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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.10.2019

Mischung aus fiktivem Roman und historischen Fakten zum Nationalsozialismus in Norwegen

Vergesst unsere Namen nicht
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Dieses Buch hat mir ein düsteres Kapitel vor Augen geführt, das mir bislang nicht geläufig war – die Facetten des Nationalsozialismus während des zweiten Weltkriegs in Norwegen. Der Autor arbeitet die ...

Dieses Buch hat mir ein düsteres Kapitel vor Augen geführt, das mir bislang nicht geläufig war – die Facetten des Nationalsozialismus während des zweiten Weltkriegs in Norwegen. Der Autor arbeitet die Geschichte der Familie seiner Ehefrau auf. Deren jüdische Großeltern sind Jahrzehnte zuvor vor Pogromen in Russland nach Norwegen geflüchtet. Stranger stellt eine Verbindung her zu der real existierenden Trondheimer Rinnan-Bande unter ihrem gleichnamigen Anführer, unter dem norwegische Juden und Widerstandskämpfer auf grausamste Weise litten.
Dem Werdegang und Wirken des Kollaborateurs Rinnan, der in Deutschland eher unbekannt ist, gibt Stranger sehr viel, m.E. fast zu viel Raum. Der Grund hierfür ist wohl, dass über ihn sehr viele Quellen existieren, die Recherchematerial geliefert haben. Leider herrschen in den diesbezüglichen Passagen vor Gewalt strotzende Szenen und die krankhaften Fantasien des Rinnan vor, was ich in solch epischer Breite überhaupt nicht gerne lesen mag. Daher auch meine Bewertung des Buchs im Mittelfeld. Gerne hätte ich über die Familiengeschichte mehr gelesen.
In formaler Hinsicht besteht die interessante Besonderheit, dass das Buch so viele Kapitel hat wie das Alphabet Buchstaben und jede Kapitelüberschrift ein Buchstabe ist, der nachfolgend in mehreren mit ihm beginnenden Stichworten aufgenommen wird. Allerdings erkenne ich nicht immer einen Zusammenhang, so dass diese Formalität letztlich etwas konfus wirkt.
Auf jeden Fall ist das Buch ein guter Beitrag, die Erinnerung an die Gräuel des Nationalsozialismus wachzuhalten.

Veröffentlicht am 18.10.2019

Von Interesse für jemanden mit Kenntnissen der Dame Edith Sitwell

Die Dame hinter dem Vorhang
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Mir selbst hat bis dato der Name der Protagonistin Edith Sitwell, die mir in diesem zum Teil biografischen, zum Teil fiktiven Roman nun als englische, äußerst exzentrische Lyrikerin aus der ersten Hälfte ...

Mir selbst hat bis dato der Name der Protagonistin Edith Sitwell, die mir in diesem zum Teil biografischen, zum Teil fiktiven Roman nun als englische, äußerst exzentrische Lyrikerin aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts vorgestellt wird, nichts gesagt. Das ist vermutlich der Grund dafür, dass ich so richtig mit dem Buch nicht warm werden konnte. Jemand, der die Hauptfigur sowie die weiteren eingeflochtenen Personen mit Bezug zur Kunst aus ihrem Umfeld (z.B. den Fotografen Cecil Beaton, den Maler Pavel Tchelitchew) kennt, wird das Buch ganz anders lesen. Im Übrigen stört mich ein wenig, dass nur einige Episoden aus Ediths Leben grob betrachtet werden. Gerne hätte ich auch das eine oder andere Gedicht von ihr gelesen. So kommt es, dass mir der fiktive Anteil des Buches mit Ediths Vertrauten, den Dienstmädchen Emma und Jane, sehr viel besser gefallen hat. Über diese beiden Frauen hätte ich gerne noch mehr gelesen. Als sehr positiv habe ich die zu ihrer Zeit sehr modernen Ansichten Ediths zu der gesellschaftlichen Trennung zwischen englischen Adligen und ihren Bediensteten empfunden.

Veröffentlicht am 14.09.2019

Entspricht nicht meinen Erwartungen

Der Ausflug
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Für „unglaublich komisch“, wie das Buch in dem Klappentext beschrieben wird, halte ich es überhaupt nicht. Ich kann mich nicht erinnern, beim Lesen einmal gelacht oder auch nur geschmunzelt zu haben.
Inhaltlich ...

