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Veröffentlicht am 16.12.2020

Eine wunderbare Freundschaft ungleicher Frauen mit Lebensträumen

Miss Bensons Reise
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Folgender Satz auf dem rückwärtigen Buchcover beschreibt das Buch völlig zutreffend: „Eine hinreißende Geschichte über Freundschaft und Freiheit: Wie wir den Mut finden, an Träume zu glauben und einander ...

Folgender Satz auf dem rückwärtigen Buchcover beschreibt das Buch völlig zutreffend: „Eine hinreißende Geschichte über Freundschaft und Freiheit: Wie wir den Mut finden, an Träume zu glauben und einander zu helfen, sie zu verwirklichen.“

Erzählt wird über eine Freundschaft zweier völlig ungleicher Frauen, die zu Beginn nichts, aber auch rein gar nichts gemein haben und die am Ende das Kostbarste miteinander teilen. 1950: Die 46jährige Margery Benson ist einsam, unattraktiv und ohne Selbstbewusstsein, eine Hobby-Käferwissenschaftlerin. Als sie eines Tages in ihrem ungeliebten Job erniedrigt wird, gibt sie in London kurzerhand alles auf und begibt sich nach Neukaledonien am anderen Ende der Welt, um dort den goldenen Käfer zu finden, was schon seit ihrer Kindheit ihr Traum ist und sie an glückliche Zeiten mit ihrem Vater erinnert. Als Assistentin auf ihrer Expedition wählt sie die junge Enid Pretty aus, die in Charakter und Äußerem das völlige Gegenteil von Margery ist, nämlich Plappermaul und Sexbombe, aber ebenfalls mit einem Lebenstraum. Enid will London aus einem geheimnisvollen Grund verlassen. Ein anderer, abgelehnter Bewerber für die Assistentenstelle ist ein stark traumatisierter, gestörter Kriegsveteran, der den beiden als Stalker folgt.
Im Verlauf der Geschichte durchleben die Frauen zahlreiche Abenteuer, die sie zusammenschweißen, weil sie einander eine Stütze sind. Außerdem erfahren wir von den Tragödien in ihrem bisherigen Leben. Einige ihrer Erlebnisse sind ergreifend, andere furchtbar, wieder andere lustig. Spannung wird durch den Stalker und Enids allmählich aufgedeckte Vergangenheit in der Heimat eingebracht. Nicht zuletzt werden schöne Natureindrücke von Neukaledonien und Kenntnisse über Käfer vermittelt. Das Ende ist traurig, aber passend. Margery verliert etwas Wichtiges, gewinnt aber etwas Kostbares hinzu, von dem sie nie dachte, dass sie es wollte.

Ein Buch, dem ich meine volle Leseempfehlung gebe.

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Veröffentlicht am 11.12.2020

Ein verrücktes Buch über den Corona-Alltag

Die Krone der Schöpfung
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Es ist der erste Roman, den ich zum Thema Corona gelesen habe. Irgendwie ist er total verrückt und gerade deshalb so lesenswert. Die Ich-Erzählerin beschreibt ihr Leben in einem Dorf in der Uckermark in ...

Es ist der erste Roman, den ich zum Thema Corona gelesen habe. Irgendwie ist er total verrückt und gerade deshalb so lesenswert. Die Ich-Erzählerin beschreibt ihr Leben in einem Dorf in der Uckermark in dem Zeitraum von Beginn der Pandemie bis zu den ersten Lockerungen im Sommer. Ihre Erfahrungen im alltäglichen Leben decken sich mit denen der Leser, z.B. soweit es um Homeschooling, untersagte Treffen im größeren Kreis, Kontrollen durch das Ordnungsamt, leer gekaufte Regale im Supermarkt u.ä. geht. In einigen Jahren ist das sicherlich von historischem Wert. Das eigentlich Besondere aber sind weitere Erzählstränge. Der Text enthält viele enzyklopädisch wirkende Recherchen zum Corona-Virus und eine eigenständige Zombie-Geschichte, die die Erzählerin im Rahmen ihres Berufs als Drehbuchautorin als Auftragsarbeit fertigt. Letztere erscheint mir etwas zu irrsinnig. Der Roman liest sich trotz seiner vielen Handlungsteile flüssig. Gefällig sind der Sarkasmus und die leicht bissige Ironie, mit denen die Autorin das so aktuelle Thema beleuchtet.

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Veröffentlicht am 11.12.2020

Das furchtbare Schicksal eines ostukrainischen Mädchens

Kukolka
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Von Kinderbanden, Prostitution Minderjähriger, Menschenhandel ist in den Medien ja immer wieder die Rede, wird von einem aber leicht abgetan, weil es so fern von einem zu sein scheint. Dieser Roman jedoch ...

