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Veröffentlicht am 13.05.2017

Das Haus unter dem Haus

Das Haus in der Nebelgasse
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Dies war mein erster Roman von der Autorin Susanne Goga, aber definitiv nicht mein letzter. Erst vor kurzem habe ich einen historischen Krimi, der ebenfalls London als Schauplatz hat, gelesen. Dieser war ...

Dies war mein erster Roman von der Autorin Susanne Goga, aber definitiv nicht mein letzter. Erst vor kurzem habe ich einen historischen Krimi, der ebenfalls London als Schauplatz hat, gelesen. Dieser war zeitlich allerdings ein bisschen früher angesiedelt.
In "Das Haus in der Nebelgasse" begleiten wir unsere Protagonistin Matilda Gray durch die Straßen der englischen Metropole im Jahr 1900. Sie ist eine junge und engagierte Lehrerin an einer Mädchenschule und lebt für ihren Beruf und setzt sich für die Unabhängigkeit der Frau ein. Anfang des 20. Jahrhunderts ist dies keine Sebstverständlichkeit. Als Laura, eine ihrer Lieblingsschülerinnen, nach dem Sommer der Schule plötzlich den Rücken kehrt, weckt dies Matildas Misstrauen. Ihre Schülerin soll erkrankt sein und nun mit ihrem Vormund Charles Easterbrook durch Südeuropa reisen, um wieder gesund zu werden. Kurze Zeit später munkelt man sogar von Heirat. Matilda jedoch weiß, dass Laura immer ihr Studium wichtiger war und die Schule keinesfalls abbrechen wollte. Außerdem hat ihre Schülerin kein Interesse an Männern, was sie Matilda erst vor kurzem gestanden hat. Als sie von Laura eine Karte mit einer geheimen Botschaft erhält, weiß Matilda, dass das Mädchen in Gefahr schwebt und beginnt nachzuforschen....

Schon der Prolog in kursiver Schrift, der im Jahre 1665 spielt, weckt die Neugier des Lesers. Kaum hatte ich zu lesen begonnen, konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Die fesselnde Handlung rund um das Geheimnis, das Matilda lüften möchte, führt uns zuerst zu einer Holzsschatulle mit geheimnisvollen Inhalt, die ein Medaillon und ein durch Feuchtigkeit nahezu unleserlich gewordenes Tagebuch einer gewissen Katherine, enthält. Danach führt die Spur ins unterirdische London. Bereits beim Autorenpaar Nicci French sind die Flüsse, unter der Stadt, ein Faktum. So war mir dieses Thema nicht unbekannt. Aufregend gestaltet sich die Schatzsuche, die für Matilda zu einer Art Schnitzeljagd quer durch das historische London wird. Dabei hilft ihr der exzentrische Antiquitätenhändler Joseph Arkwright, sowie der Historiker Stephen Fleming, die beide sehr unterschiedliche Männer sind.

Matilda ist eine sehr unkonventionelle Frau, die für ihre Zeit sehr modern und aufgeschlossen ist. Ihre Neugier bringt sie immer wieder in kleine und große Schwierigkeiten. Aber auch ihre Vermieterin Beatrice Westlake, eine Autorin von Groschenromanen, ist eine äußerst liebenswerte und exzentrische Frau. Ihre Weisheiten und Ideen zu ihren Büchern brachten mich immer wieder zum Schmunzeln.

Die Handlung ist stimmig und logisch aufgebaut. Auch eine kleine Romanze darf nicht fehlen. Matildas Spurensuche durch das London Anfang des 20. Jahrhunderts wurde sehr bildhaft beschrieben. Man begleitet die junge Lehrerin durch versteckte Gassen und Viertel, die man oft bei Tageslicht nicht wirklich besuchen möchte. Zusätzlich spannend und interessant wird die Suche vorallem durch die Zeitepoche, in die der Roman spielt. Die Mittel zur Recherche waren um 1900 doch sehr begrenzt. Für mich war dieser Roman fesselnd, stimmig und voller Geheimnisse.....

Schreibstil:
Susanne Goga hat einen sehr mitreißenden Schreibstil, der mich sofort in den Bann gezogen hat. Die Geschichte lässt sich wunderbar flüssig lesen. Die Sprache ist der Zeit angepasst und die Autorin schildert die damalige Zeit sehr lebendig. Dabei nimmt sie sich auch den Burenkriegen in Südafrika an und versteht es diesen nicht einseitig darzustellen.

