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Veröffentlicht am 19.02.2024

Über die letzten Monate von Jan Hus

Der Ketzer von Konstanz
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Während im 15. Jahrhundert der Ablasshandel blüht, es gleichzeitig drei Päpste gibt und es im Gefüge von Bischöfen und Kardinälen meistens nur um Macht und Einfluss geht, predigt in Prag Jan Hus seine ...

Während im 15. Jahrhundert der Ablasshandel blüht, es gleichzeitig drei Päpste gibt und es im Gefüge von Bischöfen und Kardinälen meistens nur um Macht und Einfluss geht, predigt in Prag Jan Hus seine Ansichten von Glaube, Vergebung und ewiges Leben, was seinen Kirchenbann zur Folge hat. Er reist 1514 zum Konzil nach Konstanz, um die Mächtigen der geistlichen und weltlichen Welt von einer Reform der Kirche zu überzeugen.

Der Roman behandelt die letzten 1 ½ Jahre des Lebens von Jan Hus. Es ist kein rein geschichtlicher Abriss, es werden auch fiktive Figuren mit hinein geflochten, um dem ganzen Tiefe und vor allem Lebendigkeit zu geben. So gibt es einen Freundeskreis um Jan Hus, der rein fiktional ist. Diese dienen der Autorin aber auch dazu, um die Gedanken und Gefühle von Jan Hus ausdrücken zu können, die sie seiner Figur zugeschrieben hat. Da es hier auch um viele geschichtliche Begebenheiten und Hintergründe geht, die alle wichtig zu erzählen waren, weil sie schließlich zum Tod von Jan Hus geführt haben, war es auch wichtig, dass auch für die Hauptfigur eine "private Bühne" geschaffen wurde und so Emotionen gezeigt werden konnten. Bislang kannte ich fast nur den Namen des Reformators Jan Hus, aber seine Geschichte nicht im Einzelnen. Durch dieses Buch habe ich jetzt jedenfalls sehr viel mehr Wissen erlangen können. Die hier agierenden Personen wurden im Personenregister am Anfang aufgeführt (auch gekennzeichnet, ob real oder fiktiv).. Dennoch hätte ich mir ein Nachwort gewünscht, bei dem noch mehr aufgeklärt wird, was vielleicht noch alles rein aus der Feder der Autorin stammt bzw. was alles geschichtlich belegt ist.

Zudem hat die Autorin durch Visionen, Engel und dunklen Mächten diesen Roman auch mit mystischen Elementen ausgestattet. Dies muss man mögen. Mich hat es auf alle Fälle nicht gestört, vielmehr hat dies ansonsten auch öfters mal dem vielen politischen Machtgerangel hinter der Bühne Auflockerung verschafft.

Der Roman war auf alle Fälle interessant zu lesen, hatte teilweise für mich aber auch ein paar Längen.

Auf Seite 144 gab es leider eine Szene, die vielen, auch mir, gerade, weil es ein christlicher Roman ist, aufgestoßen ist. Die vielleicht einfach von der Autorin lapidar beschriebene Szene, in der Jan Hus die Aussage in den Mund gelegt wird, "auch Jesus hat das einmal getan" (gelogen), hinterlässt einen schlechten Beigeschmack bei mir.

Hervorheben möchte ich allerdings auch, dass die reformatorischen Ansichten Hus sehr gut und verständlich dargestellt werden und man einen großen Einblick in die dunkelste Zeit der Kirchengeschichte erhält. Gerade hier scheint die Autorin sich auch eng an die historischen Begebenheiten gehalten zu haben. Mehrmals habe ich, einfach weil mein Interesse durch den Roman geweckt wurde, auch nach noch mehr Informationen über Jan Hus im Netz gesucht.

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Veröffentlicht am 19.02.2024

Ein starkes und wertvolles Buch

Mein Gott, warum?
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Wenn ein Albtraum Realität wird.
1992: Heiko Bauder ist Wehrpflichtiger und 21 Jahre alt, als sein Leben sich von heute auf morgen komplett veränderte. Eine Kette von unglücklichen Ereignissen, ein Schuss, ...

Wenn ein Albtraum Realität wird.
1992: Heiko Bauder ist Wehrpflichtiger und 21 Jahre alt, als sein Leben sich von heute auf morgen komplett veränderte. Eine Kette von unglücklichen Ereignissen, ein Schuss, am Ende ein toter 20jähriger Kamerad und Heiko Bauder, der den entscheidenden Schuss ausgelöst hat. Schuld und Verzweiflung stürzen ihn ein tiefes emotionales Loch. Auch auf seinem weiterem Lebensweg passiert ihm noch einiges Schweres. Wieviel kann man ertragen? Es geht um Schuld und Vergebung, aber auch Dankbarkeit.

