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Veröffentlicht am 13.07.2017

gelungenes Krimi-Debüt mit Spannung und Humor

Libori-Lüge
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Für Komissar Bela Aßmann läuft es momentan nicht rund. Seine Frau hat ihn verlassen und ist jetzt mit einer anderen glücklich. Das nagt an seinem Selbstwertgefühl, auch wenn es zum Ende hin nur noch ein ...

Für Komissar Bela Aßmann läuft es momentan nicht rund. Seine Frau hat ihn verlassen und ist jetzt mit einer anderen glücklich. Das nagt an seinem Selbstwertgefühl, auch wenn es zum Ende hin nur noch ein nebeneinander her leben war, kein miteinander. Seinen Frust bekämpft er mit Alkohol, wird am frühen morgen jedoch jäh geweckt. Sein Kollege Dominik ruft ihn zum Fundort einer Frauenleiche. Der Anblick ist nichts für Zartbesaitete, denn die Frau muss aus großer Höhe gesprungen sein und steckt aufgespießt auf den Ästen einer frisch beschnittenen Forsythie. Kein schöner Anblick. Auf den ersten Blick deutet alles auf einen Selbstmord hin, doch die Routinefragen ergeben so gar keinen Anhaltspunkt für einen Suizid. Die tote Louisa war glücklich, wartete auf die Ankunft ihres Freundes, der für einige Monate in den USA war. Also laufen die Ermittlungen an....

Parallel zur aktuellen Handlung gibt es einen Strang, in dem eine Frau über ihre Kindheit berichtet. Eine Kindheit bei der alleinerziehenden Mutter, die nie Zeit für das Mädchen hatte, immer auf der Suche nach einem neuen Lover war und darüber ihre Tochter vernachlässigt hat. Als Leser ahnt man, dass diese Frau eine wichtige Rolle spielen wird, doch wer sie ist bleibt lange im Dunkeln. Ich konnte Bela Aßmann und seinem Kollegen beim Ermitteln über die Schulter schauen und dabei meine eigenen Theorien entwickeln, wobei ich lange Zeit im Dunklen tappte. Zu dürftig sind die Hinweise, doch nach und nach kommt Licht ins Dunkel.

Der Schreibstil lässt sich wunderbar lesen, die Beschreibungen erzeugen Lokalkolorit und lassen die Stadt Paderborn mit dem Liborifest vor dem inneren Auge aufleben. Der Krimi bietet Spannung und eine gute Portion Humor, was mir sehr gut gefallen hat. Mit Bela Aßmann und seinem Kollegen Dominik hat die Autorin zwei sehr sympathische Charaktere geschaffen. Beide Männer mussten Schicksalsschläge verkraften, sind freundschaftlich verbunden und ein eingeschworenes Team. Was ich sehr entspannend fand, endlich mal ein Krimi ohne Zoff und Reibereien. Neben der Ermittlungsarbeit spielt auch das Privatleben der beiden Kommissare eine Rolle, was die Figuren authentisch macht.

Fazit: Spannender Regiokrimi mit einem sympathischen Duo, auf die weiteren Fälle der beiden Ermittler bin ich schon sehr gespannt.

Veröffentlicht am 12.07.2017

Was geschah damals wirklich?

Spätes Gewissen
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Paul ist in der ehemaligen DDR aufgewachsen, flüchtete als 15jähriger mit seinen Eltern in den Westen. Als Erwachsener kehrt er nach dem Mauerfall in seine alte Heimat Kröpelin zurück, all die Jahre hatte ...

Paul ist in der ehemaligen DDR aufgewachsen, flüchtete als 15jähriger mit seinen Eltern in den Westen. Als Erwachsener kehrt er nach dem Mauerfall in seine alte Heimat Kröpelin zurück, all die Jahre hatte er sich gefragt, was aus seinem damals besten Freund Karl geworden ist. Doch Karl lebt nicht mehr. In ihrem damaligen Versteck hinterlässt Karl einen Brief an Paul, in dem er über ein beobachtetes Verbrechen schreibt. Paul fühlt sich seinem toten Freund verpflichtet und stellt Nachforschungen an, die ihn und die Menschen die ihn dabei unterstützen, in große Gefahr bringen.

