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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.01.2017

TOP-Psychothriller

Saving Grace - Bis dein Tod uns scheidet
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Wow...was für ein Buch! Endlich wieder ein richtig guter Thriller, der unter die Haut geht und fesselt! Wer denkt, "Die Wahrheit" von Melanie Raabe ist top, sollte zu "Saving Grace - Bis dein Tod uns scheidet" ...

Wow...was für ein Buch! Endlich wieder ein richtig guter Thriller, der unter die Haut geht und fesselt! Wer denkt, "Die Wahrheit" von Melanie Raabe ist top, sollte zu "Saving Grace - Bis dein Tod uns scheidet" greifen und er wird eines Besseren belehrt! Sorry, ich will hier "Die Wahrheit" nicht schlecht machen, denn auch mir hat Melanie Raabe's Buch gefallen, aber mir war die Auflösung einfach zu banal. Der Grund warum ich Melanie Raabes Buch als Vergleich hergenommen habe ist, weil ich finde, dass der Aufbau beider Bücher ähnlich ist oder beide Autoren auf vergleichbare Protagonisten zurückgegriffen haben: einem Ehepaar.

Bei "Saving Grace..." (der Originaltitel ist so viel besser und sagt auch jede Menge mehr aus!) fängt der Psychotriller langsam an und steigert sich sehr schnell auf einem hohen Level, der in einer für mich stimmigen Lösung endet.
Aber beginnen wir von Anfang an...
Die Geschichte wird abwechselnd in der Vergangenheit und in der Gegenwart erzählt. Im ersten Kapitel befinden wir uns bei einer Dinnerparty, die Grace in ihrem Haus gibt. Hier erlebt der Leser noch eine anfangs ruhige Stimmung, die jedoch mit der Zeit ein Stirnrunzeln auf meinem Gesicht erzeugt und das Gefühl von Beklemmung hervorgerufen hat. Die Frage: "Was stimmt hier nicht?" wird langsam aber sicher in beiden Strängen geklärt, wobei natürlich die Abschnitte in der Vergangenheit, als Grace ihren Mann Jake kennenlernt, ausschlaggebend sind.

Jack Angel ist ein erfogreicher Anwalt, der Frauen vertritt, die mit häuslicher Gewalt in Verbindung gekommen sind. Seine Erfolge sind bezeichnend, denn er hat noch keinen einzigen Fall verloren. In ihm scheint Grace, eine erfolgreiche Food Einkäuferin bei Harrods, den Mann fürs Leben gefunden zu haben. Von den Eltern nur akzeptiert, nimmt sie auch die wichtigste Rolle bei ihre Schwester Millie ein, die das Down-Syndrom hat. Jack ist der erste Mann an ihrer Seite, der auch Millie akzeptiert und so gibt sie dem charmanten Anwalt schon bald das Eheverprechen. Jack hat bereits ihr gemeinsames Traumhaus gefunden, in dem Millie nach Beendigung der Schule und nach ihrem achzehnten Geburtstag ebenfalls bei ihnen einziehen soll.
Doch bereits in der Hochzeitsnacht entpuppt sich der Traummann zum Albtraum. Nicht nur der Pass, sämtliches Geld und Grace Mobiltelefon sind weg, sondern auch der Ehemann ist verschwunden. Als er am nächsten Morgen wieder auftaucht, hat Grace einen anderen Mann vor sich: brutal und eiskalt.
Schon bald erfährt sie seine wahren Hintergründe bzw. seine grausamen Pläne, vor denen Grace und Millie nicht entkommen können......

Der Debütroman von B.A. Paris ist absolut gelungen! Die Geschichte ist beängstigend, denn sie könnte jeden von uns passieren. Niemand kann hinter die Fassade eines Menschen blicken und so erscheint auch Jack zuerst als DER Traumann schlechthin. Doch Jack hat seine Vorgehensweise präzise geplant und seine Pläne sind mehr als ausgereift. Seine Intelligenz und seine Bösartigkeit kommen ihm dabei sehr zu Hilfe.
Grace Ausweglosigkeit in ihrer Situation ist furchtbar beklemmend und sehr einducksvoll geschildert.
"Saving Grace - Bis dein Tod uns scheidet" spielt mit unserer Psyche und genau das macht einen guten Psychothriller aus.

