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Veröffentlicht am 06.12.2022

Großes Kino

Labyrinth der Freiheit
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Dies ist der dritte Band der "Wege der Freiheit" Trilogie von Andreas Izquierdo. Nachdem ich Isi, Carl und Artur bereits in "Schatten der Welt", der während des Ersten Weltkrieges spielt begleitet habe, ...

Dies ist der dritte Band der "Wege der Freiheit" Trilogie von Andreas Izquierdo. Nachdem ich Isi, Carl und Artur bereits in "Schatten der Welt", der während des Ersten Weltkrieges spielt begleitet habe, verschlägt es die drei 1918 in "Revolution der Träume", nach Berlin.
Auch im letzten Band leben Isi, Artur und Carl im Jahre 1922 in der deutschen Haupstadt. Die tiefe Freundschaft wird auch durch ihre unterschiedlichen Lebenswege nicht erschüttert. Bis das Dreiergespann nur knapp einen Mordanschlag entgeht. Artur, mittlerweile eine Größe in der Berliner Unterwelt, lässt nichts unversucht die Gruppe rechter Verschwörer zu eliminieren. Doch diesmal trifft er auf mächtige Gegenspieler....

Wer „Schatten der Welt“ und „Revolution der Träume“ nicht kennt, wird es schwer haben, sich zurechtzufinden und dieses Buch zu schätzen. Deshalb rate ich jeden mit dem ersten Band zu beginnen!
Der Fokus aller drei Bände liegt bei der unerschüttlichen Freundschaft der drei Protagonisten. Dabei folgen wir ihnen in der Trilogie in der Zeit von 1910-1922 durch einige Wirren und Schicksalsschäge.
Obwohl die Inflation immer mehr um sich greift, betrifft es Isi, Carl und Artur nur am Rande. Carl, gelernter Fotograf, hat sich seinen Traumberuf Kameramann erfüllt und dreht bei der UFA an der Seite des cholerischen Fritz Lang. Dabei erlebt er den großen Sprung von Stummfilm zum Tonfilm. Für mich als Filmfan war es sehr interessant die Anfänge und ersten Gehversuche des Tonfilms mitzuerleben.
Isi engagiert sich weiterhin politisch. Sie unterstützt Dienstboten, Kriegsversehrte, Witwen und Waisen, doch seit dem Anschlag und dem Verlust ihres Kindes, ist sie nicht mehr dieselbe. Sie sucht Streit und eckt mehr als einmal an...bis es zu einer Katastrophe kommt.....

Dieser Teil ist dramatisch und auch oft grausam. Der bereits aufkeimende Nationalsozialismus, die Verfolgung Homosexueller und die nicht vorhandenen Frauenrechte sind nur einige Themen, die angesprochen werden. In der Stadt lauern Gefahren. Hunger und Armut stehen für die meisten Menschen auf der Tagesordnung. Die Wut auf Alles und Jeden wächst. Diesmal bewegen wir uns viel in die Berliner Unterwelt und erleben Verrat, Rache, Gewalt, Tod und Verzweiflung. Nicht gerade die Lektüre, die man sich in Zeiten wie diesen wünscht. Hier wäre etwas weniger vielleicht mehr gewesen. Trotzdem lesen wir hier einen Roman mit historischem Hintergrund und dazu gehört auch diese schwierige Zeit vor hundert Jahren, die Deutschland nach dem Großen Krieg traf. Mehr Kopfzerbrechen machen mir hingegen einige Parallellen zur Gegenwart.

Andreas Izquierdo hat die historischen Elemente dieser Zeit wunderbar in die Geschichte eingebaut und der fiktiven Erzählung um die drei Freunde beigefügt. Die Handlung ist abwechslungsreich und überrascht mit ungeahnten Wendungen. Und trotzdem tat ich mich mit diesem dritten Teil etwas schwer. Woran es liegt, kann ich nicht genau sagen.

Schreibstil:
Andreas Iquierdo erzählt detailliert, mitreißend, einfühlsam und bildhaft. Erzählt wird der Roman wieder aus der Sicht von Carl und durch einen allwissenden Erzähler, der die Beschreibung von Artur und Isi übernimmt. Andreas Izquierdo schildert mit viel Liebe zum Detail.
Die Charaktere sind sehr lebendig dargestellt und alle drei entwickeln sich weiter. Carl betrifft es im letzten Drittel besonders. Er tut alles, um seine Freundin aus Kindheitstagen zu retten und wirft alle Skrupel über Bord.
Auf der Innenseite der Klappbroschur gibt es vorne eine Beschreibung der drei Hauptcharaktere und hinten einen Ausschnitt eines Berliner Stadtplans.

