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Veröffentlicht am 22.09.2022

Tote Mädchen

Tote ohne Namen
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Kurz nacheinander werden in San Diego zwei tote Mädchen gefunden, die mit großer Wahrscheinlichkeit illegal im Land waren. Die Polizei bittet die Privatdetektivin Alice Vega, sich der Fälle anzunehmen. ...

Kurz nacheinander werden in San Diego zwei tote Mädchen gefunden, die mit großer Wahrscheinlichkeit illegal im Land waren. Die Polizei bittet die Privatdetektivin Alice Vega, sich der Fälle anzunehmen. Wer waren die beiden ungefähr 14jährigen? Wo kamen sie her? Und vor allen Dingen, wieso hatte die eine Tote einen Zettel in der Hand, auf dem Vegas Name notiert war. Alice Vega und ihr Partner Max Caplan sind darauf spezialisiert, Vermisstenfälle aufzuklären. Seltsam ist es aber, dass sie durch die Polizei engagiert werden. Möglicherweise sind noch mehr Jugendliche in Gefahr. Vega sucht nach einem Ansatz.

Dies ist eigentlich der zweite Band der Reihe um Alice Vega. Der erste Fall findet hin und wieder Erwähnung. Für das Verständnis ist eine Lektüre allerdings nicht notwendig. Man fragt sich allerdings, wieso man bei der Veröffentlichung von Übersetzungen nicht mit dem ersten Band angefangen hat. Alice Vega und Max Caplan funktionieren als Team, sie kennen und ergänzen sich. Den Auftrag finden sie zwar seltsam, aber wenn es um möglicherweise vermisste Jugendliche geht, machen sie sich an die Arbeit. Wer weiß, ob noch weitere Mädchen in Gefahr sind oder auch unter welchen Umständen sie leben.

Schon nach den ersten Seiten ist man gefesselt von diesem Roman. Schnelle Szenenwechsel, viel Action und eine verzwickt angelegtes Rätsel um die toten Mädchen. Zwar lassen sich einige Gedankengänge von Alice Vega nicht immer nachvollziehen und manchmal wird es so brutal, dass einem ein wenig der Spass vergeht und man vielleicht mal wieder mit dem amerikanischen System hadert, aber dennoch fesselt die Handlung immer wieder. Man möchte wissen, was das Team Vega und Caplan noch in petto hat und ob sie es schaffen hinter das Rätsel um die Toten zu kommen. Vielleicht ist noch etwas Luft nach oben, aber insgesamt ein sehr packender Thriller, der die Lesezeiit vergehen lässt wie im Flug.

Veröffentlicht am 13.08.2022

Wohltätige Algorithmen

Every
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Endlich ist es geschafft, das bedeutendste Social Media Unternehmen, die größte Suchmaschine und das größte Versandhaus sind endlich vereint, zu Every, der allumfassenden Maschine zum Wohl der Menschheit. ...

Endlich ist es geschafft, das bedeutendste Social Media Unternehmen, die größte Suchmaschine und das größte Versandhaus sind endlich vereint, zu Every, der allumfassenden Maschine zum Wohl der Menschheit. Gibt es jemanden, der die Machenschaften dieses Konzerns durchschaut? Zumindest Delany Wells fasst den Entschluss, Every muss von innen heraus bekämpft werden. Sie durchläuft das Assessment und bekommt tatsächlich ein Stellenangebot. In verschiedenen Abteilungen lässt sie Every an ihren Ideen teilhaben, von denen eine die Freiheit des einzelnen mehr einschränkt als die andere. Delany hofft, dass die Menschen sich irgendwann dagegen wehren müssen und Every zerschlagen wird.

Kann Delany allein gegen eine Riesenfirma antreten? Zumindest versucht sie es. Doch Delany hat nicht mit der Dummheit der Menschen gerechnet, die ihre Freiheit und das letzte bisschen Privatsphäre auch noch gerne aufgeben, wenn sie meinen, dass sie es freiwillig tun, es dem Umweltschutz dient oder dem Schutz der Gesundheit. Es scheint so, dass je abwegiger ihre Ideen sind, desto mehr springen die Kunden darauf an. Es gibt für alles eine App, die überwacht und mit Handlungsanweisungen zur Stelle ist. Wo bleibt die Revolution? Niemand steht auf. Nur ihr Freund Wes unterstützt Delany von außen. Was hat es dann zu bedeuten, dass auch er bei Every anfängt?