Der Autor packt hier ein äußerst brisantes Thema an. Die Stasi und die Frage, in wieweit die Stasi auch heute noch aktiv ist. Das Erschreckende an dem Buch ist, dass die Handlung sehr authentisch wirkt und man das Gefühl hat, dass die Realität durchaus ähnlich aussehen könnte, wie im Buch beschrieben. Ich habe mich damals, nach dem Mauerfall, auch des öfteren gefragt, was mit den Stasi Leuten passierte. Dass sie ihre Meinung/Gesinnung von jetzt auf sofort ändern ist wohl sehr unwahrscheinlich.

Wir begleiten zum einen Paul bei seiner Recherche in einem lange zurückliegenden Todesfall, angeblich einem Selbstmord. Lernen Menschen kennen, die ihm bei seiner Suche helfen und das, obwohl sie damit ein großes Risiko eingehen. Parallel dazu beobachten wir die Ermittlungsarbeit der Polizei in Bremen, die in einem aktuellen Tötungsdelikt ermittelt. Als Leser ahnen wir, dass es Parallelen zwischen den Fällen gibt, verfügen hier über mehr Wissen als Paul und die Polizei. Eingeschobene Kapitel, die in der Vergangenheit spielen machen klar, was damals wirklich passiert ist, wie perfide die Stasimethoden waren.

Der Schreibstil lässt sich flüssig lesen, die Handlung ist spannend, weist aber auch immer mal wieder Längen auf. Ich fand die Thematik sehr interessant, vor allem weil sie so authentisch erscheint und man sich unwillkürlich fragt, wie viel Wahrheit sich in dieser fiktiven Geschichte verbirgt. Ein Buch das sich zu lesen lohnt.

Autor: Wolfgang Westphal

Veröffentlicht am 07.07.2017

Spannender und emotionaler Insel Krimi

Endstation Nordsee
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"Endstation Nordsee" ist der Debüt-Krimi von Ilka Dick, ein Krimi der auf der Nordseeinsel Amrum spielt. Hier lebt Aenne Jannen mit ihrer kleinen Familie, ihrem Mann Jan und ihrer Tochter fünfjährigen ...

"Endstation Nordsee" ist der Debüt-Krimi von Ilka Dick, ein Krimi der auf der Nordseeinsel Amrum spielt. Hier lebt Aenne Jannen mit ihrer kleinen Familie, ihrem Mann Jan und ihrer Tochter fünfjährigen Tochter Beeke. Eine Idylle, die durch den unerwarteten und gewaltsamen Tot ihres Vaters Erk jäh unterbrochen wird. Nichts ist, wie es einmal war. Für Aenne stürzt eine Welt zusammen, denn ihr Vater war ihre Bezugsperson, zu ihrer Mutter hatte sie immer ein distanziertes Verhältnis.

Zur Trauer kommt die Frage, wer ihren Vater so gehasst hat, dass er bereit war, zu töten. Aenne sind zwar die Gerüchte, dass ihr Vater außereheliche Affären hatte, zu Ohren gekommen, wirklich geglaubt hat sie es nicht, zumal das die Privatangelegenheit ihrer Eltern war. Die Ermittlungen der Polizei bestätigen die Gerüchte, könnte Eifersucht hinter dem Mord stecken? Oder ist der Mörder unter den Konkurrenten aus den umliegenden Lebensmittelgeschäften zu suchen, denen Erks Vorhaben, einen großen Supermarkt zu eröffnen, nicht gepasst hat?

