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Veröffentlicht am 14.10.2020

Herzog Ulrich und sein treuer Freund

Der Getreue des Herzogs
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Johanna von Wild hat sich in ihrem neuen Roman Ulrich, Herzog von Württemberg, gewidmet. Der sehr umtriebige Herrscher, der während seiner Regierungszeit viele weitreichende Entscheidungen für seinen Landstrich ...

Johanna von Wild hat sich in ihrem neuen Roman Ulrich, Herzog von Württemberg, gewidmet. Der sehr umtriebige Herrscher, der während seiner Regierungszeit viele weitreichende Entscheidungen für seinen Landstrich getroffen hat, war kein einfacher Regent.

Der titelgebende Getreue von Ulrich ist Johannes. Er ist Küchenjunge im Anwesen von Ulrichs Onkel Eberhart im Bart. Der sechsjährige Ulrich langweilt sich auf der Burg und fordert Johannes auf mit ihm zu spielen. An die Kosequenzen für Johannes denkt der herrische Junge erstmals nicht. Doch die beiden unterschiedlichen Buben werden Freunde, denn Ulrich setzt durch, dass Johannes sein Spielgefährte wird. Dieser verspricht dem Onkel seines zukünftigen Landesherren die immerwährende Treue. Das ihm dieser Schwur sein ganzes Leben lang begleiten und viele seine Entscheidungen beeinflussen wird, ahnt er noch nicht. Johannes ist begabt und Ulrichs Onkel ermöglicht ihm ein Medizinstudium. Während sich Johannes unsterblich in Sophie Breuning verliebt, muss er mitansehen wie sie mit dem grausamen Ambrosius Volland verheiratet wird, der an Ulrichs Hofe immer weiter aufsteigt und sein Berater wird. Ulrich lebt zügellos und setzt seine Macht bedenkenlos ein. Seine Verschwendungssucht und seine Untertanen sind im egal, wobei ihm Johannes immer wieder versucht ins Gewissen zureden. Doch Widerspruch ist gefährlich. Nicht umsonst lässt Ulrich auch treue Begleiter ermorden, wenn er denkt, sie hätten ihm falsch beraten. Seine ansteigenden Schulden treibt er bei den bereits am Hungertuch nagenden Bauern ein, was schlussendlich zu Aufständen führt....

Nachdem mir Johanna von Wilds erster historischer Roman "Die Erleuchtung der Welt" sehr gut gefallen hat, hatte ich diesmal etwas Schwierigkeiten beim Einstieg. Die vielen Figuren und auch einige größere Zeitsprünge haben mich schwer in die Geschichte eintauchen lassen. Das am Buchanfang angeführte Personenverzeichnis hat zwar etwas geholfen, aber nur bedingt. Erst mit der Zeit kam ich dann in die Handlung und habe die beiden sehr unterschiedlichen Protagonisten gerne begleitet.

Johannes ist ein sehr sympathischer junger Mann. Als späterer Leibarzt des Herzogs begleiten wir ihn bei Hof, aber auch im Armenhaus, bei Bauern und Taglöhner und sogar in einem Pesthaus. Er ist ein gutmütiger Mann mit einem großen Herz, den ich sehr mochte. Oftmals war er mir aber auch zu entscheidungsunfreudig, was allerdings mit seinem Treueschwur zusammenhing. Die Heilkunst der damaligen Zeit wird ebenso durch Johannes lebendig und ist einer der roten Fäden durch die Geschichte.

Ulrich ist ein sehr eigenwilliger Charakter, jähzornig und spontan. Das kann schnell jemand den Kopf kosten. Er lebt in Saus und Braus und sieht dies als Selbstverständlichkeit an, wie fast alle Herrscher - egal ob vor 500 Jahren oder in der Gegenwart. Johannes ein Sympathieträger ist, Ulrich nicht.

Die damaligen Lebensumstände, der Religionskonflikt und die Willkür der Herzöge hat die Autorin wunderbar anschaulich beschrieben. Vorallem die Reformation bekommt im letzten Drittel sehr viel Platz. Ulrich stellt sich auf die Seite von Philipp von Hessen und den Reformern.
Die Geschichte nimmt seinen Lauf....und die hat die Autorin beeindruckend recherchiert und erzählt. Manche Ereignisse waren mir allerdings zu schnell abgehandelt. Aufgrund der Fülle von Informationen und dem sehr ereignisreichen Leben Ulrichs ist es jedoch schwierig hier den richtigen Fokus zu finden...

