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Veröffentlicht am 26.10.2022

Freudenfest

Die Hochzeit der Chani Kaufman
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Ihr Vater ist Rabbi einer kleinen Gemeinde in London. Ihm und der Mutter fällt es nicht leicht die acht Töchter unter die Haube zu bringen. Chani ist inzwischen neunzehn Jahre und immer noch ledig. Und ...

Ihr Vater ist Rabbi einer kleinen Gemeinde in London. Ihm und der Mutter fällt es nicht leicht die acht Töchter unter die Haube zu bringen. Chani ist inzwischen neunzehn Jahre und immer noch ledig. Und sie möchte mal raus aus dem Elternhaus, weg von der Mutter, die für sie als mittleres Kind nur noch wenig Zeit hat. Auf einer anderen Hochzeit wird Chani von Baruch, einem angehenden jungen Rabbi entdeckt. Er ist fasziniert von ihr und möchte sie kennenlernen. Das erweist sich zwischen den gläubigen Juden als nicht so einfach. Die Treffen müssen erstmal ausgehandelt werden und eine mögliche Ehe vermittelt.

Im diesem Debütroman bekommt man einen kleinen Einblick in eine andere Welt, die angesiedelt in London neben der vermeintlich normalen angesiedelt zu sein scheint. Chanis Leben ist ebenso streng geregelt wie das von Baruch. Von ihrer Mutter bekommt Chani wenig Unterstützung, hilfreicher ist da die Frau des Rabbis, deren Horizont einst weiter war. Die Unterstützung, die Baruch von seiner Mutter bekommt, ist dafür intensiver als er jemals benötigen würde. Und so ist Baruch gehalten, zum ersten Mal seinen eigenen Weg zu gehen. Sein Freund Avirom überschreitet zur gleichen Zeit die engen Grenzen der Vorgaben seiner Religion.

Das ist mal ein etwas anderer Roman. Neugierig liest man von einer ganz fremden Welt, die zwar manchmal auch befremdet, meist aber Verständnis und Sympathie weckt. Trotz der vermeintlichen Enge, die das Leben der gläubigen Juden zu bestimmen scheint, wirken die Protagonisten doch neugierig und einander zugewandt. Und mit den Eltern ist es wie mit allen Eltern, sie wollen das Beste für ihre Kinder. Und wie so häufig sind die Interpretationen von Eltern und Kindern darüber, was denn das Beste ist, durchaus unterschiedlich. Es entspinnt sich eine Geschichte, die wirklich alles hat, tragische Momente bestehen neben lustigen und frechen. Es gibt ernste Dinge zu bereden, aber auch das Geschnatter junger Hühner kommt nicht zu kurz. Auf ganz unterschiedliche Weise sind die Protagonisten in ihren unterschiedlichen Lebenssituationen dargestellt. Das zu lesen macht einfach Spaß.

Veröffentlicht am 25.10.2022

Gigi, der Trüffelhund

Schwarze Diamanten
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Das Sägewerk von Saint-Denis muss wegen Umweltauflagen schließen, Zwei mal konnte das verhindert werden. Doch nun ist der letzte Arbeitstag für viele aus dem Ort angebrochen. Sie werden von ihren Familien ...

Das Sägewerk von Saint-Denis muss wegen Umweltauflagen schließen, Zwei mal konnte das verhindert werden. Doch nun ist der letzte Arbeitstag für viele aus dem Ort angebrochen. Sie werden von ihren Familien am Werkstor erwartet. Und auch Protestierende verkünden ihre Meinung. Bruno, Chef de Police, schafft es mit Mühe die Gruppierungen auseinander zu halten. Und der Spätherbst bleibt ereignisreich. Die Zeit der Trüffelernte bricht heran und auch Bruno hat auf seinem Grundstück die Möglichkeit die wertvollen Knollen zu finden. Seine Neugier wird geweckt als ein Freund von Ungereimtheiten bei den Trüffellieferungen berichtet. Pariser Restaurants sollen minderwertige Ware erhalten haben.

In seinem dritten Fall beschäftigt sich Bruno, Chef de Police, nicht nur mit der Suche nach Trüffeln, denn eben jener Freund, der den Verdacht geäußert hat, wird aufs Übelste ermordet. Bruno und seine anderen Kumpane betrauern den Verlust. Mehr noch will Bruno den Täter suchen. Als ortskundiger Polizist wird er an den Ermittlungen beteiligt, die weitere Kreise ziehen als erwartet. Im Nachbarort muss Bruno dann auch noch miterleben, wie der Imbiss eines Vietnamesischen Kochs zerstört wird. Das Périgord ist doch eine ruhige Gegend, sollte sich hier eine Art Mafia ausbreiten? Die Opfer sind nicht sehr auskunftsfreudig.

Selbst die trüben Herbsttage sind nach den Beschreibungen über Landschaft, Leute, kulinarische Erlebnisse und geschichtliche Zusammenhänge interessanter zu gestalten als hier. Jedenfalls wirkt es so beim Lesen. Immer wieder ist es schön, zunächst einmal wenigstens auf dem Papier reisen zu können. Wobei sowohl die Vorgänge um den Trüffelhandel mit Interesse zu verfolgen sind als auch Vorgänge um die bedauernswerten Imbissbesitzer. Rätselhaft bleibt zunächst der Mord und seine Ursache, doch nach und nach kristallisiert sich heraus, dass die Handlung sehr geschickt zusammengewoben ist. Und so liest sich dieser Ausflug nach Frankreich mit seinen liebevollen Schilderungen sehr unterhaltsam und spannend.