Schreibstil:
Die britische Autorin, die heute in Frankreich lebt, arbeitete in der Finanzbranche und als Lehrerin. Kaum zu glauben, was ihr wohl bei Steuerausgleichen oder im Klassenzimmer so alles eingefallen ist ;)
Die Handlung wird aus der Sicht von Grace erzählt. So fühlt man sich als Leser noch beklemmender und ist selbst ratlos, wie sie aus ihrem Gefängnis ausbrechen könnte. Der Schreibstil ist flüssig und liest sich sehr gut.
Die Charaktere sind lebendig und vorallem Millie, die am Down-Syndrom leidet, wird hervoragend beschrieben. Aber auch die Emotionen aller Figuren kommen einfach wahnsinnig gut rüber.


Fazit:
Ein fantastisches Debüt der Autorin, die mich absolut überzeugen konnte. "Saving Grace - Bis dein Tod uns scheidet" spielt mit unserer Psyche und genau das macht einen guten Psychothriller aus. Ein TOP-Buch und eine Leseempfehlung für alle Thrillerfreunde!

Veröffentlicht am 10.01.2017

Bedenke deine Entscheidungen

Die Entscheidung
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Dieser Krimi der leisen Töne ist anfangs durch die verschiedenen Handlungsstränge und Perspektiven noch ziemlich verworren. Der Leser wird von Bulgarien nach Frankreich und wieder zurück katapultiert, ...

Dieser Krimi der leisen Töne ist anfangs durch die verschiedenen Handlungsstränge und Perspektiven noch ziemlich verworren. Der Leser wird von Bulgarien nach Frankreich und wieder zurück katapultiert, ohne sich wirklich zurechtzufinden....was sich allerdings im Laufe der Geschichte natürlich ändert.

Der Prolog beginnt mit dem Ausbruch eines namenslosen jungen Mädchen aus einem Haus, das streng bewacht wird. Man spürt ihre Angst und weiß, dass es hier um Leben und Tod geht, wenn ihr die Flucht nicht gelingt.

Danach der Schwenk nach Südfrankreich, wo Simon wie jedes Jahr die Weihnachtszeit im Sommerhaus seines Vaters verbringt. Er ist geschieden und eigentlich sollten seine beiden Kinder mit ihm Weihnachten verbringen, doch seine Exfrau nutzt seine Gutmutigkeit aus und zieht ihr Angebot kurzfristig wieder zurück. Seine Freundin Kristina hat ebenfalls die Nase voll, weil sich Simon noch immer nicht offiziell zu ihr bekannt hat und sich von seiner Exfrau immer wieder ausnutzen lässt. Sie stellt ihm ein Ultimatum. So sitzt er letztendlich alleine im Südfrankreich und lernt bei einem Strandspaziergang die verwahrloste Nathalie kennen. Diese ist in einem unbewohnten Feriendomizil eingestiegen und hat dort einige Tage geschlafen, bis der Hausmeister sie gefunden hat und nun der Polizei übergeben will. Simon nimmt die junge und völlig verängstigte Frau, die keine Papiere bei sich hat, mit und gibt ihr zu Essen und eine Schlafmöglichkeit. Doch als sie ihm gesteht einen Mann getötet zu haben und ihr Freund Jérome sie vor Menschen warnte, die hinter ihnen her sind, weiß Simon, dass er einen Fehler begangen hat.....

Im dritten Handlungsstrang, der in Bulgarien spielt, kämpft Kiril mit seiner Familie ums Überleben. Die fünf Kinder, seine Frau Ivana und er haben kaum mehr etwas zu Essen, der Strom ist abgeschaltet, die Miete seit Monaten nicht mehr bezahlt und auch sein Bekannter Dino will ihm kein Geld mehr leihen. Kiril und Ivana wissen weder ein noch aus. Als Dino den Beiden von Bekannten erzählt, deren Tochter bei einer Modelagantur untergekommen ist und große Chancen als Topmodel im Westen hat, schlägt er ihnen vor, ihre bildhübsche ältere Tochter Ivanka der Agenturchefin vorzustellen. Kiril hofft, dass wenigstens eines seiner Kinder die Chance auf ein besseres Leben bekommt, und geht auf den Deal ein.....

