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Veröffentlicht am 28.12.2017

Das Verschwinden

Sakari lernt, durch Wände zu gehen
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Ein junger Mann steht nackt in einem Brunnen, mit einem Messer in der Hand. Die herbei gerufene Polizei soll die Situation entschärfen. Schließlich ist der junge Mann tot und weitere Polizisten müssen ...

Ein junger Mann steht nackt in einem Brunnen, mit einem Messer in der Hand. Die herbei gerufene Polizei soll die Situation entschärfen. Schließlich ist der junge Mann tot und weitere Polizisten müssen aufklären, wie es dazu kam. Kimmo Joeenta, der einen letzten Urlaubstag mit seiner neunjährigen Tochter Sanna und deren Freundinnen verbringen möchte, schaltet sich in die Untersuchung ein. War der Tote wirklich eine Bedrohung für sich oder andere? Und wer ist der Junge, der neben dem Brunnen stand? Von diesem berichtete Petri, der Polizist mit der Waffe. Der etwa zehnjährige Junge ist verschwunden, einfach davon gegangen.

Im August neigt sich in Finnland der Sommer dem Ende entgegen, die Hitze des Tages geht schon relativ früh in die Dunkelheit der Nacht über. Sanna und ihre Freundinnen genießen die Ferientage. Die Mutter des Toten erscheint seltsam unberührt, ihr Sohn hatte die Familie schon lange verlassen. Aufgrund einer psychischen Erkrankung lebte er in einer betreuten Wohngruppe. Die Mutter selbst ist Psychologin, doch sie konnte ihrem Sohn nicht helfen. Niemand konnte ein traumatisches Ereignis ungeschehen machen. Ein Verlust ist unwiederbringlich. Wieso mussten sich der junge Sakari und der Polizist Petrie ausgerechnet in diesem Moment begegnen. Kimmo Joeenta fühlt sich in die Beteiligten hinein, doch auch er kann Geschehenes nicht ungeschehen machen.

Selbst der Sommer birgt eine gewisse Melancholie. Die Erforschung des Geschehens fördert eine unendliche Traurigkeit zutage. Noch wärmt die Sonne, aber wie ist der lange dunkle Winter zu überstehen. Kommissar Kimmo Joeenta versucht mit all seiner Kraft, das Geheimnis hinter dem Geschehen zu entschlüsseln. Man gewinnt den Eindruck, er versucht, die Sonne zurück in die Herzen zu bringen, um das eigentlich unerträglich wenigsten soweit erträglich zu machen, dass die Überlebenden auf ein Weiterleben hoffen können. Wie ein Foto, auf dem die Menschen lächelnd einen unbeschwerten Moment erleben. Und so schließt man auch dieses Buch lächelnd mit ein paar Gedanken einer unbeschwerten Hoffnung.

Veröffentlicht am 22.12.2017

Crocodile Creek

Crimson Lake
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Er wurde verdächtigt, ein Kind missbraucht zu haben. Er hat sich in den kleinen Ort Crimson Lake in der Nähe von Cairns verkrochen. Er hat alles verloren. So langsam muss er wieder arbeiten. Und so folgt ...

Er wurde verdächtigt, ein Kind missbraucht zu haben. Er hat sich in den kleinen Ort Crimson Lake in der Nähe von Cairns verkrochen. Er hat alles verloren. So langsam muss er wieder arbeiten. Und so folgt der Ex-Polizist Ted Conkaffey dem Rat seines Anwalts, mit der Privatdetektivin und verurteilten Mörderin Amanda Pharell Kontakt aufzunehmen. Ein bekannter Fantasy-Autor ist verschwunden. Nur sein Ehering wurde in den Eingeweiden eines Krokodils gefunden. Die Ehefrau des Vermissten, will nun klären, ob ihr Gatte tatsächlich tot ist oder ob er sich vielleicht aus irgendwelchen Gründen davon gemacht hat.

Noch immer kämpft Amanda mit ihren Dämonen, sie weiß also gut, was Ted durchzumachen hat, der immer seine Unschuld beteuert, dem keine Verbrechen nachgewiesen werden konnte und der doch von der Öffentlichkeit verurteilt wurde. Er hofft, dass er in dem kleinen Ort nicht erkannt wird, dass die Hetzjagd ein Ende findet. Doch auch Amandas Geschichte lässt ihn nicht kalt, er will herausfinden, was dazu geführt haben kann, dass Amanda jemanden umbringt. Ebenso heimlich wie Ted in Amandas Vergangenheit rührt, nimmt Amanda lose Fäden in Teds Fall auf. Gemeinsam allerdings versuchen die beiden gegen alle Wiederstände herauszufinden, was mit Jake Skully geschehen ist.

