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Veröffentlicht am 14.07.2022

Familiengeschichte zur Zeit des Nationalsozialismus

Die karierten Mädchen
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Dieser Roman ist der erste Band einer Triologie und die Autorin hat sich durch Kassettenaufnahmen ihrer Großmutter zu ihm inspirieren lassen. So wie diese hält es auch die Protagonistin Klara, die mit ...

Dieser Roman ist der erste Band einer Triologie und die Autorin hat sich durch Kassettenaufnahmen ihrer Großmutter zu ihm inspirieren lassen. So wie diese hält es auch die Protagonistin Klara, die mit über 90 Jahren ihr Leben für ihre Kinder und Enkel auf Kassetten spricht. Sie blickt zurück auf die Jahre 1929 bis 1939. Während der Weltwirtschaftskrise tritt sie eine Stelle als Hauswirtschaftslehrerin in einem Kurheim für Kinder mit angegliederter Hauswirtschaftsschule an. Die drohende Schließung des Heims aufgrund wirtschaftlicher Not verhindert Klara, indem sie die staatliche Übernahme des Heims herbeiführt, allerdings um den Preis, dass die Einrichtung fortan das nationalsozialistische Frauenbild vermitteln soll, was der selbständigen und emanzipierten Klara eigentlich zuwiderläuft. Ihr größtes Problem allerdings ist, dass sie ein kleines, jüdisches Mädchen als ihr eigenes Kind ausgibt und es vor der Verfolgung durch die nationalsozialistischen Schergen bewahren will.
Die Geschichte vermittelt ein anschauliches Bild der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse während des Nationalsozialismus. Was anhand der Protagonistin gut dargestellt wird, ist, wie sich die Leute mit dem System widerstandslos trotz vielen Vorbehalten arrangieren und Klara sogar mit den Machthabern paktiert, weil sie sich schützen und bei aller Not überleben wollen. Auf wichtige Ereignisse zu dieser Zeit wird informativ eingegangen, etwa die Reichspogromnacht oder die Schließung des Bauhauses. Zu einer Herabstufung in meiner Bewertung führt, dass die Person Klara im hohen Alter etwas unglaubwürdig dargestellt wird, insbesondere halte ich es für wenig realistisch, dass sie trotz kompletter Erblindung so gut allein in ihrem Haushalt zurechtkommt. Auch werden mir die Romanfiguren zu distanziert dargestellt, vor allem das Verhältnis von Klara zu ihrem Ziehkind und zu ihrem Verlobten.

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Veröffentlicht am 09.07.2022

Auf den Spuren des Großvaters

Beifang
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Dieser Roman spricht all diejenigen mit Interesse an Familiengeschichten an. Ich finde ihn sehr gelungen.
Worum geht es? Frank, Anfang 40, hadert mit seinem eigenen Leben. Studiert ohne einkömmliche Anstellung, ...

Dieser Roman spricht all diejenigen mit Interesse an Familiengeschichten an. Ich finde ihn sehr gelungen.
Worum geht es? Frank, Anfang 40, hadert mit seinem eigenen Leben. Studiert ohne einkömmliche Anstellung, noch während der Schwangerschaft von seiner Freundin verlassen, nur selten persönlichen Kontakt zum Sohn, der eigene Vater eher verschlossen bzgl. seiner familiären Herkunft, von der verheirateten Geliebten schließlich dazu gedrängt, der Familiengeschichte auf den Grund zu gehen. So beginnt Frank eine Rundreise zu einigen der elf Geschwister seines Vaters und lässt sich von ihnen deren Erinnerungen an einen Vater erzählen, die sie ihm fast schon als Anekdoten präsentieren und bei ihnen durchaus auch voneinander abweichen, denn jeder hat seine ureigene Sicht von den Eltern. So erfährt er, dass sein Großvater nach dem Zweiten Weltkrieg als Zechenhilfsarbeiter mit seiner Ehefrau und den zwölf Kindern in beengten und ärmlichen Verhältnissen in dem Zechendorf Selm-Beifang gelebt hatte. Hunger und Gewalt gegenüber den Kindern sind an der Tagesordnung, alle sind als Asoziale verschrien. Doch ist einer von ihnen in Not, so halten sie zusammen, auch später noch. Eine Frage besonders treibt Frank um – wie haben die Kinder, insbesondere sein Vater, das aushalten können? Und haben die traumatischen Erlebnisse seiner Angehörigen Spuren auch in den nachfolgenden Generationen, also auch bei ihm selbst, hinterlassen? Ob er hierauf Antworten erhält, sollte jeder selbst lesen. Überaus lesenswert ist das Buch allemal.

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Veröffentlicht am 06.07.2022

Sehr schöne Familiengeschichte

Tante Martl
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Dieser Roman ist eine liebenswerte Hommage der Autorin an ihre Patentante Martina, kurz Martl genannt, zu der sie eine sehr innige Beziehung gehabt hat. Der Kurzform des Vornamens ist nicht zu entnehmen, ...

