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Veröffentlicht am 13.12.2017

düstere Stimmung

Die Stunde des Wolfs
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"Die Stunde des Wolfs" ist das Debüt des Autors Simo Hiltunen. Schauplatz Helsiniki: Als die Zeitungen über die grausame Tat eines Familienmordes berichten, wird der Polizeireporter Lauri Kivi hellhörig. ...

"Die Stunde des Wolfs" ist das Debüt des Autors Simo Hiltunen. Schauplatz Helsiniki: Als die Zeitungen über die grausame Tat eines Familienmordes berichten, wird der Polizeireporter Lauri Kivi hellhörig. Schon wieder soll ein Vater seine Familie und dann sich selbst umgebracht haben, der neueste Fall einer Serie. Lauri glaubt nicht daran, dass die Väter ihre Familien ermordet haben, sondern dass ein anderer, noch unbekannter Täter hinter all den Morden steckt. Er recherchiert und erkennt auch bald einen Zusammenhang, er beschließt den Mörder aus der Reserve zu locken und begibt sich in große Gefahr.

Simo Hiltunen lässt seine Geschichte langsam anlaufen, wir lernen den Protagonisten Lauri Kivi kennen, der eine schlimme Kindheit hatte und als Erwachsener nicht wirklich Gefühle empfindet. Er imitiert die Gefühle der anderen, wie es für ihn passend erscheint. Lauri ist sehr gut beschrieben, aber nicht unbedingt ein Protagonist, den ich sympathisch fand. Eigenwillig und ungewöhnlich ja, aber mein Gefühl für ihn blieb distanziert. Was vielleicht auch an seiner latenten Gewaltbereitschaft liegt, der er sich nur zu gut bewusst ist.

Die Dinge die ihm in der Kindheit zugefügt wurden sind schlimm, nach und nach erhält man Informationen dazu. Während der Handlung gibt es immer wieder Rückblenden in die Vergangenheit, durch diese Informationen kann man Lauri besser einschätzen. Als Leser verfolgt man gebannt Lauris Recherche, und bekommt dabei auch eine Vorstellung, wie die Arbeit als Journalist abläuft. Anfangs haben mir die ungewöhnlichen Finnischen Namen etwas Probleme bereitet, nach einer Einlesezeit gab sich das jedoch.

Der Schreibstil ist angenehm, aber nicht anspruchsvoll, lässt sich locker lesen, die Stimmung ist düster. Immer wieder gibt es Längen, die den Spannungsbogen unterbrechen, hier hätte ich mir etwas mehr Spannung gewünscht. Ein Pluspunkt ist, dass die Story nicht vorhersehbar ist, ich hatte bis zum Schluss keinen Plan, wer der Täter sein könnte. Insgesamt gesehen ein solider Krimi, vor allem für Fans von nordischen Krimis zu empfehlen.

Veröffentlicht am 11.12.2017

Ein neuer Fall für Kommissar Waechter und sein Team

Scherbennacht
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Schauplatz München: Leo Thalhammer, Ermittler bei der Drogenfahndung wird erschossen aufgefunden. Hannes Brandl, der seit dem letzten Einsatz krank geschrieben ist, muss aus dem Krankenstand um das Team ...

Schauplatz München: Leo Thalhammer, Ermittler bei der Drogenfahndung wird erschossen aufgefunden. Hannes Brandl, der seit dem letzten Einsatz krank geschrieben ist, muss aus dem Krankenstand um das Team um Kommissar Waecher zu unterstützen. Auch wenn er noch lange nicht bereit ist, den Dienst wieder aufzunehmen, muss er in den sauren Apfel beißen.



Die Ermittlungen laufen an, ausgerechnet eine Ermittlerin der Eliteeinheit hat den Ermordeten gefunden, bei der Befragung scheint sie etwas zu verbergen. Wachter, Brandl, Elli Schuster und der Hüter des Schweigens ermitteln in alle Richtungen. Der tote Kollege scheint allseits beliebt gewesen zu sein, doch dann finden sie einen Makel in Thalhammers Vergangenheit.....