Offen, ehrlich und mitreißend berichtet der Autor, wie er es geschafft hat, diese einschneidenden Ereignisse zu verarbeiten, sich selbst zu vergeben und einen Sinn im Leben zu finden. Es ist für ihn kein leichter Weg gewesen, auch kein gradliniger. Rückschläge gehörten immer dazu. Ein Kampf zurück ins Leben, aber auch ein Weg zum Glauben.
Trotz aller Schwere ist dies ein hoffnungsvolles und mutmachendes Buch, das jedem Leser wertvolle Impulse und Denkanstöße gibt.
Warum sollte man nicht nach dem "warum" fragen, sondern nach dem "wozu", was bedeutet Glück oder Unglück, wie gehe ich damit um? Gibt es Zufälle oder hat da jemand anderes seine Hand im Spiel? Wo kann ich Trost, Hoffnung und Vergebung finden und wie die Lasten, die jedem auferlegt werden, leichter schultern? Heiko Bauder schafft es auch anderen Hoffnung zu schenken.

Dies ist ein ganz persönlicher Lebensbericht, Heiko Bauder erzählt über Ereignisse, Gedanken und Gefühle, die er erlebt und durchlebt hat. Von Anfang an fesselnd und berührend, ein Bericht, der sich zudem intensiv mit dem christlichen Glauben auseinandersetzt und somit anderen, die nach dem "Warum" fragen, Lichtblicke durch sein Leben vermitteln kann und dadurch hoffentlich auch den Glauben bei vielen Lesern stärken wird. Ein starkes und wertvolles Buch!

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Veröffentlicht am 25.01.2024

Eine grandios erzählte Geschichte

Der späte Ruhm der Mrs. Quinn
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Was habe ich diese Geschichte geliebt! Bin durch die Seiten geflogen, habe mitgefühlt und mitgezittert, habe alles bildlich vor Augen gehabt und ja, auch ziemlich Appetit bekommen.

Jennifer Quinn, 77 ...

Was habe ich diese Geschichte geliebt! Bin durch die Seiten geflogen, habe mitgefühlt und mitgezittert, habe alles bildlich vor Augen gehabt und ja, auch ziemlich Appetit bekommen.

Jennifer Quinn, 77 Jahre alt, backt für ihr Leben gern, auch ihre Eltern, Großeltern, Tanten etc. waren begeisterte Hobbybäcker und alle alten Familienrezepte hat Jennifer in einem eigenem Rezeptbuch gesammelt. Doch soll nun im Alter das Leben nicht mehr aufregend sein? Alle Ziele erreicht sein? Sie wagt es, zwar heimlich, sie bewirbt sich bei der großen TV Show "Backen auf der Insel". Sie glaubt eigentlich nicht daran, nach der Bewerbung noch einmal etwas vom Sender zu hören, daher verschweigt sie es vor ihrem Ehemann Bernie. Ihr zweites Geheimnis . Das erste ist sogar noch viel größer, sie bewahrt es schon so lange in ihrem Herzen, es wird für sie aber immer schwieriger es allein zu ertragen, aber es könnte ihre Ehe kurz vor der Diamanten Hochzeit sprengen.

Olivia Ford hat einen wunderbaren Schreibstil, man kann sich Jennifer, aber auch Bernie so leibhaftig vorstellen, man glaubt kaum, dass dieses Buch ihr Debütroman ist. Auch die immer wieder kurzen Zeitsprünge in die Vergangenheit, die eingeflochten werden, um Jennifers Geheimnis dem Leser näher zu bringen, sind gekonnt gesetzt, verknüpft werden sie zudem noch mit Backkreationen, die im Backduell eine Rolle spielen und jedesmal hören diese Rücksprunge an spannenden Stellen auf. Gerade ab der Mitte des Buches (immerhin 400 Seiten) konnte ich es gar nicht mehr weglegen und habe bis tief in die Nacht gelesen. Dies ist mal wieder eine Geschichte gewesen, bei der es mir auch schwer fiel die Protagonisten am Ende gehen zu lassen. Es geht nicht nur um Wünsche und Ziele im Alter, sondern auch um Vertrauen, aber vor allem auch Verständnis und das (liebevolle) Miteinander in einer Ehe. Am Ende erfährt man, dass die Autorin von der berührenden Liebesgeschichte ihrer Großeltern inspiriert wurde, das gibt einem gleich noch mehr das beruhigende Gefühl, dass hier beileibe nicht alles nur fiktiv ist.

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Veröffentlicht am 25.01.2024

Ein ganzer Tag und ein ganzes Leben

Kleine Probleme
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Was für eine Geschichte! Was für ein Eintauchen in die Gedanken und Gefühle eines Menschen, der so ganz anders denkt und tickt als ich. Und dennoch, schiebt nicht jeder mal etwas auf die lange Bank?
Der ...