Dieser Roman ist eine liebenswerte Hommage der Autorin an ihre Patentante Martina, kurz Martl genannt, zu der sie eine sehr innige Beziehung gehabt hat. Der Kurzform des Vornamens ist nicht zu entnehmen, welches Drama mit ihm bei Martinas Geburt im Jahr 1925 im rheinland-pfälzischen Zweibrücken verbunden war. Denn nach zwei Töchtern wollte der Vater unbedingt einen Buben und meldete die ungewollte Tochter sogar als solchen beim Standesamt an. Martls Ablehnung durch den despotischen Vater zeit seines Lebens und die stetige Hintanstellung in der Familie, insbesondere der ständige Zwist mit der mittleren Schwester, der Mutter der Autorin und so ganz anders als die Drittgeborene, haben aus Martl eine Frau gemacht, der es an jeglichem Selbstbewusstsein fehlt und die als Junggesellin im Elternhaus wohnhaft geblieben ist und stets auf Zuruf für ihre Familie da war. Völlig im Gegensatz dazu steht, dass Martl dem seinerzeitigen Frauenbild so gar nicht entsprach – gebildet, Lehrerin von Beruf, reiselustig, mit eigenem Auto. Die Autorin selbst ist erstaunt, wie viele Seiten sie an ihrer Tante erst nach deren Tod aufdeckt. Heraus gekommen ist eine sehr schöne Familiengeschichte, die Vieles von dem Zeitgeist zwischen der Geburt von Martl im Jahr 1925 und deren Tod mehr als neun Jahrzehnte später wiedergibt. Viele Passagen sind anekdotengleich. Auch sprachlich ist die Geschichte gelungen. Martls pfälzischer Dialekt wirkt so schön authentisch.

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Veröffentlicht am 03.07.2022

Eine Freundschaft im Mafia-Milieu

Die Familie
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Die äußere ansprechende Gestaltung des Buch-Covers, der auf ihm befindliche Hinweis „Der New York Times Bestseller“ und die Inhaltsbeschreibungen halten nicht, was sie versprechen.
Ein typischer Mafia-Roman ...

Die äußere ansprechende Gestaltung des Buch-Covers, der auf ihm befindliche Hinweis „Der New York Times Bestseller“ und die Inhaltsbeschreibungen halten nicht, was sie versprechen.
Ein typischer Mafia-Roman mit vielen Darstellungen von Gewalt ist es nicht, was ich als positiv empfand. Im Vordergrund stehen zwei junge Frauen, die ins Milieu hineingeboren wurden und von klein auf befreundet sind. Der Vater der einen wird aufgrund von Ausstiegsabsichten beseitigt, was das Leben seiner kleinen Familie und der befreundeten auf immer prägen wird, die beide im Milieu verhaftet bleiben. Eine wirkliche Handlung mit rotem Faden habe ich vermisst. Vieles wird aus der Gedankenwelt der beiden Frauen wiedergegeben. Nicht selten gehen die Passagen betreffend die eine oder andere übergangslos ineinander über, so dass nicht immer deutlich ist, von wem gerade die Rede ist. Der Schreibstil ist sehr poetisch gehalten und steht damit eigentlich im Widerspruch zum Inhalt.
Alles in allem nur ein durchschnittlicher Roman, der sich mir nicht besonders einprägen wird. Am ehesten zu empfehlen für Leser*innen von Familiengeschichten.

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Veröffentlicht am 28.06.2022

Ernste Themen humorvoll erzählt

Ewig währt am längsten – Tante Ernas letzter Tanz
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Der Erzähler Bjarne Mädel gibt die kurze Geschichte sehr gut wieder, so dass sich allem folgen lässt. Es geht um den etwa 40jährigen Benno, der einen Wochenendbesuch bei seinen Eltern jenseits der 80 in ...

Der Erzähler Bjarne Mädel gibt die kurze Geschichte sehr gut wieder, so dass sich allem folgen lässt. Es geht um den etwa 40jährigen Benno, der einen Wochenendbesuch bei seinen Eltern jenseits der 80 in einer niederrheinischen Kleinstadt macht. Die Mutter ist sehr redselig, der Vater macht immer Witze. Außerdem gibt es noch die sich von ihrer erwachsenen Tochter vernachlässigt fühlende Nachbarin, die ihr Kind unter einer List zu sich lockt, und deren pflegebedürftige Tante. Die Geschichte ist sehr humorvoll, z.T. auch makaber. Es werden auf diese Weise viele ernste Themen angeschnitten – wie Altersgebrechlichkeit, Krankheit,Tod, Vereinsamung und Nähebedürfnis von Eltern zu ihren Kindern.
Empfehlenswert.

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