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Veröffentlicht am 20.12.2024

Edgeworth

Ein Haus und seine Hüter
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Im Jahr 1885 bestimmt der Hausherr Duncan wie die Familie Weihnachten zu verbringen hat. Seine Frau Ellen und seine Kinder werden rumkommandiert. Andere Menschen vor den Kopf zu stoßen fällt Duncan leicht ...

Im Jahr 1885 bestimmt der Hausherr Duncan wie die Familie Weihnachten zu verbringen hat. Seine Frau Ellen und seine Kinder werden rumkommandiert. Andere Menschen vor den Kopf zu stoßen fällt Duncan leicht und er merkt noch nicht mal etwas davon. Als seine Frau Ellen erkrankt und nur wenig später stirbt, ist Duncan zunächst wie der reuige Sünder. Doch nur wenig später bringt er eine neue Frau heim, ohne auch nur die geringste Rücksicht auch seine Kinder zu nehmen, die kaum jünger sind als ihre neue Stiefmutter. Die Neue versucht sich mit allen Familienmitgliedern gut zu stellen. Und die Höflichkeit gebietet, so zu tun als ob.

Im viktorianischen England tickten die Uhren noch anders. Der Herr hatte im Haus das Sagen und egal wie verletzend er auftrat, recht hatte er trotzdem. Ob seine Frau so darunter litt, dass sie es nicht mal wagte, von ihrer angegriffenen Gesundheit zu berichten. Hätte sie noch länger leben können, wenn sie früher in Behandlung gewesen wäre? Wahrscheinlich ist das etwas, das die Kinder sich fragen. Oder der wegen des nicht vorhandenen Stammhalters designierte Erbe, der einfach abserviert wird als die um Freundlichkeit bemühte junge Frau einen echten Erben zur Welt bringt.

Bei diesem Hörbuch bringt der Vortragende Sebastian Walch mit den stimmlichen Nuancen, die er anwendet, den aus heutiger Sicht niedrigen Charakter Duncans, seine Blasiertheit, seine Bornierheit ausgesprochen gut zur Geltung. Mit dieser viktorianischen Zeit möchte man nicht tauschen. Das Getuschel im Dorf, die falschen Schmeicheleien. Meist wird im Roman geredet, was dem Hörbuch und seinem einfühlsamen Sprecher natürlich sehr entgegenkommt. Bereits im Jahr 1935 ist dieser Roman erstmals erschienen. Und doch empfindet man die Lektüre nicht als altertümlich oder altmodisch. Schon manche Geschichten von Goethe könnten durchaus als aktuell angesehen werden und so ist es auch hier. Die Erzählung über die Familienbande zwischen den Edgeworths und über die Beziehungen zu ihren Verwandten und Nachbarn könnte auch in der Gegenwart angesiedelt sein. Gewisse Charakterstudien scheinen zeitlos zu sein. Die Menschen werden halt nicht besser.

Die Farben des Covers sind sehr schön gestaltet. Wie in eine Kristallkugel scheint man ins Leben der Edgeworths zu blicken.

Veröffentlicht am 19.12.2024

Blümchen

SchneeWehen
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Der Schwabacher Kommissar Stefan Simpel weiß zunächst nicht, wieso er jetzt auch noch in einer Brandsache ermitteln soll. Das klärt sich jedoch schnell. In einer frischen Brandruine wurden die sterblichen ...

Der Schwabacher Kommissar Stefan Simpel weiß zunächst nicht, wieso er jetzt auch noch in einer Brandsache ermitteln soll. Das klärt sich jedoch schnell. In einer frischen Brandruine wurden die sterblichen Überreste einer Frau gefunden. Offensichtlich ist sie nicht durch den Brand gestorben. Nicht so offensichtlich ist dagegen die Identität der Toten. Nur kurz darauf begeht eine Krankenschwester in Nürnberg Selbstmord. Hier ermittelt Kommissar Mike Ziegler, der nach einer Zeit außer Dient in Wiedereingliederung ist. Als ob es in Schwabach noch nicht genug Stress gäbe. Der Revierleiter teilt mit, dass er wegen eines Bandscheibenvorfalls in Behandlung muss. Seine Vertretung ist Kommissar Sven Blume.

Bei diesem Kriminalroman handelt es sich um den letzten Band einer dreiteiligen Reihe. Die Kommissare Simpel und Ziegler ermitteln gemeinsam in den rätselhaften Todesfällen. Und wie so oft, wenn ungewöhnliche Ereignisse in einem Kleien Dorf auftreten verstehen es die Menschen zu schweigen. Hinzu kommt noch der fremde Vorgesetzte, der offensichtlich etwas eigenartige Vorstellungen von der Amtsführung hat. Blum scheint es besonders auf den erfahrenen, aber eben schon älteren Kollegen Vogel abgesehen zu haben. Ihm spricht er regelmäßig alle Fähigkeiten ab. Doch auch die anderen Kollegen kriegen ihr Fett vom Chef weg. So kann es kommen, dass sich alle ihren eigentlichen Vorgesetzten so schnell zurück wünschen.

