Kein gewöhnlicher Fitzek - leider enttäuschend.
AchtNachtInhalt:
Es ist der 8.8., acht Uhr acht und die Jagd wurde gerade eröffnet. Noch ahnt Benjamin Rühmann nicht, dass ausgerechnet sein Name Teil eines ausgeklügelten Experiments ist, bei dem es um Leben und ...
Inhalt:
Es ist der 8.8., acht Uhr acht und die Jagd wurde gerade eröffnet. Noch ahnt Benjamin Rühmann nicht, dass ausgerechnet sein Name Teil eines ausgeklügelten Experiments ist, bei dem es um Leben und Tod gehen wird. Eine Todeslotterie, mit Gejagten, mit Jägern und einem enormen Geldpreis für denjenigen, der einen der beiden Gejagten innerhalb von zwölf Stunden nach Beginn der sog. AchtNacht umbringt. Als Ben, gefeuerter Musiker, geschieden und Vater einer im Rollstuhl sitzenden Tochter, endlich realisiert wie es um ihn steht, bricht die Hölle los und eine Hetzjagd durch Berlin beginnt - bei der weitaus mehr auf dem Spiel steht, als ein Leben...
Meinung:
Sie schießt wie ein Pfeil hinauf, sie fällt wie ein Stein hinab: Die Fitzek-Achterbahn. Die Fahrt, auf der ich mich schon eine ganze Weile befinde und bei der ich nie weiß, was mich hinter der nächsten Kurve erwartet. Schießt die Bahn mit Getöse dem Himmel entgegen? Macht Schrauben? Macht Loopings? Oder rollt sie hinab, ihrem Ende, dem Ausstieg entgegen und kommt jäh zum Stehen? In letzter Zeit weiß ich nie so genau, was mich hinter dem Buchdeckel eines Fitzeks erwartet. Noch vor ein paar Jahren habe ich mit viel Freude jedes Buch des Autors verschlungen und geliebt, mittlerweile jedoch stehe ich seinen Werken mit gemischten Gefühlen entgegen, welche durch mein kürzliches Leseerlebnis mit "AchtNacht" nochmals bestätigt wurden.
An Ideen scheint es Sebastian Fitzek nie zu mangeln - dies sticht besonders ins Auge, wenn man sieht in welchem Rhythmus es seine Werke auf den Markt bringt. Dabei sind seine Ideen weder abgedroschen noch folgen sie einem gewissen Muster, ganz im Gegenteil: sie sind immer sehr originell, faszinieren und überraschen. Gerade aus diesem Grund schaffen es seine Bücher regelmäßig auf meinen Wunschzettel. Warum bin ich dann trotzdem so häufig ernüchtert? Ganz einfach: vor allem in den letzten Werken des deutschen Thrillerautors, scheitern die großartigen Grundideen meist an ihrer Umsetzung, die immer ein Stück zu konstruiert ist - so auch bei AchtNacht.
Zwar hat sich Herr Fitzek die Grundidee diesmal nicht selbst ausgedacht, - er wurde von dem Film "The Purge" inspiriert - trotzdem war ich, nachdem ich den Klappentext gelesen hatte, sofort Feuer und Flamme für die Geschichte.
Psychologisch gesehen eine sehr spannende Idee, mit der ich mich während des Lesens immer wieder auseinandergesetzt habe, indem ich mich selbst gefragt habe: Was würde passieren wenn...? In dem Thriller geht es um eine Todeslotterie, bei der man sich online registrieren kann. Man meldet sich hier entweder als Jäger an oder aber man nominiert eine verhasste Person für die Lotterie, die, sollte ihr Name am 8.8., um acht Uhr acht gezogen werden, dann für zwölf Stunden lang vogelfrei ist und von allen angemeldeten Jägern gejagt werden kann. Derjenige, der dann eins der beiden Opfer tötet, hat die einmalige Chance eine Gewinnsumme im Millionenbereich abzustauben. Klingt gruselig? Ist es auch. Denn selbst wenn es dem Werk an einer gelungenen Umsetzung der Grundidee mangelt, so schwimmt das Grauen einer solchen AchtNacht doch ständig im Kopf des Lesers mit und konfrontiert ihn mit der Frage, wie er selbst während eines solchen Szenario reagieren und handeln würde.