Dieser Krimi ist anderes als alle die ich bisher gelesen habe, weil der Fokus nicht auf den Ermittlungen, sondern auf den Angehörigen mit ihrer Trauer liegt. Aennes Trauer ist spürbar und so authentisch geschildert, habe ich bisher nur selten bei einem Buch erlebt. Man erlebt ihre Emotionen hautnah, kann mit ihr mitfühlen und sich in ihre Lage hinein versetzen. Der Autorin gelingt es, diese Gefühlslage authentisch und emotional rüberzubringen. Je mehr Tage ohne Ermittlungsergebnis verstreichen, je stärker wird das Gefühl in Aenne, selbst nach dem Mörder ihres Vaters suchen zu müssen. Doch nach Gesprächen mit der letzten Geliebten ihres Vaters und den Eigentümern der anderen Lebensmittelgeschäfte ist auch sie mit ihrem Latein am Ende.

Als Leser haben wir eine Ahnung, denn der Prolog handelt von einer geheimnisvollen Frau, die Rache nehmen will. Wer diese Frau ist, stellt sich im Verlauf heraus, doch letztlich ist alles ganz anders als erwartet. Der Schreibstil von Ilka Dick lässt sich wunderbar lesen, ihre Personen sind Figuren mit Charakter und verschiedenen Facetten, allesamt sehr gut gezeichnet. Letztlich trägt auch das Inselflair auf Amrum, die Beschreibung der Natur, der See und der Dünen zu diesem außergewöhnlichen Leseerlebnis bei.

Fazit: Spannender und emotionaler Insel Krimi, den ich nur empfehlen kann.

Veröffentlicht am 05.07.2017

brisante Story

Die verlorenen Kinder
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Schauplatz Wien: In einem Pflegeheim stirbt ein betagter Mann, an sich nichts ungewöhnliches. Brisant ist, dass der Mann ermordet wurde und das Mordwerkzeug offensichtlich auf dem Nachtkästchen liegt. ...

Schauplatz Wien: In einem Pflegeheim stirbt ein betagter Mann, an sich nichts ungewöhnliches. Brisant ist, dass der Mann ermordet wurde und das Mordwerkzeug offensichtlich auf dem Nachtkästchen liegt. In den Fokus gerät die Nachtschwester, dies ändert sich erst, als in einem anderen Pflegeheim erneut ein älterer Herr auf die gleich Art ermordet wird. Die Witwe des ersten Ermordeten heuert den Exbullen und Privatdetektiv Falco Brunner an, er soll den Mörder ihres Mannes finden. Bei seinen Nachforschungen stößt Falco auf einen Missbrauchsskandal in Wiener Kinderheimen, der in den 60er Jahren stattfand. Ist hier die Verbindung zu den aktuellen Mordfällen zu suchen?
Autor Michael Seitz packt in seinem Krimi ein heikles Stück Österreichischer Geschichte an, denn seine fiktive Geschichte ist auf tatsächlichen Ereignissen aufgebaut.

Der Prolog aus der Sicht eines Missbrauchsofpers in einem Kinderheim lässt schaudern. Auch zwischendurch gibt es immer wieder Einschübe die erzählen, was den Kindern in den 60er Jahren angetan wurde. Harter Tobak und umso schlimmer, weil es sich so ähnlich tatsächlich abgespielt haben könnte.

In der Gegenwart begleiten wir einerseits Falco auf seiner Recherche zu den Morden, andererseits erfahren wir auch wie seine alten Kollegen in den Mordfällen ermitteln. Beides ist spannend, wobei mir der Strang um Falco am besten gefallen hat. Denn Falco ist eine Type, er wirkt echt. Anfangs war er mir mit seinen Frauengeschichten nicht wirklich sympathisch, das hat sich aber im Verlauf geändert. Er ist ein Mann der für seine Kinder alles machen würde und der mit seinen eigenen Methoden versucht, Licht ins Dunkel zu bringen. Er leidet immer noch unter der Trennung von seiner Frau und knabbert daran, dass sein einst bester Freund nun seine Stelle eingenommen hat. Zu alledem kommen auch noch gesundheitliche Probleme. Ich habe mit Flaco mitgefiebert und gehofft, dass er den Fall zum Abschluss bringt, und irgendwann ist er sogar noch persönlich betroffen.

