nicht stimmt.

In Ardham angekommen, treffen die drei auf den

Adamitischen Orden der alten Morgenröte

einer Art Sekte die durch okkulte Rituale an die Weltherrschaft gelangen will, anegführt wird diese Sekte von Samuel Braithwhite der davon überzeugt, ist das, ausgerechnet Atticus Turner ein direkter Nachfahre des Sektengründers Titus ist, ein Umstand der dem Rassisten Braithwithe wohl fast schon körperliche Schmerzen bereiten muss. Schlimmer noch als Samuel aber ist Caleb, charmant, zuvorkommend, freundlich rettet er die Turners, denn der Teufel in Menschengestalt hat eigene Pläne.
Dieser erster Abschnitt ist der Auftakt zu weiteren unheimlichen Begegnungen die die Turners und Letitia haben, jedes der weiteren Kapitel stellt einen der Turners oder der Dandridges in den Mittelpunkt, unheimlicher Geschehnisse und in jedem spielt Caleb eine wichtige verbindende Rolle.


Trotz aller Monster und okkulter Rituale, der wahre Horror spielt sich in der realen Welt ab, einer Welt, in der es Menschen nur wegen ihrer Hautfarbe verwehrt wurde, ein Haus in einer bestimmten Gegend zu kaufen, einen Kaffee in einem Diner zu trinken oder gar auf einem Gehweg zu bleiben, wenn einem ein Weißer entgegenkam. Oder dem Alltagsrassismus dem Menschen anderer Herkunft oder Hautfarbe auch heute noch überall auf der Welt begegnen, sei es in der Sprache (wobei das meiner Meinung nach, meist unbeabsichtigt geschieht) oder in Handlungen.


Nun könnte man denken Lovecraft Country wäre angesichts des Themas ein düsteres Buch, voller Enttäuschung, Verbitterung und Wut, doch weit gefehlt, ich habe noch nie ein Buch zu diesem Thema gelesen, das mich so amüsiert hat, Ruff schreibt mir einer Leichtigkeit die seines Gleichen sucht, ohne das Wesentlich aus den Augen zu verlieren.

Lovecraft Country, ist das erste Buch von Matt Ruff, das ich gelesen habe. Das muss ich zu meiner Schande gestehen, aber es wird nicht das letzte sein.

Was für ein Lesevergnügen einmal angefangen konnte ich es kaum noch aus der Hand legen.

Die zwiegespaltenen Gefühle die ich gegenüber Lovecraft hege, diesem herausragenden Schriftsteller und Rassisten, versuche ich bei Geschichten, die sich an seine anlehnen und natürlich auch bei seinen eigenen an die Seite zu schieben, er wusste es nicht besser oder anders ausgedrückt: Er war genauso unaufgeklärt und dumm, wie es Rassisten auch heute noch sind.

Ein Wort noch zu den Übersetzern: Ich kann mir kaum vorstellen wie schwierig es sein muss, ein Buch zu übersetzen, das in einer Zeit spielt, in der es normal war, Menschen zu beleidigen und zu beschimpfen ohne das ein Aufschrei durch die Leserschaft geht, weil vielleicht nicht jeder bedenkt, das diese Worte nicht die Ansichten des Autors wiederspiegeln, sondern einfach nur in eben diese Zeit gehören. Ich finde sie haben einen richtig guten Job gemacht.

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Veröffentlicht am 06.08.2020

Die Wunderfrauen

Die Wunderfrauen
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Die Wunderfrauen, das sind Luise, Marie, Helga und Annabel, vier Frauen, die unterschiedlicher nicht sein können und die doch etwas gemeinsam haben: Sie wollen nach den Jahren der Entbehrung und des Verzichts ...

