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Veröffentlicht am 13.03.2017

Ein Rückblick auf Höhen und (viele) Tiefen

In jedem Augenblick unseres Lebens
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Tom Malmquist hat mit dem Buch "In jedem Augenblick unseres Lebens" seine ganz persönliche Geschichte erzählt. Er hat alles erlebte aufgearbeitet, ohne es zu bewerten. Alles dreht sich um seine Lebensgefährtin ...

Tom Malmquist hat mit dem Buch "In jedem Augenblick unseres Lebens" seine ganz persönliche Geschichte erzählt. Er hat alles erlebte aufgearbeitet, ohne es zu bewerten. Alles dreht sich um seine Lebensgefährtin Karin, seine Tochter Livia und seine Eltern. Es geht um Erinnerungen. Ein Rückblick auf die Höhen und vor allem die Tiefen.

Im ersten Teil spielt sich alles im Krankenhaus ab, dort, wo die schwangere Karin eingeliefert worden ist, nachdem sie zusätzlich zur Grippe plötzlich unerklärliche Atemnot bekam. Doch es war keine Grippe - Alles geht rasend schnell, der Zustand von Karin verschlechtert sich rapide. Das Kind muss in der 33. SSW geholt werden. Tom wechselt zwischen den Stationen von Karin und Livia hin und her. Die Anfangskapitel zeugen von der Zerrissenheit, der Machtlosigkeit, dem Schmerz.
Später geht es um die Bewältigung, dem Weiterleben müssen, den Erinnerungen, dem Beginn seiner Vaterschaft und den (bürokratischen) Hürden.
Es ist eine Geschichte, die dem Leser unter die Haut geht.

Man muss sich reinfinden in die Art, wie der Autor erzählt. Die ganze Geschichte ist ein Fließtext, wörtliche Rede, ganze Dialoge, werden ohne Anführungszeichen geschrieben. Abschnittsweise wechslen manchmal die Zeiten, doch wenn man sich eingelesen hat, kommt man mit dieser Erzählweise sehr gut zurecht.

Das Buch sehe ich als große Aufarbeitung des Autors von den Ereignissen, die ihm im Jahre 2012 passiert sind. Die ihn damals sprachlos und am Rande seiner Belastbarkeit gebracht haben, ja, an denen er beinahe selbst zerbrochen wäre. Doch nachdem er wieder zu seinen Worten gefunden hat, mit denen er umzugehen weiß (und davon zeugt dieser Roman), erzählt er seine ganz persönliche Geschichte. Es geht ums Loslassen, dem Loslassen in vielerlei Hinsicht. Meist ungewollt. Es ist keine einfache Geschichte, keine leichte Geschichte, gerade auch deshalb, weil es keine fiktive Erzählung ist.

Auch wenn Tom Malmquist das Geschehen fast nüchtern erzählt, so werden doch beim Leser die Emotionen geweckt. Man fühlt und leidet mit, man beginnt ihn kennen zu lernen, begleitet ihn durch dieses Jahr und seine Erinnerungen an die Vergangenheit.
Nachdem ich mich eingelesen hatte, konnte ich das Buch kaum noch aus der Hand legen und hatte es in kürzester Zeit gelesen.



Fazit:
Ein Rückblick auf Höhen und Tiefen: ehrlich, offen, ergreifend und sehr persönlich.

Veröffentlicht am 09.03.2017

Grandios erzählt

Herz auf Eis
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"....denn die Errungenschaften ihrer entwickelnte Zivilisation haben sie von diesem tausendjährigen Naturverständnis abgeschnitten, überlieferten Wissen, mit dem der Mensch in der Lage war, von nichts ...

"....denn die Errungenschaften ihrer entwickelnte Zivilisation haben sie von diesem tausendjährigen Naturverständnis abgeschnitten, überlieferten Wissen, mit dem der Mensch in der Lage war, von nichts zu leben.Die Zivilisation hat ihm mehr Komfort und ein längeres Leben beschert, aber durch die Perfektion hat sie ihm auch ein paar Lebensgrundsätze vergessen lassen, ohne die Louise und Ludovic nun völlig hiflos dastehen. " (Zitat, S. 102/103)

Louise und Ludovic sind ein Paar, sie leben in Paris. Doch Ludovic kommt beruflich nicht weiter, er möchte allem entfliehen und lieber die Welt entdecken, einfach mal aussteigen. Er kann Louise überreden und so startet ihre einjährig geplante Segeltour. Alles läuft am Anfang wunderbar, sie erleben viel, sehen viel. Doch dann laufen sie eine einsame, verbotene Insel an. Doch ihr Ausflug dorthin endet in einer Katastrophe. Auf ihrer Wanderung dort werden sie von einem Sturmtief überrascht und als sie zurück am Meer sind, müssen sie mit Entsetzen feststellen, dass ihr Schiff nicht mehr da ist.
Ein Albtraum beginnt, bei dem sie immer mehr feststellen, dass der Kampf ums Überleben ihnen alles abverlangt und die Grenzen der Menschlichkeit, ihre bisherigen Ansichten und Gewohnheiten, immer mehr verschwinden.