Schreibstil:
Wie bereits erwähnt schreibt die Autorin sehr bildgewaltig und atmosphärisch. Die Sprache ist der Zeit angepasst. Die Perspektivwechsel von Ulrich und Johannes fand ich gelungen. An den Kapitelanfängen steht die Jahreszahl der kommenden Ereignisse.

Fazit:
Ein sehr interessanter historischer Roman, der mich in das frühe 16. Jahrhundert geführt hat. Leider kommt der neue Roman für mich nicht ganz an "Die Erleutung der Welt" heran. Trotzdem habe ich mich sehr gut unterhalten gefühlt und habe geschichtlich wieder eine Menge dazugelernt. Genauso mag ich es!

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Veröffentlicht am 12.10.2020

Fantastische Reihe

Morgan's Hall
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Was für eine Reihe! Hat mich Band 1 noch nicht wirklich überzeugt, steigert sich die Autorin von Band zu Band. Mit ihrem dritten Teil "Niemandsland" übertrifft Emilia Flynn meine Erwartung erneut. Eigentlich ...

Was für eine Reihe! Hat mich Band 1 noch nicht wirklich überzeugt, steigert sich die Autorin von Band zu Band. Mit ihrem dritten Teil "Niemandsland" übertrifft Emilia Flynn meine Erwartung erneut. Eigentlich dachte ich, dass ich hier das Finale der Familiensaga lese, aber weit gefehlt. Und nun freue mich umso mehr, dass ich noch weiterlesen kann.

Kann Spoiler enthalten!
"Niemandsland" schließt nahtlos an den Vorgängerband an, beginnt aber überraschender Weise mit einem Rückblick ins Jahr 1937 und offenbart ein weiteres Geheimnis. Danach geht es in der Gegenwart im Jahr 1959 weiter. Liz kämpft noch immer an der zerbrochenen Liebe zu James. Als plötzlich Baumaschinen auf Morgans Hall auftauchen, die den Wald roden sollen, kämpft Liz mit allen Mitteln dagegen. Sie kann nicht fassen, dass ihr Vater diesen Landstrich an ihren größten Konkurrenten Clark Harrington verkauft hat. Sie bekommt unerwartet Hilfe von einem der Arbeiter, Tony O Reilly, der auch Interesse an Elizabeth bekundet. Doch meint er es ernst? John, der erneut vor den Trümmern seiner Ehe mit Isabelle steht, ist mittlerweile auf dem Weg zu James nach New York, um ihm vom Tod seines Vaters zu berichten. James hadert indessen mit seiner Entscheidung Olivia zu heiraten, doch es gibt kein Zurück....
Spoiler aus

Elizabeth hat sich zu einer jungen und starken Frau entwickelt, die ihr Land liebt und auch dafür kämpft. Die Fehde mit den Harringtons treibt auf einen neuen Höhepunkt zu, als es zu einer kleinen überraschenden Wendung kommt. Doch die Gefahr ist nicht gebannt, denn diese kommt als Wolf im Schafspelz zu den Morgans und setzt alles daran die Familie zu zerstören.
Auch James ist alles andere als glücklich in New York. Die erhoffte Musikkarriere bleibt aus. Zusätzlich kämpft er mit bitteren Selbstvorwürfen. Er befindet sich in einer Abwärtsspirale und kann ihr nicht entkommen.
Die Ehe von John und Isabelle steht wieder einmal auf der Kippe. Der Tod von Dickie hat die Beiden von einander entfernt. Wird es ihnen auch diesmal gelingen diese zu retten?