Sicher hat man als Leser einige Ideen, wie diese drei Handlungsstränge zusammenhängen könnten und doch ist es nur ein Teil der sehr umfangreichen Geschichte, die Charlotte Link uns hier präsentiert. Denn neben Menschenhandel, Magersucht und Beziehungsproblemen nimmt die Autorin diesmal auch Bezug zu den Ereignissen im November in Paris 2015.
Nach einem etwas verwirrendem Anfang begann sich nach und nach ein Bild abzuzeichnen und die Geschichte zog mich immer mehr in seinem Bann. Überraschende Wendungen und unvorhersehbare Geschehnisse ließen mich an der doch teilweise sehr komplexen Handlung dranbleiben. Obwohl der Kriminalroman auch ein paar Längen aufweist, fand ich die Dramatik hinter den Kulissen sehr spannend.
Das Ende, bei dem ein Strang mehr oder weniger offen blieb, fand ich gut gewählt. Hier ein Happy Ende zu bringen wäre zu viel des Guten gewesen.
Die Autorin beeindruckt vorallem mit der Aussage, wie eine völlig harmlose Entscheidung das Leben eines Menschens völlig aus der Bahn werfen kann.

Charaktere:
Nathalie und Simon sind beide nicht wirklich liebenswerte Charaktere, die jedoch im Laufe des Romans an Substanz gewinnen. Vorallem Simon beginnt seine große Schwäche zu überdenken, es allen recht machen zu wollen und im Endeffekt immer als Verlierer dazustehen. Nathalie hingegen ist abhängig von der Liebe zu Jérome, der selbst nur seine Vorteile im Sinn hat. Durch sein blendendes Aussehen und seiner charmanten Art gelingt es ihm auch viele Menschen zu täuschen. Beeindruckt hat mich Ivana, die hier kämpft wie eine Löwin. Die anfangs schwache und völlig verzweifelte Frau wird zu einer Kämpferin, die alles für ihre Tochter aufgibt.
Die Ermittler im Krimi spielen hingegen nur eine kleine Rolle, die aber am Ende des Krimis noch eine besondere Bedeutung haben werden.....

Schreibstil:
Der Schreibstil von Charlotte Link lässt sich wunderbar lesen, ist leicht und flüssig. Die Charaktere sind gut gezeichnet, wachsen einem aber nicht ans Herz. Durch die unterschiedlichen Handlungsstränge erlebt man die Geschichte aus verschiender Sichtweise und kann sich so mehr in die Gefühlswelt der Figuren hineinversetzen.

Fazit:
Ein komplexer Spannungsroman, der durch die anfangs vielen Stränge etwas verwirrend beginnt, jedoch danach rasant fortschreitet und mit überraschenen Wendungen punkten kann.

Veröffentlicht am 10.01.2017

In der Hitze Australiens

The Dry
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Der Debüt-Thriller der australischen Autorin Jane Harper sticht alleine schon durch das tolle Cover aus den Einheitsbrei der Buchcover der Spannungsliteratur heraus, die zu 95% aus den Farben schwarz, ...

Der Debüt-Thriller der australischen Autorin Jane Harper sticht alleine schon durch das tolle Cover aus den Einheitsbrei der Buchcover der Spannungsliteratur heraus, die zu 95% aus den Farben schwarz, weiß und rot bestehen. Auch die Kurzbeschreibung hört sich interessant an und so freute ich mich sehr, dass ich ein Exemplar von "Blogg dein Buch" erhalten durfte.

