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Veröffentlicht am 16.12.2019

Das ereignisreiche Leben der Agatha Christie - spannend, interessant und humorvoll

Die Autobiographie
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»Seit Lucrezia Borgia bin ich die Frau, die am meisten Menschen umgebracht hat, allerdings mit der Schreibmaschine.«

“Tod auf dem Nil”, “Mord im Orient-Express”, “Miss Marple” waren mir bekannt, doch ...

»Seit Lucrezia Borgia bin ich die Frau, die am meisten Menschen umgebracht hat, allerdings mit der Schreibmaschine.«

“Tod auf dem Nil”, “Mord im Orient-Express”, “Miss Marple” waren mir bekannt, doch über ihre Schöpferin Agatha Christie wusste ich wenig.
Kein Wunder, denn zeit ihres Lebens, war sie extrem öffentlichkeitsscheu und gab keine Interviews.

»Ich habe Journalisten nie gemocht. Ich habe sie alle in meinen Büchern sterben lassen.«

In ihrer Autobiografie, die 1977 - ein Jahr nach ihrem Tod - erschien, erzählt sie auf über 600 Seiten ausführlich von ihrer Kindheit, ihren Schwärmereien als junge Frau, vom Krieg von Ehe, Mutterschaft und fernen Reisen.

Agatha Christie wurde 1890 in der sittenstrengen Viktorianischen Ära geboren und verbrachte ihre Kindheit im Anwesen der Familie in der Grafschaft Devon an Englands Südküste. Humorvoll erinnert sie sich an die liebevollen Eltern, die älteren Geschwister, die Dienstboten und glückliche Zeiten.

Einmal wurde sie von einem Zimmermädchen eingesperrt, dem sie auf die Nerven gegangen war. Daraufhin kletterte sie aus dem Fenster und gelangte über ein schmales Sims in ein anderes Zimmer. Als ihre Eltern sie daraufhin tadelten, entgegnete sie verständnislos: “Aber ihr habt mir nie verboten, über ein Sims zu balancieren!”

Während des Ersten Weltkrieges arbeitete Agatha Christie im Lazarett und machte danach eine Ausbildung in einer Apotheke. Man ahnt, wo sie ihre Kenntnisse über Gift und Arzneien erworben hat!
Auch die Schilderungen ihrer verschiedenen Verehrer fand ich interessant. Stets prüfte sie gewissenhaft ihr Herz, wenn sie einen Heiratsantrag bekommen hatte. Nach der Hochzeit mit einem Oberst der Luftwaffe folgten finanziell harte Jahre, bis sich langsam die ersten Erfolge als Autorin einstellten.

Agatha Christie war eine brillante Erzählerin. Beim Lesen verging die Zeit wie im Flug, und ich konnte mir das Leben damals lebhaft vorstellen. Mit großartiger Beobachtungsgabe schilderte sie Begegnungen mit skurrilen Menschen, die sie überall auf der Welt traf.

Sie beschrieb den Wandel von der Epoche, als es noch hieß “Vater weiß es am besten” und die Damen zerbrechlich und zart wirken wollten, hin zu ihrem Leben als alleinreisende Frau - spannender als jedes Geschichtsbuch.
Christie liebte das Abenteuer und das Risiko mehr als die Sicherheit. Nach ihrer Scheidung fuhr sie mit dem Orient-Express, bereiste den Nahen Osten und lernte dort ihren zweiten Ehemann, einen Archäologen, kennen.
Und wer hätte gedacht, dass die Autorin sogar auf Hawaiis Wellen surfte! Im Bildteil, in der Mitte des Buches, sieht man sie mit einem Surfbrett am Strand posieren.

Außerdem erläutert sie ausführlich wie sie an die Ideen für ihre Geschichten gelangte, ihren Schreibprozess und warum sie Krimis schrieb.
Als Kind sei sie noch als zu fantasievoll bezeichnet worden. So endete ein Aufsatz, bei dem sie am Anfang noch ganz ordentlich über gelbe und braune Blätter geschrieben habe, irgendwann bei einem Schweinchen mit Ringelschwanz.

Ihr Lebenswerk als Autorin besteht aus 66 Krimis und zahlreichen Theaterstücken. Außerdem veröffentlichte sie unter dem Pseudonym “Mary Westmacott” mehrere Romane.

