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Veröffentlicht am 14.10.2019

Russische Mythologie im Konflikt mit der orthodoxen Kirche

Der Bär und die Nachtigall
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Russland im 13. oder 14. Jahrhundert - irgendwo weit im Norden, lebt das Mädchen Wasja in einem Dorf am Rand des wilden Waldes. Die alte Dunja erzählt abends am Ofen Geschichten vom Feuervogel und Väterchen ...

Russland im 13. oder 14. Jahrhundert - irgendwo weit im Norden, lebt das Mädchen Wasja in einem Dorf am Rand des wilden Waldes. Die alte Dunja erzählt abends am Ofen Geschichten vom Feuervogel und Väterchen Frost.
Die Angestellten legen dem Domowoi, dem guten Hausgeist, regelmäßig einen Kanten Brot oder einen Apfel hin, dafür flickt er nachts die Hemden und beschützt das Haus:

»Ich bin hier, weil das Haus hier ist. Ohne das Haus wäre auch ich nicht da.«

Wasjas Vater Pjotr nimmt sich eine neue Frau und bringt Pater Konstantin mit ins Dorf. Der Pater predigt gegen die alten Mythen und Götter und verängstigt die Menschen.

»Woher wollt Ihr wissen, was Gott will? Die Menschen verehren Euch nur, weil Ihr ihnen solche Angst macht.«, sagt Wasja zu ihm.

Anna, die neue Frau, und der Priester versuchen der widerspenstigen Wasja den Glauben an die alten Geschichten auszutreiben. Wildheit ist Sünde!

Weil die Geister nicht mehr gefüttert werden, werden sie immer schwächer. Bald sind sie nicht mehr in der Lage, die Menschen, die Tiere und Häuser vor dem Bösen zu beschützen. Der Winter beginnt, das Dorf in seine eisige Faust einzuschließen.

Die Dorfbewohner halten Wasja für eine Hexe und wollen sie fortjagen. Wasja dagegen möchte die Menschen vor dem erwachenden Bösen retten und ist dabei fast auf sich allein gestellt.


Ich fand es interessant, von den russischen Geistern zu lesen - dem Bannik, der Rusalka. Auch Wasja mochte ich gern sowie ihre Gespräche mit den Tieren, die Ausritte mit den Pferden.
Wasjas Welt ist klar strukturiert. Sie lebt in einer stark patriarchalen Gesellschaft, die Kirche hat viel Einfluss. Große Teile der Erzählung beschäftigten sich mit Hierarchien und Machtverhältnissen am Moskauer Hof, der Position der Kirche und traditionellen Rollenbildern von Männern und Frauen. Stattdessen hätte ich gern mehr über die russischen Mythen gelesen.

Katherine Arden erzählt eine Geschichte von diamantglitzernden, verschneiten Wäldern, grausamen und guten Geistern und blutigen Kämpfen.
Ein Märchen über das Erwachsenwerden eines Mädchens, das mit der Natur sprechen kann und sich nicht in ihre traditionelle Rolle fügen mag.

“Der Bär und die Nachtigall” ist der erste Teil der Winternacht-Trilogie.
Fortgesetzt wird die Reihe mit “The Girl in the Tower” und “The Winter of the Witch” (beide Bände sind noch nicht ins Deutsche übersetzt).

Veröffentlicht am 14.10.2019

Ein berührendes und humorvolles Buch über eine ungewöhnliche Frau und ihre gefiederten Freunde

Die Eulenflüsterin
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"Eulen sind sehr gemütlich und entscheiden erst einmal selbst, ob es sich lohnt, Energien zu verschwenden. Bist du zu hektisch in Gegenwart einer Eule, wird sie nicht zu dir kommen.”

Tanja Brandt ist ...

"Eulen sind sehr gemütlich und entscheiden erst einmal selbst, ob es sich lohnt, Energien zu verschwenden. Bist du zu hektisch in Gegenwart einer Eule, wird sie nicht zu dir kommen.”

Tanja Brandt ist Falknerin und Tierfotografin. In der Vergangenheit hat sie bereits verschiedene Fotobücher mit Geschichten über ihre Tiere veröffentlicht. Nun folgt mit “Die Eulenflüsterin” ihre Autobiografie.

Ich durfte das Buch über die Plattform “Lesejury” lesen. Dort beantwortete die Autorin auch unsere Fragen.