Wir befinden uns im Städchen Kiewarra, irgendwo im australischen Hinterland. Die Dürre, die seit Jahren dort herrscht, hat zur Abwanderung und zur Trostlosigkeit der Einheimischen geführt. Als Aaaron Falk nach zwanzig Jahren wieder in sein Heimatdorf zum Begräbnis seines Freundes Luke Hadler zurückkehrt, ist selbst er entsetzt von der Trockenheit und Hitze. Und auch der Leser spürt die Hitze, den Staub und die Feindseligkeit, die Aaron Falk entgegenschlägt. Vor zwanzig Jahren wurden sein Vater und er verdächtigt, schuld am Tod der sechzehnjährigen Ellie, Aarons und Lukes Freundin, zu sein. Gemeinsam mit Luke und Gretchen waren die Vier unzertrennlich. Doch nach dem Unglück begann eine richtige Hetze gegen die Falks. Feige Angriffe ließen sie Kiewerra verlassen und nach Melbourne ziehen, wo sich Aaaron zum Polizisten ausbilden ließ. Er sucht allerdings nicht nach Mörder, sondern nach veruntreutem Geld. Trotzdem bitten ihm Lukes Eltern den Tod ihres Sohnes und seiner Familie zu untersuchen. Sie können nicht glauben, dass Luke seine Frau Karen und seinen Sohn Billy erschossen und anschließend Selbstmord begangen hat. Auch der zuständige, sehr junge Sergeant Raco hat so seine Bedenken an dem Offensichtlichen und so beginnen Falk und Raco Nachforschungen anzustellen, wobei auch dem Sheriff bald Feindseligkeit entgegenschlägt und die Stimmung im Ort sich mehr und mehr aufheizt.....

Die Rückblenden in der Vergangenheit werden von der Autorin ins gegenwärtige Geschehen miteingewoben, was eher ungewöhnlich ist. Diese sind in kursiver Schrift dargestellt und fügen sich nahtlos in die Geschichte der Gegenwart ein, denn der Tod von Ellie vor zwanzig Jahren ist bis heute nicht aufgeklärt und schwebt wie ein Schatten über das kleine Städtchen. Aaaron vermutet einen Zusammenhang mit der Tragödie der Hadlers, doch die Einwohner schweigen....

Die Charaktere sind sehr authentisch und facettenreich dargestellt. Die Menschen im australischen Niemandsland sind durch die jahrelange Dürre von ihrer Existenz bedroht. Sie sind unausgeglichen und schnell aggressiv.
Falk erscheint darin wie ein Außerirdischer; auch durch sein Erscheinungsbild: weißblond mit sehr heller Haut, sticht er aus der Masse der Menschen in Kiewarra heraus. Er ist ruhig, ausgeglichen und besonnen. Falk und Raco ergänzen sich als Ermittlerteam perfekt. Sie harmonieren sehr gut miteinander und beide sind sehr daran interessiert die Tat aufzuklären.
Auch die Einwohner von Kiewarra sind äußerst authentisch beschrieben. Man fühlt die Hoffnungslosigkeit, die manche Einwohner zu oft unüberlegten Handlungen hinreißen lassen.

Die beiden Kriminalfälle aus der Vergangenheit und der Gegenwart führen immer mehr zueinander bis es zum finalen und spannenden Ende kommt, das mich wirklich an den Seiten hat kleben lassen.
Nur durchgehend ist der Spannnungslevel leider nicht immer. So hatte ich mehr den Eindruck einen guten Krimi, als einen Thriller vor mir zu haben. Dennoch hatte ich das Buch sehr schnell durch, da mich auch die Neugier plagte, was wohl hinter all dem steckt. Als Jane Harpers erstes Buch finde ich es äußerst gelungen!

Schreibstil:
Kaum zu glauben, dass dieses Buch ein Debüt ist! Der Schreibstil der Autorin ist sehr dicht und atmosphärisch. Man fühlt mit den Personen mit und hat das Gefühl direkt vor Ort zu sein. Die Hitze und der Staub, die Verzweiflung und Hoffnungslosgkeit der Menschen auf diesem Fleckchen Erde transportiert die Autorin wirklich hervorragend. Einzig die Spannung bleibt manchmal ein bisschen auf der Strecke, jedoch macht Harper dies mit den sehr authentischen Charakteren und einem richtigen Showdown wett.