Die personale Erzählperspektive nimmt den Leser gefangen, er fühlt mit, er weiß nicht, wie es ausgeht. Dennoch kann die Autorin Isabelle Autissier uns dadurch die Gedanken, die Gefühle und die verschiedenen Antriebe der Protagonisten, ihre wechselnden Stärken und Schwächen, eindringlich und emotional vermitteln.
Der Focus liegt zwar verstärkt auf Louise, aber nicht ausschließlich.

Sie baut die Geschichte langsam auf, Louise und Ludovic werden eingeführt, vorgestellt, beschrieben. Das ist wichtig für ihre späteren Handlungen. Der Sog, das Buch immer weiter lesen zu wollen, es nicht aus der Hand zu legen, wird immer größer. Dabei ist es mitunter keine leichte Kost, die die Autorin uns da zu bieten hat. Nicht immer ist es leicht, sich die Aktionen, das Geschriebene, auch bildlich vorzustellen. Das Buch fesselt, weckt auch beim Leser Emotionen,schreckt ab, geht unter die Haut, berührt, lässt einen Grübeln und auch nach dem Ende nicht los. Ein Buch, dass an die Grenzen der Menschlichkeit geht, extreme Erfahrungen und die Frage, wie geht man damit um. Zweifellos fragt sich jeder Leser, wie er in der ein oder anderen Situation reagiert hätte, wie weit er gehen würde.

Sprachlich präzise, auf den Punkt gebracht, knapp, aber dennoch ausgefeilt, versteht es Isabelle Autissier den Leser zu fesseln und durch diese Geschichte eine ganze Bandbreite an Gefühlen zu wecken. Für mich war es ein sehr intensives Leseerlebnis. Ein grandioses Leseerlebnis.
Ein Buch, dem ich gerne mehr als 5 Punkte gegeben hätte, es hätte viel mehr verdient.

Veröffentlicht am 06.03.2017

Raffiniert, verwickelt, überraschend

Das Buch der Spiegel
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Der Literaturagent Peter Katz wird beim Lesen eines unaufgefordert eingesandten Teil-Manuskriptes neugierig. Es ist nur der Anfang einer autobiografischen Geschichte, sie bricht an einer spannenden Stelle ...

Der Literaturagent Peter Katz wird beim Lesen eines unaufgefordert eingesandten Teil-Manuskriptes neugierig. Es ist nur der Anfang einer autobiografischen Geschichte, sie bricht an einer spannenden Stelle ab und Katz ist nicht nur neugierig auf den Rest, er wittert auch ein gute Vermarktungsmöglichkeit für das Buch. Doch bevor es zu einem Treffen mit dem Autor kommt, verstirbt Flynn. Katz setzt einen bekannten arbeitslosen Drehbuchautor auf die Story an, denn Flynns Manuskript erzählt von einem bekannten Mordfall vor 28 Jahren, der bisher nicht aufgeklärt werden konnte.

Der Aufhänger der ganzen Geschichte ist der Mordfall an Prof. Wieder vor 28 Jahren. Einer, bei dem nie ein Täter oder eine Täterin oder ein eindeutiges Motiv gefunden werden konnte. Nun verstirbt einer, der vielleicht mehr davon wusste und hinterlässt Andeutungen, verarbeitet in einem Buch. Ein spätes Geständnis? Eine Aufdeckung von geheimen Wissen?
Im Buch geht es aber nicht nur um das verschwundene Buch, sondern vor allem um die spannende Frage, was geschah damals in der Mordnacht wirklich.