Von Kinderbanden, Prostitution Minderjähriger, Menschenhandel ist in den Medien ja immer wieder die Rede, wird von einem aber leicht abgetan, weil es so fern von einem zu sein scheint. Dieser Roman jedoch trägt dazu bei, dass man die eigene distanzierte Haltung zu den eingangs erwähnten Verbrechen revidiert. Denn das Schicksal der Protagonistin geht einem sehr nahe. Samira, später von vermeintlich es gut mit ihr meinenden Freunden nur Kukolka = Püppchen genannt, wächst elternlos in einer ostukrainischen Stadt in einem Kinderheim auf. Ihr Traum ist es, zu ihrer nach Deutschland adoptierten Freundin zu gehen. Mit sieben Jahren reißt sie aus dem Heim aus, findet Aufnahme bei Rocky, der sie und andere Kinder betteln und stehlen lässt und sie missbraucht. Mit 13 Jahren gerät sie an den sie vorgeblich liebenden Dima, der sie unter Drogen setzt und sie als Prostituierte arbeiten lässt und sie schließlich in ein Bordell in Berlin verkauft. Samiras Traum vom vielversprechenden Deutschland zerplatzt.
Das Thema ist schon harter Tobak. Die Protagonistin jedoch sorgte dafür, dass ich das Buch nicht aus der Hand legen wollte. Ihr Wesen fasziniert – kindlich, gutgläubig, optimistisch. Bis zum Ende wünscht man sich, dass es für sie ein Happy End gibt. Ob es so kommt, muss jeder selber lesen.
Ein Buch, das wirklich berührt.

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Veröffentlicht am 04.12.2020

Fortsetzung der Familiengeschichte der Autorin

Neuleben
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Bereits in ihrem Roman „Zwei Handvoll Leben“ ist die Autorin der leidvollen Geschichte ihrer Großmütter bis zum Jahr 1953 nachgegangen. Jetzt erzählt sie ihre Familiengeschichte weiter, setzt den Fokus ...

Bereits in ihrem Roman „Zwei Handvoll Leben“ ist die Autorin der leidvollen Geschichte ihrer Großmütter bis zum Jahr 1953 nachgegangen. Jetzt erzählt sie ihre Familiengeschichte weiter, setzt den Fokus aber auf das Leben ihrer Tante und ihrer Mutter. Beide emanzipieren sich, was zu ihrer Zeit ein steiniger Weg war – die eine studiert als eine von wenigen Frauen Jura und strebt eine Karriere in der Justiz an, die andere träumt vom Erfolg als Modemacherein. Daneben wird immer wieder der Faden rund um die Großmütter weitergesponnen.
Das Buchcover gefällt mir, weil es zu der Zeit des Aufbruchs nach dem Zweiten Weltkrieg passt, in der die Geschichte angesiedelt ist. Mit dem Buchtitel hadere ich etwas. Erst im letzten Drittel erfahren wir recht beiläufig, was es mit ihm auf sich hat; einen wirklichen Bezug zu einer der Hauptromanfiguren hat er nicht. Inhaltlich ist wirklich interessant, wie viel die Autorin aus ihrer Familie zusammengetragen hat und wie gut sie etwa zur Juristerei und zur Rolle der Frau in den 1950er Jahren recherchiert hat. Die Geschichte ist in einem ruhigen Ton gehalten und lässt sich angenehm lesen, ist allerdings nach meinem Dafürhalten zu sehr in die Länge gezogen. Sie ist zu empfehlen für jeden, der Familiengeschichten mit realem historischem Bezug mag.

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Veröffentlicht am 29.11.2020

Kindheitserlebnisse eines Kanzlersohnes

Raumpatrouille
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Da ich in Film und Theater nicht so bewandert bin, war mir bis dato gar nicht bekannt, dass Matthias Brandt ein renommierter deutscher Schauspieler ist. Darauf, dass es sich bei ihm sogar um den jüngsten ...

Da ich in Film und Theater nicht so bewandert bin, war mir bis dato gar nicht bekannt, dass Matthias Brandt ein renommierter deutscher Schauspieler ist. Darauf, dass es sich bei ihm sogar um den jüngsten Sohn des ehemaligen Bundeskanzlers Willy Brandt handelt, bin ich erst durch dieses Buch gestoßen.
In ihm erzählt der Autor mehrere zusammenhanglose Episoden aus der Zeit in den 1960er/1970er Jahren, in der er seine Kindheit am Venusberg in Bonn verbrachte. Aus ihnen wird seine Sehnsucht nach einem Leben als ganz normaler Junge deutlich. Stattdessen ist er verdammt zu einem Leben in einer großen Villa, umgeben von Wach- und sonstigem Personal, während seine Eltern, vor allem der Vater, nur wenig Zeit für ihn haben. Interessant sind diese zum Teil recht humorvoll gehaltenen Geschichten – insbesondere was den Einblick vom kleinen Matthias in die große Politik betrifft – vor allem für jene, die wie ich zu gleicher Zeit Kind waren. Denn es findet viel Zeittypisches Erwähnung, an das man sich noch erinnert, seien es Fernsehsendungen wie „Der Große Preis“, Zigarettenmarken wie Lord Extra, das kultige Bonanzafahrrad u.v.a.m.
Ein schönes Buch.

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