Fazit:
Ein hervorragendes Debüt der Autorin, das ich jedoch eher als Krimi statt Thriller bezeichnen würde. Sehr atmosphärisch erzählt mit facettenreichen Charakteren und einem wirklich spannenden Show Down, der alle Fragen beantwortet.

Veröffentlicht am 05.01.2017

Von Fechtmeistern, Glaubenskriegen und Vaganten

Die Tochter des Fechtmeisters
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Nach Piratinnen und Heidentöchtern durfte ich nun Bekanntschaft mit der Tochter des Fechtmeisters machen. In einer Lovelybooks Leserunde hat uns Sabine Weiß die große Fechtkunst näher gebracht.
Doch dieser ...

Nach Piratinnen und Heidentöchtern durfte ich nun Bekanntschaft mit der Tochter des Fechtmeisters machen. In einer Lovelybooks Leserunde hat uns Sabine Weiß die große Fechtkunst näher gebracht.
Doch dieser Schmöker hat soviel mehr an geschichtlichen Informationen und Handlungssträngen zu bieten, dass man sich für dieses Buch wirklich Zeit nehmen muss.
Clarissa, die uns im Klappentext vorgestellt wird, ist nämlich nur eine von vielen Protagonisten, die alle in irgendeiner Art und Weise, mehr oder weniger, miteinander verbunden sind.

Es beginnt in Mecklenburg 1566, als eine Frau von einem bereits verbotenen "Schwurgericht" gegen einen reichen Großbauern kämpfen (!) muss und dabei ihr Leben verliert. Die beiden Kinder, die ihre Mutter verlieren, sind fortan auf sich allein gestellt. Niemand kümmert sich um die Waisen, dem fünfjährigen Fridjoff und dem elfjährige Carl. Während Carl nur Zorn und Wut in sich verspürt und überall aneckt, fügt sich der kleine Fridjoff schneller seinem Schicksal. Als er beim Schmied Thiel eine Stelle findet und sich mit dem Sohn, Jodocus, anfreundet, möchte Fridjoff bleiben. Doch Carl bereitet erneut Schwierigkeiten und verlässt daraufhin seine Arbeitsstelle. Die Wege der Brüder trennen sich....

Rostock 1608: Aus Fridjoff wurde ein geachteter Fechtmeister, der Schüler unterrichtet. Seiner Tochter Clarissa hat er ebenfalls die Fechtkunst beigebracht, die für die damalige Zeit auch eine sehr toughe junge Frau ist. Als Fridjoffs Schüller Marius und Alexander in Frankfurt ihre allerletzte Prüfung ablegen müssen, begleitet Clarissa ihren Vater und die beiden jungen Männer auf die Reise, die damals beschwerlich und nicht ungefährlich ist. In Frankfurt angekommen beginnen jedoch die Probleme erst richtig....

Der Handlungsverlauf ist sehr umfangreich. Die vielen verschiedenen Personen und Handlungsstränge, als auch verschiedene Zeitebenen, machen das Lesen nicht leicht. Das Personenverzeichnis vorne und das Glossar hinten, helfen dem Leser sehr. Trotzdem braucht man seine ganze Aufmerksamkeit, denn es schleichen sich auch einige Längen in die Geschichte ein. Manchmal musste ich mich richtig aufraffen um weiterzulesen, doch sobald man erneut ins Geschehen eintaucht, ist man sofort wieder gefesselt. Trotzdem war dies für meine Bewertung auschlaggebend, weshalb ich einige Abzüge machen musste....
Ein weiterer Minuspunkt war für mich, dass viele Kapitel mit einer Art Cliffhanger aufhörten. Danach kam es zum Wechsel von Ort und Person und wenn man wieder zum ursprünglichen Punkt zurückkommt, wird die Lösung nur sehr kurz präsentiert und in wenigen Sätzen abgehandelt. Da die Geschichte sehr detailliert ist, verstehe ich nicht ganz, warum gerade bei solchen Szenen eingespart wurde.