Bereits im Jahr 2014 erschien dieser Krimi und es ist durchaus etwas bedauerlich, dass die Reihe nicht fortgesetzt wurde. Bei den Remitenten passt dieser Winterroman natürlich gut in die Jahreszeit. Daneben punktet er mit einem sympathischen Team samt Dackel und einem interessanten Fall. Bei diesem werden einige der Dorfbewohner von ihrer Vergangenheit eingeholt. Hier weiß der Leser manchmal mehr als die Beamten und kann sich ein paar Dinge zusammenreimen. Dennoch bleiben die Untersuchungen der Polizei spannend, denn die Hinweise sind doch so vage, dass sich das Gesamtbild erst mit den Nachforschungen von Simpel und seinen Kollegen einstellt. Ein lesenswerter Regionalkrimi, von dem man froh ist, dass er einem nicht entgangen ist.

Veröffentlicht am 18.12.2024

Butler Hall

Nachtwald
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Lizzie war monatelang in einem Sanatorium. Nun hat sie ihre Probleme weitgehend hinter sich gelassen. Ihre Mutter hat gerade wieder geheiratet. Gemeinsam mit dem neuen Ehemann George, seiner Tochter, deren ...

Lizzie war monatelang in einem Sanatorium. Nun hat sie ihre Probleme weitgehend hinter sich gelassen. Ihre Mutter hat gerade wieder geheiratet. Gemeinsam mit dem neuen Ehemann George, seiner Tochter, deren Ehemann und Lizzies Bruder Liam verbringen sie das Wochenende auf Georges Besitz Butler Hall, ein schönes, aber halb renoviertes Haus mitten im Wald, zu welchem lediglich ein Fußpfad führt. Zunächst lässt sich die Party auch recht gut an. Zwar tut sich Lizzie etwas schwer mit der unerwarteten Hochzeit ihrer Mutter und ihr Bruder Liam ist seltsam zurückhaltend, aber vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass sich die Familie erst wieder aneinander gewöhnen muss.

In diesem Thriller geht es um eine Wochenendparty die nach und nach immer mehr aus dem Ruder läuft. Das deutet schon der Prolog an, nach dem man annehmen muss, dass das nicht gut ausgehen kann. Doch zunächst geht es eher um Lizzie, die ihre Mutter davon überzeugen will, dass sie alles überstanden hat und auch einigermaßen stabil ist. Und auch mit Liam will sie wieder eine bessere Beziehung aufbauen, obwohl es ihre Schuld war, dass er bei einem Unfall verletzt wurde. Im Laufe des ersten Tages lernt sie auch George, seine Tochter Freya und deren Mann Hudson besser kennen.

Leicht und locker beginnt dieser Thriller. Natürlich nicht in jeder Sekunde, denn Lizzie will klarmachen, dass sie die Probleme überwunden hat. Doch George verbreitet gute Laune und Clair unterstützt ihren Mann, um das neue Glück zu unterstreichen. Auch Hudson und Freya sind ein Herz und eine Seele. Beim Lesen denkt man zunächst, dass Lizzies Anwesenheit den Stein im Schuh des allgemeinen Glücks darstellt. Bis zu einem überraschenden Ereignis, dass eine Kette von Reaktionen in Gang setzt. Nach und nach wird die Handlung immer spannender. Immer mehr Geheimnisse der einzelnen Hausbewohner werden enthüllt. Dabei erscheint vielleicht Manches ein wenig weit hergeholt und beinahe jeder verliert Sympathiepunkte, aber die Anspannung wird so hochgehalten, dass man nur eine Chance hat: Weiterlesen.

Das Cover passt sehr gut zu der Vorstellung, die man sich von dem Haus macht.

Veröffentlicht am 17.12.2024

Des Totengräbers Spaten

Flavia de Luce 11 - Des Henkers letzte Mahlzeit
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Flavia de Luce weiß nicht mehr so richtig, wer sie ist. Sie ist nicht mehr wirklich ein Kind, aber erwachsen ist sie noch lange nicht. Und manchmal ist sie einfach froh, wenn sie so tun kann, als sei sie ...

Flavia de Luce weiß nicht mehr so richtig, wer sie ist. Sie ist nicht mehr wirklich ein Kind, aber erwachsen ist sie noch lange nicht. Und manchmal ist sie einfach froh, wenn sie so tun kann, als sei sie noch ein Kind. Dann radelt sie mit Gladys durch die Gegend wie eigentlich immer. Dann wäre sie fast glücklich, gäbe es da nicht den Dorn in ihrer Seite, ihre junge Cousine Undine. Völlig unerwartet gerät ihre Köchin Ms. Mullet unter Mordverdacht. Außer bei den de Luce’ hat sie noch bei einem älteren Herrn ein paar Haushaltsdinge erledigt. Und dieser wurde tot aufgefunden nachdem er Ms. Mullets gebratene Pilze verspeist hat.