Noch mehr anti können Helden kaum sein, eine Mörderin und einer, der des Kindesmissbrauchs verdächtigt wird. Am Rand der Gesellschaft, aus der Gesellschaft ausgestoßen, können diese Außenseiter nur untereinander bleiben. Gewiefte Ermittler sind beide. Gerne kochen sie ihr eigenes Süppchen und arbeiten im entscheidenden Moment doch zusammen. Und wenn sich ihnen die Welt entgegenstellt, machen sie einfach weiter, zu verlieren haben sie nicht viel. In diesem ersten Band wird die Detektei Conkaffey & Pharell gegründet und dem Leser vor die gierigen Augen geworfen. Gezwungenermaßen findet man sich mit den schrägen und doch humorvollen Charakteren ab, weil man einfach nicht von der Lektüre lassen kann. Zurecht hochgelobt bietet dieser Reißer packende Unterhaltung und weckt die Vorfreude auf Mehr.

Veröffentlicht am 15.12.2017

Tirols Ausverkauf

Veilchens Rausch
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Oberstleutnant Valerie Mauser soll eigentlich eine Therapie machen, eigentlich müsste sie nach den überstandenen Katastrophen relativ glücklich sein. Sie hat ihre komische Familie und keine Arbeit im Moment. ...

Oberstleutnant Valerie Mauser soll eigentlich eine Therapie machen, eigentlich müsste sie nach den überstandenen Katastrophen relativ glücklich sein. Sie hat ihre komische Familie und keine Arbeit im Moment. Da ihr Dezernat aber arg geschrumpft ist, darf sie dann doch in dem Mordfall auf der Alm ermitteln. Eine junge Aushilfskellnerin wurde tot aufgefunden. Keiner ist bereit, etwas Sachdienliches auszusagen. Dass der Landeshauptmann einen Streit mit der jungen Frau hatte, scheint eine erste heiße Spur zu sein. Bevor Valerie Mauser jedoch richtig einsteigen kann, wird erstmal wieder aufs Abstellgleis geschoben und der Kollege Geyer bringt alles durcheinander. Das geht so natürlich nicht.

Bereits zum vierten Mal bündeln Stolwerks Veilchen und Valeries Seelenmensch ihre Kräfte und wieder stoßen sie auf eine Sache, die ziemlich groß zu sein scheint. Denn es gab ein Treffen auf der Alm, ein Treffen der Reichen, der Schönen und des Geldadels. Was gab es dort in der Tiroler Provinz zu verhandeln? Unverhofft betritt auch Valeries Mutter die Bühne des Geschehens. Will sie sich bei ihrer Tochter einschmeicheln? Für Valerie schwer zu ertragen, dass sie ihre gerade wiedergefundene Tochter Luna so gut mit der Oma versteht. Und Mamas neuer Freund? Er schwafelt von Immobilien und dem großen Geld. Hoffentlich sind Luna und ihr Verlobter schlau und schätzen den Wert ihres Hofes als Heimstatt, indem sie ihn behalten.

Mit Valerie Veilchen Mauser, der einzigen Kommissarin mit einem blonden Afro, kann man einfach nichts falsch machen. Sie und ihr Seelenmensch Stolwerk sind ein tolles Ermittlerteam, von dem man gerne immer wieder liest. Mal um Mal schlittert sie in Fälle, die es in sich haben. Kompliziert und einfach zugleich. Logisch und doch überraschend. Daneben die Verbindung Veilchens zu ihrer unkonventionellen Familie, die sich weiterentwickelt und auch dann mit neuen Facetten aufwartet, wenn man eigentlich meint, da könne nicht mehr viel kommen.

Diese Krimireihe macht Freude und hat wirklich jede Aufmerksamkeit verdient. Da könnte doch glatt mal ein Regisseur die Kamera befehlen und neben dem Alpenpanorama auch Veilchens Welt einfangen.

Veröffentlicht am 01.12.2017

Ich, ein Schläfer

Der Sympathisant
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So ungefähr beginnt der Berichterstatter seine Geschichte. Im Jahr 1975 ist er der Adjutant des Generals. Süd-Vietnam ist im Krieg. Der Schutz, den die Amerikaner bieten sollten, ist brüchig. Der General ...

So ungefähr beginnt der Berichterstatter seine Geschichte. Im Jahr 1975 ist er der Adjutant des Generals. Süd-Vietnam ist im Krieg. Der Schutz, den die Amerikaner bieten sollten, ist brüchig. Der General entschließt sich mit seiner Familie zur Flucht und sein getreuer Helfer darf mit. Nicht bekannt ist allerdings, dass es sich bei eben diesem Helfer um einen kommunistischen Spion handelt. Doch ausgestattet mit den notwendigen Mitteln zur Kontaktaufnahme, ergreift dieser die einmalige Gelegenheit, die den General auch in den USA auszuforschen. In einer dramatischen Aktion, die nicht für alle glücklich endet, werden der General und einige seiner Vertrauten aus dem umkämpften Land ausgeflogen.

