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Veröffentlicht am 01.10.2020

Ein herrlich verrücktes Buch

Warten auf Bojangles
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Dieses Buch ist einfach nur schön zu lesen. Die Protagonisten sind total verrückt – Vater Georges lebt für die Liebe zu seiner Frau, die er fast täglich mit anderen Vornamen benennt; die Mutter feiert ...

Dieses Buch ist einfach nur schön zu lesen. Die Protagonisten sind total verrückt – Vater Georges lebt für die Liebe zu seiner Frau, die er fast täglich mit anderen Vornamen benennt; die Mutter feiert und tanzt immerzu nach dem Lied „Mr. Bojangles“ von Nina Simone; der Sohn wird erdrückt von der Liebe seiner Eltern, muss nicht einmal zur Schule gehen. Leider ist die Mutter wirklich wahnhaft, ist manisch-depressiv, schizophren. Ihre Krankheit spitzt sich zu, bis sie in die Psychiatrie eingewiesen wird, aus der sie mithilfe von Mann und Sohn flüchtet, und zwar in das Ferienhaus nach Spanien, wo die drei mit der Krankheit leben.

Das ernste Thema der psychischen Erkrankung eines Familienmitglieds und ihrer Folgen für die Angehörigen wird ungewöhnlich aufgearbeitet und macht das Buch so lesenswert. Die Romanfiguren sind sehr sympathisch. Sie vermitteln pure Lebenslust, so dass das Ende sehr überraschend kommt. Der Text quillt nur so über von merkwürdigen Dialogen verrückten Vorkommnissen.

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Veröffentlicht am 30.09.2020

Das letzte Kriegsjahr in der Eifel

Winterbienen
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Wer anspruchsvolle, zeitgenössische Literatur insbesondere mit Bezug zum Zweiten Weltkrieg mag, sollte unbedingt dieses Buch lesen.
Die Geschichte spielt 1944/45 in der Eifel. Dass der Autor von dort stammt, ...

Wer anspruchsvolle, zeitgenössische Literatur insbesondere mit Bezug zum Zweiten Weltkrieg mag, sollte unbedingt dieses Buch lesen.
Die Geschichte spielt 1944/45 in der Eifel. Dass der Autor von dort stammt, wird allenthalben sichtbar, vor allem in den detaillierten Landschaftsbeschreibungen. Protagonist ist ein aus dem Schuldienst entlassener, von der Bienenzucht lebender Gymnasiallehrer, Egidius Arimond, aus dem Bergarbeiterstädtchen Kall. Liebschaften, seine sich zusehends verschlimmernde Epilepsie und der Umstand, dass er Juden, versteckt in Bienenstöcken, nach Belgien rettet, noch dazu vermehrte Angriffe alliierter Bomber, bringen ihn in Gefahr.
Über all das erfahren wir auf von Egidius geführten Tagebuchblättern. Immer wieder lässt er sich über bestimmte Vorkommnisse aus, am häufigsten über seine Bienen. Insoweit hat sich der Autor wirklich fundiertes Wissen angeeignet. Weiteres wiederkehrendes Thema ist das anhand von Dokumenten nachvollzogene Leben über einen Vorfahren von Egidius, der im 15. Jahrhundert aus dem Tessin in die Eifel gekommen ist. Diese Teile haben philosophische Bezüge und sind am schwierigsten zu lesen. Schließlich ist der Bombenkrieg der Alliierten über der Eifel von Bedeutung. Die Flugzeuge sind sehr schön illustriert. Alles in allem ergibt sich ein anschauliches Bild über das letzte Kriegsjahr.

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Veröffentlicht am 27.09.2020

Für Bücherliebhaber mit Interesse an der deutsch-deutschen Geschichte

Die rechtschaffenen Mörder
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Zugegeben, etwas verwirrt hat mich dieses Buch zurückgelassen. Der erste, lange Teil (aus der Perspektive eines auktorialen Erzählers) der dreigegliederten Geschichte endet abrupt mitten im begonnenen ...