Ob man in der Welt von Every leben möchte, sollte man sich echt überlegen. Am besten sollte man dann auch gleich ein paar Gedanken daran verschwenden, wie weit es schon ist. Vielleicht auch gleich ein paar Apps und Konten löschen und wieder ganz oldschool im Laden einkaufen. Leider lässt sich die Zeit nicht zurückdrehen, aber schön wäre es doch, wenn die Menschen etwas weniger technikgläubig währen. Die Bosse irgendwelcher Firmen wollen genau eines, Geld scheffeln. Mit welchen Mitteln sie das schaffen, ist ihnen großen Teils egal. Wäre es anders, gäbe es noch eine Art von Menschlichkeit und Etikette. Alles irgendwelchen Algorithmen zu überlassen, zeugt nicht gerade von Mitgefühl. Man wünscht bei diesem gut vorgetragenen Hörbuch, nie in so einer Welt leben zu müssen und schaudert so manches Mal beim Hören.

Veröffentlicht am 25.07.2022

Unruhen

Amelia
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Amelia ist noch ein Kind als die Unruhen Ende der 1960er in Nordirland beginnen. Doch natürlich bekommt auch sie mit, dass die Zeit gefährlich ist. Umso stärker behütet sie ihre Schatzkiste, in der sie ...

Amelia ist noch ein Kind als die Unruhen Ende der 1960er in Nordirland beginnen. Doch natürlich bekommt auch sie mit, dass die Zeit gefährlich ist. Umso stärker behütet sie ihre Schatzkiste, in der sie ihre liebsten und wertvollsten Sachen gesammelt hat. Als ihr Bruder ihren heiligen Besitz, siebenunddreißig Gummigeschosse der britischen Armee, entwendet, ist sie schockiert. Doch dies ist nur der erste Schock, den sie zu überstehen hat. Da ist der Verwandte aus England, der im Einsatz für England quasi zum Feind wird, die Freundin, die stirbt oder die, die Bomben legt, der Kumpel, der mit Mühe entkommt.

Über fast dreißig Jahre spannt sich diese Lebensgeschichte eines Kindes, das zur Jugendlichen und zur Frau wird, immer unter dem Eindruck der Auseinandersetzungen zwischen Iren und Englandfreunden. Da kann es gefährlich werden, einfach nur vor die Tür zu gehen. Und wenn sich mal ein Silberstreif im persönlichen Leben der streitbaren und intelligenten Amelia abzeichnet, dann kann es auch sie selbst sein, die die Chance nicht wahrnehmen kann. Wird Amelia es schaffen, ihr eigenes Leben zu überstehen? Während die Kämpfe ohne Unterlass weitergehen, scheint es auch mit Amelia immer weiter bergab zu gehen.

Für jemanden, der selbst eine doch eher ruhige und unaufgeregte Kindheit und Jugend hatte, kann sich dieser Roman zu einer echten Tour de Force entwickeln. Amelia verteidigt sich, ist schlau, sie schlägt, sie ist alkoholsüchtig, sie isst lieber nicht, sie ist in England. Sehr plakativ werden ihre Lebensphasen geschildert und wenn man denkt und hofft, es kann nicht noch schlimmer werden, wird es schlimmer. Für so halbwegs normale Spießer ist es manchmal nicht leicht zu ertragen, was einem hier zugemutet wird. Man freut sich selbst überraschend am eigenen eher langweiligen Leben. Wie schön, dass man einfach mal in Urlaub fahren konnte, einfach arbeiten, das Leben nach den Möglichkeiten gestalten. Wenn man es vorher vielleicht nicht zu schätzen wusste, nun ist man doch dankbar. Man fragt sich manchmal, wieso Amelia so ist, sie scheint auf eine Art viel ertragen zu können, doch scheint ihr die Resilienz zu fehlen. Sehr eindrücklich ist dagegen die Schilderung, der Gefahr, die über allen schwebt. Bei jedem Schritt muss mit einem Geschoss gerechnet werden oder einer Bombe, die einem um die Ohren fliegt. Das gilt wohl für beide Seiten und man wünschte, sie seinen froh, dass dies überwunden schien. So sicher kann man sich da nicht mehr sein.

Veröffentlicht am 04.07.2022

Heckenburg

Totenspieler
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Nachdem Mark Heckenburg einen Verhaftungscoup gelandet hat, wird er zu einer Unfallermittlung geschickt. Als Mitglied der Ermittlungsgruppe für Serienverbrechen spürt der mögliche Serienverbrechen auf. ...

Nachdem Mark Heckenburg einen Verhaftungscoup gelandet hat, wird er zu einer Unfallermittlung geschickt. Als Mitglied der Ermittlungsgruppe für Serienverbrechen spürt der mögliche Serienverbrechen auf. Im beschaulichen Surrey ist ein wohl situierter Einwohner bei einem seltsamen Unfall ums Leben bekommen. Bereits vorher hat er einen Unfall nur knapp überlebt. Auch der örtlichen Polizei kommen die Umstände des Todes eigenartig vor, doch die Gerichtsmedizin hat auf Unfall entschieden. Die junge Polizistin Gail will aber nicht lockerlassen. Zusammen mit ihr bildet Mark eine Task Force aus zwei Personen.