Fazit:
Obwohl mir dieser Teil nicht so gut gefallen hat, wie die beiden Vorgängerbände, ist diese Trilogie einfach ein Muss für Leser, die historische Romane und Spannung lieben. Ich kann euch die Trilogie wärmstens empfehlen!

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Veröffentlicht am 04.12.2022

Identitätssuche

Die Gewandnadel
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Yakob, ist ein junger Pfleger im Seniorenheim "Herbstlust" in München, in dem ehemalige Rotkreuzschwestern untergebracht sind. Er liebt seine Arbeit, auch wenn die Zeit oft viel zu knapp und die Arbeit ...

Yakob, ist ein junger Pfleger im Seniorenheim "Herbstlust" in München, in dem ehemalige Rotkreuzschwestern untergebracht sind. Er liebt seine Arbeit, auch wenn die Zeit oft viel zu knapp und die Arbeit anstrengend ist. Die 94-jährige Josefine Strehlewitz, die wegen ihrer Demenz immer mehr in ihre Erinnerungen eintaucht, liegt ihm besonders am Herzen.
Josefine, genannt Fine, wuchs behütet in Berlin auf. Ihr Vater arbeitete als Filmregisseur, doch als die NSDAP immer mehr an Zustimmung gewinnt, fühlen sich ihre Eltern nicht mehr wohl in Berlin und verlassen die Stadt. Sie senden Josefine zur Rotkreuzschwester-Ausbildung nach München. Als der Krieg ausbricht wird Josefine nach Libyen an die afrikanische Front geschickt. Gemeinsam mit ihrer Freundin Berta kümmern sie sich unter schwierigen Bedingungen um die Verletzten. Dort lernt sie auch die Liebe ihres Lebens kennen und lebt einige Jahre bei den Amazigh.

Es ist Yakob, dem auffällt, dass Josefine manchmal in einer fremden Sprache spricht, die ihm bekannt vorkommt. Während die anderen Pfleger denken, dass sie immer mehr verfällt, erkennt er, dass Josefine einen arabischen Dialekt spricht, den er von seinen Eltern kennt. Yakobs Eltern sind vor vielen Jahren aus Libyen geflohen und leben seitdem in Deutschland, wo auch Yakob geboren wurde. Durch die Ähnlichkeit Yakobs mit Josefines großer Liebe Harun, erweckt er in der alten Dame Erinnerungen an früher. Dabei spielt auch eine hübsche Gewandnadel eine Rolle, die für Josefine eine ganz besondere Bedeutung hat.

Susanne Ospelkaus schreibt in ihrem Roman über eine unerfüllte Liebe, die Zeit im Kriegslazarett und bei den Amazigh, den Nomaden der Wüste. Dabei ist der Perspektivwechsel hin zur Gegenwart fließend. Der Schreibstil ist lebendig und bildhaft. Ich bin in der Geschichte sehr schnell angekommen und versunken. Dabei werden die oftmals schweren Themen mit einer wunderbaren Leichtigkeit erzählt, was ich sehr bewundere.

Die Charaktere sind äußerst authentisch beschrieben. Yakob, der eigentlich Yasser, heißt, ist ein sehr gewissenhafter und feinfühliger Mensch. Er kümmert sich liebevoll um die alten Damen. Dabei spricht die Autorin auch Themen wie Zeitnot und den Pflegepersonalmangel an.
Josefines Lebenserinnerungen machen nachdenklich und berühren. Ein Teil von ihr ist in der Wüste geblieben. Sowohl Yakob, als auch Josefine suchen nach ihrer Identität. Yakob, dessen Eltern versucht haben, die deutschen Angewohnheiten zu übernehmen und zu leben, haben ihre Wurzeln unterdrückt und Yakob wenig aus ihrem früherern Leben erzählt. Als Yakob seine Eltern in die "Herbstlust" mitnimmt und sie Bekanntschaft mit Josefine, Therese und Berta machen, erleben alle eine wunderbare Zeit der Annäherung. Josefine und auch Yakob/Yasser finden einen Weg ihre Wurzeln und ihre Erinnerungen anzunehmen....

Fazit:
Eine berührende Geschichte auf zwei Zeitebenen, die als Thema Vergangenheitsbewältigung, Identitätssuche und die Pflege von alten Menschen beinhaltet. Dieses Buch empfehle ich sehr gerne weiter!

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Veröffentlicht am 29.11.2022

Interessanter historischer Roman

Die Farben der Welt
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Dies ist mein vierter historischer Roman von Johanna von Wild alias Biggi Rist. Auch diesmal konnte mich ihr historischer Roman überzeugen.

