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Veröffentlicht am 17.05.2019

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Der Gott am Ende der Straße
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Das Szenario in Louise Erdrichs neuem Roman ist düster. Es spielt in einer nahen Zukunft. Die Menschheit und die Natur scheinen sich zurück zu entwickeln. Kinder, aber auch Tiere, die geboren werden, ...

Das Szenario in Louise Erdrichs neuem Roman ist düster. Es spielt in einer nahen Zukunft. Die Menschheit und die Natur scheinen sich zurück zu entwickeln. Kinder, aber auch Tiere, die geboren werden, scheinen zu einer neuen primitiven Spezie zu gehören.
Schwangere Frauen werden - auch gegen ihren Willen - in Gewahrsam genommen, überwacht und keiner weiß, was nach der Geburt des Kindes mit Mutter und Kind passiert.
Auch im alltäglichen Leben verändert sich immer mehr. Ein Überwachungsstaat entsteht, die Grenzen der USA zu den Nachbarländern werden geschlossen. Kleine Drohnen und sogenannte Lauschohren flirren durch die Luft, Denunziationen sind allgegenwärtig.

Cedar ist schwanger. Sie beschreibt ihre Lage, ihre Gefühle, ihre Wünsche, Ängste, aber vor allem auch ihre Erlebnisse in einer Kladde als Brief an ihr ungeborenes Kind. Aus ihrer Sicht erleben wir so die Entwicklung mit. Düster, beängstigend, aber auch mit der Hoffnung, die sie hat. Cedar versteckt sich, unterstützt von ihrem Freund Phil, in ihrem Haus. Wird sie das neun Monate durchhalten können?
Immer wieder neue Wendungen machen das Buch zu einer sehr interessanten Lektüre.
Aber nicht nur die Entwicklungen und Situationen, in die Cedar gerät, fesseln, sondern auch die Überlegungen und Gedanken, die sie niederschreibt, sind interessant. Cedars schreibt unter anderem über den jeweiligen Entwicklungsstandes des Kindes, aber auch über viele Gefühle und Ansichten, die sie hat. Zudem fließt, wie auch bei den anderen Büchern von Luise Erdich, viel aus Sicht der Native American, der amerikanischen Urbevölkerung, mit ein, denn Cedars leibliche Mutter ist eine Native.

Der Roman weckt viele Gefühle beim Leser und am Ende lässt es sich auch nicht so einfach weglegen. Es ist ein düsteres, dystopisches Szenario, das Erdrich beschreibt. Nicht unrealistisch. Da es aus der Sicht einer Einzelnen beschrieben worden ist, wissen wir auch nicht mehr als sie. Wir erleben mit ihr, wie sich dich Umstände immer mehr verändern. Alles was einmal als selbstverständlich galt, ist es innerhalb kürzester Zeit nicht mehr. Es gibt keinen übergeordneten, allwissenden Erzähler, aber das macht es auch wieder so real, denn wir rätseln mit Cedar, versuchen mit ihr alles zu begreifen und können ihre Ängste dadurch nachfühlen. Trotz allem ist Cedar eine taffe Frau, die nicht so leicht aufgibt, die kämpfen will und sich nicht unterordnen möchte. Für das Kind, für eine gemeinsame Zukunft.

MIr gefällt Erdrichs Erzählstil, sie konnte mich mit diesem Roman fesseln und unterhalten. Die Dystopie bleibt immer vorstellbar, die Entwicklung nachvollziehbar, mit all ihrer beklemmenden und schrecklichen Folgen. Zudem durchlebt man beim Lesen eine Achterbahn der Gefühle. Erdrich verwebt durch diesen Erzählstil sehr viele Gedanken zum Leben und zur Menschheit mit in eine sich immer mehr zuspitzende Entwicklung.
Sehr lesenswert und volle Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 16.05.2019

Ein Roman mit Tiefgang und Humor

Der Zopf meiner Großmutter
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Schon das Buch "Baba Dunjas letzte Liebe" von Alina Bronsky hat mir so gut gefallen, dass es klar war, dass ich auch ihr neues Buch lesen muss. Wieder wurde ich nicht enttäuscht, sondern im Gegenteil es ...

