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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.05.2018

Freunde kann man sich aussuchen, Familie nicht

Das Familientreffen
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Veronicas Lieblingsbruder Liam, der das schwarze Schaf der Familie war, ist tot; er hat sich im Meer ertränkt. Sie waren zwei von 12 Kindern, bei jeder Niederkunft verbrachten sie mehrere Wochen bei ihrer ...

Veronicas Lieblingsbruder Liam, der das schwarze Schaf der Familie war, ist tot; er hat sich im Meer ertränkt. Sie waren zwei von 12 Kindern, bei jeder Niederkunft verbrachten sie mehrere Wochen bei ihrer Großmutter.

Veronika übernimmt die Identifizierung und alle notwendigen behördlichen Gänge, sucht den Sarg aus und sorgt für die Überführung. Sie informiert ihre Mutter (die sich ihren Namen nie gemerkt hat) und ihre Geschwister. Und während all dieser Zeit und der Monate nach der Beerdigung versucht sie zu ergründen, weshalb es so weit kommen musste.

Sie erinnert sich den Sommer, als sie acht oder neun war. Sie waren gerne bei den Großeltern, doch es ist ihr erinnerlich, dass es wahrscheinlich dort zu Vorkommnissen kam, aus denen sie folgern kann, weshalb sie und ihre Geschwister nicht so sind wie andere. Nebenbei hat sie auch noch ihre eigene Familie, zwei Kinder und ihren Mann Tom, ich frage mich, ob ihre ehelichen Probleme nicht auch daher rühren. Ein anderer Leser mag das anders beurteilen.

Anne Enright hat ein ganz heißes Eisen angefasst und schreibt über eine total verkorkste irische Großfamlie, die wohl alles durchmachen musste. Der Roman beginnt leise, doch im Weiterlesen beginnt man, sich zu fragen, wo das wohl hinführt. Eine ganz große Autorin hat sich hier die Ehre gegeben.

Übersetzt hat das Buch Hans-Christian Oeser, es erschien bei PENGUIN VERLAG

Veröffentlicht am 29.04.2018

ein Buch, das zum Klassiker werden kann

Wie man die Zeit anhält
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Das Buch hat ein Cover, das zum Kauf verleitet. Ein Mann liegt in einer Uhr - und er hält sie an? Der Titel unterstreicht den Eindruck: Wie man die Zeit Zeit anhält.

Natürlich bekommen wir mit der Geschichte ...

Das Buch hat ein Cover, das zum Kauf verleitet. Ein Mann liegt in einer Uhr - und er hält sie an? Der Titel unterstreicht den Eindruck: Wie man die Zeit Zeit anhält.

Natürlich bekommen wir mit der Geschichte des Tom Hazard keine Lösung, unsere Lebenszeit zu verlangsamen, jedoch bei ihm ist es so. Er sieht aus wie Mitte 40, ist jedoch schon über 400 Jahre alt. Mit Mitte 40 ist er Geschichtslehrer und kann sehr lebendig Geschichte lehren, kein Wunder, hat er sie doch selbst miterlebt. Er hat schon viel Leid miterlebt und war oft auf der Flucht, Menschen fürchten das Abnorme, insbesondere zu Zeiten der Hexenverfolgung. Aber er hat auch bekannte Größen der Literatur und Musik gekannt ebenso wie Entdecker, eben Geschichte live.

Tom hat auch die große Liebe erlebt und musste miterleben, wie nicht nur diese von ihm ging. Er darf sich nicht mehr verlieben.
Und er muss alle paar Jahre woandershin, damit nicht auffällt, wie langsam er altert, denn dann drohen ihm Experimente für die Wissenschaft. Wenn er sich jemandem anvertraut, wird er wohl im Irrenhaus enden. Tom wird immer einsamer. -

Und jetzt läuft er Gefahr, sich erneut zu verlieben. Er hat einfach keine Lust mehr. Er möchte nicht mehr weglaufen.

Wir erleben seine Zeit jetzt als Geschichtslehrer ebenso wie die Vergangenheit ab dem 17. Jahrhundert im Wechsel. Matt Haig hat dadurch den Roman sehr lebendig gehalten. Als ich das Buch nach der letzten Seite zuklappte, hatte ich eine Gänsehaut.

Matt Haig hat ein großes Buch geschrieben, das ich allen ans Herz legen möchte. Es wurde von Sophie Zeitz übersetzt.

Das Buch erscheint im dtv-Verlag, Print-Ausgabe: ISBN 978-3423281676, Preis 20 Euro
Es ist auch als eBook und Hörbuch erhältlich.