Ida ist erst zehn Jahre alt, als sie kurz hintereinander ihren ...

Dies ist mein vierter historischer Roman von Johanna von Wild alias Biggi Rist. Auch diesmal konnte mich ihr historischer Roman überzeugen.

Ida ist erst zehn Jahre alt, als sie kurz hintereinander ihren Vater und ihre Mutter verliert. Ihr Onkel Basilius, ein angesehener Apotheker in Nürnberg, nimmt sich seiner Nichte an. Er freut sich über ihre Wissbegierde und Ida hilft fleißig in der Apotheke aus, wo sie einiges über Kräuter und Heilpflanzen lernt. Ihr Onkel ermöglicht ihr weiterhin den Schulbesuch, doch dieser wird ihr durch drei Mitschülerinnen aus gutem Hause verleidet. Sie quälen sie, wo sie nur können. Einzig die Kaufmannstocher Luisa Imhoff wird ihr eine gute Freundin. Durch ihre Mutter lernt Ida die Malerei kennen und ist davon fasziniert. Sie beginnt in der Apotheke Kräuterpäckchen zu bemalen. Ihr Onkel erkennt ihr außergewöhnliches Talent zur Blumenmalerei und schickt sie nach Florenz zum Studium, wo auch Frauen an der Accademia delle Arti del Diego ihre Malkunst verfeinern dürfen. In Florenz lernt sie Artemisia Gentileschi kennen, welche zu einer guten Freundin wird und ihr Zugang zu den höchsten Kreisen ermöglicht. Doch Neid und Missgunst begleiten weiterhin Idas Leben. Nach ihrer Rückkehr aus Florenz erhält sie vom Eichstätter Fürstbischof den Auftrag, Zeichnungen für den Prachtfolianten seines Gartens anzufertigen. Doch es sind noch immer dieselben Menschen, die alles daran setzten Ida zu schaden. Selbst die Freundschaft zu Luisa wird auf eine harte Probe gestellt. Zusätzlich buhlen zwei Männer um Idas Gunst und bringen sie damit in Lebensgefahr....

Schon nach den ersten Seiten ist man von Idas Geschichte gefesselt. Nachdem Ida in Nürnberg aufwächst und ihre Liebe zur Malerei entdeckt, begleiten wir sie nach Florenz und erfahren mehr über die Renaissancemalerei. Die Autorin hat den realen historische Hintergrund wieder wundervoll in die Handlung eingebunden. Unerwartete Wendungen erhöhen die Spannung und lassen den Leser mit Ida mitfiebern oder leiden.
Zusätzlich erfahren wir mehr über die Entstehung des „Hortus Eystettensis“, dem Prachtfolianten. Darüber erzählt die Autorin in ihrem Nachwort noch etwas mehr.

Idas Malkunst zieht sich zwar durch das ganze Buch, ist jedoch nicht das alleinige Hauptthema. Es geht auch um Freundschaft und Missgunst, Verrat und Liebe.

Schreibstil:
Wie bereits in den vorherigen Büchern festgestellt, schreibt die Autorin sehr bildgewaltig und atmosphärisch. Man taucht von den ersten Seiten an in die damalige Zeit ein. Die Handlung wird aus verschiedenen Sichtweisen erzählt, wobei der Name der handelnden Person am Kapitelanfang vermerkt ist. Die Sprache ist der Zeit angepasst. Als besonderes Stilmittel verwendet die Autorin einen regen Briefwechsel zwischen Nürnberg und Florenz, der in das Geschehen miteingebunden wird.
Die Figuren sind facettenreich und haben Ecken und Kanten. Zu Beginn gibt es ein Personenverzeichnis mit den handelnden Figuren, wobei die historischen gekenntzeichnet sind.

Fazit:
Ein weiterer toller historischer Roman von Johanna von Wild, die dem Leser Geschichte näher bringt. Diesmal erfährt man mehr über die Renaissancemalerei und über die unterschiedlichen Gesellschaftsschichten und den dazugehörigen Normen dieser Zeit. Eine spannende Lektüre!

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Veröffentlicht am 25.11.2022

Die Geschichte der Familie Steiner

Die Sehnsucht nach Licht
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Dies ist mein drittes Buch der Autorin und wie bereits die beiden Male davor, hat sie mich auch diesmal wieder mit ihrer einnehmenden Erzählweise beeindruckt.

Als Österreicherin ist mir die Gegend, die ...