Emilia Flynn versteht es überraschende Wendungen einzubauen und dramatische Spannungsmomente in die Geschichte einfließen zu lassen. Oftmals musste ich erschrocken aufschreien, entsetzt den Kopf schütteln oder unglaublich auf die zuletzt gelesenen Zeilen starren. (Gott sei Dank lese ich vorwiegend zuhause!)
Diese Reihe hat genau die richtige Dosis von Schicksalsschlägen, Intrigen, Affären und vorallem jede Menge Geheimnisse zu bieten.
Historische Begebenheiten, wie der Kalte Krieg zwischen den USA und Russland, wurden von der Autorin perfekt in die Handlung miteingewoben. Wir bleiben diesmal nicht nur auf Morgans Hall, sondern reisen auch wieder nach New York, aber auch nach Europa (Capri, Berlin und Wien).

Durch die verschiedenen Sichtweisen erhalten wir tiefe Einblicke in alle Gefühlslagen der Hauptprotagonisten. Als die zu lesenden Seiten immer weniger wurden und ich mich noch mitten im Geschehen befand, befürchtete ich bereits einen weiteren Cliffhanger am Ende des Buches. Dem ist zwar so, aber diesmal empfand ich ihn nicht als so schlimm, wie bei den Vorgängerbänden.

Der Schreibstil von Emilia Flynn ist fesselnd, flüssig und lebendig. Die Figuren entwickeln sich konstant weiter und überraschen den Leser das eine oder andere Mal mit unerwarteten Reaktionen oder Taten. Niemand von ihnen ist fehlerfrei oder wie oftmals in anderen Romanen ein Tausendsassa, Wunderwuzzi oder einfach nur bildschön. Hier haben alle Ecken und Kanten, Geheimnisse und verborgene Talente. Einzig Indianer Phil ist mir noch gänzlich ein Rätsel, aber ein sehr symapthisches. Er bringt auch den leichten mystischen Touch ins Geschehen.
Erwähnen möchte ich auch noch die wunderschön gestalteten Kapitelanfänge.

Fazit:
Ein absoluter Page Turner, der die Reihe zu einer meiner Lieblingsreihen werden lässt. Hier findet man wirklich alles: facettenreiche Charaktere, Drama, Spannung und Emotionen. Die fast 600 Seiten fliegen einfach nur so dahin....
Von mir gibt es eine große Empfehlung! Aber unbedingt mit Band 1 beginnen!

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Veröffentlicht am 11.10.2020

Wie Maria Montessori das Bildungssystem reformierte

Lehrerin einer neuen Zeit
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Hinter dem Pseudonym Laura Baldini versteckt sich die österreichische Autorin Beate Maly, die ihrem Roman "Lehrerin einer neuen Zeit" Maria Montessori gewidmet hat. Man glaubt gar nicht, was sie alles ...

Hinter dem Pseudonym Laura Baldini versteckt sich die österreichische Autorin Beate Maly, die ihrem Roman "Lehrerin einer neuen Zeit" Maria Montessori gewidmet hat. Man glaubt gar nicht, was sie alles reformiert hat, das für uns heute bereits selbstverständlich ist. Ich habe ganz schön gestaunt!

Rom 1896. Maria Montessori ist eine der ersten Frauen, die zum Medizinstudium zugelassen wurden. Vor 124 Jahren alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Ihre Professoren legen ihr mehr Steine in den Weg als ihren männlichen Kommilitonen. Sie hat es schwer sich zu behaupten, obwohl sie als eine der Besten des Jahrgangs abschließt und die erste Ärztin Italiens wird. Doch Maria hat Disziplin und Ehrgeiz und sie liebt ihren Beruf. Ihr Praktikum führt sie in eine psychiatrische Klinik in Rom. Sie ist entsetzt über die Art, wie die Menschen dort behandelt werden, vorallem aber die Kinder.

Zutiefst schockiert haben mich die Einblicke in die Kinderpsychatrie. Damals wurden Waisenkinder, die verhaltensauffällig oder einfach zu quirlig (heute würde man ADHS diagnostizieren) in diese Heime gesteckt, wo sie tagein und tagaus stumpfsinnig in ihren Betten saßen. Dazwischen wurden sie geschlagen, gequält oder misshandelt. Niemand befasste sich mit ihnen und sie wurden als schwachsinnig abgestempelt. Maria erkannte, dass jeder Mensch bei dieser Behandlung verkümmert. Sie versucht mit einfachen Holzklötzchen oder mit alltäglichen Kleinzeug die Kinder zum Spielen zu animieren und später ihnen einfache Rechenaufgaben zu stellen. Wir wissen heute, wie wichtig diese Methode, die sie entwickelt hat, wurde. Anhand eines fiktiven Kindes, Luigi Tassilo, der als geisteskrank abgestempelt wurde, erleben wir von Beginn an, wie Marias Ideen greifen.