Schon das Buch "Baba Dunjas letzte Liebe" von Alina Bronsky hat mir so gut gefallen, dass es klar war, dass ich auch ihr neues Buch lesen muss. Wieder wurde ich nicht enttäuscht, sondern im Gegenteil es hat mich wieder sehr gefesselt.

Aus Sicht des heranwachsenden Enkels Max erzählt die Autorin den Alltag und das Leben über einige Jahre einer ungewöhnlichen Familie, bestehend aus der hypochondrischen Großmutter Margo, die allzeit das schlimmste beführchtet, kritisiert und scheinbar nur unzufrieden ist, und dem stillen Großvater Tschingis, der sich scheinbar alles gefallen lässt und antriebslos erscheint. Alle drei sind als Kontigentflüchtlinge durch geschicktes taktieren der Großmutter nach Deutschland gekommen und versuchen nun Fuß zu fassen. Das gelingt dem einen mehr als dem anderen. Sie lernen NIna und ihre Tochter Vera kennen. Ein sehr interessantes und ungewöhnliches Beziehungsgeflecht untereinander entsteht.
Die Figuren sind speziell, skurril, verschroben, sonderbar, witzig, traurig, ernsthaft, aber auch so normal - alles gleichzeitig. Alle sind so lebendig dargestellt, als wären es meine Nachbarn, bei denen man über die Schulter schauen kann.


Ich mochte das Buch kaum aus der Hand legen und habe die Figuren am Ende nur mit Wehmut ziehen lassen, ich hätte noch gerne weiter von ihnen gelesen.
Der Roman bietet kurzweilige Unterhaltung mit Tiefgang, Humor und einem tollen Erzählstil, daher volle Leseempfehlung von mir.

Veröffentlicht am 16.05.2019

Eine extrem gute Fortsetzung einer tollen Fantasy-Reihe

Elias & Laia - In den Fängen der Finsternis
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Elia & Laia ist eine ganz besonders fesselnde Fanasy-Reihe.
Obwohl es nun schon eine Weile her war, dass ich die ersten zwei Bände gelesen habe, war ich sehr schnell wieder im Geschehen, ohne dass die ...

Elia & Laia ist eine ganz besonders fesselnde Fanasy-Reihe.
Obwohl es nun schon eine Weile her war, dass ich die ersten zwei Bände gelesen habe, war ich sehr schnell wieder im Geschehen, ohne dass die Autorin groß auf die bisherige Entwicklung eingehen musste. Gleich zu Anfang scheint alles wieder präsent zu sein und man fiebert direkt wieder mit.

Abwechslend wird aus Sicht von Elias, der nun als Seelenfänger bei Shaeva in der Zwischenstatt, dem Geisterreich, lebt, Laia und dem Blutgreif Helena erzählt. Irgendetwas passiert immer, jeder kämpft scheinbar für sich, jeder hat seine Probleme Wünsche und Ziele. Dennoch sind die drei miteinander verbunden, sie treffen auch so manches mal aufeinander.
Laia hat immer noch die Hoffnung, dass Elias ihr nicht gänzlich entglitten ist, während sich dieser immer mehr verändert. Immer mehr der HIntergründe, warum und wieso die Welt in der sie leben, so geworden ist, wird während des dritten Bandes offenbart. Auch familäre HIntergründe kommen ans Tageslicht. Die allgemeine Lage spitzt sich immer weiter zu, immer mehr gewinnt ihre Gegensacherin Keris, Elias Mutter, weiter an Macht, ihre dunklen Ränkespiele gilt es zu unterbinden.

