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Veröffentlicht am 03.02.2020

Gemeinsame Trauerbewältigung von Mensch und Tier

Der Freund
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Worum es in dem Buch geht, ist rasch erzählt, denn eine eigentliche Handlung gibt es nicht. Nach dem Selbstmord ihres langjährigen besten Freundes, Schriftsteller und Literaturdozent wie sie, erfüllt die ...

Worum es in dem Buch geht, ist rasch erzählt, denn eine eigentliche Handlung gibt es nicht. Nach dem Selbstmord ihres langjährigen besten Freundes, Schriftsteller und Literaturdozent wie sie, erfüllt die namenlos bleibende Ich-Erzählerin seinen letzten Wunsch und nimmt eher unwillig dessen riesige, altersschwache dänische Dogge in ihrer winzigen New Yorker Wohnung auf, in der Hundehaltung gar nicht erlaubt ist. Allmählich wird aus der Zweckgemeinschaft eine schöne Mensch-Tier-Freundschaft, die beiden ihre Trauer um den lieben Verstorbenen zu bewältigen hilft.
Das Buch ist ein wahres Goldstück für Literaturfreunde, denn die Erzählerin sinniert sehr viel über berühmte Weltliteraten und den Beruf des Schriftstellers, außerdem über das Verhältnis zwischen Mensch und Tier sowie den Selbstmord. Das alles dominiert sogar, während die Begebenheiten mit dem Hund aus dem Alltagsleben im Hintergrund bleiben, zuweilen durchaus mit humorvollen Tönen (hier denke ich etwa an die List, mit der die Erzählerin der Kündigung ihrer Wohnung entgeht). Ein besonderer Clou ist dann ziemlich am Ende eingebaut, der einen daran zweifeln lässt, ob das bisher Gelesene, immerhin gerichtet in direkter Ansprache des verstorbenen Mentors, tatsächlich die Monate im Leben der Erzählerin nach dem Tod ihres Freundes wiedergibt oder reine dichterische Fiktion ist.
Wer besondere Bücher mag und literaturaffin ist, sollte dieses Buch unbedingt lesen.

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Veröffentlicht am 31.01.2020

Eine Mehrgenerationengeschichte zwischen Stalinismus und Perestroika

Klara vergessen
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Schauplatz ist Murmansk, die große russische Hafenstadt nördlich des Polarkreises. Nur am Rande geht es um die Umweltsünden der Vergangenheit und die Folgen des Klimawandels. Im Vordergrund steht der Stalinismus ...

Schauplatz ist Murmansk, die große russische Hafenstadt nördlich des Polarkreises. Nur am Rande geht es um die Umweltsünden der Vergangenheit und die Folgen des Klimawandels. Im Vordergrund steht der Stalinismus mit seinen verheerenden Folgen für so viele Russen, hier exemplarisch geschildert anhand der buchtitelgebenden Klara und ihrer Familie. Deren Sohn Rubin liegt im Sterben und beordert seinen eigenen Sohn Juri zu sich, der vor mehr als zwanzig Jahren ohne Bedauern in die USA ausgewandert ist, um dort seine Homosexualität und seine Liebe für die Ornithologie ausleben zu können. Nie hätte Juri gedacht, noch einmal in seine Geburtsstadt zu dem ihm verhassten Vater zurückzukehren. Dieser bittet Juri herauszufinden, was mit Rubins Mutter Klara geschehen ist, die – eine renommierte Wissenschaftlerin auf dem Gebiet der Geologie - 1950 zur Zeit des Stalinismus in einer Nacht- und Nebel-Aktion vor den Augen ihres Ehemannes und ihres noch kleinen Sohnes verhaftet wurde. Vater und Sohn galten fortan als Feinde des Kommunismus und waren jeglichen nur erdenklichen Restriktionen ausgesetzt.
Die Verhaftung Klaras hatte für ihre Nachkommen furchtbare Folgen. Ihr Sohn entwickelte sich zu einem gefühlskalten Tyrannen, unfähig, Menschen und seinen eigenen Sohn zu lieben. Seine einzige Liebe war das Meer. Juri litt unter den Misshandlungen, die er als Kind erfahren hat. Allen dreien ist gemeinsam, sehr viel Leid erfahren zu haben und sich einer Sache mit Haut und Haar verschrieben zu haben: der Wissenschaft, der Schleppnetzfischerei, der Ornithologie. Das Meer, Natur und Ökologie, die Unterdrückung der indigenen Nomaden in Sibirien, die Schreckensherrschaft Stalins sind Themen dieses fesselnden Romans. Bedächtig und melancholisch erhellt die Autorin die Vergangenheit einer Familie, um deren Zukunft besser zu verstehen. Ganz besonders gelungen sind die Beschreibungen von Tier- und Pflanzenwelt.

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Veröffentlicht am 30.01.2020

Aufden Spuren der Familiengeschichte

Geteilt durch zwei
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Für Mutter-Tochter-Schwester-Geschichten scheint die Autorin ein Faible zu haben. Nach „Schwestern bleiben wir immer“ und „Töchter wie wir“ nun das vorliegende Buch, in dem die Protagonistin durch Zufall ...