Was für eine Geschichte! Was für ein Eintauchen in die Gedanken und Gefühle eines Menschen, der so ganz anders denkt und tickt als ich. Und dennoch, schiebt nicht jeder mal etwas auf die lange Bank?
Der Roman ist voller Bandwurm-Gedanken, endlos erscheinende Rechtfertigungen, aber auch kleinen Hoffnungsschimmern, dass am Ende vielleicht, aber auch nur vielleicht, es sich alles zum Guten wenden könnte, denn die Hauptfigur versucht sich selber buchstäblich aus dem Dreck zu ziehen und sein "Leben" in den letzten Stunden des Jahres auf die Reihe zu bekommen. Denn es ist der 31.12., soviel ist noch zu tun, was Lars, 49, die letzten Wochen und Jahre nicht geschafft hat, soll nun glücken, vielleicht, aber auch nur vielleicht, kommt dann ja auch Johanna, seine Lebensgefährtin und Mutter seiner zwei erwachsenen Kinder, wieder zurück. Aufräumen, Bett zusammen bauen, Vater anrufen, Nudelsalat machen, Geschenke einpacken, klingt nach einfach zu erledigen Dingen, doch es sind genauso Mammutaufgaben für Lars wie Dachrinne säubern, mit dem Rauchen aufzuhören und endlich sein Lebenswerk zu schreiben.

Wie oft habe ich den Kopf geschüttelt über den Protagonisten, der statt anzupacken abschweift, aus Mücken Elefanten macht, mit sich debattiert und sich in seine eigene (Komfort)zone zurückzieht. Anstrengend auch als Leser, weil man ihn am liebsten am Kragen packen würde oder sinnbildlich in den Hintern treten möchte. Anderseits auch voller Mitleid, weil er es kaum schafft aus seiner Haut zu schlüpfen. Doch der 31.12., der letzte Tag, ist für ihn auch ein persönlicher Ultimo und so setzt er alles dran, in seiner Art, die Liste an Aufgaben, die er sich gesetzt hat, abzuarbeiten. Und er gerät immer mehr in Schwung, jeder Haken auf seiner Liste ein triumphaler Erfolg für ihn.

Ein ungewöhnlicher, intensiver, anstrengender, tragik-komischer Roman mit philosophischen Gedanken "über die Sehnsucht nach Sinn. Über die Liebe, den Tod und die Steuerklärung. Und darüber, wie unendlich schwer es ist, sich nicht einfach wieder aufs Sofa zu legen."

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Veröffentlicht am 25.01.2024

Jane Austen lässt grüßen

Die Pension am Meer
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Nachdem ihr Vater gestorben ist, sind Sarah, Viola, Emily und Georgiana mit ihrer Mutter, nachdem sie aufgrund der Erbschaftsbestimmungen nun in ein Haus an der Küste von Devonshire ziehen mussten, gezwungen ...

Nachdem ihr Vater gestorben ist, sind Sarah, Viola, Emily und Georgiana mit ihrer Mutter, nachdem sie aufgrund der Erbschaftsbestimmungen nun in ein Haus an der Küste von Devonshire ziehen mussten, gezwungen Geld zu verdienen. Sie eröffnen eine Pension, was sie vor etliche Herausforderungen stellt . Ihre älteste Schwester Claire ist vor einigen Monaten bereits zu einer entfernten Verwandten gezogen, was den vier anderen Schwestern immer noch Rätsel aufgibt. Doch durch die Arbeit und die finanziellen Sorgen haben sie derzeit genügend eigene Probleme.
Die ersten Gäste der Pension sind so unterschiedlich wie Tag und Nacht: Geheimnisvoll oder anspruchsvoll, sympathisch oder anstrengend. Die älteste Tochter Sarah trägt durch die Erkrankung der Mutter die Hauptlast, doch auch die anderen versuchen sich einzubringen.

Julie Klassen erzählt abwechslungsreich aus verschiedenen Blickwinkeln, so dass man schnell die Schwestern und ihre ganz besonderen Begabungen, ihre Wünsche, Träume, aber auch ihre Belastungen und schweren Päckchen, die sie zu tragen haben, kennen lernt. Vieles ist bereits in ihrem Leben anders als geplant gelaufen, Verluste, Krankheiten und Operationen, Umzug und nun die finanzielle Situation. Doch sie halten zusammen, ergänzen und unterstützen sich gegenseitig. Die Gäste geben die nötigen Konflikte, die ein Roman braucht, um spannend und vor allem abwechslungsreich zu bleiben. Hier tragen Geheimnisse genauso dazu wie die ein oder andere Anziehungskraft, die manche Figuren im Roman verbindet und in eine Liebesgeschichte mündet. Die Figuren entwickeln sich, es geht um Vorurteile, um Selbstliebe, um Selbstachtung und um Wertschätzung. Julie Klassen hat es in eine bezaubernde und fesselnde Geschichte gepackt und es vor allem verstanden, in diese Zeit einzutauchen und den Leser dabei mitzunehmen. Sehr interessant war auch das Nachwort !

Ich habe die Schwestern ins Herz geschlossen und ich freue mich schon sehr auf den nächsten Band, der auf Englisch bereits erschienen ist.

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