Laura Baldini vulgo Beate Maly umfasst in ihrem Roman über Maria Montessori den Zeitraum von 1884 bis 1902. Marias Studium und ihre Gabe sich als junge Dottoressa Gehör zu verschaffen, stehen dabei im Mittelpunkt. Maria Montessori war eine begnadete Rednerin und Feministin. Sie ist ehrgeizig und stellt schlussendlich ihr eigenes Leben in den Hintergrund, um sich der Wissenschaft und der Karriere zu widmen. Ihr Einsatz für die Ärmsten, für Kinder und Frauen, wird sehr authentisch dargestellt.
Die Charaktere wurden sehr lebendig gezeichnet. Marias Eltern waren zuerst nicht begeistert von ihrem Berufswunsch. Ihr Vater, ein konservativer Finanzbeamter, gab zwar das Einverständis zum Studium, dachte aber, dass sie es nie beeenden würde. Mutter Regine steht hingegen hinter ihr und unterstützt sie sehr. Manchmal fand ich sie allerdings zu beherrschend. Ihre beste Freundin Anna bringt etwas Spaß in Marias sehr diszipliniertes Leben. Später schließt sie sich auch der Feministin Rina Facchio an und setzt sich für Gleichberechtigung ein. Fehlen darf auch nicht Dr. Giuseppe Montesano mit dem sie zusammenarbeitete und den sie liebte.

Der Schreibstil ist fesselnd und lebendig. Die Autorin hat hervorragend recherchiert und Maria Montessori lebendig gemacht. Im Nachwort erklärt sie welche Begebenheiten historisch belegt sind und was schriftstellerische Freiheit ist. Zusätzlich informiert sie den Leser warum sie sich für den Zeitraum von 1884 bis 1902 entschieden hat und nicht zu viel auf die eigentlichen Methoden eingegangen ist. Diese kann man in vielen anderen Büchern zum Thema Montessori lesen, während hier Maria und ein Teil ihres Lebens im Mittelpunkt steht.

Was mir nicht so gefallen hat war die Diskrepanz zwischen Marias Hingabe und Einsatz für die Heimkinder und ihr Verhalten gegenüber ihrem eigenen Kind. Dabei hat sie bei mir viele Sympathiepunkte verloren.
Auch die zeitlichen Sprünge waren mir manchmal groß und das Ende kam fast zu abrupt. Trotz der kleinen Kritikpunkte fand ich diesen Roman wirklich gelungen und empfehle ihn gerne weiter.

Fazit:
Eine gelungene Romanbiografie über Maria Montessori, die ihr Leben den Kindern und der Wissenschaft widmete. Eine außergewöhnliche Frau, die das Bildungssystem weltweit reformiert hat.

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Veröffentlicht am 10.10.2020

Die Welt im Umsturz

Die Hafenschwester (2)
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Band zwei setzt wenige Jahre nach dem Ende von Band eins an. Martha ist inzwischen mit Paul verheiratet und hat drei Kinder. Nachdem sie im ersten Band vom armen Mädchen aus dem Gängeviertel zu einer angesehenen ...

Band zwei setzt wenige Jahre nach dem Ende von Band eins an. Martha ist inzwischen mit Paul verheiratet und hat drei Kinder. Nachdem sie im ersten Band vom armen Mädchen aus dem Gängeviertel zu einer angesehenen Krankenschwester geworden ist, hat sie in ihrem nun gut behütenden Leben Fuß gefasst. Sie darf als verheiratete Frau zwar nicht mehr im Krankenhaus als Schwester arbeiten, setzt sich aber noch immer für die Armen ein. Als ehrenamtliche Hafenschwester behandelt sie diese unentgeltlich. Da erhält sie eine Einladung von Millie. Sie soll mit ihrer Familie nach Amerika reisen und ihre beste Freundin aus Kindertagen endlich besuchen. Millies Tochter Anna, deren Patin Martha ist, feiert demnächst Hochzeit. Die Überfahrt ist bezahlt und so steigen Martha, Paul und die Kinder Rudi, Fredi und Ella auf das größte Passagierschiff dieser Zeit, dem Imperator. Noch ahnen Martha und Paul nicht, dass diese Reise für lange Zeit die letzten glücklichen Tage sein werden....