"Scherbennacht" ist der dritte Teil der Reihe, ich durfte die Protagonisten schon in "Moorfeuer" kennenlernen, so dass es für mich fast wie eine Wiedersehen mit alten Bekannten war.



Wacheter ist immer noch der einsame alte Wolf, der in seiner Messie-Wohnung lebt, wo ihm "Katze" Gesellschaft leistet. Hannes Frau ist schwanger, seine Tochter aus erster Ehe hat er lange nicht mehr gesehen. Und Elli ist liiert, aber nicht glücklich. Soweit der private Stand der Dinge, denn das Privatleben der Ermittler blitzt immer wieder durch und macht sie als Charaktere lebendig und authentisch. Auch die neuen Figuren sind sehr schön gezeichnet, sie sind facettenreich, mal mehr, mal weniger sympathisch, aber alle unverwechselbar.

Der Fall ist komplex und gibt Rätsel auf, lange Zeit tappen die Ermittler im Dunklen, dazu kommen noch interne Querelen, Machtkompetenzen, die alles noch komplizierter machen. Ein Fall, bei dem man wunderbar eigene Überlegungen anstellen kann. Was steckt hinter dem Mord? Eine Beziehungstat? Ein Zufallsopfer? Drogen? Oder hat Thalhammer seine Vergangenheit eingeholt? Immer neue Fakten lassen den Fall in einem anderen Licht erscheinen, doch die Auflösung kommt erst am Ende. Ich hatte auch bis fast zum Schluss keinen Verdächtigen ausgemacht.



Mir hat der Krimi sehr gut gefallen, er läuft eher ruhig an, indem man am Anfang die einzelnen Personen und ihre Beziehungen kennenlernt, nimmt aber kontinuierlich an Fahrt und Spannung auf, um am Schluss in einem super spannenden Showdown zu enden. Mir haben neben dem undurchsichtigen Fall besonders die persönlichen Verflechtungen gefallen, die Beziehung innerhalb des Teams und das Päckchen, das jeder der Ermittler zu tragen hat.



Der Schreibstil ist locker, zeitgemäß und bietet lebendige Dialoge, hier zeichnet sich Hannes Tochter aus, die mit ihren Kommentaren bei mir für den ein oder anderen Lacher sogte.



Fazit: Perfekter Krimi mit viel Atmophäre und München-Feeling, der mich begeistert hat. Ich warte gespannt auf den nächsten Fall.

Veröffentlicht am 08.12.2017

Mord in Göppingen

Dezembermord
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Schauplatz Göppingen: Im Staufenbrunnen wird die Leiche eines Mannes gefunden. Moritz Kepplinger, der gerade aus dem Kurzurlaub zurück ist, hätte eigentlich noch einige Tage frei, stürzt sich aber in die ...

Schauplatz Göppingen: Im Staufenbrunnen wird die Leiche eines Mannes gefunden. Moritz Kepplinger, der gerade aus dem Kurzurlaub zurück ist, hätte eigentlich noch einige Tage frei, stürzt sich aber in die Ermittlungen. Starb der Obdachlose durch Fremdverschulden oder handelt es sich um einen bedauernswerten Unfall? Moritz und sein Team ermitteln, als die nächste männliche Leiche entdeckt wird. Tod durch ertrinken. Gibt es einen Zusammenhang zwischen den beiden Toten?


"Dezembermord" ist nach "Hochsommermord" der zweite Fall für den Göppinger Ermittler Moritz Kepplinger. Teil eins habe ich nicht gelesen, konnte aber problemlos in die Geschichte einsteigen. Der Schreibstil ist locker und flüssig zu lesen, die Protagonisten gut gezeichnet. Moritz ist kompetent und ein ehrlicher Kerl, er kommt total sympathisch rüber. Meine Lieblingsprotagonistin war aber seine junge Kollegin Lea, die tough und mutig ist. Sie will sich profilieren und geht dabei an ihre Grenzen, ist manchmal ganz schön unvorsichtig. In einem anderen Strang lernt man einen Ermittler kennen, der das Gegenteil von Moritz ist, ein Typ der sehr fragwürdige Methoden verwendet.