Für Mutter-Tochter-Schwester-Geschichten scheint die Autorin ein Faible zu haben. Nach „Schwestern bleiben wir immer“ und „Töchter wie wir“ nun das vorliegende Buch, in dem die Protagonistin durch Zufall erfährt, eine Zwillingsschwester zu haben, von der sie als Kleinkind durch Adoption getrennt wurde. Anlass für sie beide, ihre Herkunft zu erforschen. Das Ergebnis stellt die Grundfesten ihres Lebens in Frage.
Die Geschichte um die Schwestern und ihre Vergangenheit ist sehr berührend und es ist sehr spannend, nach und nach zum Kern der Wahrheit vorzudringen, zumal die Personen in ihrem persönlichen Umfeld lange Zeit mauern. Abwechslung beim Lesen bringt, dass verschiedene involvierte Personen zur Sprache kommen. Die beiden Protagonistinnen und ihr Leid sind gut herausgearbeitet, wenngleich sie nicht unbedingt Sympathieträger sind.
Wer Familiengeschichten mag, ist mit diesem Buch gut bedient.

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Veröffentlicht am 27.01.2020

Familiengeschichte, zu amerikanisch

Kleine Feuer überall
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Schon seit Erscheinen des Buches im Jahre 2018 habe ich mir vorgenommen, es angesichts des Hypes, der um es gemacht wurde, zu lesen. Nun endlich habe ich es geschafft und muss gestehen, so toll ist der ...

Schon seit Erscheinen des Buches im Jahre 2018 habe ich mir vorgenommen, es angesichts des Hypes, der um es gemacht wurde, zu lesen. Nun endlich habe ich es geschafft und muss gestehen, so toll ist der Roman gar nicht. Man sollte unbedingt amerikanische Familiengeschichten mögen. Denn wie für sie typisch, werden auch vorliegend - zu ausführlich – die Sorgen der Teenager um einen College-Platz, ihre Beziehungen zum anderen Geschlecht und natürlich ihre Autos angesprochen. Wenn ich so etwas lese, frage ich mich immer wieder, ob so oberflächlich wirklich das Leben in amerikanischen Familien abläuft. Auf jeden Fall wird das Buch dadurch zu sehr in die Nähe eines Jugendromans gerückt, der es aber ja nicht ist. Auch im Übrigen wirkt die Geschichte zu sehr amerikanisch auf mich mit der im Fokus stehenden betuchten sechsköpfigen Protagonisten-Familie aus einer Vorzeigekleinstadt, die gönnerhaft einer alleinerziehenden herum vagabundierenden Künstlerin ihr Haus vermietet. Zwischen beiden Familien entwickeln sich schnell verschiedene Verflechtungen, an deren Ende (das jedoch schon von Anfang an so bekannt ist) steht, dass die jüngste Tochter das Familienheim niederbrennt (daher auch der sehr passende, zum Nachdenken anregende Buchtitel). Wie es dazu kommt, wird nach und nach aufgedeckt. Dabei spielen dann auch Themen wie Leihmutterschaft, Adoption, Rassismus eine Rolle, die z.T. zu extensiv ausgebreitet werden. Die Handlung wird verlegt auf das Jahr 1997 (warum eigentlich?), so dass selbst die sog. Lewinsky-Affäre Erwähnung findet.
Alles in allem nett zu lesen, mehr aber auch nicht.

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Veröffentlicht am 19.01.2020

Nicht unbedingt ein mich umhauender Liebesroman

Sweet Sorrow
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Die Geschichte ist im Wesentlichen im Sommer des Jahres 1997 angesiedelt, als der 16jährige Charlie, gerade die Schule abgeschlossen, auf Fahrradtouren die Gegend durchstreift, um der Langeweile und dem ...

Die Geschichte ist im Wesentlichen im Sommer des Jahres 1997 angesiedelt, als der 16jährige Charlie, gerade die Schule abgeschlossen, auf Fahrradtouren die Gegend durchstreift, um der Langeweile und dem Zusammenleben mit seinem depressiven und arbeitslosen Vater zu entkommen. Dabei trifft er zufällig auf das Mädchen Fran, die mit einer Theatergruppe Shakespeares „Romeo und Julia“ einstudiert. Charlie verliebt sich sofort in Fran und um sie wiedersehen zu können, schließt er sich trotz fehlender Begeisterung und fehlendem schauspielerischem Können dem Schauspielertrupp an. Im Folgenden entwickelt sich die Romanze zwischen den beiden Jugendlichen fort. Doch wird sie von Dauer sein, stammt die ehrgeizige Fran doch aus einem behüteten Elternhaus und hat ehrgeizige Pläne für ihre Zukunft, während Charlie bei wichtigen Prüfungen versagt und seine Mutter ihn und den Vater verlassen hat.
Erzählt wird aus Charlies Perspektive in der ersten Person. Anlässlich einer Einladung zu einem Jahrestreffen der Theatergruppe 20 Jahre später blickt er zurück. Passagenweise habe ich das Buch wirklich gern gelesen, nämlich soweit es um das Familienleben des Protagonisten Charlie geht. Demgegenüber konnte ich mit den weitaus längeren Teilen betreffend das Theaterstück wenig anfangen. Vielleicht fehlt es mir insoweit an Shakespeare-Affinität oder zumindest der Fähigkeit, seine Stücke zu verstehen. Offenbar sollen Parallelen gezogen werden zwischen der Liebesbeziehung von Charlie und Fran und der von Romeo und Julia. Die allgemein so hochgelobte, zärtliche Sprache des Autors kann ich nicht so recht wiederfinden. Etwas darüber hinweg trösten manche humorvolle Äußerungen und Handlungen.
Schade, dass sich hinter einem so wertvoll aufgemachten Cover nicht eine ebensolche Geschichte verbirgt.

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