Mit dem Besuch in Amerika dürfen wir auch wieder kurz an Millies Leben teilhaben, die mir im ersten Band besonders gut gefallen hat. Die Überfahrt auf dem Luxusdampfer und der Unterschied zwischen dem quirligen New York und dem noch etwas rückständigen Europa sind sehr bildhaft dargestellt. Einige Leserinnen fanden diesen ersten Leseabschnitt eher unspektakulär. Ich empfand dies nicht so. Er ist sicherlich ruhiger, aber nicht weniger interessant. Melanie Metzenthin hat einige sehr aufschlussreiche Details dieser Zeit eingebaut, die ich gerne gelesen habe. Millies Arrangement und wie sie ihr Leben in Amerika gestaltet, hat mir ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. Sie war schon immer der Zeit voraus.
Doch kaum zurück aus den Vereingten Staaten spitzt sich die Lage in Europa nach dem Attentat auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdninand und seiner Frau Sophie zu. Als es zum Krieg kommt stürzen sich die Männer mit Euphorie in die Schlachten, um viel zu schnell wieder aufzuwachen. Mit dem ersehnten Kriegsende zu Weihnachten wird es nichts und es folgen Leid und Schmerz, Hunger und Elend für die Menschen in Deutschland. Hier hat die Autorin den Mittelpunkt auf das Leben in Hamburg gesetzt. Mehr möchte ich nicht verraten...im Klappentext steht sowieso schon viel zu viel!

Ein interessanter neuer Charakter ist Li-Ming. Die Chinesin, die Marthas Bruder Heinrich ehelicht und mit nach Deutschland bringt, ist zu Beginn schwer durchschaubar. Durch sie erfährt der Leser von chinesischen Bräuchen und Traditionen. Melanie Metzenthin hat dabei auch ein sehr schmerzliches Thema aufgegriffen, auf das ich hier nicht näher eingehen möchte. Ich habe dazu allerdings schon einen Roman gelesen, der mich damals zutiefst ergriffen hat.

Nach Pauls schwere Verletzung, die sowieso schon im Klappentext verraten wird, konnte mich die medizinische Seite rund um die plastische Chirurgie zu dieser Zeit richtih fesseln. Durch die vielen verstümmelten Soldaten musste die Medizin in kurzer Zeit viel dazulernen und steht vor neuen Herausforderungen...ähnlich wie heute durch den Coronavirus.
Die Autorin hat uns besonders in diesem Abschnitt viel an ihren Recherchen teilhaben lassen, was ich absolut spannend fand. Dabei kam mir die Spanische Grippe zwar etwas zu kurz, aber ich muss auch sagen, dass Melanie Methenthin ohnehin schon sehr viele Themen aufgegriffen hat. Noch ein Schwerpunkt wäre vielleicht zu viel gewesen...

Auch die Politik nimmt im letzten Abschnitt wieder einen größeren Teil ein, ist aber im zweiten Teil eher Nebenhandlung. Martha und Paul sind weiterhin bekennende Sozialdemokraten und kämpfen noch immer für die Rechte der Arbeiter. Am Ende des Romans stehen wir auch am Ende des Deutschen Kaiserreichs.

Schreibstil:
Die Autorin schreibt sehr bildhaft und man merkt in jedem Abschnitt, wie viel sie recherchiert hat. Die spannenden Themen, wie die Jungfernfahrt der Imperator, die Kriegshandlungen und politischen Hintergründe, sowie die medizinischen Eingriffe, die damals Neuland waren und bei denen es auch für die Medizinerin noch genug zu recherchieren gab, wurden sehr lebendig und gut verständlich dargestellt.
Die Charaktere haben sich alle weiterentwickelt und ich hatte sie lebhaft vor Augen. Man fühlt sich ihnen nahe und leidet und freut sich mit ihnen mit.
Im Nachwort findet man wieder Erklärungen zu Fiktion und wahren Begebenheiten. Herausheben möchte ich auch noch das historische Bildnis von Hamburg im Inneren der Klappbroschur.