In seinem fünften Fall bekommt es Mark Heckenburg mit einem unheimlichen Fall zu tun. Schon bei der ersten Begehung des Unfallortes findet er etwas Unerwartetes. Einen Hinweis, der einen Mord an dem reichen Mann wahrscheinlicher erscheinen lässt. Heckenburgs Zusammenarbeit mit Gail Honeyford gestaltet sich als schwieriger als erwartet. Obwohl er selbst es gewöhnt ist, sich in immer neue Teams einzufügen, eckt er mit Gail schnell an. Na, das kann ja heiter werden. Allerdings handelt es sich bei Gail um ein gewiefte Ermittlerin, trotz ihrer Jugend hat sie ihr Handwerk im Griff. Und auch sie glaubt an einen Mord. Gemeinsam suchen die beiden Beamten nach einem Motiv. Gleichzeitig bittet Mark um Informationen über mögliche weitere ebenso ungewöhnliche Todesfälle.

Bei diesem sehr gut konstruierten Thriller ist man möglicherweise etwas hin und her gerissen. Besonders zu Beginn geht es nicht so recht voran und man sucht nach einem Zusammenhang. Wenn sich die Hinweise zu einer Spur verdichten, wird es zwar sehr spannend, jedoch gleich so brutal, dass man den Beschreibungen kaum folgen möchte. Die Lösung ist dafür völlig unerwartet und beinahe unbegreiflich. Heckenburgs Vorgehensweise ist dabei sehr strukturiert und durchdacht. Mit einigen Ereignissen kann selbst er nicht rechnen. Auch wenn man sich mit einigen Aspekten nur schwer anfreunden kann, so hat man doch einen schließlich fesselnden Kriminalfall mit Wendungen, die verblüffen.

Veröffentlicht am 01.07.2022

Lockdown

Mord in der Straße des 29. November
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Es ist Lockdown in Israel. Man sollte hoffen, dass dsa Verbrechen auch im Lockdown ist. Aber nein, ein Politikerehepaar wird auf offenen Straße erschossen. Nur ihr kleiner Hund war Zeuge. Die Polizei-Psychologin ...

Es ist Lockdown in Israel. Man sollte hoffen, dass dsa Verbrechen auch im Lockdown ist. Aber nein, ein Politikerehepaar wird auf offenen Straße erschossen. Nur ihr kleiner Hund war Zeuge. Die Polizei-Psychologin Kinny kannte die Verstorbenen. Sie ist entsetzt, wer kann den nur etwas gegen das ältere Ehepaar haben. Handelt es sich um einen politischen Mord? Während des Lockdown ist Kinnys Tochter, die kurz vorm Studienabschluss steht, ist während des Lockdowns zu ihr gezogen. Dass Mutter und Tochter sich wieder näher kommen, ist eines der wenigen positiven Dinge am Lockdown. Und dann so ein sinnloser Mord.

Auf unaufgeregte, aber realistische Art und Weise nimmt der Lockdown einen großen Teil dieses Romans ein. Wie gehen die Menschen mit den plötzlichen Einschränkungen um? Welche Sorgen plagen sie bei den kleinsten Anzeichen von Erkältung? Wie gehen mit der wenigen, doch intensiven Nähe um, die ihnen geblieben ist? Und dann noch ein Mord an einer bekannten Politikerin und ihrem Mann. Und was tun, mit einem verwaisten kleinen Hund? Kann Kinny die Hintergründe zu der Tat aufdecken? Die politische Polizei reißt den Fall an sich, was den Ermittlungen nur bedingt gut tut.

Es ist sehr positiv zu bewerten, dass die Pandemie hier ganz selbstverständlich stattfindet, während sie in anderen Büchern kaum oder garnicht erwähnt wird. Auch wenn der Krimi so etwas zu kurz kommt, so ist diese realistische Darstellung der momentanen Zeit einfach toll zu lesen. Der Mord scheint zunächst unlösbar zu sein, nur um dann plötzlich gelöst zu sein. Dabei erweist sich Kinny als gewiefter als alle anderen. Trotz ihres Berufes hat Kinny auch mit eigenen Problemen zu kämpfen, was sie ihren Kunden oder Klienten als Hilfe anbieten kann, funktioniert bei selbst nur bedingt. Psychologen sind eben auch nur Menschen. Als Krimi funktioniert dieser Roman nur bedingt, aber dafür enthält er eine authentische Darstellung des Lebens in Jerusalem zur Zeit des Lockdowns.