Im Endeffekt ist es aber eine sehr interessanter historischer Roman mit vielen geschichtlichen Hintergrundinformationen geworden. Man erfährt einiges über den Kampf der Habsburger innerhalb der eigenen Familie und auch über den bereits schwelenden Glaubenskrieg. In der zweiten Hälfte des Buches befinden wir uns in der Residenzstadt Prag, der damals drittgrößten Stadt in Europa. Auch hier sind viele historische Begebenheiten, wie der Bruderzwist zwischen Erzherzog Matthias und Leopold von Habsburg mit Rudolf II. miteinbezogen. Da Prag damals alle Glaubensrichtungen anerkannte und diese friedlich nebeneinander lebten, wurde es zum zentralen "Wunschobjekt" der Herrscher, die ihre Religion als die einzige Wahre verkaufen wollten, was zu Glaubenskriegen führte. Leider ein Thema, das sich bis zur Gegenwart hinzieht....
Und natürlich lernen wir besonders zu Beginn viel über die damalige Fechtkunst und wie viele verschiedene Arten und Fechtmeister es eigentlich gab.....sehr interessant!

Cover:
Der neuartige runde Rücken ist für mich leider keine positive Errungenschaft. Ich bin eine sehr vorsichtige Leserin und trotzdem hat sich nach cirka 300 Seiten das Cover verschoben. Als ich es richten wollte, löste sich der ganze Buchrücken! Außerdem finde ich die Papier/Kartonstärke des Covers viel zu dünn! Ich mag keine Leserillen, aber bevor sich das Buch in meinen Händen auflöst, obwohl ich damit sehr, sehr vorsichtig umgegangen bin, habe ich lieber Leserillen!

Schreibstil:
Die Autorin hat wirklich großartig recherchiert und Geschichte lebendig gemacht. Genau das liebe ich an den historischen Romanen. Allerdings war es mir diesmal fast zu viel und zu detailliert. Die Charaktere sind sehr lebendig und obwohl es wirklich viele verschieden Figuren in diesem Buch gibt, sind alle äußerst authentisch beschrieben. Auch die Orte wurden vor meinen Augen lebendig, sei es die Stadt Prag mit ihren verschiedenen Vierteln oder Rostock, das von Clarissa sehr oft bildreich beschrieben wurde.

Fazit:
Ein Roman, der es mir schwer macht ihn zu bewerten! Viele Handlungsstränge und Personen erfordern viel Aufmerksamkeit beim Lesen. Diese werden sehr authentisch beschrieben und auch die historischen Hintergründe sind großartig recherchiert und miteinbezogen. Allerdings hat der Roman viele Längen und hätte an manchen Stellen bereits beendet werden können. Für mich wäre etwas weniger mehr gewesen....
Ich vergebe 3.5 Sterne, die ich hier auf 4 Sterne aufrunde.

Veröffentlicht am 31.12.2016

Die rote Peitsche

Joli Rouge
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Von der Autorin Alexandra Fischer habe ich dieses Jahr bereits ihren historischen Roman "Der Traum vom Horizont" meine Rezi gelesen, der mich absolut überzeugt hat. Als nun ihr bereits früher geschriebener ...

Von der Autorin Alexandra Fischer habe ich dieses Jahr bereits ihren historischen Roman "Der Traum vom Horizont" meine Rezi gelesen, der mich absolut überzeugt hat. Als nun ihr bereits früher geschriebener Roman "Joli Rouge" im Drachenmondverlag neu aufgeleget wurde, war mir klar, dass ich diesen unbedingt lesen möchte. Ich hatte tatsächlich bei der Lovelybooks Leserunde Glück und durfte mitlesen.