Diese Frage kann aber leider nur die Idee aufwerfen und nicht der Protagonist, der eigentlich ein Spiegel der Handlung und den Konflikt weiter verstärken sollte. Warum Ben als Hauptfigur dies nicht gelingt? Weil er als Figur nicht zu Ende gedacht wurde, die Sympathien des Lesers häufig verspielt, unlogisch handelt und trotz allem letztlich sehr blass bleibt. Er ist keine Figur, mit der man gerne auf der Flucht vor hunderten Mördern ist. Er ist nicht die Figur, bei der man hofft und bangt, dass sie doch überleben soll. Nein, Benjamin Rühmann ist einfach nur irgendeine Figur in der Geschichte - so kommt es einem zumindest vor. Selbst die zwei, nennen wir sie einmal Oberbösewichte der Geschichte, hatten mehr Konturen, mehr Facetten und waren dem Leser um einiges zugänglicher, als der Star des Werkes. Ihre Gefühle konnte man im Vergleich zu denen von Ben nachvollziehen, wodurch die Kapitel mit ihnen - auch wenn, oder gerade weil ihre Denkweise gestört und grausam ist - einfach mehr Spaß gemacht haben. So sollte es aber eigentlich nicht sein. Man sollte als Leser nicht das Bedürfnis verspüren, die Abschnitte des Protagonisten lediglich zu überfliegen, damit man möglichst schnell zu den Kapiteln der Nebenfiguren kommt. Die Hauptfigur sollte der Dreh- und Angelpunkt einer solchen Geschichte sein und den Leser, auf welche Weise auch immer, ansprechen - Ben tut dies leider auf keinste Weise und das führt dazu, dass AchtNacht einen großen Batzen an Charme einbüßt.
Weiteren Charme verliert es dann noch, weil die Handlung an sich viel zu wirr, viel zu konstruiert und gewollt wirkt. Statt diese sehr spannende Grundidee nach dem 1:1-Schema umzusetzen, hat der Autor sich zahlreiche weitere Abzweigungen und Seitenstraßen ausgedacht, die hier einfach ein Ticken zu viel sind und den Plot viel zu sehr überladen. So treffen manche Figuren im Verlauf des Buches sehr unlogische Entscheidungen oder handeln wider ihres bisherig beschriebenen Charakters. Und auch das Ende des Werkes - keine Angst, ich werde hier nicht spoilern - wirkt erzwungen und passt nicht in die Geschichte, weshalb es die Story letztlich auch nicht retten kann und somit einfach keinen Spaß macht.
Fazit
"Yay" oder "Nay"? Was heißt es für mich demnächst in der Fitzek-Achterbahn? Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Fakt ist jedoch, dass die Fahrt mit AchtNacht allenfalls als bescheiden gelten kann. Zwar besticht das Werk in alter Fitzek-Manier mit einer spannenden und grausigen Grundidee, kann diese aber nicht stringent und mitreißend genug umsetzen. Stattdessen wirkt der Hauptcharakter durchweg blass, die Handlung wirr und das Ende konstruiert. Trotzdem werde ich wohl auch in Zukunft immer wieder Schlange stehen, um eine Runde in der Fitzek-Achterbahn zu drehen, auch wenn ich nicht weiß, was mich hinter der nächsten Kurve erwartet, denn ich bin ganz sicher, irgendwann folgt wieder Looping, um Looping, um Looping - das muss einfach passieren, bei solch spannenden und originellen Ideen, wie Herr Fitzek sie immer wieder hat.