Ich kannte Tanja Brandt bisher nicht. Aber das Buch hat mich gleich angesprochen, als ich das Cover gesehen habe. Greifvögel sind für mich beeindruckende, wilde und respekteinflößende Tiere, und ich wollte unbedingt lesen, was Tanja mit den Tieren erlebt hat.

In der ersten Hälfte des Buches schreibt sie von ihrer Kindheit. Ich war erst etwas irritiert, weil ich doch unbedingt von den Eulen lesen wollte! Aber Tanjas Erzählstil und ihre Geschichte hat mich schnell gefesselt.
Ihre Kindheit war nicht besonders schön, nur in der Gegenwart von Tieren fühlte sich sich sicher und angenommen.

“Ich war fasziniert von Bussarden, von Greifvögeln überhaupt, von Geparden, Hyänen, Wölfen. Von Tieren, die sich etwas Wildes bewahrt hatten, sich nicht wirklich domestizieren ließen. Sie spiegelten eine Seite von mir … dieses Einzelkämpfer-Dasein, das ich führte, auch wenn ich selten allein war. Es war schwer, wirklich an mich heranzukommen, obwohl ich Menschen liebte und Beziehungen einging. Vielleicht fehlte mir das Vertrauen. Das Vertrauen, mich ganz fallen zu lassen und aufgefangen zu werden.”

Die Autorin schreibt, als würde sie mit dem Leser am Kaffeetisch sitzen und von ihrem Leben erzählen. Dadurch entsteht eine große Nähe.
Ich war erstaunt, darüber wie verletzlich sie sich macht und auch über ihre negativen Erfahrungen berichtet. Aber genau das macht die Autorin sympathisch und sehr menschlich.
Die Erzählweise ist recht nüchtern, mit herrlich trockenem Humor. Ich musste immer wieder lachen, war aber auch sehr berührt von ihren negativen Erlebnissen.

In der Mitte des Buches folgt ein Fototeil mit zauberhaften farbigen Fotos. So kann man sich ein Bild von den Tieren machen, die Tanja Brandt im zweiten Teil ausführlicher vorstellt.
Dort erzählt sie über Phönix, Uschi, Lenni und all die kleinen und großen Pflegepatienten. In einer Infobox beschreibt sie am Kapitelanfang jeweils die Tierart und ihre Eigenheiten.

Mein Liebling ist Gandalf, die Weißgesichtseule:
“Gandalf saß am liebsten auf dem Monitor, während ich Fotos bearbeitete, und hielt ein Schläfchen. Häufig hockte er auch unter der Kaffeemaschine oder auf dem Wasserhahn. (...) Gandalf und Kurti kommen inzwischen richtig gut klar, sie leben in einer Voliere, aber ich merke, dass Gandalf dem Kleinen schon beigebracht hat, wie man im Leben mit schlechter Laune weiterkommt.
Und Kurti hat die Lektion für sich perfektioniert.
Wenn ihm etwas nicht gefällt, guckt er mich mit abstehenden Federn an, dann schmeißt er sich einfach mal auf den Boden und schreit. Wenn er merkt, das interessiert keinen, geht er schlafen.”
Ein faszinierendes, lustiges Buch, das mir sowohl einen Einblick in Tanjas Leben und Tätigkeit gegeben, als auch die Tiere näher gebracht hat.
Ich glaube, “Die Eulenflüsterin” kann vielen Menschen Hoffnung machen, die eine nicht so schöne Kindheit hatten. Tanja Brandt zeigt, dass es immer einen Weg gibt, um seinen Platz im Leben zu finden.
Ich möchte außerdem jedem ans Herz legen, sich Tanja Brandts Instagram-Account anzusehen. Die Fotos sind wirklich fantastisch!

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  • Erzählstil
Veröffentlicht am 10.10.2019

Eine Geschichte über Alchemie, düstere Träume und Magie

Strange the Dreamer - Der Junge, der träumte
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Dies ist mein erstes Buch der Autorin Laini Taylor. Sofort ist man mitten im Geschehen in einer wundersamen Welt, und mysteriöse Dinge passieren.
Die Sprache hat mich von der ersten Seite an verzaubert. ...

Dies ist mein erstes Buch der Autorin Laini Taylor. Sofort ist man mitten im Geschehen in einer wundersamen Welt, und mysteriöse Dinge passieren.
Die Sprache hat mich von der ersten Seite an verzaubert. Laini Taylor schafft eine düstere, geheimnisvolle Atmosphäre.