Fazit:
Ein absolut gelungener historischer Roman mit Krimitouch, der ins viktoriansiche London führt und den Leser mitnimmt auf eine spannende Schnitzeljagd. Für Einsteiger in das historische Genre bestens geeignet!

Veröffentlicht am 11.05.2017

Das Geheimnis der Madame Yin

Das Geheimnis der Madame Yin
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Historische Krimis lese ich hin und wieder wirklich gerne und ganz besonders, wenn diese im nebeligen London spielen. Unwillkürlich hat man zuallererst die Geschichte um den bekanntesten Frauenmörder Londons, ...

Historische Krimis lese ich hin und wieder wirklich gerne und ganz besonders, wenn diese im nebeligen London spielen. Unwillkürlich hat man zuallererst die Geschichte um den bekanntesten Frauenmörder Londons, Jack - the Ripper, im Kopf, doch "Das Geheimnis der Madame Yin" spielt etwas früher, nämlich im Jahr 1877. Aber auch in diesem Krimi geht es um Frauenmorde, bei denen Scotland Yard im Dunkeln tappt. Umso weniger erfreut ist Inspektor Robert Edwards, als er die Detektivin Celeste Summersteen zur Seite gestellt bekommt: Eine Frau und noch dazu Amerikanerin! So stellt sich die Zusammenarbeit auch alles andere als einfach dar.....

Celeste arbeitet bei einer Detektei in Chicago und hat den Auftrag bekommen, ihren Schützling Dorothea Ellingsford, die einige Zeit bei ihrer Tante in den Staaten verbracht hat, wohlbehalten nach London zurückzubringen. Dorothea stammt aus adligen Haus und wurde von ihren Eltern nach Amerika geschickt, weil sie Opium geraucht hatte. Doch der eigentliche Auftrag ist, den Mörder von Dorotheas Freundin Estelle zu finden und abzuklären, ob auch ihr Schützling in Gefahr schwebt, denn Dorothea hat große Angst vor ihrer Rückkehr. Trotzdem schweigt sie beharrlich und so gestalten sich die Ermittlungen schwierig. Kurze Zeit später wird die Leiche von Madame Yin, der führenden Opiumkönigin des East End's gefunden. Welche Gemeinsamkeiten hat der Mord an einem jungen adeligen Mädchen und einer führenden Unterweltgröße? Das fragen sich auch Edwards und Celeste.....

Der Krimi aus dem viktorianischem Zeitalter ist einerseits düster wie das Cover des Buches, hat aber auch viele humorvolle Dialoge, die sich hauptsächlich aus der nicht wirklich gelungenen Zusammenarbeit der beiden Ermittler ergibt. Edwars ist ein Mann seiner Zeit und akzeptiert eine weibliche Detektivin nicht wirklich. Noch dazu ist Celeste starrköpfig, gewitzt und nutzt auch ihren weiblichen Charme. Sie würde eher in unsere Zeit passen, als ins staubige 19. Jahrhundert. Und so ermitteln sowohl Robert, als auch Celeste viel auf eigene Faust, was sie des Öfteren in äußerst brenzlige Situationen bringt. Denn im viktorianischen London läuft nicht nur ein Frauenmörder herum, sondern es geht ebenso um Machtkämpfe zwischen Verbrecherbanden, die vor Nichts zurückschrecken.

Autor Jürgen Bärbig, der hier unter dem Pseudomyn Nathan Winters schreibt, hat einen eher ruhigen Krimi erschaffen, der trotzallem eine unterschwellige Spannung aufweist. Das viktorianische London wird sehr bildhaft beschrieben. Man wandelt durch dunkle und dreckige Gassen und durch Viertel, die ich auch nicht bei Tageslicht durchqueren möchte. An den typischen Klischees, die man aus dieser historischen Zeit kennt, wird nicht gespart. Durch die parallelen Ermittlungen gibt es zwei Handlungsstränge, bei denen wir einmal Edwars und einmal Celeste folgen. Zum Ende hin führen die beiden Stränge zu einem Ganzen zusammen und halten ein logisches Ende bereit. Bevor es aber zum finalen Countdown kommt, bei dem die Spannungskurve rasant ansteigt, hatte ich leider den Mörder bereits identifiziert.

