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Veröffentlicht am 25.04.2021

Wie wird man zu einem guten Menschen?

Der Junge, der das Universum verschlang
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Die Geschichte spielt in den 1980er Jahren in einem Vorort von Brisbane/Australien. Ich-Erzähler und Protagonist ist der zu Beginn 12 und am Ende 18 Jahre alte Eli Bell, der in desolaten sozialen Verhältnissen ...

Die Geschichte spielt in den 1980er Jahren in einem Vorort von Brisbane/Australien. Ich-Erzähler und Protagonist ist der zu Beginn 12 und am Ende 18 Jahre alte Eli Bell, der in desolaten sozialen Verhältnissen aufwächst. Seine Mutter verließ seinen alkoholkranken und depressiven Vater aufgrund eines Vorfalls, der nie richtig aufgeklärt wird (der Vater fuhr betrunken in einen See, bei dem Eli und sein Bruder Gus fast ertranken – war es ein Unglück oder Absicht?). Hiervon wird Eli in seinen Träumen heimgesucht. Gus ist seither stumm und kommuniziert nur noch, indem er mit dem Finger in die Luft schreibt. Die Mutter wird heroinsüchtig, der Stiefvater Lyle ist ein Dealer. Elis Freund ist ein wegen Mordes verurteilter und langjährig inhaftiert gewesener Ausbrecherkönig. Als Lyle den örtlichen Drogenboss mit eigenen Geschäften hintergeht, verschwindet er spurlos und die Mutter kommt ins Gefängnis. Eli und Gus leben fortan bei ihrem Vater. Elis Berufsziel ist Journalist auf dem Gebiet der Kriminalberichterstattung.
Der Roman ist aufgrund seines detaillierten Lokalkolorits eigentlich sehr viel interessanter zu lesen für Queenslander. In ihm vermischen sich meiner Ansicht nach zu viele Elemente: Magie, Fantasy, Thriller, Abenteuer, Enthüllungsjournalismus. Am Ende bleiben zu viele Fragen offen, wie etwa das Rätsel um das mysteriöse rote Telefon oder eine Begründung für die Fähigkeit von Gus, Dinge vorherzusehen, die dann wahr werden. Gestoßen habe ich mich an Gewaltszenen und der sehr rauen Sprache. Etwas versöhnlich stimmte mich letztlich der Protagonist Eli. Zwar ist es merkwürdig, dass er sich innerhalb eines Zeitraums von immerhin sechs Jahren sprachlich und von seinem Wesen her nicht weiter entwickelt hat. Er ist allerdings ein aufgewecktes Bürschchen und sehr sympathisch. Er macht sich Gedanken wie ein Erwachsener, die den Leser zum Nachdenken anregen. So ziehen sich wie ein roter Faden durch das Buch seine Überlegungen, was einen Menschen gut und böse macht. Er erkennt, dass es zwei Wege im Leben gibt – den falschen und den richtigen – und obwohl es leichter ist, dem falschen Weg zu folgen, weiß er, dass er nie zu einem guten Menschen wird, wenn er diesen Weg wählt.
Ein Buch, dessen Protagonist zwar ein Jugendlicher ist, das aber dennoch alle Altersklassen innerhalb der Leserschaft anspricht.

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Veröffentlicht am 20.04.2021

Zusammenhanglose Kindheitserinnerungen

Düsternbrook
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Der als Schauspieler bekannte Autor erzählt in diesem Roman aus seiner behüteten Kindheit in den 1960er und 1970er Jahren im Kieler Stadtteil Düsternbrook. Da meine Kindheit in die gleiche Zeit fällt, ...

Der als Schauspieler bekannte Autor erzählt in diesem Roman aus seiner behüteten Kindheit in den 1960er und 1970er Jahren im Kieler Stadtteil Düsternbrook. Da meine Kindheit in die gleiche Zeit fällt, wurde die eine oder andere Erinnerung wachgerufen. Richtig ansprechen aber konnte mich das Buch nicht. Es reihen sich zusammenhanglos und ohne Chronologie eine Reihe von Erlebnissen und Momentaufnahmen aneinander, so dass mir der rote Faden fehlt. Viele Erzählungen bleiben vage und wirr, werden recht teilnahmslos dargestellt. Oft bleibt unklar, ob es sich um Fiktion oder wahre Geschichten handelt.
Unterhaltsam ist das Buch dennoch und es vermittelt eine schöne Sicht auf die damaligen Lebensverhältnisse.

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Veröffentlicht am 18.04.2021

DDR-Geschichte mit Familiengeheimnissen

Das Haus des Leuchtturmwärters
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Obwohl oder gerade weil es die DDR seit mehr als 30 Jahren nicht mehr gibt, ist dieses Buch so interessant zu lesen. Es trägt dazu bei, in Erinnerung zu rufen, wie schwierig das Leben für die Ostdeutschen ...

