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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.08.2019

Konnte mich nicht packen

Letzte Rettung: Paris
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Aufgrund der Buchbeschreibung war meine Erwartung, einen satirischen Roman, angefüllt mit absurden Situationen und sarkastischen Elementen zu lesen. Das hat sich leider nicht erfüllt.
Zunächst: Worum ...

Aufgrund der Buchbeschreibung war meine Erwartung, einen satirischen Roman, angefüllt mit absurden Situationen und sarkastischen Elementen zu lesen. Das hat sich leider nicht erfüllt.
Zunächst: Worum geht es? Protagonisten sind Mutter Frances und Sohn Malcolm. Sie ist in New York bekannt für ihre Schönheit, ihren Snobismus und aufgrund von Skandalen. Er wird völlig von seiner Mutter dominiert. Nachdem das reiche Erbe des Vaters verprasst ist, flieht Frances vor dem befürchteten Klatsch nach Paris mit Sohn und Kater Kleiner Frank, der für sie die Inkarnation ihres verstorbenen Mannes ist. In Paris verschwindet das Tier und beide begegnen auf seiner Suche einer Reihe skurriler, exzentrischer Personen.
Die Absicht des Autors geht wohl dahin, die High Society anzuprangern und zu zeigen, dass sich mit Geld nicht alles kaufen lässt, insbesondere nicht Manieren und Liebe. Leider plätschert die gesamte Geschichte ohne viel Handlung dahin; es läuft kein roter Faden durch sie. Die geführten Dialoge sind realitätsfremd, ohne Witz und Originalität. Überraschend war lediglich, dass am Ende emotionale Elemente zwischen Mutter und Sohn eingeführt werden, obwohl sie bis dahin sehr distanziert zueinander waren.
Leider hat das Buch nicht meinen Lesegeschmack getroffen.

Veröffentlicht am 11.08.2019

Fortsetzung der Familiensaga rund um eine jüdische Familie

Zeit aus Glas
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Dies ist nach „Jahre aus Seide“ der zweite Band der Trilogie rund um die Geschichte der jüdischen Familie Meyer aus Krefeld, die zum Teil auf fiktiven, zum Teil auf wahren Begebenheiten beruht. Während ...

Dies ist nach „Jahre aus Seide“ der zweite Band der Trilogie rund um die Geschichte der jüdischen Familie Meyer aus Krefeld, die zum Teil auf fiktiven, zum Teil auf wahren Begebenheiten beruht. Während im ersten Band auf die Jahre 1926 bis zur Reichspogromnacht im November 1938 eingegangen wird, geht es jetzt um einige wenige Monate ab der Pogromnacht bis zum Juni 1939. Auch wer den ersten Band nicht kennt, findet sich gut zurecht, da wichtige vergangene Ereignisse erneut angesprochen werden. Den Meyers haben „die Braunen“ in der Pogromnacht arg zugesetzt, später wird auch noch der Vater wegen Schmuggels inhaftiert und muss seine Deportation nach Dachau befürchten. Eine Auswanderung erweist sich als fast unmöglich. Nur Ruth hat die Möglichkeit, als Hausmädchen eine Stellung in England anzutreten. Doch soll sie ohne ihre Familie in die Fremde? Und wird sie von dort ihre Angehörigen nachholen können?
Der Roman ist erneut sehr lehrreich, bringt er uns doch das düsterste Kapitel der deutschen Geschichte, den Nationalsozialismus, nahe. Die Geschichte lässt einen sehr betroffen zurück, eben weil es in ihr um eine real existierende Familie geht. Sprachlich lässt sich ihr gut folgen, was daran liegt, dass aus der Perspektive der 17jährigen Tochter Ruth erzählt wird. Die Autorin hat gut recherchiert und fasst den Anlass des Romans und den Gang ihrer Recherchen in einem gelungenen Nachwort zusammen. Etwas gestoßen habe ich mich an einigen Längen betreffend die sich stets wiederholenden Überlegungen der Romanfiguren zum Wagnis einer Auswanderung, wenngleich ich nicht verkenne, dass gerade dadurch sehr deutlich wird, in welchem Zwiespalt sich die Juden in Deutschland befanden – einerseits wollten sie ihre Heimat gar nicht verlassen, andererseits gab es für sie dort angesichts des stetigen Beschneidens ihrer Bürgerrechte und Freiheiten kein Fortkommen mehr.
Auf jeden Fall ein lesenswertes Buch und ein wichtiger Beitrag, die Erinnerung an den Holocaust wachzuhalten. Ganz sicher werde ich die dritte Fortsetzung lesen.