Leseempfehlung für alle Fans von Agatha Christie, Downton Abbey und lange vergangenen Zeiten!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.12.2019

Das ereignisreiche Leben der Agatha Christie - spannend, interessant und humorvoll

Die Autobiographie
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»Seit Lucrezia Borgia bin ich die Frau, die am meisten Menschen umgebracht hat, allerdings mit der Schreibmaschine.«

“Tod auf dem Nil”, “Mord im Orient-Express”, “Miss Marple” waren mir bekannt, doch ...

»Seit Lucrezia Borgia bin ich die Frau, die am meisten Menschen umgebracht hat, allerdings mit der Schreibmaschine.«

“Tod auf dem Nil”, “Mord im Orient-Express”, “Miss Marple” waren mir bekannt, doch über ihre Schöpferin Agatha Christie wusste ich wenig.
Kein Wunder, denn zeit ihres Lebens, war sie extrem öffentlichkeitsscheu und gab keine Interviews.

»Ich habe Journalisten nie gemocht. Ich habe sie alle in meinen Büchern sterben lassen.«

In ihrer Autobiografie, die 1977 - ein Jahr nach ihrem Tod - erschien, erzählt sie auf über 600 Seiten ausführlich von ihrer Kindheit, ihren Schwärmereien als junge Frau, vom Krieg von Ehe, Mutterschaft und fernen Reisen.

Agatha Christie wurde 1890 in der sittenstrengen Viktorianischen Ära geboren und verbrachte ihre Kindheit im Anwesen der Familie in der Grafschaft Devon an Englands Südküste. Humorvoll erinnert sie sich an die liebevollen Eltern, die älteren Geschwister, die Dienstboten und glückliche Zeiten.

Einmal wurde sie von einem Zimmermädchen eingesperrt, dem sie auf die Nerven gegangen war. Daraufhin kletterte sie aus dem Fenster und gelangte über ein schmales Sims in ein anderes Zimmer. Als ihre Eltern sie daraufhin tadelten, entgegnete sie verständnislos: “Aber ihr habt mir nie verboten, über ein Sims zu balancieren!”

Während des Ersten Weltkrieges arbeitete Agatha Christie im Lazarett und machte danach eine Ausbildung in einer Apotheke. Man ahnt, wo sie ihre Kenntnisse über Gift und Arzneien erworben hat!
Auch die Schilderungen ihrer verschiedenen Verehrer fand ich interessant. Stets prüfte sie gewissenhaft ihr Herz, wenn sie einen Heiratsantrag bekommen hatte. Nach der Hochzeit mit einem Oberst der Luftwaffe folgten finanziell harte Jahre, bis sich langsam die ersten Erfolge als Autorin einstellten.

Agatha Christie war eine brillante Erzählerin. Beim Lesen verging die Zeit wie im Flug, und ich konnte mir das Leben damals lebhaft vorstellen. Mit großartiger Beobachtungsgabe schilderte sie Begegnungen mit skurrilen Menschen, die sie überall auf der Welt traf.

Sie beschrieb den Wandel von der Epoche, als es noch hieß “Vater weiß es am besten” und die Damen zerbrechlich und zart wirken wollten, hin zu ihrem Leben als alleinreisende Frau - spannender als jedes Geschichtsbuch.
Christie liebte das Abenteuer und das Risiko mehr als die Sicherheit. Nach ihrer Scheidung fuhr sie mit dem Orient-Express, bereiste den Nahen Osten und lernte dort ihren zweiten Ehemann, einen Archäologen, kennen.
Und wer hätte gedacht, dass die Autorin sogar auf Hawaiis Wellen surfte! Im Bildteil, in der Mitte des Buches, sieht man sie mit einem Surfbrett am Strand posieren.

Außerdem erläutert sie ausführlich wie sie an die Ideen für ihre Geschichten gelangte, ihren Schreibprozess und warum sie Krimis schrieb.
Als Kind sei sie noch als zu fantasievoll bezeichnet worden. So endete ein Aufsatz, bei dem sie am Anfang noch ganz ordentlich über gelbe und braune Blätter geschrieben habe, irgendwann bei einem Schweinchen mit Ringelschwanz.

Ihr Lebenswerk als Autorin besteht aus 66 Krimis und zahlreichen Theaterstücken. Außerdem veröffentlichte sie unter dem Pseudonym “Mary Westmacott” mehrere Romane.