Mit der Hauptprotagonistin Jocquette Delahaye enführt uns Alexandra Fischer in die Karibik. Geboren an der Nord-Westküste von "La Espanola", die heute in Haiti und die Dominikanische Republik geteilte Insel, wächst das Mädchen eines Franzosen und Bukanieres (=Siedler, danach Freibeuter, Pirat) und einer Haitinanerin als einziges Mädchen in einem Dorf auf. Von Pierre, ihrem Freund aus Kindertagen, lernt sie das Kämpfen und all die erforderlichen Dinge, um zu überleben. Als ihr Vater stirbt, steht sie mit dem behinderten Bruder Manuel plötzlich alleine da. Als Frau bleibt ihr nur die Wahl zu heiraten, doch Jacqouttes Motto ist: »Ich werde niemals einen Mann heiraten, der über mich befiehlt«, schmetterte Jacquotte ihm entgegen. »Ebenso wenig wie ich jemals einen Mann heiraten werde, über den ich zu befehlen vermag.« Ihr großer Traum ist es, in die "Bruderschaft der Küste“, einem Zusammenschluss französischer Piraten, aufgenommen zu werden - doch für eine Frau ein Ding der Unmöglichkeit. Jocquette jedoch hat ein Ziel und das erreicht sie auch.....

Freibeuter und das Meer.....ein tolles Thema, das man selten in der Erwachsenenliteratur findet. In "Jolie Rouge", einem historischen Abenteuerroman, der die blutigen Überfälle der Piraten schonungslos beschreibt, war die rote Jacquotte eine Piratenlegende aus dem 17. Jahrhundert. Die Autorin hat hier großartig recherchiert und beschönigt nichts. Die Sitten sind rauh und "die rote Peitsche", wie Jacquotte schlussendlich genannt wird, ist genauso gefürchtet, wie ihre männlichen Kollegen. Die Geschichte rund um diese Piratenlegende wurde wunderbar mit fiktiven Elementen verwoben. Als Rahmenhandlung dienen auch die politischen Kämpfe um die Westindischen Inseln. Während die europäischen Supermächte, wie Spanien, Frankreich und Großbritannien um die Vormacht in der Karibik kämpfen, sind die Freibeuter des Meeres eigentlich nichts anderes als ihre Spielbälle.

Die Charaktere sind wunderbar ausgearbeitet, sehr detailliert und bildhaft beschrieben und vorallem lebendig. Besonders Jacquottes Eigenschaften: eigensinnig, mutig, stur und waghalsig kommen immer wieder durch und sind untrennbar mit der Frau verbunden. Ich konnte sie zwar des öfteren nicht verstehen und mich schon gar nicht mit ihr identifizieren, aber sie blieb sich immer treu. Auch die anderen Figuren sind großartig beschrieben und lebendig. Durch die bildhaften Kampfszenen ist man als Leser immer mitten im Geschehen. Das Kopfkino rauscht hier nur so....

Erwähnen muss ich noch die wunderbare Illustrierung des Buches. Nicht nur das tolle Cover ist ein Augenschmaus, sondern auch das Innenleben (siehe oben)

Trotz der wirklich interessanten Story gab es trotzem ein paar Längen, die vorallem durch die politischen Erklärungen aufkommen. Auch einige Zeitsprünge, die die Auflösung eines Cliffhangers erst später unvollständig erklären, trübten mein Leseerlebnis etwas. Ich hatte auch öfters das Gefühl trotz der aufkommenden Spannung nicht zwingend weiterlesen zu müssen, weshalb ich keine fünf Sterne vergeben kann.


Schreibstil:
Der Schreibstil der Autorin ist besonders lebendig und bildhaft. Einige unerwartete Wendungen erhöhen die Spannung. Großartig recherchiert und wie schon das letzte Buch einfach wunderbar erzählt.
Die Kapitel sind in Jahreszeiten und Jahre eingeteilt, beginnend mit dem Frühjahr 1656 bis zum Frühling 1668. Über jedem Abschnitt befindet sich die Zeichnung eines Kompasses.

Fazit:
Ein farbenprächtiger, historischer Abenteuerroman um die "rote Jacquotte", eine Piratenlegende aus dem 17. Jahrhundert. Spannend und brutal, wie das Leben der Freibeuter des Meeres damals war, erlebt man eine rasante Fahrt voller Emotionen und Ränkespielchen. Die Geschichte einer mutigen jungen Frau, die allen Widerständen zum Trotz ihren Weg geht.