Dieser Bericht des Spions hat es wirklich in sich. Wie ist das Innenleben eines Menschen, der seine kommunistisch geprägten Werte verbergen muss. Wie schafft er es, in dieser exponierten Stellung nicht aufzufallen. Musste er keine Sicherheitsüberprüfungen durchlaufen, wie kann er sein wahres ich verbergen. Oder ist er etwa dabei, sein wahres ich zu vergessen. Wird seine westliche Umgebung bestimmend für sein Wesen. Kann er seinen Aufgaben als Spion überhaupt noch gerecht werden. Und wie schnell kann eine hingeworfene Bemerkung ungeahnte Gefahren hervorrufen. Doch ebenso wie in Asien ist er auch in Amerika der Bastard, der mit einem westlichen Vater und einer asiatischen Mutter.

Nicht in einem Rutsch zu lesen ist dieser Roman. Manchmal ausgesprochen mitreißend, manchmal etwas befremdlich. Doch häufig das Gedankenkarussell in Bewegung setzend, wie kann ein Mensch durchs Leben kommen, der zwei Seelen in seiner Brust tragen muss, der nach außen so tun muss, als sei er dem kapitalistischen Westen zugeneigt, während er diesem doch nur Verachtung entgegen bringen kann. Je weiter man liest und erkennt, wieso gewisse Formulierungen und Formatierungen gewählt werden, desto häufiger bedarf es einer Pause, um das Gelesene einordnen und gedanklich und gefühlsmäßig auf ein Level zu bringen, das das Gelesene erträglich werden lässt. Es ist schon harter Tobak, den der Autor bietet. Und die Befürchtung, dass der Autor sich relativ nah an wahre Begebenheiten gehalten haben könnte, macht es nicht einfacher. Wenn man selbst eher unbelastet aufgewachsen ist, fällt es schwer die Erlebnisse des Spions einzuordnen, sie verarbeiten zu können, sie zu verstehen. Da möchten einzelne Passagen wirklich genauestens gelesen werden, da blättert man noch einmal zurück, um jede Nuance mitzubekommen.

Es bleibt zurück, eine nachdenkliche Leserin, die nie eine solche Erziehung und Formung genießen möchte, wie der Autor sie seinem Sympathisanten angedeihen ließ. Ein Hoch auf die freiheitlich demokratische Grundordnung und die Möglichkeit, das Spionieren grundsätzlich anderen zu überlassen.

Veröffentlicht am 11.11.2017

Häschen

Neunauge
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Wozu braucht man eigentlich einen Fallanalytiker aus München? Dort wird doch auch nur mit Wasser gekocht. Adam Danowskis letzter größerer Einsatz ist nun schon eine Weile her und seit dem fischt er eher ...

Wozu braucht man eigentlich einen Fallanalytiker aus München? Dort wird doch auch nur mit Wasser gekocht. Adam Danowskis letzter größerer Einsatz ist nun schon eine Weile her und seit dem fischt er eher im Trüben. Sein Glückstagebuch soll Adam eigentlich aufbauen, so recht wirkt das aber nicht. Da könnte doch ein echter Fall eine gute Ablenkung sein. In den Kellern zweier Hamburger Schulen wurden mumifizierte Leichen gefunden, was eine mittelschwere Hysterie unter den Eltern hervorruft und die Schulbehörden besorgt reagieren lässt. Besser wird das Ganze auch dadurch nicht, dass die Kollegin Meta Jurkschat einen der Toten kannte, dieses Wissen aber nicht an die große Glocke hängen möchte.

Zum vierten Mal versucht Kommissar Adam Danowski seiner Hypersensibilität Herr zu werden. Nach seinem letzten Fall ist er der Verrentung wahrscheinlich nur knapp entkommen und es bleibt zu hoffen, dass seine toten Eltern nicht noch irgendwo lauern. Auch wie es mit seiner Ehe steht, ist ihm nicht ganz klar. Immerhin hat er, um während der Arbeitswoche näher an der Arbeit zu sein, eine kleine Wohnung in der Nähe des Reviers bezogen. Schon die erste Vorführung des Münchner Kollegen Martin Gaitner, der etwas sehr kollegial daherkommt, verstimmt Danowski. Die Analysen Gaitners wirken daher geholt und lassen keine Seite klingen. Und so beginnt Adam Danowski gemeinsam mit seinen Kollegen Finzi und Meta, ein wenig auf die Seite zu ermitteln.

Nach seinem Ausflug an die Küste konzentriert sich Danowski diesmal wieder hauptsächlich auf die schöne Hansestadt, die allerdings auch vor Verbrechen und Verbrechern nicht gefeit ist. Das Triumvirat Danowski, Finzi und Jurkschat ist nochmals heimlich unterwegs. Mit Witz, Spürsinn und manchmal auch Geschick fieseln sie die einzelnen Fäden des Falles auseinander. Teilweise haben sie dabei mehr Glück als Verstand, teilweise macht Not auch erfinderisch. Was im Laufe der Nachforschungen an Beweggründen zutage kommt, ist manchmal für den normalen Verstand nicht leicht nachzuvollziehen trifft jedoch ziemlich genau eine aktuell brisante Thematik.

In diesem vierten Fall laufen Danowski, seine Kollegen und damit auch der Autor zu ausgesprochen guter Form auf. Ein packender Fall mit genau der richtigen Portion drumherum. Davon möchte man mehr.