Schreibstil:
Der Schreibstil des Autors ist lebendig und dialoglastig. Die bildhaften Beschreibungen des viktorianischen Londons haben mir gut gefallen und auch der Spannungsbogen steigt kontinuierlich an. Gestört hat mich allerdings, dass der Schreibstil nicht der damaligen Zeit angepasst wurde. Da ich sehr viele historische Romane lese, war mir der Schreibstil viel zu modern für diese Zeitepoche. Mit einer sehr emanzipierten Frau, die eher ins 21. Jahrhundert passen würde, kann ich noch leben, denn diese finden wir sehr oft in historischen Romanen. Doch die Erzählung des Autors hinterließ bei mir immer wieder das Gefühl, als würde ich einen Krimi aus der heutigen Zeit lesen, wären da nicht die typischen historischen Hintergründe und die zur Zeit gebräuchlichen Fortbewegungsmittel gewesen.

Fazit:
Ein historischer Krimi aus dem viktorianischen London mit zwei sehr unterschiedlichen Ermittlern, die ein ungewöhnliches Paar abgeben. Spannend geschrieben, jedoch fand ich den Schreibstil nicht passend für die Zeitepoche.

Veröffentlicht am 11.05.2017

Roman mit noch heute gültigen Themen

Esperanzas Weg
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Esperanza, die Hauptprotagonistin im christlichen Roman von Ruth Axtell, lebt in eher ärmlichen Verhältnissen im "falschen" Viertel von Holliston, einer kleinen Provinzstadt. Seit der Schulzeit hat sie ...

Esperanza, die Hauptprotagonistin im christlichen Roman von Ruth Axtell, lebt in eher ärmlichen Verhältnissen im "falschen" Viertel von Holliston, einer kleinen Provinzstadt. Seit der Schulzeit hat sie ein Auge auf Warren Brentwood geworfen, dem Sohn des reichen Sägewerkbesitzers und Präsidenten der örtlichen Bank. Die Gesellschaftsschichten aus denen Beide kommen, könnten unterschiedlicher nicht sein. Doch Espy, wie die junge Frau von ihren Freunden genannt wird, möchte aus dieser Armut entfliehen. Als sie eine Stelle als Hausmädchen bei Professor Stockton und seiner Frau antreten darf, ist sie überglücklich. Sie will nicht ihr ganzes Leben wie ihre Mutter und Schwester Angela in der Konservenfabrik vor Ort arbeiten. Außerdem liebt Espy Bücher und Literatur und wäre gerne weiter zur Schule gegangen, was ihr nicht möglich war. Als Professor Stockton ihr Privatunterricht gibt und ihr Bücher leiht, sieht sich Espy ihrem Ziel immer näher. Und durch die Gründung einer christlichen Jugendgruppe durch den örtlichen Pastor trifft sie auch immer öfter auf Warren. Doch dann macht ein böses Gerücht die Runde in Holliston und Esperanza verliert alles.......

Die Figuren sind authentisch und wirken der Zeit angepasst. Sie sind wundervoll charakterisiert und auch die Nebencharaktere wurden nicht vernachlässigt. Man hat sowohl die reiche Sippe rund um Warren vor Augen, als auch die ärmliche Familie von Esperanza, die versuchen muss über die Runden zu kommen. Besonders gut spürt man die Verunsicherung unserer beiden Hauptprotagonisten und den Wunsch den richtigen Weg im Leben einzuschlagen. Während Esperanza klare Ziele hat, aber ihr gesellschaftlicher Rang sie daran hindert, stehen Warren viele Möglichkeiten offen, die er jedoch anzweifelt.
Esperanza war mir sofort sympathisch. Sie hat eine offene und freundliche Art. Sie ist ein sehr emotionales junges Mädchen, deren Gutgläubigkeit sie in große Schwierigkeiten bringt. Warren steht zwischen dem Wunsch seinem Vater gerecht zu werden und seine eigene Bestimmung zu finden. Er ist ein sehr verunsicherter junger Mann, der sich schwer durchsetzen kann. Er ist zu weich und steht nicht immer hinter seinen Wünschen und Pflichten. Doch im Laufe des Romans entwickeln sich beide Protagonisten wirklich weiter und gehen entschlossen ihren eingeschlagenen Weg.