Veröffentlicht am 15.04.2018

Mit ganz viel Herz und liebevoll geschrieben

Wie Arthur Pepper sich vor seiner Nachbarin versteckte und am Ende doch sein Herz fand
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Seit es mehrere Bücher mit sehr langen Titeln gibt, lohnt es sich auch, diese besonders in Augenschein zu nehmen. Der Titel ist in dunkelblau auf hellem Grund geschrieben und darauf sind mehrere Sachen ...

Seit es mehrere Bücher mit sehr langen Titeln gibt, lohnt es sich auch, diese besonders in Augenschein zu nehmen. Der Titel ist in dunkelblau auf hellem Grund geschrieben und darauf sind mehrere Sachen abgebildet.

Arthur Pepper ist 69 Jahre alt und Witwer. Der Roman beginnt, als sich der Todestag seiner Frau zum ersten Mal jährt. Er ist ganz allein, obwohl er eine Tochter und einen Sohn hat. Aber beide sind schon nicht zur Beerdigung ihrer Mutter gekommen. Er trägt ihnen das nicht nach, sie werden bestimmt ihre Gründe gehabt haben, zudem lebt sein Sohn weit weg in Australien. Die Tochter allerdings kann ihn fast zu Fuß erreichen. - Ab und zu ruft sie ihn an, es sind jedoch irgendwie recht unpersönliche Gespräche. Arthur schiebt das darauf, dass seine Frau sich mehr um die Kinder gekümmert hat, als er schon durch seine Arbeit die Zeit dazu hatte

Doch am heutigen Tag geht es ihm so richtig "dreckig" und er vermisst seine geliebte Frau Miriam unendlich. Da klingelt es an der Tür. Es ist seine Nachbarin Bernadette, die sich, seit er allein ist, ab und an um ihn kümmert und etwas zu essen vorbeibringt. Doch diesmal macht Arthur sich ganz klein, damit Bernadette ihn nicht durch Fenster oder Tür sehen kann. Wahrscheinlich wird sie wohl wieder etwas vor der Tür abstellen.

Was tun heute, soll er seine tägliche Routine unterbrechen? Ja! Er nimmt sich vor, die Sachen seiner Frau in Säcke zu packen und wegzugeben. Er begibt sich die Treppe hinauf ins Schlafzimmer, öffnet den Kleiderschrank und verpackt die Bekleidung seiner verstorbenen Frau. In einem Stiefel ist ein herzförmiges Schmuckkästchen. Es bereitet ihm keine Mühe, es mit einem kleinen Dietrich zu öffnen.
Er findet etwas, das so gar nicht zu seiner Miriam gepasst hat: ein Bettelarmband. Auf einem steht eine Telefonnummer in Indien, Arthur ruft an. - Damit beginnt für Arthur Pepper eine abenteuerliche Reise in die Vergangenheit seiner Frau, denn er wird weitersuchen, woher die anderen Anhänger stammen.

Phaedra Patrick hat ein wundervolles Buch geschrieben über Zwischenmenschlichkeiten, Liebe, Verzicht, wundern und staunen. Wir erleben mit, wie aus dem Eigenbrötler Arthur Pepper ein reiselustiger und mutiger Mensch wird, der sich auch mal traut, Fremde anzusprechen; bei ihm nahe und näher stehenden Menschen geht er mehr aus sich heraus, bis er nicht mehr wiederzuerkennen ist. Eine solche Wandlung ist vielen Menschen zu wünschen.

Die Sprache des Romans ist sowohl bildhaft als auch sehr lebhaft, das Buch lässt sich sehr gut und flüssig lesen, man möchte es nicht aus der Hand legen.

Die Autorin kam auf die Idee, dieses Buch zu schreiben, als sie ihren Kindern ihr Bettelarmband aus der Kindheit zeigte und die Geschichten der einzelnen Anhänger erzählte.

Der Roman erschien im Verlag btb im Februar 2018. Er wurde aus dem Englischen übersetzt von Beate und Ute Brammertz.

Veröffentlicht am 13.04.2018

Die Kleinarbeit eines Privatdetektivs

Zwentibolds Rache
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Der Autohausbesitzer Bernd Bödecker feiert mit seiner Frau gemeinsam mit vielen Freunden den 10. Hochzeitstag. Ein Gast, ein bekannter Autor, benimmt sich unter Alkoholeinfluss dermaßen daneben, dass ...


Der Autohausbesitzer Bernd Bödecker feiert mit seiner Frau gemeinsam mit vielen Freunden den 10. Hochzeitstag. Ein Gast, ein bekannter Autor, benimmt sich unter Alkoholeinfluss dermaßen daneben, dass der Gastgeber ihm mit Nachdruck den Ausgang zeigen muß, schließlich hatte er bereits mehrere Damen belästigt. Unter lautem Protest zieht er von dannen.