Leseempfehlung für alle Fans von Agatha Christie, Downton Abbey und lange vergangenen Zeiten!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.12.2019

Ein berührender Roman über die Seele der Menschen jenseits des Geschlechts

Die Wunder von Little No Horse
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Zuweilen zart, zuweilen deftig erzählt Louise Erdrich von Agnes, die die Identität des katholischen Priesters Damien Modeste annimmt, um sich ihren Lebenstraum zu erfüllen - sie möchte predigen.

»Als ...

Zuweilen zart, zuweilen deftig erzählt Louise Erdrich von Agnes, die die Identität des katholischen Priesters Damien Modeste annimmt, um sich ihren Lebenstraum zu erfüllen - sie möchte predigen.

»Als Nonne hatte sie gelernt, den Blick gesenkt zu halten. Jetzt reckte Father Damien das Kinn, verengte die Augen und schaute geradeaus.«

1912 lebt sie in “Little No Horse”, einem Reservat der Objiwe-Indianer. Während sie sich um die Einwohner kümmert, erfährt sie viel über ihre Kultur.

Die Autorin Louise Erdrich ist Tochter einer Objiwe und beschreibt die Protagonisten mit viel Liebe und Einfühlungsvermögen. Die Frauen des Stammes sind stolz und stark:
»Man kann einiges mit mir machen und ich mit anderen, ich gebe und gebe, aber irgendwann reißt das Band. Meine Liebe sitzt tief, solange man nur diese Grenze nicht überschreitet und mir nichts antut, das ich nicht bereit bin hinzunehmen.«

Erdrich lässt die verschiedenen indianischen Protagonisten selbst ihre Geschichten erzählen - über Geister, Erfahrungen mit Weißen, über absurde Situationen, Rivalitäten.

Um Gott zu dienen, hat Agnes auf das Leben als Frau und Mutter verzichtet. Eine Leidenschaft, die ihr geblieben ist, ist das Klavier. Beim Spiel fühlt sie sich durchdrungen von Gott:
»Die gestutzten Alleen von Haydn, Brahms oder selbst Schubert habe ich nie mit derselben Hingabe gespielt wie Beethovens wuchernde Wälder. Immer wollte ich noch tiefer ins Dickicht, habe die Intonation jeder Note problematisiert, jeden Zwischenton umgewendet und Bach nach der Wahrheit durchforstet.«

Die Geschichte reicht hinein bis in die 90er, als Agnes/Damien spürt, dass ihr Ende naht. Sie wusste, der Blick auf ihre Leistung würde sich verändern, wenn man nach ihrem Tod erfahren würde, dass sie eine Frau ist.

Der Roman war nicht immer bequem und hat auch leider meine Erwartung nach einer idyllischen Geschichte von naturnah lebenden Ureinwohnern nicht bedient. Ich habe von Armut und Hunger, Kälte, Alkoholmißbrauch und Kämpfen gelesen. Auch konnte ich nicht nachvollziehen, dass Agnes einer Institution dient, die das Weibliche als minderwertig ansieht.
Dennoch hat mich die Geschichte und bildhafte, poetische Sprache in ihren Bann gezogen und tief berührt.
Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 05.12.2019

Ein Buch, das zeigt, warum jede einzelne Stimme wichtig ist

Aufbruch
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Gloria Steinem, Journalistin und Feministin, hatte eine unkonventionelle Kindheit. Mit ihren Eltern und ihrer Schwester reiste sie durch die USA. Auch später behielt sie dieses Leben bei. Sie erzählt von ...

Gloria Steinem, Journalistin und Feministin, hatte eine unkonventionelle Kindheit. Mit ihren Eltern und ihrer Schwester reiste sie durch die USA. Auch später behielt sie dieses Leben bei. Sie erzählt von Reisen mit dem Auto, dem Flugzeug, Gesprächen mit Taxifahrern, Flugbegleiterinnen, Studentinnen und LKW-Fahrern.

Geprägt durch den Vater, der sich gegen Regeln auflehnte und ihrer Mutter, die in der Ehe verkümmerte, setzt sie sich bis heute für Gleichberechtigung und soziale Gerechtigkeit ein.