Der eher ruhigen Geschichte, deren Hauptthema die gesellschaftlichen Unterschiede und die christlichen Werte sind, fehlt es leider manchmal an Spannung. Obwohl manche Handlungen leicht vorhersehbar sind, gibt es genügend Wendungen und überraschende Ereignisse, die den Leser bei der Stange halten und man wissen möchte, wie es weitergeht. Trotzdem ist der Roman keineswegs langweilig - im Gegenteil! Denn obwohl die Geschichte vor mehr als einem Jahrhundert, nämlich 1892 in Maine in den Vereinigten Staaten spielt, ist das Thema auch noch heute mehr als präsent!
Wie oft werden ebenso im 21. Jahrhundert Menschen nur wegen ihrer Herkunft, Rasse oder ihrem Geschlecht diskriminiert?! Sexuelle Übergriffe auf Frauen am Arbeitsplatz sind ebenso Themen, wie schnelle Schuldzuweisungen und Verurteilungen anhand von Hautfarbe oder gesellschaftlichen Stand. Hier hat sich leider nicht wirklich wesentlich etwas geändert....

Schreibstil:
Der Schreibstil der Autorin ist flüssig, manchmal etwas detailliert und sehr dialoglastig. Es wird abwechselnd aus der Sicht von Esperanza und Warren erzählt, wobei man gute Einblicke in ihr Gefühlsleben erhält. Die Zwiesprache mit Gott und die Gedanken der Beiden werden in kursiver Schrift dargestellt.

Fazit:
Ein eher leiser Roman mit noch heute gültigen Themen wie gesellschaftliche Unterschiede und Diskriminierung. Die Figuren des Romans sind durchwegs bis zu den Nebencharakteren sehr authentisch und lebendig beschrieben und verleihen der Geschichte ein stimmiges Gesamtbild.

Weniger

Veröffentlicht am 11.05.2017

Gelungener Krimi aus meiner Heimat

Mostschlinge
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Mit dem Folgeband zu "Mostviertler" ist Helmut Scharner ein gelungener Krimi aus meiner Heimat gelungen. Nach dem Lesen des ersten Buches, das für mich noch etwas Luft nach oben hatte, erkennt man die ...

Mit dem Folgeband zu "Mostviertler" ist Helmut Scharner ein gelungener Krimi aus meiner Heimat gelungen. Nach dem Lesen des ersten Buches, das für mich noch etwas Luft nach oben hatte, erkennt man die gelungene Weiterentwicklung des Autors. Ich muss allerdings gleich vorweg sagen, dass ich empfehlen würde den "Mostviertler" zuerst zu lesen, denn Helmut Scharner greift recht häufig darauf zurück. Vorallem die Charaktere aus Band Eins sind teilweise auch hier wieder dabei und als Einsteiger versteht man vielleicht manche Dinge rund um diese Figuren nicht so gut, die teilweise doch sehr eigenwillig sind.

Wir befinden uns wieder im schönen Waidhofen an der Ybbs im Mostviertel....auch meinem Heimatsviertel in Niederösterreich. Im Fitnessstudio des Schlosshotels wird eine junge Frau erdrosselt aufgefunden. Es ist Monika Steiner, eine Angestellte des Sportschuhherstellers Schuster, die Firma, die im ersten Band im Zentrum der Ermittlungen stand. Monika wurde mit einem blauen Schnürsenkel erwürgt, wodurch die Schuster GmbH wiederum ins Blickfeld von Kommissar Brandner gerät. Auch Juliana Haidinger, ihre Freundin und Mitbewohnerin, hat die Sportschuhfabrikanten in Verdacht und hegt sowieso noch einen großen Groll auf ihre ehemaligen Arbeitgeber. Doch Brandner hat bereits den vorbestraften Mechaniker Bernd S. im Visier, der sich zur selben Zeit im Fitnessstudio aufgehalten hat. Außerdem liegen bei ihm in Wien bereits ähnlich verübte Mordfälle auf den Tisch, die Brandner von einem Serienmörder ausgehen lassen. Als auch noch in Portugal weitere mit einem blauen Schnürsenkel erdrosselte Frauen auftauchen, wird der Fall international....