Die einzelnen Kapitel lassen sich schnell lesen, es passiert eine ganze Menge. Durch die Perspektivwechsel und das Geschehen ist auch immer eine extrem hohe Spannung vorhanden. Die Figuren entwickeln sich, verändern sich, man leidet und hofft mit ihnen. Die Gewalt ringsherum ist groß, dennoch ist da immer die Hoffnung und der Wille, dass die drei am Ende diese Welt verändern können. Ich schreibe hier bewusst alle drei, denn Helena, die Blutgreif ist und damit die Stellvertreterin des Imperators Marcus, fängt an mir immer mehr zu gefallen. War sie in den ersten beiden Bänden eher kühl und ziemlich machtorientiert aufgetreten, bekommt sie nun eine menschlichere und vor allem weichere Seite, da sie um das Leben ihrer Schwester bangen muss, die mit dem Imperator verheiratet ist.

Ich mag diese Mischung aus Fantasy und Spannung. Es sind so viele phantastische Momente die die Autorin sich erdacht hat, aber dennoch bleibt es plastisch und vorstellbar.
Die Motive, die dahinter stecken, könnten auch in jeder anderen Zeit Gültigkeit haben, wie Macht, Gier, Rachsucht, Gewalt aber auch Liebe, Hoffnung und Einsatz für die Mitmenschen Sabaa Tahir schafft es, dass man mit den Protagonisten mitfühlt, man leidet und hofft. Und das ist es, was ein guter Roman aus macht, dass man sich beim Lesen mitten dabei fühlt und dass man am liebsten das Buch nicht aus der Hand legen möchte und am Ende mit Wehmut zuschlägt. Und genau so ein Buch ist dieser Roman.
Nun hoffe ich, dass der nächste Band nicht allzu lange auf sich warten lässt!

Veröffentlicht am 09.05.2019

Düstere Endzeitstimmung

Milchzähne
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Ein Roman, über den man auch nach dem Zuklappen der Buchdeckel noch eine Weile nachsinnt.

Sperrig, mit Kanten und einem düsteren Szenario, das dem Leser viel Spekulationsraum lässt. Es geht um einen ...

Ein Roman, über den man auch nach dem Zuklappen der Buchdeckel noch eine Weile nachsinnt.

Sperrig, mit Kanten und einem düsteren Szenario, das dem Leser viel Spekulationsraum lässt. Es geht um einen Mutter-Tochter-Konflikt, eine Endzeitstimmung, um Ablehnung alles Fremden, sowie ein Festhalten an Heimat, welche schon lange keine mehr ist.

Die Autorin erzählt aus der Sicht der Tochter Skalde, deren Mutter Edith, einst über den Fluss kam. Ein Fluss, der eigentlich wegen seiner Unüberwindbarkeit die Grenze zu jeder anderen Zivilisation ist. Edith wird in der Gegend von den ursprünglichen Bewohnern nur geduldet. Eigentlich macht jeder sein eigenes Ding um überleben zu können. Gemeinschaft im eigentlichen Sinne existiert nur minimal. Skaldes Erinnerungen, einst in einzelnen Worten oder Sätzen auf Papierschnipsel festgehalten, fügt sie nachträglich selbst zu einer Geschichte zusammen. Oft sind es nur kleine Bruchstücke, kurze Episoden aus ihrem Leben, die aneinander gereiht wie Perlen auf einer Schnur den Roman ergeben. Kurze oder sehr kurze Kapitel am Anfang. Doch der rote Faden bleibt und zieht sich durch die Geschichte. Zudem werden lyrische Elemente mit eingewebt. Bleibt die Geschichte anfangs eher ein stakkatohafter Rückblick, ändert sich mit dem Auftauchen eines fremden Mädchens auch die Dramaturgie und die Beschreibung wird ausführlicher, Skalde ist inzwischen auch erwachsen.

Grundlage des Romans ist eine düstere Endzeitstimmung. Warum, wieso - vieles bleibt der Fantasie des Lesers überlassen, wird nicht näher erklärt. Vielmehr geht es um die Folgen. Wie reagiern Menschen, die sich selbst seit 25 Jahren abschotten, die mehr überleben als leben. Die Figuren sind unnahbar, skurril.