Der Fokus bei diesem Krimi liegt auf der Ermittlungsarbeit der Polizei, die sehr detailliert und authentisch beschrieben ist. Man merkt, dass der Autor vom Fach ist. Ich habe lange gerätselt wie die ganze Geschichte zusammenhängt, die Aufklärung kommt dann erst am Ende. Die Story wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt, die Wechsel bieten verschiedene Blickwinkel. Allerdings hat mich der Strang aus Sicht einer Unbekannten stellenweise verwirrt, aber vielleicht war das auch gewollt. Insgesamt hat mir der Krimi gut gefallen, ein wenig mehr Spannung und Lokalkolorit und ich hätte fünf Sterne vergeben, so bleibt es bei vier Sternen. Ich bin gespannt auf die Fortsetzung.

Veröffentlicht am 28.11.2017

ein Slowburner mit überraschender Wendung

Das Mädchen und die Fremde
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Kriminalkommissarin Emma Sköld wacht nach Monaten im Koma endlich auf. So wirklich hatte keiner aus ihrer Familie noch Hoffnung, dass Emma ins Leben zurückfindet. Das letzte woran sich Emma erinnern kann ...

Kriminalkommissarin Emma Sköld wacht nach Monaten im Koma endlich auf. So wirklich hatte keiner aus ihrer Familie noch Hoffnung, dass Emma ins Leben zurückfindet. Das letzte woran sich Emma erinnern kann ist, dass sie auf einem Ausritt war, dem ersten seit ihre kleine Tochter Ines auf der Welt ist. Nur langsam findet sie sich zurecht, ihre Familie kommt zu Besuch. Doch wieso ist ihr Lebensgefährte Kristoffer so distanziert?


Das Mädchen und die Fremde ist der zweite Teil der Reihe um Kriminalkommissarin Emma Sköld. Den ersten Teil kenne ich noch nicht, was für mich ein kleiner Nachteil war. Zwar hatte ich keine Probleme in die Geschichte einzusteigen, aber ich hatte das Gefühl dass mir etwas Wichtiges fehlte. Da Emma gerade aus dem Koma erwacht, konnte ich sie überhaupt nicht einschätzen. Man lernt sie nur durch ihre Erinnerungen kennen, aber wie war das Verhältnis zu Emmas Mann im ersten Teil, wie das Verhältnis zu Kollegen und ihren Eltern? Ich denke es empfiehlt sich, die Reihe von Anfang an zu lesen um die zwischenmenschlichen Verbindungen von Emma zu kennen.


Der Krimi ist in typisch nordisch unterkühlter Art geschrieben. Große Emotionen habe ich irgendwie vermisst. Ich meine, da wacht die Freundin/Schwester/Tochter nach so vielen Monaten im Koma wieder auf, eigentlich eine Situation die vor Emotionen übersprühen müsste. Aber ok, es ist eben ein nordischer Krimi, der mit Gefühlen eher sparsam umgeht. Nichts desto trotz konnte ich mit Emma mitfühlen und mich in sie hineinversetzen. Wie schlimm muss es für eine Mutter sein, seine Tochter als kleinen Säugling in Erinnerung zu haben um dann mit einem Kleinkind konfrontiert zu werden. Zu erkennen, dass man einen wichtigen Teil der Entwicklung des Kindes verpasst hat und es erst wieder neu kennenlernen muss. Eine sehr belastende Situation.


Dazu noch das Gefühl, dass der Unfall nicht wirklich ein Unfall war und keiner ihr glauben will, nicht mal ihr Vater. Der einzige der ihr glaubt, ist ihr Kollege Nyhlen. Emma bittet ihn, Nachforschungen anzustellen, was wiederum ihrem Vater, dem ehemaligen Leiter der Polizei ein Dorn im Auge ist.