Die Ermittlungen von Kommissar Brandner sind eher im Hintergrund gehalten. Die Stärke des Krimis liegt wieder eindeutig bei den äußerst interessanten Charakteren, von denen die Meisten nicht wirkliche Sympathieträger sind. Die Figuren sind sehr gut ausgearbeitet und es scheint, als ob alle etwas zu verbergen hätten. Undurchsichtig sind auch die Machenschaften der Schuster Schuhe GmbH bei der Fußball-WM in Brasilien. Warum darf die kleine Waidhofner Firma plötzlich das WM-Team von Ghana unterstützen? Wer hat hier seine Hände im Spiel? Auch diese Fragen gibt es zu beantworten und wie schon im Mostviertler sind auch diesmal wieder Wirtschaftsthemen miteinbezogen.
Der Anteil der Sexszenen hat sich gegenüber dem ersten Teil vermindert, was dem Krimianteil gut tut. Die Dosis, die hier noch vorhanden ist, passt aber perfekt zum Hintergrund des Mörders und wurde genau richtig eingesetzt.
Die Schönheiten des Mostviertels und der Stadt Waidhofen an der Ybbs werden sehr bildhaft dargestellt und ich denke, dass sich auch Leser, die nicht wie ich aus dieser Gegend kommen, ein gutes Bild der Landschaft machen können.
Mir persönlich hat natürlich auch der Bezug zum jährlichen Musical-Event in Amstetten gefallen, bei dem eine der Figuren im Buch die Hauptrolle tanzen darf. Die Sommermusicals in Amstetten sind wirklich großartig! Ich konnte letztes Jahr noch zwei Karten zu "Footlosse" ergattern, was jedes Jahr sehr schwer ist. Und der Hauptdarsteller des Musicals darf Österreich dieses jahr beim Song Contest vertreten.

Der Autor hat einen sehr eigenwilligen Aufbau seiner Krimis, die man schwer mit anderen Schriftstellern vergleichen kann. Und er hat diesmal ein eher untypisches Element in seinem Krimi eingebaut. Im vorletzten Leseabschnitt, so ungefähr 100-150 Seiten vor Schluss, gibt er den Namen des Täters bekannt. Eigentlich sollte damit die Spannung für alle, die gerne miträtseln, vorbei sein und viele in unserer Leserunde waren entsetzt darüber. Doch der Autor versprach uns ein fulminates Finale und damit hatte er zu hundert Prozent recht! Die Spannungskurve legte tatsächlich drastisch zu und ich konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen, bis ich die letzten Seiten inhaliert hatte. Nicht genug damit - der Autor hat im letzten Absatz noch einen Cliffhanger eingebaut, der das Warten auf den Folgeband nun noch länger erscheinen lässt!

Schreibstil:
Helmut Scharner hat einen sehr detaillierten und ruhigen Erzählstil. Die wechselnden Perspektiven aus Sicht einzelner Charaktere finde ich gelungen. Einblicke in die Gedanken der handelnden Figuren werden durch kursive Schrift vom eigentlichen Plot differenziert. Außerdem sind die sehr kurz gehaltenen Kapitel rasch weggelesen.

Fazit:
Ein interessanter und spannender Krimi aus meiner Heimat, der eine deutliche Steigerung zum ersten Band aufweist. Ich empfehle trotzdem mit "Mostvierler" zu beginnen, da sich Neueinsteiger im aktuellen Band durch die viele Bezüge zum Erstling, etwas schwer tun könnten.

Veröffentlicht am 11.05.2017

Warmherziger Roman über die Liebe zu den Büchern

Mein zauberhafter Buchladen am Ufer der Seine
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Manchmal braucht man zwischen Thriller oder einem historischen Roman auch mal wieder eine lockere und leichte Lektüre. Ganze besonders gerne greife ich dann zu Bücher über Bücher oder Buchhandlungen. Diese ...

Manchmal braucht man zwischen Thriller oder einem historischen Roman auch mal wieder eine lockere und leichte Lektüre. Ganze besonders gerne greife ich dann zu Bücher über Bücher oder Buchhandlungen. Diese lassen jedes büchersüchtige Leserherz alleine schon beim Titel und Cover höher schlagen. So war es auch bei mir, als ich in der Vorschau des Aufbau Verlages "Mein zauberhafter Buchladen am Ufer der Seine" gesehen habe und ich war mir sicher, dass dieser Schatz bei mir einziehen muss.