Im ersten Erzählstrang folgen wir Lazlo, einem unsicheren Junge, der in der Welt der Bücher und Geschichten lebt.

“Lazlo hatte noch nie einen Kuchen gesehen, geschweige denn probiert. Er hatte Prügel dafür bezogen, das Fallobst von den Apfelbäumen zu essen, selbst wenn vor Würmern kaum Frucht übrig war. (...) Zum ersten Mal zog er in Betracht, dass es vielleicht andere Arten des Lebens geben konnte als die gewohnte, die er kannte. Bessere, glücklichere.”

Durch einen glücklichen Zufall bekommt er die Möglichkeit, die Kälte des strengen Klosters zu verlassen und zur sagenumwobenen Stadt Weep zu reisen.

Im zweiten Erzählstrang folgen wir Sarai, Ruby und Sparrow, drei Protagonisten mit magischen Fähigkeiten.
Die Geschichte entfaltet sich erst langsam, und nach und nach beginnt man zu erahnen, was passiert sein könnte.

Die englische Ausgabe von “Strange the dreamer” wurde in zwei Bände aufgeteilt. Wer also auch gern auf Englisch liest, für den macht es vielleicht Sinn, die englische Ausgabe zu kaufen.
Durch das Teilen des Buches hat die Geschichte für mich noch nicht so richtig an Fahrt aufgenommen. Wir haben die Welt, die Charaktere und ihre Intentionen und Teile der Vorgeschichte kennengelernt, aber das abrupte Ende hat mich etwas ratlos zurückgelassen. So spannend es war, über 300 Seiten kleine Puzzleteile zusammenzusetzen - für mich ist noch nicht erkennbar, worum es genau geht. Und daher kann ich noch nicht richtig mitfiebern.

Ich gebe vier Sterne für die faszinierenden Charaktere, die außergewöhnliche Sprache und die Ideen und hoffe, dass der zweite Teil mich mehr mitreißen kann.
Von den vier Sternen ziehe ich einen Stern ab, weil das Buch im Deutschen in zwei Teile gesplittet wurde. Das sieht für mich nach Geldmacherei aus und ist gerade bei einer überwiegend jüngeren Zielgruppe für mich nicht angemessen.

Veröffentlicht am 10.10.2019

Eine Geschichte über Alchemie, düstere Träume und Magie

Strange the Dreamer - Der Junge, der träumte
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Dies ist mein erstes Buch der Autorin Laini Taylor. Sofort ist man mitten im Geschehen in einer wundersamen Welt, und mysteriöse Dinge passieren.
Die Sprache hat mich von der ersten Seite an verzaubert. ...

Dies ist mein erstes Buch der Autorin Laini Taylor. Sofort ist man mitten im Geschehen in einer wundersamen Welt, und mysteriöse Dinge passieren.
Die Sprache hat mich von der ersten Seite an verzaubert. Laini Taylor schafft eine düstere, geheimnisvolle Atmosphäre.

Im ersten Erzählstrang folgen wir Lazlo, einem unsicheren Junge, der in der Welt der Bücher und Geschichten lebt.

“Lazlo hatte noch nie einen Kuchen gesehen, geschweige denn probiert. Er hatte Prügel dafür bezogen, das Fallobst von den Apfelbäumen zu essen, selbst wenn vor Würmern kaum Frucht übrig war. (...) Zum ersten Mal zog er in Betracht, dass es vielleicht andere Arten des Lebens geben konnte als die gewohnte, die er kannte. Bessere, glücklichere.”

Durch einen glücklichen Zufall bekommt er die Möglichkeit, die Kälte des strengen Klosters zu verlassen und zur sagenumwobenen Stadt Weep zu reisen.

Im zweiten Erzählstrang folgen wir Sarai, Ruby und Sparrow, drei Protagonisten mit magischen Fähigkeiten.

Die Geschichte entfaltet sich erst langsam, und nach und nach beginnt man zu erahnen, was passiert sein könnte.

Die englische Ausgabe von “Strange the dreamer” wurde in zwei Bände aufgeteilt. Wer also auch gern auf Englisch liest, für den macht es vielleicht Sinn, die englische Ausgabe zu kaufen.
Durch das Teilen des Buches hat die Geschichte für mich noch nicht so richtig an Fahrt aufgenommen. Wir haben die Welt, die Charaktere und ihre Intentionen und Teile der Vorgeschichte kennengelernt, aber das abrupte Ende hat mich etwas ratlos zurückgelassen. So spannend es war, über 300 Seiten kleine Puzzleteile zusammenzusetzen - für mich ist noch nicht erkennbar, worum es genau geht. Und daher kann ich noch nicht richtig mitfiebern.