Veröffentlicht am 01.08.2019

Komische Geschichte über einen ganz speziellen Senior

Otto
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Der Protagonist – Otto – dieses Romans erinnert ein wenig an die Großmutter aus dem Buch „Der Zopf meiner Großmutter“ von von Suffrins Schriftstellerkollegin Alina Bronsky, das ich vor einem Vierteljahr ...

Der Protagonist – Otto – dieses Romans erinnert ein wenig an die Großmutter aus dem Buch „Der Zopf meiner Großmutter“ von von Suffrins Schriftstellerkollegin Alina Bronsky, das ich vor einem Vierteljahr gelesen habe und das ebenfalls im Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienen ist. Beide sind gleichermaßen sehr empfehlenswerte Bücher.
Vorliegend wird das Seniorenalter thematisiert. Ottos Geschichte bis dahin wird in Bruchstücken und nicht chronologisch erzählt. In der Gegenwart ist er in seinen 80ern und aufgrund diverser Erkrankungen ein Pflegefall. Über seine zwei Töchter führt er nach wie vor ein strenges Regiment und geriert sich als kleiner Tyrann, der von seinen erwachsenen Kindern unbedingte Unterstützung zu jeder Tages- und Nachtzeit erwartet. Gebürtig ist er Jude aus dem rumänischen Siebenbürgen, das er 1962 Richtung Haifa/Isarael verließ, von wo er in den 70er Jahren nach München kam.
Die Lektüre hat mir sehr viel Spaß bereitet, obwohl ein ernstes Thema – Krankheit und Pflegebedürftigkeit der Eltern im Alter – Gegenstand ist. Das Buch besticht durch Ottos Wesen. Obwohl ihm eigentlich nur negative Eigenschaften anhaften (geizig, tyrannisch, wahnwitzig, starrköpfig), hinterlässt er doch einen liebenswerten Eindruck. Das mag vielleicht an seiner seltsamen Grammatik und seinem oft manipulativ eingesetzten „schönen Bitten“ liegen. Sehr lehrreich und interessant ist auch, was zu seiner schrägen Familiengeschichte zu erfahren ist.
Es ist wirklich lobenswert, wenn eine Autorin wie Dana von Suffrin solch einen gelungenen Debütroman mit einer ihr eigenen, unverwechselbaren Schreib- und Erzählweise hinlegt.

Veröffentlicht am 26.07.2019

Auf dem Weg zum Erwachsenwerden

Mein Leben basiert auf einer wahren Geschichte
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Auch wenn ich schon zur Generation Ü 50 gehöre, lese ich gelegentlich auch gerne einmal einen Jugendroman. Den vorliegenden habe ich von der ersten bis zur letzten Seite genossen.
Protagonisten sind die ...