Obwohl oder gerade weil es die DDR seit mehr als 30 Jahren nicht mehr gibt, ist dieses Buch so interessant zu lesen. Es trägt dazu bei, in Erinnerung zu rufen, wie schwierig das Leben für die Ostdeutschen gerade nach der Zeit des Mauerbaus gewesen ist und wie sehr sie der Überwachung durch den Staat und dem Misstrauen der Bürger untereinander ausgesetzt waren. Das Schicksal der jungen Else, die mit ihrem Vater an einem Leuchtturm an der Ostsee in Ostdeutschland wohnt und die das Land verlassen möchte, wird informativ und berührend dargestellt. Viele Details werden eingeführt, die typisch und bezeichnend für das Leben zu DDR-Zeiten waren. Das Geheimnis um den vermeintlichen Freitod der Mutter im Jahr 1953 rundet das Ganze ab. 30 Jahre später findet die an einer Schreibblockade leidende Schriftstellerin Franzi, die in den 1970er Jahren am selben Ort gelebt hatte, Elses Tagebuch und verarbeitet es zu einem neuen Roman. Auch sie kommt einem Geheimnis ihres Vaters auf die Spur.
Das Buch liest sich gut und flüssig und ist besonders Fans von Familiengeschichten mit Interesse an DDR-Zeitgeschichte zu empfehlen.

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Veröffentlicht am 12.04.2021

Gesellschaftskritischer Roman zu Rassismus und Fremdenfeindlichkeit

Drei Kameradinnen
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Dieser Roman stellt Rassismus und Fremdenhass in den Fokus und übt eine gehörige Portion Gesellschaftskritik. Diese halte ich zwar für zu heftig, da das angeprangerte Gedankengut sicherlich nur von einer ...

Dieser Roman stellt Rassismus und Fremdenhass in den Fokus und übt eine gehörige Portion Gesellschaftskritik. Diese halte ich zwar für zu heftig, da das angeprangerte Gedankengut sicherlich nur von einer Minderheit Deutscher gehegt wird. Aber im Kern trifft sie durchaus zu, so dass das Buch zum Umdenken anregt.

Drei seit der Kindheit befreundete junge Frauen mit Migrationshintergrund treffen sich anlässlich einer Hochzeitsfeier für einige Tage in Berlin wieder. Am Ende muss sich eine von ihnen, Saya, für einen Großbrand verantworten. Die Ich-Erzählerin Kasih resümiert schriftlich die Tage davor und blickt immer wieder zurück auf das Leben der drei als Kinder/Jugendliche in einer Ghettohochhaussiedlung. Schon hier sahen sie sich regemäßig rassistischen und fremdenfeindlichen Anfeindungen und Vorurteilen ausgesetzt, die sich in ihrem Erwachsenenleben fortsetzen. So wurden etwa ihre sehr guten schulischen Leistungen niemals mit der Note 1 bewertet, wurden sie in Kaufhäusern unberechtigt des Ladendiebstahls bezichtigt, finden sie trotz hervorragendem Studienabschluss keinen Job. Noch unzählige weitere Beispiele werden kumuliert. Saya ist diejenige der drei, die hierüber am wütendsten ist und eindringliche Anklagen erhebt. Das Fass zum Überlaufen ist für sie ein gerade beginnender großer Strafprozess gegen eine Gruppe Rechtsradikaler (ohne dass er namentlich so genannt wird, dürfte es sich um den NSU-Prozess handeln). Sehr eindringlich wirkt das Ganze zusätzlich dadurch, dass Kasih den Leser mehrfach direkt anredet und ihm so verdeutlicht, dass er Teil dieser Gesellschaft ist. Für sehr gelungen halte ich auch, dass von dem einen oder anderen Ereignis an späterer Stelle erzählt wird, dass es nur fiktiv sei und man sich deshalb am Ende fragt, wie es sich denn nun tatsächlich abgespielt hat.

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Veröffentlicht am 09.04.2021

Eine Kindheit auf dem Dorf

Dorfroman
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In dem Roman wird von dem fiktiven Dorf Hülkendonck bei Calcar am Niederrhein erzählt. Die Geschichte ist im Wesentlichen in den 1970er/1980er Jahren angesiedelt. Da auch ich aus einer ländlich gelegenen ...

In dem Roman wird von dem fiktiven Dorf Hülkendonck bei Calcar am Niederrhein erzählt. Die Geschichte ist im Wesentlichen in den 1970er/1980er Jahren angesiedelt. Da auch ich aus einer ländlich gelegenen Stadt komme und meine Kindheit in exakt den vorgenannten Zeitraum fiel, konnte ich Vieles aus eigener Anschauung beurteilen und kam in mir so manche Erinnerung hoch, wie es damals war. Hülkendonck erleidet das gleiche Schicksal wie alle deutschen Dörfer: Nach und nach verschwindet das bäuerliche Milieu dank der Moderne. Sehr gelungen sind die authentischen Beschreibungen von allem, was ein Dorf ausmacht, und vor allem auch seiner Bewohner, die einander alle kennen und zusammenhalten. Eine Besonderheit aber hebt die Gegend deutschlandweit hervor: Der geplante Bau des „Schnellen Brüters“, eines neuartigen Atomkraftwerks. Er spaltet die Dorfgemeinschaft in Gegner und Befürworter, zumal die katholische Kirche eine eindeutige Stellung einnimmt, und ruft Anti-Atomkraft-Aktivisten auf den Plan. Belebt wird alles dadurch, dass im Wechsel aus Vergangenheit und Gegenwart auf drei Zeitebenen erzählt wird. Als Zehnjähriger hat sich der Ich-Erzähler dem Naturschutz verschrieben und ganz naiv die Ansichten seiner konservativen Eltern ungefiltert übernommen. Als Fünfzehnjähriger wurde er durch seine erste Freundin in die linke Gegenkultur eingeführt und rebelliert nunmehr gegen sein Elternhaus. In der Gegenwart besucht er seine betagten Eltern und schaut reflektierend zurück auf seine dörfliche Vergangenheit.
Ein sehr lesenswerter Roman.

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