Dies ist mein drittes Buch der Autorin und wie bereits die beiden Male davor, hat sie mich auch diesmal wieder mit ihrer einnehmenden Erzählweise beeindruckt.

Als Österreicherin ist mir die Gegend, die Kati Naumann beschreibt, gänzlich unbekannt. Auch der Bergbau ist etwas "Fremdes" für mich und doch hat sie mich mit ihrer Familiengeschichte wieder richtig mitnehmen können.

Der Roman wird auf zwei Zeitebenen erzählt und berichtet über fünf Generationen der Familie Steiner von 1908 bis 2019. Dabei bringt die Autorin den Lesern die Geschichte des Bergbaus im Erzgebirge näher, denn die Steiners sind mit dem Bergbau verbunden. Jede Generation hat in einer Weise damit zu tun. Es wird zudem die Geschichte des Ortes Oberschlema geschildert, viele kleine und große Dramen, Unglücke im Bergbau und die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, verbunden mit der Sowjetunion.
Auch Urenkelin Luisa hat sich dem Bergbau verschrieben. Sie arbeitet als Vermessungstechnikerin bei der Wismut GmbH und führt ehrenamtlich durch das Schaubergwerk in Bad Schlema. Dabei denkt sie immer öfter an ihren Großonkel Rudolf, der bis heute als verschollen gilt. Besonders seine Schwester Irma leidet unter der Ungewissheit, was damals mit ihrem Bruder passiert ist. Als deren alte Freundin Gretchen wieder ins Dorf kommt, werden die alten Geschichten erneut aufgewärmt und Luisa verspricht Irma wegen Rudolf nachzuforschen.

Im Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit erfahren wir mehr über die Familie Steiner, beginnend mit Urgroßvater Wilhelm, der zu Beginn des Zwanzigsten Jahrhunderts als Zehnjähriger auf seine baldige Lehrzeit im Bergwerk hinfiebert.
Der Stammbaum am Anfang des Buches ist sehr hilfreich und wurde von mir öfters benutzt.
Im Jahre 1913 kommt es im Dorf zu einer großen Wende. Das Radonwasser soll große Heilwirkung haben und aus Schlema wird Bad Schlema - ein Heilbad. Plötzlich reisen internationale Gäste in das kleine Dorf im Erzgebirge und verbringen im neu erbauten Kurhotel ihre Zeit mit Heilbäder und Aufgüsse. Von den schädlichen Auswirkungen weiß noch niemand etwas. Doch die glanzvolle Zeit ist kurz.
Nach dem Zweiten Weltkrieg liegt der Ort in der sowjetischen Besatzungszone und die Russen bauen das Uranvorkommen ohne Kenntnisse ab...bis plötzlich der Kirchturm schief steht und Häuser absacken....

Das Schicksal der Familie Steiner über all die Jahrzehnte ist spannend und vorallem sehr interessant erzählt. Auch als totale Laie konnte mir die Autorin den Bergbau und die Traditionen der Region näher bringen. Diese sind in der Geschichte immer wieder der rote Faden, wie zum Beispiel die Anzahl von Bergmann und Engel im Fenster zu Weihnachten oder die Lichter in den Fenstern, die den Vätern den Heimweg leuchteten.

Die Autorin hat sehr anschaulich beschrieben, wie sich das Aussehen des Ortes im Laufe der Zeit immer wieder verändert. Diese Veränderungen durch den Abbau des Urans über all die Jahre, die politischen Hintergründe und die geschichtlichen Aspekte sind hervorragend mit der Familiengeschichte der Steiners verknüpft.

Schreibstil:
Kati Naumann erzählt wunderbar atmosphärisch. Mit viel Liebe zum Detail und toller Recherchearbeit erzählt die Autorin über eine Bergarbeiter-Familie und deren Zusammenhalt über Generationen. Man spürt die Liebe der Autorin zu ihrer Heimat durch die Zeilen und erlebt diese Zeitspanne hautnah mit.

Am Ende des Buches gibt es noch den Grundriss vom Schlematal, sowie die Zeittafel zum Bergbau.

Fazit:
Eine interssante Familiengeschichte, sowie die Geschichte eines Ortes, der an Berühmtheit gewinnt und später durch den unsachgemäßen Abbau alles verliert. Ein Roman, der sacken muss und dann noch lange nachwirkt. Sehr gut recherchiert und wunderbar erzählt.

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Veröffentlicht am 23.11.2022

Schuld und Verrat

Feldpost
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Die Bücher von Mechthild Borrmann kommen immer sofort auf meine Wunschliste, wenn ich entdecke, dass es einen neuen Roman der Autorin geben wird. Natürlich war das auch bei "Feldpost" der Fall.