Ich gebe vier Sterne für die faszinierenden Charaktere, die außergewöhnliche Sprache und die Ideen und hoffe, dass der zweite Teil mich mehr mitreißen kann.
Von den vier Sternen ziehe ich einen Stern ab, weil das Buch im Deutschen in zwei Teile gesplittet wurde. Das sieht für mich nach Geldmacherei aus und ist gerade bei einer überwiegend jüngeren Zielgruppe für mich nicht angemessen.

Veröffentlicht am 10.10.2019

Ein mitreißendes Abenteuer in zauberhafter Sprache!

Ich bin Circe
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“Sie verpasste mir den Namen Circe, Falke, wegen meiner gelben Augen und dem seltsamen, jämmerlich dünnen Klang meiner Stimme, wenn ich weinte.”

Madeline Miller lässt die griechischen Mythen wieder auferstehen ...

“Sie verpasste mir den Namen Circe, Falke, wegen meiner gelben Augen und dem seltsamen, jämmerlich dünnen Klang meiner Stimme, wenn ich weinte.”

Madeline Miller lässt die griechischen Mythen wieder auferstehen - die Götter und Monster und Helden und Nymphen. Sie haucht der alten Welt neues Leben ein, und auf jeder Seite schmeckt und riecht man die Gischt der Wogen und das weiche Moos in den Wäldern.

Circe ist die Tochter des Sonnengottes Helios und der Okeanide Perseis.
Da sie nicht so hübsch, so klug, so hinterhältig ist wie die anderen, ist sie im Olymp zur Außenseiterin geworden. Selbst ihre Eltern und ihre Geschwister schließen Circe aus und machen sich über sich lustig.
Die Götter spinnen zu ihrer Unterhaltung Intrigen und gieren nach Macht.
Circe dagegen fühlt sich zu den Sterblichen hingezogen, ist fürsorglich und hilfsbereit.

Als sie etwas Unverzeihliches tut wird, sie auf eine einsame Insel verbannt. Dort lebt sie mit ihren zahmen Löwen, entwickelt sie sich weiter zur Heilerin und Hexe und feilt an ihren Tränken und Zaubersprüchen. Sie kann Menschen in Tiere verwandeln, Schutzzauber sprechen und mit einem besonderen Kraut das wahre Wesen einer Person zum Vorschein bringen.

Mit ihrer zauberhaften Sprache lockt Madeline Miller den Leser in eine mystische Welt voll Herausforderungen, Liebe und Mut.
Circe begegnet dem Minotaurus, dem Meerungeheuer Scylla, Odysseus, Dädalus und Medea.

“Die Nachricht einer meiner Onkel solle bestraft werden, machte die Runde. Ich war ihm nie begegnet, aber seinen Namen hatte ich bereits mehrfach aus dem unheilschwangeren Getuschel meiner Familie aufgeschnappt. Prometheus.”


Ich konnte mich sehr gut mit Circe identifizieren. Sie findet sich in Situationen wieder in denen sie sich machtlos fühlt, aber sie findet immer einen Weg. Vor schwierige Entscheidungen gestellt, verzweifelt sie zuweilen an ihren guten Intentionen. Ihr Charakter ist sehr realistisch gezeichnet. Sie fühlt Wut, aber auch Reue und Scham, und sie leidet unter den Fehlern, die sie begangen hat.

Teilweise haben mich einige sehr kurze Abschnitte nicht ganz so angesprochen.
Dies wurde aber durch die anderen Geschichten mehr als wettgemacht.

Das Ende hat sich für mich sehr überraschend entwickelt und das Buch würdig abgeschlossen. Ich bin sehr begeistert!

Griechische Mythologie ist sehr nüchtern erzählt und konzentriert sich auf die Helden und den Ablauf der Ereignisse.
Bei “Circe” dagegen steht eine komplexer Frauencharakter im Zentrum. Die Sprache ist detailreich und üppig, und Motive und Gedanken werden ausführlich beschrieben.

Absolute Leseempfehlung für dunkle Herbst- und Winterabende!

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