Auch wenn ich schon zur Generation Ü 50 gehöre, lese ich gelegentlich auch gerne einmal einen Jugendroman. Den vorliegenden habe ich von der ersten bis zur letzten Seite genossen.
Protagonisten sind die 18jährigen Rosa, Frank und David. Die Jungs kennen sich schon ein paar Jahre, sind fast so etwas wie Brüder. Rosa lernen sie in Australien kennen, das sie zusammen in einem Camper durchqueren. Der gemeinsame Reiseantritt hat einen speziellen Hintergrund. Die drei sind sehr unterschiedlich und begeben sich aus unterschiedlichen Motiven auf den roadtrip. Rosa fühlt sich nirgends richtig zugehörig, weiß nichts mit ihrer Zukunft anzufangen; Frank ist ruhig; David ist Sohn aus reichem Hause, ohne jemals menschliche Nähe erfahren zu haben. Gemeinsam ist ihnen, dass sie Dämonen aus der Vergangenheit mit sich schleppen, vor allem ihre Familie betreffend.
Wer vermutet, dass es auf eine Dreiecksbeziehung hinausläuft, bei der nur die Frage ist, ob aus Rosa und Frank oder aus Rosa und David ein Paar wird, hat weit gefehlt. Sicher geht es auch um Liebe, auch der drei zueinander, die dann eine ganz besondere Lösung findet. Vordergründiger ist aber die Darstellung, wie sich die jungen Erwachsenen in wenigen Monaten entwickeln und an Zuversicht gewinnen, ihren weiteren Lebensweg beschreiten zu können.
Die Autorin bedient sich einer einzigartigen Sprache, lässt die kurzen Kapitel in perspektivischem und zeitlichem Wechsel von jeweils einer Figur erzählen. So erhält der Leser umfassenden Einblick in das Innere der Figuren. Nicht zuletzt wird Fernweh geweckt mit den wunderbaren Ausblicken auf touristische Punkte.
Ähnlich wie den drei Protagonisten wird dieser schöne roadtrip auch mir noch lange in Erinnerung bleiben.

Veröffentlicht am 21.07.2019

Ein Mutmach-Buch

Wir von der anderen Seite
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Das in schwarz gehaltene, düster wirkende Cover mit dem stilisierten grün-blauen Eichhörnchen sollte auf gar keinen Fall vom Lesen des Buches abhalten, wozu ich fast schon versucht war. Es würde einem ...

Das in schwarz gehaltene, düster wirkende Cover mit dem stilisierten grün-blauen Eichhörnchen sollte auf gar keinen Fall vom Lesen des Buches abhalten, wozu ich fast schon versucht war. Es würde einem nämlich ein ganz, ganz wunderbarer Roman entgehen.
In ihn fließt ein Stück eigene Lebensgeschichte der als Drehbuchautorin („Keinohrhasen“, „Zweiohrküken“) bekannten Autorin Anika Decker. Ähnlich wie es ihr selbst ergangen ist, lässt sie ihre fiktive Berufskollegin, die 35jährige Rahel, ein Nierensteinproblem haben, das in der Folge zu einer Sepsis, multiplem Organversagen und künstlichem Koma führt. Rahel kämpft sich in einem langen Genesungsprozess zurück ins Leben. Als sei das noch nicht genug, sind krankheitsbedingt ihre gerade begonnene Karriere und ihre langjährige Beziehung zu ihrem Freund in Gefahr, dem das Zusammenhalten in den schlechten Tagen neben den guten schwer fällt. Hundertprozentige Unterstützung erhält sie auf ihrem schweren Weg stets von ihren Eltern und ihrem Bruder.
Dieses sehr berührende Thema um Krankheit und Tod ist mit sehr viel Humor und Situationskomik dargestellt, ohne dass jedoch auf Teufel komm raus Lacher erzeugt werden. Daher zieht es einen beim Lesen auch überhaupt nicht runter, mit derartigen Tabuthemen konfrontiert zu werden. Die etwas schräge Protagonistin muss man einfach ins Herz schließen, und so fiebert man mit jeder anstehenden weiteren Untersuchung und Behandlung mit und wünscht ihr positive Befunde. Ein interessanter Schachzug ist auch, dass Rahels Erinnerungsvermögen an die ihrer akuten Erkrankung vorausgehende Zeit und die damit verbundenen Umstände lange Zeit nicht vorhanden ist und ihre Familie sich darüber ausschweigt. Was für ein Geheimnis hier verborgen liegt, kommt erst allmählich zutage. Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass auch dem Eichhörnchen vom Buchcover in der Geschichte eine bestimmte, passende Bedeutung zukommen wird.
Das Buch ist für mich ein absolutes Lese-Highligt.