Die Personen sind soweit gut skizziert, am besten haben mir Emma, ihre Schwester Josefin und ihr Kollege Nyhlen gefallen. Kristoffer blieb mir zu blass, Emmas Vater konnte ich nicht wirklich verstehen. Gerade als Vater sollte er bedingungslos hinter seiner Tochter stehen.


Ich muss gestehen dass ich den Krimi bis etwas über die Hälfte mit nur 3 Sternen bewertet hätte, da mir die Story zu vorhersehbar war. Doch dann nimmt die Handlung doch noch eine wirklich spannende Wendung und hat den Krimi auf 4 Sterne gerettet. Alles in allem ein ein Krimi, der mit leisen Tönen punktet. Am Ende gibt es einen wirklich bösen Cliffhanger, so dass man gespannt sein darf, wie es im nächsten Teil weiter geht.


Fazit: Fans von nordischen Krimis werden hier auf ihre Kosten kommen. Ein Slowburner, der sich langsam entwickelt, dann aber echt überrascht.

Veröffentlicht am 23.11.2017

fesselnde Dystopie

Fever
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Von Deon Meyer habe ich schon einige Thriller gelesen, auf eine Dystopie aus seiner Feder war ich deshalb besonders gespannt.

Schauplatz Südafrika: Die Welt hat sich verändert, bei einem viralen Tsunami, ...

Von Deon Meyer habe ich schon einige Thriller gelesen, auf eine Dystopie aus seiner Feder war ich deshalb besonders gespannt.

Schauplatz Südafrika: Die Welt hat sich verändert, bei einem viralen Tsunami, einem großen Fieber, wurde 95% der Weltbevölkerung ausgelöscht. Nicolaas Storm und sein Vater Willem gehören zu den Überlebenden, doch das Leben in dieser veränderten Welt ist gefährlich. Bewaffnete Gangs ziehen durch die Gegend, eine andere Bedrohung für die Überlebenden sind die wilden Tiere Afrikas. Vater und Sohn machen sich auf den Weg nach Vanderkloff, wo sie zusammen mit anderen eine neue Stadt gründen wollen. Als sich Nicolaas in Sofia verliebt, keimt das Zarte Pflanzlichen Hoffnung auf eine Zukunft in ihm.

"Fever" ist eine Geschichte, die mich von Anfang an gefesselt hat. Nico hat irgendwann angefangen Tagebuch zu führen und erzählt jetzt seine Geschichte, eine Geschichte die auch vom Tod seines Vaters Willem handelt. Von den Schwierigkeiten, dem Kampf ums überleben, von Rückschlägen aber auch von der Liebe zu Sofia. Willem ist zwar der Ältere, der Vater, aber es ist Nico der erkennt, dass sein Vater zwar ein kluger Kopf, aber schwach ist. So macht es sich Nico zur Aufgabe, seinen Vater zu beschützen. Die neu gegründete Stadt Amanzi wächst und gedeiht, doch die Bedrohung durch Gangs ist nach wie vor groß, immer wieder kommt es zu bewaffneten Auseinandersetzungen.

Auf fast 700 Seiten lernt man die beiden Hauptcharaktere kennen, ihr Verhältnis zueinander, ihren Mut und Willen zu überleben und das Leben neu zu gestalten. Auch andere Bewohner der Stadt kommen zu Wort. Beim lesen fragt man sich unwillkürlich, wie man sich in so einer Situation verhalten würde. Gibt man auf oder kämpft man, bleibt man seinen Grundsätzen treu oder wirft man all seine Moralvorstellungen über Bord und schließt sich Banden an, die sich nicht scheuen, über Leichen zu gehen? Definitiv ein Stoff, der sehr nachdenklich macht. Das Buch ist fesselnd, die Spannung stiegt zum Ende hin an, im Mittelteil gibt es aber auch einige Längen. Insgesamt hat mich "Fever" überzeugt, ich kann es Fans von Dystopien unbedingt empfehlen.