Mit einem elften Band über die Abenteuer von Flavia de Luce im England der 1950er war nicht unbedingt zu rechnen, da der Autor doch schon etwas älter ist. Erfreulicherweise gibt es nun diesen elften Band, in dem Flavia die Todesumstände eines ehemaligen Henkers unbedingt aufklären muss, um Ms. Mullet von jedem Verdacht zu befreien. Dabei kann Flavia ihre Fähigkeiten zu chemischen Analysen gut gebrauchen wie die Gespräche mit Dogger, dem Gärtner. Cousine Undine ist in Flavias Augen zwar eine Nervensäge, aber Flavia muss zugeben, dass Undines Ideen ihren eigenen in Nichts nachstehen.

Große Freude bereitet die Ankunft dieses weiteren Bandes um Flavia de Luce in den Regalen des Bücherladens und auch im eigenen Bücherregal. Wie schon vorher angedeutet ist Flavia auf dem Weg zur Jugendlichen. Ihre kindliche Unbeschwertheit ist nicht mehr so gegenwärtig und das merkt sie selbst auch. Das ist sehr einfühlsam beschrieben. Undine scheint quasi in Flavias Fußstapfen zu treten. Vor der Notwendigkeit Ms. Mullet von dem Verdacht zu befreien, tritt dies jedoch in den Hintergrund. Und Faliva muss sich richtig anstrengen. Dabei entdeckt sie zufällig noch ein anders Geheimnis. Gerade letzte Entdeckung ist dermaßen unerwartet und spannend zu lesen, dass einem fast der Atem wegbleibt. Man fragt sich vielleicht, ob das überhaupt sein kann. Aber es gibt die dichterische Freiheit und man ist während der Lektüre richtig gepackt. Auch Ms. Mullets Problem erfährt einige fesselnde Wendungen. Zwar kommt der Abschluss dann etwas plötzlich. Man vermisst das Teekränzchen der Ermittler. Vielleicht aber verspricht gerade dies einen nächsten Band. Die Reihe um Flavia de Luce ist ausgesprochen empfehlenswert.

4,5 Sterne

Veröffentlicht am 15.12.2024

Entscheidungen

Der stille Vogel
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Der ehemalige FBI-Agent John Adderley lebt in einer Art Zeugenschutz in Karlstad in Schweden. Dort arbeitet er bei der Bezirkspolizei. Als er mit seiner Pflegetochter Nicole bei einem Fußballspiel ist, ...

Der ehemalige FBI-Agent John Adderley lebt in einer Art Zeugenschutz in Karlstad in Schweden. Dort arbeitet er bei der Bezirkspolizei. Als er mit seiner Pflegetochter Nicole bei einem Fußballspiel ist, wird dort ein Knochen gefunden, der menschlichen Ursprungs sein könnten. Die folgenden Untersuchungen bestätigen dies, mehr noch es handelt sich um einen Teil der sterblichen Überreste eines Jungen, der vor über dreißig Jahren gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder verschwand. Eine Sache, die nicht verjährt, und John und seine Kollegen nehmen die Ermittlungen wieder auf. Ein Problem für John ist allerdings seine neue Chefin Mona, die schon seine Verbindungsbeamtin war.

Bereits seinen mit seinem dritten Fall bekommt es John in Schweden zu tun. Obwohl die Sache in Amerika sich in einer Patt-Situation befinden sollte, ist er sich einer möglichen Gefahr immer bewusst. Deshalb hat er Nicole auch nichts von der Verwandtschaft erzählt. Und nun fordert Mona ein, dass er seinem ursprünglichen Plan, das Land Richtung Berlin zu verlassen, in die Tat umsetzen soll. Dennoch fordert sie, er solle die Ermittlungen in den verbleibenden vier Wochen ordentlich führen. Am besten solle er sich noch mit einem Ergebnis abschießen. Die Untersuchungen gestalten sich natürlich schwierig. Schließlich liegt die ursprüngliche Tat schon so lange zurück.

Dieser verwickelte Fall fesselt gerade mit seiner intelligenten Komposition. Zu Beginn pendelt die Handlung zwischen zwei Strängen hin und her, was allerdings etwas am Tempo nimmt. Doch ab einem gewissen Ereignis werden die Dinge zusammengeführt und damit steigt die Spannung. Möglicherweise ahnt man zu einem gewissen Zeitpunkt etwas. Doch bleibt der Weg zur Lösung so spannend, dass man gerne weiterliest. Außerdem schaffen die Autoren trotz diesen kleinen Details in anderen Dingen sehr wohl zu überraschen. Schließlich kommt alles doch leicht anders. Anrührend ist auch die Rahmenhandlung, bei der es um Johns persönliche Lage geht. Seine neue Chefin und er sind nicht gerade das, was man Freunde nennt und so stellt sich die Frage, wie lange John noch in Karlstadt bleiben kann. Zumindest auf Schwedisch gibt es einen vierten Band, so dass eine begründete Hoffnung besteht.