Gut gezeichnete Figuren, Wiener Flair und eine brisante Story zeichnen den Krimi aus. Die Spannungskurve beginnt langsam, steigert sich immer mehr um in einem super spannenden Showdown zu enden.

Fazit: Toller Kriim mit einem authentischen sowie sympathischen Protagonisten, von dem ich gern noch mehr lesen würde. Ich hoffe dass es eine Fortsetzung geben wird.

Veröffentlicht am 28.06.2017

Thriller mit historischem Hintergrund

Falsche Haut
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Schauplatz Frankreich: Alex Kauffmann reist nach Paris, um seiner guten Freundin Nathalie beizustehen, deren Adoptivvater Régis verstorben ist. Die beiden sind seit ihrer Kindheit befreundet und stehen ...

Schauplatz Frankreich: Alex Kauffmann reist nach Paris, um seiner guten Freundin Nathalie beizustehen, deren Adoptivvater Régis verstorben ist. Die beiden sind seit ihrer Kindheit befreundet und stehen sich sehr nah. Sie kennen sich aus den Jahren, die sie in einem Waisenhaus verbracht haben, bevor jeder von ihnen adoptiert wurde.

In Paris wird er von Nathalies Mutter Suzanne und deren Bruder Christophe sehr herzlich aufgenommen. Doch die Stimmung ist gedrückt, denn eben haben sie herausgefunden, dass Régis bedroht wurde. Als dann auch noch das Testament mit einem Begleitbrief aus den Räumlichkeiten des Notars gestohlen wird ist klar, dass es Geheimnisse gibt, die Nathalie nicht erfahren soll. Alex und Nathalie haben zwar nur wenig Hinweise, aber sie versuchen der Sache auf den Grund zu gehen und herauszufinden wer hinter der Morddrohung gegen Régis steckt. Dabei kommen sie einem geheimen Netzwerk auf die Schliche und bringen sich in große Gefahr.

"Falsche Haut" ist das Debüt von Leon Sachs, ein Thriller der mich begeistert hat. Der Schreibstil ist anspruchsvoll und lässt sich flüssig lesen, der Plot ist dicht und nicht zu durchschauen. Nathalie und Alex kommen bei ihrer Suche nach der Wahrheit an verschiedene Schauplätze in Frankreich und der Schweiz, die Ortswechsel sorgen für eine temporeiche Handlung und sind sehr gut beschrieben, man merkt dass der Autor Ortskenntnis hat. Die Protagonisten sind schön gezeichnet, unverwechselbare Charaktere. Im Mittelpunkt stehen Nathalie und Alex, zwei sehr sympathische Figuren die sich bedingungslos vertrauen. Mit ihren Nachforschungen stoßen sie in ein Wespennest und werden schnell zu Gejagten, die um ihr Leben fürchten müssen. Denn ihre Gegner scheinen immer einen Schritt voraus zu sein. Wem können sie noch trauen?

Ich hatte beim lesen Kopfkino, es gibt interessante Schauplätze in Kirchen und einer Synagoge und in einem unterirdischen Kellergewölbe. Richtig spannend fand ich die Verflechtungen mit der Vergangenheit, der Zeit des zweiten Weltkrieges und der geheimen Organisation, die sich jüdisches Vermögen angeeignet hat. Und die bis heute ihre Fäden zieht, in hohen Positionen sitzt und perfekt vernetzt ist. Was ist Fiktion, was ist Realität? Hier ist genug Raum für Spekulationen.

Fazit: Sehr gut recherchierter Thriller mit historischem Hintergrund, spannend erzählt. Auf weitere Werke des Autors darf man gespannt sein.