»Wir reden über eine Gesellschaft, in der keine anderen Rollen existieren werden als die, die man sich gewählt oder verdient hat; wir reden ernsthaft über Menschlichkeit.«

Beim Feminismus geht es nicht nur um Frauen, sondern auch um Menschen mit Behinderungen, Menschen verschiedener Nationalität und Hautfarbe und natürlich auch um Männer.

Zusammen mit der Autorin wirft man einen Blick zurück bis in die 60er. Steinem erzählt, dass 1971 den Studentinnen der juristischen Fakultät von Harvard nur am “Ladys Day” gestattet war in den Seminaren Fragen zu stellen. Sie schreibt über den Indian Removal Act, der das Land der Cherokee an weiße Sklavenhalter gab, das Eheverbot für Flugbegleiterinnen, die Nationale Frauenkonferenz 1977 und den Vietnam-Krieg. Sie schildert, dass die katholische Kirche Abtreibungen bis ist 19. Jahrhundert geduldet hat und diese erst später aus demografischen Gründen verboten wurden. Sie berichtet von Frauen, die einen Schwangeschaftsabbruch vornehmen ließen und sich anschließend wieder zurück vor die Klinik stellten, um weiter gegen Abtreibungen zu protestieren. Sehr interessant auch der Wahlkampf um das Präsidentenamt, bei dem Steinem Hillary Clinton unterstützte.

»Und kein Wunder, dass Frauenfeindlichkeit in den Medien kein Thema war. Die Medien selbst waren frauenfeindlich.«

Ein spannendes Buch, das uns daran erinnert, welchen Weg die Gesellschaft innerhalb der letzten 60 Jahre zurückgelegt hat. Vieles hat sich verändert und ist heute kaum mehr vorstellbar. Das Bewusstsein für Ungerechtigkeiten ist gestiegen. Doch gleichzeitig scheint es, als würden an neuen Stellen die gleichen alten Probleme auftreten.

“Women have two choices: Either she's a feminist or a masochist.”

Veröffentlicht am 03.12.2019

Eine Sammlung skurril absurder und satirischer Texte über Technik, Kommunikation und den Wandel der Gesellschaft

Bit Rot
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»Eines Tages bist du aufgewacht, und alle um dich herum hatten Zähne wie ein Gameshow-Moderator.«

Erinnert sich jemand an die Begriffe “Generation X” und “MacJob”? Das waren Kreationen von Douglas Coupland.
Der ...

»Eines Tages bist du aufgewacht, und alle um dich herum hatten Zähne wie ein Gameshow-Moderator.«

Erinnert sich jemand an die Begriffe “Generation X” und “MacJob”? Das waren Kreationen von Douglas Coupland.
Der in Deutschland geborene, kanadische Autor hat in Japan und Italien gelebt und inzwischen fünfzehn Romane veröffentlicht. Außerdem ist er Designer und bildender Künstler.

Viele der Kurzgeschichten in diesem Buch stammen aus dem Roman “Generation A” aus dem Jahr 2007. Die non-fiktionalen Texte sind aus seiner Kolumne bei der Financial Times (20013-20015).

Die Texte sind bisweilen absurd lustig, satirisch bis sehr absurd. Er schreibt über Individualität, Anonymität, Drohnen, Aliens, Bibliomanie, Superman in einer Bar und unrühmliches Feng Shui.
Er erzählt kleine Anekdoten aus der Kunstszene, erläutert wer mit einer Metadatenplakette ausgezeichnet werden sollte und was ein “Future Blip” ist.

Manche der Texte erscheinen wie ein Zeugnis einer längst vergangenen Zeit (obwohl sie nur wenige Jahre alt sind) und gleichzeitig aktuell wie nie.

Über “Normcore”:
»Soll doch die NSA in meinen E-Mails lesen wie im Kaffeesatz. Ich mache mich absichtlich un-unverwechselbar. Ich strafe die Welt mit meiner Farblosigkeit, und wenn ihr meine Metadaten scannt, werdet ihr einschlafen, bevor ihr irgendwas Interessantes findet.«

Über Nostalgie: »Und dabei meine ich nicht mal die Sehnsucht nach der eigenen Jugend – ich meine die Sehnsucht nach vor fünf Jahren. Oder vor drei Jahren meinetwegen. Oder nach dem Leben vor Twitter.«

Eine kurzweilige Chronik des immer schneller werdenden Wandels und eine amüsante Lektüre für Zwischendurch.