"Das Buch der Spiegel" lässt auch den Leser ahnungslos. In der Geschichte gibt es mehrere Teile, in dem erst der Lektor Peter Katz, dann der Autor Richard Flynn, dann der Dekektiv spielende Drehbuchautor und anschließend einer der damals ermittelnden Polizisten erzählen.
E.O. Chirovici hat die Geschichte wie eine Zwiebel verpackt, erst nach und nach lösen sich die Schichten. Langsam und genau beschreibt er die einzelnen Schritte, geht in die Tiefe, arbeitet seine Protagonisten aus, zeichnet hervorragend die Handvoll an Menschen, die als Täter in Frage kommen, lässt uns als Leser falles mitverfolgen, mitraetseln und mit in die Irre gehen. Eine Wahrheit ist nicht immer die Wahrheit. Jeder Blickwinkel scheint Neues oder andere Wahrheiten hervorzubringen. Aussagen stehen gegen Aussagen. Wirklichkeit und Vergangenheit, Erlebtes und das retroperspektivische Erlebte, das der Einzelne sich unbewusst anpasst, werden vermischt. Ein reizvolles Szenario bei einer Mordermittlung nach so vielen Jahren.

Es ist kein Krimi, der Action braucht. Es hat psychologische Tiefe, der Autor spielt mit den Erinnerungen, den Aussagen, den Protagonisten. Er lässt zwar auch dem Zufall eine große Rolle spielen, aber das ist bei einem Roman auch legitim. Was mich mehr überraschte, mehr nachdenklich machte, ist der nach und nach vollzogene Wechsel zwischen gut und böse, zwischen Schuld und Unschuld. Alles scheint am Anfang einfach - doch nichts ich einfach einfach.

Der Schreibstil ist flüssig, die Wechsel der Erzähler halten die Spannung, genau wie die Nachforschungen, die peu a peu versuchen eine Wahrheit ans Licht bringen. Eine Wahrheit ? Gibt es die ? Verzwickt, verworren, verdreht - ein Gespinst an Erinnerungen muss entknotet werden. Alles scheint einfach ? - Fehlanzeige. Trotz aller scheinbar leichten Nachforschungen und verwickelten Erkenntnissen schafft es der Autor mich gegen Ende noch positiv zu überraschen !

Ein Buch, über das man noch länger nachdenkt, über das was Wahrheit oder nur Reflexion, nur Spiegelbild einer Wahrheit, verdrehte Wahrheit ist.
Nicht nur die Blickwinkel der Betrachter wechseln im Buch, auch die Sichtweisen der Leser auf Verdächtige werden immer wieder kräftig durchgerüttelt.

Fazit:
Ein faszinierendes Buch mit spannenden Perspektivwechseln und der Suche nach der einen Wahrheit - wenn es die denn geben sollte.
Eine tiefgründiger, psychologischer Roman.Raffiniert, fesselnd, interessant und mal was ganz anderes !!!

Veröffentlicht am 03.03.2017

Pageturner

Tödliche Frist
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Ein Schlittenhunderennen in Alaska. Bei absolut tiefen Temperaturen, das härteste Schlittenhunderennen der Welt.
Anfangs scheint alles normal zu verlaufen, doch dann taucht einer der Teilnehmer nicht vereinbahrungsgemäß ...

Ein Schlittenhunderennen in Alaska. Bei absolut tiefen Temperaturen, das härteste Schlittenhunderennen der Welt.
Anfangs scheint alles normal zu verlaufen, doch dann taucht einer der Teilnehmer nicht vereinbahrungsgemäß am Zwischenstopp auf. Seine Nichte Kirra Jacobs und Reef McKenna machen sich abends auf um ihn zu suchen. Sie finden ihn zwar, aber viel mehr als die Information, dass seine Tochter Meg, Kirras Cousine entführt worden ist, können sie ihm nicht entlocken, bevor sie selber in große Gefahr geraten. Ein gefährlicher Wettlauf mit der Zeit hat begonnen und Kirra und Reef geraten mehr als einmal in arge Bedrängnis....

"Tödliche Frist" ist der fünfte und abschließende Band um den McKenna-Clan. In jedem Band geht es um einen der McKenna-Geschwister. Doch die Bücher sind auch einzelnd, ohne Vorkenntnisse der anderen Bände lesbar, jeder Fall ist in sich abgeschlosen.

Diesmal steht der jüngste McKenna, Reef im Mittelpunkt. Es ist ein toller Mix aus absoluter Spannung, aber auch die wachsende Beziehung zwischen ihm und Kirra hat ihren Raum in der Geschichte. Dabei gelingt es der Autorin, diese keimende Liebe realistisch und voller Gefühl in ihrer Entwicklung zu beschreiben.
Die Autorin hat einen wundervoll packenden, lebendigen Schreibstil, so dass man beim Lesen mitfiebern kann. Die Spannung hat mich so gepackt, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte und es daher sehr schnell gelesen hatte.