Am nächsten Tag findet man den Gastgeber schwer verletzt auf der Straße liegend - später erliegt er seinen Verletzungen. Die Polizei verdächtigt den Autor und dieser engagiert den Privatdetektiv Andreas Mücke, der mit seiner Partnerin Jessica Reinders, einer sehr guten Freundin der Bödeckers, ebenfalls an der Party teilgenommen hat.

Andreas nimmt den Auftrag an und wird fortan von der Familie gemieden, ja sogar gebeten, nicht an der Beerdigung teilzunehmen.

Es gibt im Laufe der Ermittlungen des Privatdetektivs immer mehr Verdächtige. Einer lügt mehr als der andere, wem kann man glauben? Und wer ist überhaupt Zwentibold?

Von den polizeilichen Ermittlungen erfährt der Leser kaum etwas, wohl vom Privatleben des Privatdetektivs, seinen zwei Kindern aus unterschiedlichen Ehen und natürlich von den Verdächtigen.

Der Kriminalfall, der kein Thriller ist, entwickelt sich gemächlich und man muss als Leser schon aufpassen, dass man alle Personen richtig nachverfolgt. Aber dann nimmt der Fall auch sehr schnell eine rasante Fahrt auf und bekommt ein Finale, mit dem keiner gerechnet hat.

Jürgen Schmidt hat eine flüssige Schreibe, man kann sich gut vorstellen, bei diesem Kriminalfall dabei gewesen zu sein.

Veröffentlicht am 08.04.2018

Wer jagt wen?

Die schwarze Dame
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Privatdetektiv Hogarts Vater ist ein enger Vertrauter des Chefs einer Versicherungsgesellschaft. Als diese eine Außendienstmitarbeiterin, die zudem noch die Nichte des des Chefs ist, in Prag "verliert", ...

Privatdetektiv Hogarts Vater ist ein enger Vertrauter des Chefs einer Versicherungsgesellschaft. Als diese eine Außendienstmitarbeiterin, die zudem noch die Nichte des des Chefs ist, in Prag "verliert", wird Hogard eingeschaltet.

Es geht um einen Versicherungsbetrug. Unersetzliche Bilder, die in einem Prager Museum untergebracht waren, sollen bei einem Feuer vernichtet worden sein.. Die vermisste Versicherungsdetektivin hatte bereits gemeldet, dass es sich allerdings um einen Betrug handele, die echten Bilder nicht verbrannt seien und sie auch die Beweise dafür habe. Aber jetzt fehlt jede Spur von ihr.

Trotz seiner Einwände, dass er keinerlei Ahnung von Kunst habe, erhält Hogard den Auftrag, sich nach Prag zu begeben und die Versicherungsdetektivin zu suchen. Es sei nicht seine Aufgabe, nach den Bildern oder dem Betrug zu forschen, die Versicherung wolle die Mitarbeiterin wiederfinden, diese habe ja alle Beweise.

Kaum in Prag angekommen, sticht er in ein Wespennest. Er sucht den Mann auf, der sich am meisten für Sammlerstücke interessiert, dieser , der "König von Prag" genannt, hat seine Finger jedoch überall drin und es kommt keiner in die Stadt, ohne dass er darüber informiert ist.
Bei diesem lernt Hogart eine Dame kennen, von der er jedoch seine Finger lassen soll, wie man ihm unmissverständlich und mit Körperkraft beim Verlassen des Grundstückes mitteilt.

Nichts desto Trotz lädt ihn eben diese Dame zum Essen ein. Er folgt dieser Einladung. Allerdings kommen die beiden nicht mehr zu ihrem gemeinsamen Essen, sondern stattdessen gerade eben mit dem Leben davon.

Er erfährt von ihr, dass in Prag ein Serienmörder gesucht wird, der seine Opfer verstümmelt. Hängen beide Fälle, die vermisste Versicherungsdetektivin und der Serienmörder, zusammen? Gott sei Dank hat die Privatdetektivin Ivona Markowic, die Dame, die ihn eingeladen hat, gute Verbindungen zur Polizei wie zur Maffia (dem König von Prag). Auch ihr Bruder und dessen Freund helfen den beiden.

Andreas Gruber hat einen Thriller um den Privatdetektiv Peter Hogart geschrieben, der den Leser mit ermitteln lässt. Kaum meint man, die richtige Spur aufgenommen zu haben, läuft man jedoch wieder gegen eine Wand. Der Spannungsaufbau ist einmalig gut, kaum denke ich, gut - und jetzt, was kann man noch unternehmen, hat einer der Protagonisten die zündende Idee.

Ich danke Andreas Gruber für diesen Thriller und freue mich auf die nächsten Romane, in denen "Peter Hogart ermittelt".