Zugegeben, etwas verwirrt hat mich dieses Buch zurückgelassen. Der erste, lange Teil (aus der Perspektive eines auktorialen Erzählers) der dreigegliederten Geschichte endet abrupt mitten im begonnenen Satz, die folgenden Teile zwei und drei werden aus der Sicht eines dem Protagonisten bekannten Schriftstellers Schultze und seiner Lektorin erzählt, am Ende hat man es vielleicht gar mit einem Kriminalfall zu tun. Genau das und natürlich die Materie machen den Roman zu einem anspruchsvollen Buch.
Protagonist ist der Büchernarr Norbert Paulini, der das Lesen zu seinem Beruf erklärt und zu DDR-Zeiten in Dresden ein Antiquariat eröffnet. Mit Politik hat er da nichts am Hut (oder doch? Immerhin befinden sich Paulinis Bücherregale auch Bücher, die es in der DDR nicht frei zu kaufen gibt). Die Wende lässt ihn dann sein Haus und sein Antiquariat verlieren. Paulini verliert die Orientierung und wird zum rechtsradikalen Redner. Durchgängiges Thema ist, wie sich die Ostdeutschen sehen und wie die DDR fälschlich als Idylle dargestellt wird.
Sehr lesenswert.

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Veröffentlicht am 23.09.2020

Familiengeschichte aus den 1950er Jahren

Und die Welt war jung
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Wer Familiengeschichten mit historischem Bezug, hier insbesondere zu den 1950er Jahren mag, wird durch dieses Buch gut unterhalten.
Wir erhalten Einblick in das Leben dreier miteinander verwobener Familien ...

Wer Familiengeschichten mit historischem Bezug, hier insbesondere zu den 1950er Jahren mag, wird durch dieses Buch gut unterhalten.
Wir erhalten Einblick in das Leben dreier miteinander verwobener Familien an den Schauplätzen Köln, Hamburg und San Remo in den Jahren 1950 bis 1958. Für alle ist es eine Zeit des Aufbruchs und Neuanfangs nach den Entbehrungen des noch nicht lange zurückliegenden Zweiten Weltkriegs. Auf dessen Folgen (z.B. Verfolgung der Juden, Kriegsgefangenschaft) wird in der Geschichte immer mal wieder eingegangen, so dass sie für mich von interessanter historischer Bedeutung ist. Zugleich werden viele Besonderheiten aus dem Leben des Nachkriegsjahrzehnts geschildert und manches Detail kommt mir, die in dem nachfolgenden Jahrzehnt geboren ist, bekannt vor (z.B. Gartenstühle mit bunten Kunststoffbändern, Karl May-Bücher). Was mich auf Dauer etwas gelangweilt hat, war, dass das Buch im Wesentlichen aus Dialogen zusammengesetzt ist und diese auf mich häufig gekünstelt und nicht sehr realitätsgerecht wirken. Welche Kinder werden sich etwa mit ihren Eltern anstatt mit dem Partner über Verhütung und Familienplanung sowie die Partnersuche unterhalten? Überhaupt wurden für meine Begriffe Liebesbeziehungen zu rasch geknüpft und von den Beteiligten unbesehen für gut befunden. Wegen dieser Kritikpunkte und des für mich unverständlichen Endes eine dreieinhalb Sterne-Bewertung.

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Veröffentlicht am 20.09.2020

Heftig

Alle Hunde sterben
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Man müsste schon sehr abgeklärt sein, wenn dieses Buch bei einem keine Spuren der Betroffenheit hinterlassen soll. Mich hat es geschockt und sprachlos zurückgelassen und im Nachhinein wünschte ich mir, ...

Man müsste schon sehr abgeklärt sein, wenn dieses Buch bei einem keine Spuren der Betroffenheit hinterlassen soll. Mich hat es geschockt und sprachlos zurückgelassen und im Nachhinein wünschte ich mir, es besser nicht gelesen zu haben. Folter, Bespitzelung, Verrat, Terror, Erniedrigung – das sind im Wesentlichen die Themen, um die es geht, begangen zum Nachteil der neun traumatisierten Romanfiguren und ihrer Familien, die alle im Exil in einem Hochhaus im Westen (wohl der Türkei?) leben und in verschieden langen Episoden von Macht und Willkür des Militärs und der Polizei erzählen.
Für Leser, die sich für den kurdisch-türkischen Konflikt interessieren. Mir persönlich war das Buch zu brutal.

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