Fazit:
Ein ereignisreicher zweiter Band rund um die Hafenschwester Martha und ihre Familie. Wieder hervorragend recherchiert, lebendig erzählt und mit interessanten Einsichten in das Leben von damals. Ich freue mich schon auf Band 3.

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Veröffentlicht am 07.10.2020

Fesselnder Hamburgkrimi

Alsterschwan
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Fast hätte ich Band drei rund um die beiden Ermittlerinnen Stella Kortes und Banu Kurtoglu übersehen, wie es mir auch bei Band zwei "Elbleichen" ergangen ist. Gott sei Dank habe ich die Leserunde bei Lovelybooks ...

Fast hätte ich Band drei rund um die beiden Ermittlerinnen Stella Kortes und Banu Kurtoglu übersehen, wie es mir auch bei Band zwei "Elbleichen" ergangen ist. Gott sei Dank habe ich die Leserunde bei Lovelybooks noch gesehen und mich beworben - und hatte Glück. Obwohl es eine Reihe ist, braucht man keine Vorkenntnisse für den dritten Band. Jeder Fall ist in sich abgeschlossen.

Bei einer Halloweenparty erscheint ein blutüberströmter Junge, der vor einer der jugendlichen Gäste plötzlich tot zusammenbricht. Rasch stellt sich heraus, dass es sich bei dem Toten um den vermissten Fynn Benner handelt. Gibt es eine Verbindung zu den ebenfalls vermissten Jugendlichen Yannick und Fenja? Die schweren Misshandlungen lassen eine Gefangenschaft vermuten. Aus Finns letzten Worten entnimmt Stella die Befürchtung, dass er nicht alleine gefangen gehalten wurde. Stella und Banu versuchen Gemeinsamkeiten zum toten Jungen zu finden, doch finden keinerlei Anhaltspunkte.

Im zweiten Handlungsstrang begeben wir uns in die 1970iger Jahre. Eine Gruppe ausgesuchter schwer erziehbarer Jugendliche werden in einem Ferienheim untergebracht. Mit Medikamenten versucht man die Jugendlichen zu "friedfertigeren" Menschen umzupolen. Doch das Experiment stellt sich als nicht so einfach, wie gedacht heraus...
Die Autorin verknüpft zwei Handlungsstränge aus der Gegenwart und der Vergangenheit gekonnt zu einem spannenden Kriminalroman. Sie hat sich ein weiteres fesselndes Thema ausgesucht, das auch noch heute mehr als aktuell ist: Medikamentenmissbrauch und illegale Tests an Menschen.
Von der ersten Seite an wird man sofort von der Geschichte in den Bann gezogen. Regine Seemann versteht es großartig den Leser an die Geschichte zu fesseln. Puzzlestein um Puzzlestein wird die alte Geschichte aufgedeckt. Stella und Banu erhalten dadurch Anknüpfungspunkte für die gegenwärtigen Verbrechen und finden fast zu spät die Wahrheit heraus.

Es war wieder mega spannend mit Stella und Banu zu ermitteln, denn das Ermittlerpärchen ergänzt sich auch in Band drei wieder hervorragend. Ich mag das eher ungewöhnliche Kommissarinnen-Duo und bin nur so durch die Seiten geflogen. Der Spannungsbogen steigt zum Ende hin nochmals rasant an. Dadurch bin ich in einem Rutsch durch die 320 Seiten durchgerauscht und empfehle ihn auf jeden Fall weiter.

Fazit:
Ein fesselnder Kriminalroman auf zwei Zeitebenen, der ein bristantes Thema aufgreift. Ein sympathisches (weibliches) Ermittlerduo und der mitreißende Schreibstil der Autorin machen diesen Krimi zu einem kleinen Highlight. Von mir gibt es eine Empfehlung!

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