Gefallen hat mir auch, wie die Autorin es geschafft hat, den christlichen Glauben, die Macht der Gebete mit in diesen Roman zu verpacken. Hat doch Kirra an einem Ereignis in ihrer Vergangenheit schwer zu tragen. Reefs Einfühlungsgabe, seine Geduld, aber auch ihrer beider Glaube helfen ihr, über die Vergangenheit zu sprechen und auch innerlich loszulassen. Nach vorne zu blicken....

Diesen Mix in eine tolle Geschichte zu verpacken beherrscht die Autorin meisterhaft. Auch die Vorgängerbände habe ich sehr gerne gelesen. Dieser Abschlußband toppt meiner Meinung aber alle vorhergehenden, obwohl ich dachte, dies sei kaum möglich.

Fazit:
Krönender Abschluss einer spannenden Reihe voller Abenteuer, Romantik und Glaube !
Auch unabhängig von den Vorgängerbänden zu lesen.

Veröffentlicht am 03.03.2017

"Goldene Zwanziger"

Noble Gesellschaft
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Herbst 1925, Berlin: Erst verschwindet wieder einmal ein Dienstmädchen spurlos, dann begeht ein ehemaliges Flieger-Ass Selbstmord. Oder war es doch Mord ?
Carl von Bäumer, Starschauspieler bei der UFA, ...

Herbst 1925, Berlin: Erst verschwindet wieder einmal ein Dienstmädchen spurlos, dann begeht ein ehemaliges Flieger-Ass Selbstmord. Oder war es doch Mord ?
Carl von Bäumer, Starschauspieler bei der UFA, und sein Lebensgerährte Paul Genzer, Kommissar, ermitteln. Immer mehr wird klar, dass nichts so einfach scheint, wie es anfangs aussieht und das hinter allem ein großes Geflecht an Beziehungen und alten Wunden besteht, die sich nun, Jahre später in eine Flut aus Rache verwandeln....

Man taucht durch Joan Weng tief ein in die 20er Jahre. Doch egal, ob es die Gangsterseite, die Seite der "noblen Gesellschaft" ist, jeder, wirklich jeder ist aus meinen Augen sehr skurril. Es ist der oft beschriebene Tanz auf dem Vulkan, extentrisches Leben, Abgreifen, Verbrechen, Leben nach einem Krieg, Egomanie, Koks, Affären,Bigamie, Gefühlskälte, Schmuggel....kaum einer der Protagonisten ist nicht irgendwie mehr oder minder davon betroffen. Oder er gehört auf die Seite der Dienstboten, einfachen Arbeiter, die - im Gegenteil zur verschwenderischen Oberschicht - ein einfaches Leben fristen müssen.
Die Autorin hat damit vieles eingefangen, was in den 20er Jahren des vorherigen Jahrhunderts an der Tagesordnung war. Nicht überall, nicht ausschließlich, allerdings sind sie hier die Protagonisten.

Der Schreibstil der Autorin ist sehr lebendig, sie weiß mit Worten umzugehen. Allerdings haben mich die vielen Protagonisten, die vielen Wechsel in den Abschnitten, oftmals etwas verwirrt. Hilfreich ist hier zum Glück ein vorangestelltes Personenregister, das mir sehr geholfen hat.
Es gibt nicht nur die vielen Einblicke in die Leben der Akteure, sondern auch im Laufe der Geschichte immer mehr Opfer. Wer steckt hinter allem ? Gehören sie zusammen ?
Carl von Bäumner ermittelt. Seine Erkenntnisse werden am Ende zum Schuldigen führen, manche seiner Wege werden zu oberflächlich erklärt. Zwischendurch hatte ich Probleme die Übersicht zu behalten, auch wenn am Ende alles relativ schlüssig aufgeklärt worden ist und die Autorin sich ein tolles Konstrukt an Verwirrungen und Beziehungen ausgedacht hat. Als Leser hat es mich allerdings mittendrin etwas überfordert.

Fazit:
Eher eine Gesellschafstudie. Die Krimihandlung lief eher nebenher und war für mich zu überladen. Zu viele (unsymphatische) Protagonisten haben mich nicht fesseln können. Allerdings hat die Autorin einen lebendigen Schreibstil und hat die gewollt überzeichnete Zeitstudie der Goldenen Zwanziger hat auch Humor.