Die Wunderfrauen, das sind Luise, Marie, Helga und Annabel, vier Frauen, die unterschiedlicher nicht sein können und die doch etwas gemeinsam haben: Sie wollen nach den Jahren der Entbehrung und des Verzichts endlich wieder Leben, Lachen und Lieben.
Der erste Band der Trilogie beginnt 1953 in Starnberg.
Luise Dahlmann träumt von einem kleinen Lebensmittelladen in dem es neben den Dingen des täglichen Bedarfs auch kleine Köstlichkeiten wie Pralinen und Luxusartikel wie Nylonstrümpfe gibt, als sie ihre Arbeit als Köchin bei den amerikanischen Streitkräften verliert und eine kleine Erbschaft macht, erfüllt sich ihr Traum.
In ihrem Laden treffen die vier Wunderfrauen immer wieder aufeinander und wir lernen sie nach und kennen.
Die rebellische Helga aus gutem Haus, die nach einem Eklat ihr Elternhaus verlässt und mangels anderer Optionen als Lernschwester in der Frauenklinik der von Thalers arbeitet, wo sie zunächst zu scheitern droht.
Marie Wagner aus Schlesien, sie kam nur mit einem Koffer nach Starnberg, der außer der nötigsten Kleidung ihre Zeichenutensilien enthielt. Marie hat auf der Flucht schreckliches erlebt, doch auf dem Bauernhof, der Luises Brüdern Martin und Manni gehört findet sie ein Zuhause.
Und zu guter Letzt, Annabel von Thaler, sie ist mit Konstantin von Thaler verheiratet, hat einen kleinen Sohn, lebt in einer Villa umgeben von Dienstboten, sie hat alles was das Herz begehrt und ist doch die unglücklichste von allen.
Ihr Geschichten erzählt Stephanie Schuster.
Die Autorin legt dabei das Hauptaugenmerk auf Luise, die wir dadurch auch am besten kennenlernen, so konnte ich mich auch in Luise am besten einfühlen, ihre Träume und Ängste, ihre Freude und auch ihre Enttäuschung, wenn sie Erfolge mit ihrem Laden erzielte oder auch Niederlagen einstecken musste wurden nachvollziehbar beschrieben.
Besonders gefallen haben mir auch Luises Eintragungen in ihrem Ladenkunde-Album, in dem sie ihre Ideen für den Laden über das Sortiment und den Umgang mit Kunden sowie Rezepte und Einkaufslisten niederschreibt. Das lockerte das ganze noch mehr auf.

Aber auch die Leben der anderen drei entstanden vor meinem inneren Auge. Und je mehr ich die Frauen kennenlernte, desto mehr verstand ich sie, auch wenn ich nicht jede von ihnen unbedingt zu Freundinnen haben wollte.

Dieser erste Band, der Trilogie streift die NS Vergangenheit , die noch nicht so lange zurückliegt und die die Menschen doch am liebsten komplett aus dem Gedächtnis streichen möchten, doch die Vergangenheit lässt sich nicht verdrängen sie erhebt sich immer wieder, auf zufällig gefundenen Bildern, in Entnazifizierungsprotokollen in den Erinnerungen und auch durch Menschen die tot geglaubt wieder auftauchen. Diese Vergangenheit wird direkten Einfluss auf das Leben der Frauen haben, da bin ich mir sicher.
Er erzählt aber auch davon, das Frauen kaum Rechte haben, für alles und jedes benötigen sie die Erlaubnis eines nahestehenden Verwandten oder des Ehemanns, da ist es auch nicht von Belang, ob sie Volljährig sind oder nicht, heute kaum vorstellbar. Einiges hat sich allerdings nicht geändert, die Angst und die Vorbehalte der Menschen gegenüber allen Fremden, zu Beispiel.

Es ist erstaunlich mit welcher Leichtigkeit Stephanie Schuster, auch bedrückende Themen aufgreift, ohne das sie das Gefühl der Lebensfreude und Aufbruchsstimmung, die dieses Buch vermittelt, nicht zerstört und ihnen doch den Raum gibt, den sie benötigen, um die Geschichte authentisch sein zu lassen.
So das dieses Buch eine leichte und lockere Sommerlektüre ist, die trotzdem dazu anregt, sich über die Zeit in der es spielt näher zu informieren.

Für den ersten Teil der Trilogie: Alles, was das Herz begehrt
Vergebe ich schon mal eine Leseempfehlung und freue mich auf die nächsten Bände.

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