Die Geschichte ...

Die Bücher von Mechthild Borrmann kommen immer sofort auf meine Wunschliste, wenn ich entdecke, dass es einen neuen Roman der Autorin geben wird. Natürlich war das auch bei "Feldpost" der Fall.

Die Geschichte wird auf zwei Zeitebenen erzählt. In der Gegenwart im Jahre 2000 sitzt die Anwältin Cara Russo in einem Café und widmet sich ihrer Weihnachtspost, als sich eine fremde Frau zu ihr an den Tisch setzt. Sie erzählt unaufgefordert von ihrer Freundin Adele, die sie nicht finden kann. Diese war während des Krieges auf dem Bauernhof ihrer Mutter einquartiert und hat einen Koffer voller Unterlagen und Feldpostbriefe zurückgelassen. Kurze Zeit später ist die Fremde, die sich dazugesetzt hat verschwunden und hinterlässt ihre schwarze Einkaufstasche. Cara ist zuerst fassungslos, doch dann siegt die Neugier. Sie nimmt die Unterlagen mit nach Hause. Darin findet sie Verkaufsunterlagen einer Villa in Kassel zu einem sympbolischen Preis, Fotos und Feldpostbriefe. Sie beginnt zu recherchieren und stößt auf Unvorstellbares...

Im Vergangenheitsstrang, der im Jahre 1935 beginnt, lernen wir die befreundeten Familien Kuhn und Mertens kennen. Vorallem ihre Kinder Adele, Albert und Richard sind unzertrennlich. Während die Mertens Anhänger der neuen Partei von Adolf Hitler sind, kritisiert der Transportunternehmer Gerhard Kuhn diesen immer wieder und wandert schließlich ins Gefängnis. Nach seiner Entlassung gibt es sein Unternehmen nicht mehr. Die Familie kämpft ums Überleben und nachdem Gerhard neuerlich ins Visier der Nationalsozialisten gerät, flüchtet er mit seiner Frau Katharina nach Frankreich. Albert, der einen Studienplatz in Göttingen bekommen hat und Adele, die bei den Fieseler-Werken untergekommen ist, bleiben indessen in Deutschland zurück. Die Kuhns übertragen das Haus den befreundeten Mertens für die Zeit ihres Aufenthaltes im Ausland, bis sie wieder zurückkehren werden.....

Mithilfe der Feldpostbriefe und dem Auffinden von Richard Mertens gelingt es Cara das Schicksal von Adele und ihrer Familie zu ergründen. Dabei kommt ein Geheimnis ans Tageslicht, welches durch Verrat viele Menschenleben zerstört hat. 

Mechtild Borrmann hat mit „Feldpost“ einen Roman vorgelegt, der erschüttert und sich an wahren Begebenheiten orientiert. Die eher kurzen Kapitel sind mit dem Namen der handelnden Person, Ort und Jahreszahl gekenntzeichnet. Wir beginnen im Jahr 1935 und begleiten die Protagonisten bis nach Kriegsende 1945. Was in dieser Zeit alles passiert ist unaussprechlich! Eine verbotene Liebe, Verrat, Missgunst, Lügen...all diese Eigenschaften sind dafür verantwortlich, genauso wie das System und der Krieg, der zu einer menschlichen Tragödie wird.
Dabei versteht es die Autorin gekonnt den Leser an die Seiten zu fesseln und das Schicksal der beiden Familien mit viel Empathie zu erzählen. Dabei benutzt sie einen feinfühligen Schreibstil, der berührt. Die titelgebenden Feldpostbriefe spielen zwar eine zentrale Rolle, erzählen aber nicht von den Kriegsgräuel an der Front.

Die Charaktere sind hervorragend ausgearbeitet und entwickeln eine Tiefe, die mich beeindruckt hat. Ich fühlte mich in die damalige Zeit versetzt und habe mit den Figuren mitgelitten.
Einziger Wermutstropfen und der Punkt, warum es nicht zu fünf Sternen reicht, ist die Kürze des Romans. Die Autorin hat viele Themen in ihre Geschichte gepackt und einige Seiten mehr hätte dem Roman gut getan. Ich hätte auf jeden Fall noch mehr über Albert, Richard und Adele lesen können....

Fazit:
Eine sehr berührende Geschichte über Liebe, Flucht und Verrat, die noch lange im Kopf "herumgeistert" und einem sehr nachdenklich zurücklässt. Ein weiterer großartiger Roman der Autorin, der ruhig noch mehr Seiten hätte haben können...

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