Mit Sarah, unserer Protagonistin, lernen wir eine junge, eher zurückgezogene Frau kennen, die in ihrer eigenen Welt der Bücher lebt. In der amerikanischen Kleinstadt Ashford besitzt sie ein kleine, aber feine Buchhandlung, die sie mit ihrem ganzen Herzblut führt. Doch die Liebe zu den Büchern alleine genügt nicht, wenn der Buchladen immer mehr in die roten Zahlen rutscht. Da kommt das überraschende Angebot einer ebenfalls bibliophilen Bloggerfreundin und Buchhändlerin in Paris wie gerufen: Sophie, die einen englischsprachigen Büchershop namens "Once upon a Time" führt, braucht nach einer weiteren gescheiterten Beziehung eine Auszeit. Sie bietet Sarah an, mit ihr die Buchhandlungen zu tauschen. Sophie soll Sarahs "Bookshop on the corner" wieder höhere Verkaufszahlen bringen und Sarah soll inzwischen in Paris ihre Buchhandlung führen. Sarah's Freund Ridge, ein freier Journalist, der wegen seiner Auslandsreisen kaum Zeit mit ihr verbringt, ist nicht wirklich von dieser Idee begeistert. Sarah nimmt die Herausforderung jedoch an und hofft aus dem Trott ihres vorhersehbaren Lebens auszubrechen. Und vielleicht hilft die Stadt der Liebe auch, dass Ridge und sie sich öfters sehen....

Als Sarah in Paris ankommt, bemerkt sie schnell, dass sie etwas zu unüberlegt gehandelt hat. Die berühmte englische Buchhandlung ist riesig und ist komplett anders, als ihr kleiner Bookshop. Sarah steht anfangs im "Once upan a Time" eher wie ein Lehrmädchen da. Die Angestellten und Aushilfen kommen und gehen wie es ihnen passt, keiner nimmt sie ernst und Sarah kommt kaum zum Durchschnaufen. Auch die Großstadt Paris ist für Sarah wie ein Kulturschock im Vergleich zum beschaulichen und verschlafenden Ashford. Und Ridge lässt sich noch weniger sehen, als zuvor....

Die Geschichte ist leicht und locker und lässt sich in kürzester Zeit verschlingen. Rebecca Raisin fängt den Zauber der Stadt Paris und seinen Bewohnern liebevoll ein. Schon bald möchte man selbst durch die versteckten Gassen laufen und schicke Boutiquen besuchen, im Louvre die berühmten Gemälde bewundern oder im Künstlerviertel Montmarte verweilen. Die Stadt wird sehr bildhaft und detailliert beschrieben. Sarah beginnt die frankofile Atmosphäre aufzusaugen und verändert sich langsam, aber stetig. Sie verliert mehr und mehr ihre Schüchternheit und mit Océane und TJ findet sie auch bald nette Freunde. Doch in der Kasse der Buchhandlung fehlt laufend Geld und die monatlichen Einnahmen sinken und sinken...

Einen Satz habe ich mir unbedingt notieren müssen, denn er spiegelt so wunderbar meine Situation - und ich denke, vielen von euch geht es genauso - wider:

Meinen Noch-zu-lesen Stapel würde ich zu Lebzeiten wohl nie ganz abbauen können - die Verlockung neue Bücher, neue Erzählerstimmen, neue Romanfiguren kennenzulernen, war einfach zu groß - Seite 173

Überrascht hat mich, dass Sophie nur einen kleinen Teil der Geschichte einnimmt. Eigentlich hatte ich erwartet, dass der Roman abwechselnd aus der Sicht von Sarah und Sophie erzählt wird. Doch dann würde wahrscheinlich auch der Titel des Buches anders lauten....
Gut gefallen hat mir, dass nicht die Liebesgeschichte im Vordergrund steht, sondern eindeutig die Liebe zu den Büchern und die Wandlung von Sarah von einer schüchternen Frau, die sich lieber in ihre Bücher zurückgezogen hat, zu einer offenen und mutigen Protagonistin. Die kleinen Nebenhandlungen werden geschickt miteingebunden, die Kollegen in der Buchhandlung sind liebevoll gezeichnet und nicht alle sympathisch, was authentisch rüberkommt. Besonders ins Herz geschlossen habe ich den einfühlsamen Schriftsteller Luiz, der in der Buchhandlung versteckt im Obergeschoß seine Romane schreibt und Sarah anfangs unterstützt und ihr Mut zuspricht.

Es gibt bereits einen (englischsprachigen) Nachfolgeband mit dem Titel "Little Paris Collecion", der von einem Pariser Antiquitätenladen handelt, dessen Inhaberin Anouk wir bereits in "Mein zauberhafter Buchladen an der Seine" kennenlernen durften. Ich hoffe auch Band 2 wird übersetzt...

Fazit:
Ein warmherziger und lockerer Roman über die Liebe zu den Büchern, Freundschaft und vorallem den Mut in seinem Leben etwas zu verändern und Neues kennenzulernen. Zum Zurücklehnen und Genießen....