Trotz so mancher Kritik ist es dennoch ein Buch, das einem darüber nachdenken lässt, wie viel man aushalten kann oder will, weil man einfach dazu gehören möchte bzw. sich mit dem eigentlich Unerträglichen abfindet, das immer noch besser zu sein scheint als das Unbekannte. Aber es geht auch um das, was es bedeutet anders zu sein, um Ablehnung, Hass und um Ängste.
Die Autorin hat sehr viel dieser Themen in diese Dystopie gepackt, sie mit lebendigem Schreibstil gefüllt. Kurze Kapitel sorgen für einen angenehmen Lesefluss, genau wie immer wieder eingefügte Unterhaltungen und vor allem Skaldes Gefühle, die die Autorin sehr gut vermittelt.

Fazit:
Kein enfacher Roman, manchmal etwas sperrig, und sehr offen, was Hintergründe angeht, dennoch ein sehr lesenswertes Buch, dass zum Nachdenken anregt.

Veröffentlicht am 09.05.2019

Humor trifft auf Anwalt

Jagdtrieb
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Jagdtrieb ist mal ein etwas anderer Krimi. Ein Krimi, der nicht nur durch einen Fall fesselt, sondern der vor allem durch seinen etwas unkonventionellen Hauptprotagonisten punktet.
Eines ist dabei sicher: ...

Jagdtrieb ist mal ein etwas anderer Krimi. Ein Krimi, der nicht nur durch einen Fall fesselt, sondern der vor allem durch seinen etwas unkonventionellen Hauptprotagonisten punktet.
Eines ist dabei sicher: bierernst sollte man nicht an den Krimi herangehen, auch der Leser braucht dafür eine Portion Humor.
Wenn man sich darauf einlassen kann, dann wird man bestens unterhalten.


Der Münchner Anwalt Paul Colossa erbt von seinem verstorbenen Onkel nicht nur ein Haus und ein ausgefallenes Auto, sondern auch dessen Kanzlei in einer oberpfälzischen Kleinstadt.
Seine erste Mandantin ist die junge und schöne Maja, Tochter eines russischen Millionärs, die von ihrem viel älteren Exfreund gestalkt wird. Paul, selbst frisch getrennt, ist sofort Feuer und Flamme, und das nicht nur für den Fall.....


Der eigentliche Fall läuft eher im Hintergrund mit, wird aber gegen Ende noch richtig spannend und sogar sehr actionreich.
Interessant und vor allem sehr unterhaltsam ist die Hauptfigur Paul, mit all seinen Gedanken, Gefühlen, kuriosen Aktionen, aber auch vor allem mit seinem persönlichen Hintergrund, der sich erst nach und nach dem Leser und auch Paul offenbart.

Die anwaltlichen Tätigkeiten werden ebenso unterhaltsam beschrieben und sind genau wie die Nebenfiguren, die im Roman mitspielen interessant, teilweise aber auch skurril und bissig.
Der Krimi bietet daher für den Leser eine richtig gute Mischung aus Ernst, schwarzem Humor und spannenden Elementen, dazu sehr viel Gefühl des männlichen Hauptprotagonisten.

Geschrieben hat das Buch ein echter Anwalt. Der Leser mag selbst darüber spekulieren, wieviel Hendrik Esch aus seinen beruflichen Erfahrungen und Tätigkeiten mit hinein gebracht hat, wieviel er aus seiner Fantasie geschöpft hat oder was eben eine Mischung aus beiden ist. Gelungen ist es auf jedenfall, denn der Roman lies sich leicht lesen, man konnte oft auch mitlachen, schmunzeln und Mutmaßungen anstellen.

Jagdtrieb ist ein Provinzkrimi, der eigentlich gar nicht provinziell daher kommt, sondern einfach nur in der Provinz spielt (unter anderem), der vor allem aber Lust auf mehr macht. Ich würde gerne wissen, wie es mit Paul weitergeht. Gut, dass der nächste Roman schon in Arbeit ist, ich bin ziemlich gespannt darauf, was Paul noch so alles rund um seine Kanzlei erlebt und wo hinein er demnächst schlittert.