Für „unglaublich komisch“, wie das Buch in dem Klappentext beschrieben wird, halte ich es überhaupt nicht. Ich kann mich nicht erinnern, beim Lesen einmal gelacht oder auch nur geschmunzelt zu haben.
Inhaltlich geht es um den gemeinsamen Weihnachtsurlaub einer Patchwork-Familie. Matt und Claire sind geschieden und haben beide neue Partner. Ihrer siebenjährigen Tochter zuliebe verbringen alle gemeinsam ein langes Wochenende in einem Ferienpark auf dem Land.
Die Geschichte beginnt mit einer Werbeanzeige dieses Parks, gefolgt von der Aufzeichnung eines Notrufs, wonach jemand auf einem Bogenschießplatz von einem Pfeil angeschossen worden sein soll. Zu diesem Zeitpunkt wissen wir noch nicht, wer geschossen hat und wer angeschossen wurde. Im Folgenden werden dann aus der Rückschau die Ereignisse dargestellt, die zu dem Vorfall geführt haben. Für mich bleibt alles zu unspektakulär mit vor sich hin dümpelnden, seichten Dialogen. Beabsichtigt war wohl, dass der Leser herausfinden sollte, wer das Opfer und wer der Täter war. Ich jedoch war mehr an der Frage interessiert, welches von den Pärchen am Ende des Ausflugs noch zusammen sein wird, denn, wie kann es bei solch einer Konstellation auch anders sein, beherrschen rasch Misstrauen, Missverständnisse und Lügen die Situation.
Eine leichte Lektüre, die man lesen kann oder auch nicht.

Veröffentlicht am 29.06.2019

Über Identität und Rassismus

Americanah
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Die Geschichte ist ab Mitte der 1990er Jahre in Nigeria, England und den USA angesiedelt. Unter der Militärdiktatur sehen die jungen Nigerianer einer wenig aussichtsreichen Zukunft entgegen. Die Protagonistin ...

Die Geschichte ist ab Mitte der 1990er Jahre in Nigeria, England und den USA angesiedelt. Unter der Militärdiktatur sehen die jungen Nigerianer einer wenig aussichtsreichen Zukunft entgegen. Die Protagonistin Ifemelu geht dank ihrer bereits dort lebenden Tante zum Studium in die USA und lässt ihre große Liebe Obinze zurück. Anfängliche Schwierigkeiten überwindet sie letztendlich mit Hilfe ihres neuen weißen, reichen Freundes, der ihr auch zu einer Greencard und einem guten Job verhilft. Außerdem schreibt sie einen Blog über Rasse und die Rassenhierarchie in den USA. Obinze hingegen ergeht es sehr viel schlechter. Er reist nach England, wo er illegal lebt und schließlich kurz vor Schließung einer Scheinehe abgeschoben wird. In Lagos gelangt er schließlich als Investor zu Wohlstand, was ihn aber unzufrieden zurücklässt. Als Ifemelu, von Heimweh getrieben, nach dreizehn Jahren nach Lagos zurückkehrt, treffen beide wieder zusammen.
Wie schon meiner Inhaltsangabe zu entnehmen ist, haben wir es auch mit einer Liebesgeschichte zu tun. Hauptthema aber ist „Rasse“, und für mein Dafürhalten wird es zu stark in den Vordergrund geschoben. Alles Tun und Denken von Ifemelu, ihr Agieren mit anderen wird bis zum Extenso unter rassistischem Aspekt beleuchtet. Über das Leben in Nigeria hätte ich gerne detaillierter gehört. Wie es letztendlich beschrieben wird, kommt die schwarze Frau nicht gut weg. Hilfreich bei der Lektüre ist das am Ende befindliche Glossar afrikanischer Begriffe, wenngleich noch viel mehr im Text verwendet werden.
Eine durchaus anspruchsvolle Erzählung, die mich persönlich aber nicht überzeugen konnte.

Veröffentlicht am 30.05.2019

Stadt- und Landmenschen

Bell und Harry
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Nach „Weit weg von Verona“ ist dies nun das zweite Buch der Autorin, das ich gelesen habe. Der bedächtige, ruhige Schreibstil ist beiden Romanen gemeinsam, wobei der vorliegende eher als eine Ansammlung ...

Nach „Weit weg von Verona“ ist dies nun das zweite Buch der Autorin, das ich gelesen habe. Der bedächtige, ruhige Schreibstil ist beiden Romanen gemeinsam, wobei der vorliegende eher als eine Ansammlung von Anekdoten ist als eine zusammenhängende Geschichte.
Eine Londoner Familie verbringt viele Jahre ihre freie Zeit auf dem Land in Yorkshire und übernimmt zusehends die ländlichen Ansichten und Gewohnheiten. Insbesondere die beiden Söhne freunden sich an und erleben einige gemeinsame Abenteuer. Die Vorzüge des Landlebens und die Unterschiede der Bewohner werden thematisiert. Alles in allem fehlen mir eine fesselnde, verbindende Handlung und der rote Faden. Kenntnisse der speziellen Geschichte der Gegend um Yorkshire wären hilfreich, denn es werden regionale Sagen eingeflochten. Etwas verwirrend fand ich die zeitliche Einordnung. Die Geschichte dürfte im Wesentlichen in den 1970er Jahren spielen, während sie am Ende in den 1990ern angesiedelt ist, obwohl die englische Originalausgabe schon 1981 erschien.