Veröffentlicht am 22.10.2022

Schockraum

Dominoeffekt
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Die Notärztin Tekla Berg reibt sich jeden Tag für ihre Patienten auf. In der Notaufnahme eines großen Stockholmer Krankenhauses ist ihre Arbeit nicht immer von Erfolg gekrönt, dennoch soll jeder Neuankömmling ...

Die Notärztin Tekla Berg reibt sich jeden Tag für ihre Patienten auf. In der Notaufnahme eines großen Stockholmer Krankenhauses ist ihre Arbeit nicht immer von Erfolg gekrönt, dennoch soll jeder Neuankömmling seine Chance erhalten. Eines Tages wird sie zu einem Explosionsort gerufen. Ein Opfer mit schwersten Verbrennungen kann sie gerade noch am Leben erhalten. Die Ursache für die Explosion ist nicht bekannt, aber der Gedanke an einen Anschlag drängt sich schon auf. Als die Polizei beginnt, Interesse an dem Brandopfer zu zeigen, beginnt auch Tekla, über die Sache nachzudenken. Etwas an dem Verletzten irritiert sie.

Bei diesem Thriller handelt es sich um den ersten Band einer Reihe um die Notärztin Tekla Berg. Beruflich ist Teklas herausragende Arbeit anerkannt, auch wenn ihre präzise Arbeitsweise schon den Neid von Kollegen wecken könnte. Mit ihrem Privatleben hält Tekla hinter dem Berg. Ihr Vater ist schon verstorben, die Mutter im Pflegeheim. Und mit ihrem Bruder Simon hat sie sich zerstritten. Sorgen macht sie sich trotzdem um ihn, wäre er in Not, würde sie ihm immer helfen. Doch auch ihre eigenen Probleme muss sie so langsam in Griff kriegen. Tekla ist überrascht, dass sie die Aufmerksamkeit der Chefin erregt hat.

Tekla Bergs Wissen und ihre Hartnäckigkeit sind schon bewundernswert. Ob es jedoch nötig ist, eine ansonsten sympathische Protagonistin, mit Problemen zu versehen, von denen eines eigentlich nichts ist, was geheim gehalten werden muss und das andere vielleicht auch mit einer anderen Herangehensweise gelöst werden könnte als derer, die Tekla wählt. Spannend sind die Momente, in denen Tekla zu Hochform aufläuft. Wie sie sich einsetzt, um die Patienten zu retten und ihre Enttäuschung, wenn es nicht gelingt. Hier und wenn es um die Strukturen im Krankenhausapparat geht, zeigt sich die große Kompetenz des Autors, der lauf Info selbst als Arzt tätig ist. Manchmal kann es sein, dass man die Geschichte irgendwie verliert. Das mag natürlich auch einer Erkältung geschuldet sein, die einen auch beim Lesen ausbremsen kann. Wenn man nicht so glücklich ist mit sehr problembehafteten Protagonisten oder Protagonistinnen, muss man sich überlegen, ob man die Reihe weiterverfolgen möchte. Wünscht man sich einen Thriller, der im Krankenhausmilieu angesiedelt ist, kann man sicher eine spannende Lektüre erwarten.

Veröffentlicht am 17.10.2022

Novemberabend

Totenblass
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Eines Abends im November spürt der Hund eines Obdachlosen eine weibliche Leiche auf. Kommissar Joachim Fuchs und seine neue Kollegin, die Fallanalystin Lara Schuhmann von der Kripo Frankfurt werden an ...

Eines Abends im November spürt der Hund eines Obdachlosen eine weibliche Leiche auf. Kommissar Joachim Fuchs und seine neue Kollegin, die Fallanalystin Lara Schuhmann von der Kripo Frankfurt werden an den Fundort gerufen. Die junge Frau ist offensichtlich nicht eines natürlichen Todes gestorben. Genauere Untersuchungen bringen die Ermittler auf den Gedanken, dass der Täter nicht das erste Mal gemordet hat. Ein Serienkiller in Frankfurt, keine schöne Vorstellung. Am besten wäre es natürlich, den Mord schnellstmöglich aufzuklären. Zunächst muss das Opfer identifiziert werden. Dass ausgerechnet Staatsanwalt Becker die Ermittlung leitet, ist für Kommissar Fuchs nicht gerade erfreulich.

Mit diesem ersten Band einer Reihe werden die Frankfurter Ermittler Fuchs und Schuhmann vorgestellt. Lara Schuhmann soll das Team ergänzen und mit den Erfahrungen, die sie in der Schweiz und in Amerika gesammelt hat, etwas frischen Wind bringen. Der geschiedene Fuchs ist ein gewiefter Kommissar, der manchmal seinen eigenen Weg geht, was dem Staatsanwalt nicht immer gefällt. Als eine weitere Frau von einer Freundin als vermisst gemeldet wird, ergeben sich erste Spuren und auch Ähnlichkeiten. Auch die Freundin der Verschwundenen ist ist im medizinischen Bereich tätig. Eine fieberhafte Suche beginnt, vermutlich befindet sich die verschwundene junge Frau in großer Gefahr.

Bei den Untersuchungen in ihrem ersten Fall werden die neuen Kollegen noch ein wenig zurückhaltend geschildert. Besonders Lara Schuhmann hält sich zurück. Als Team ergänzen sich Fuchs mit seiner Erfahrung und Schuhmann mit dem frischen Ansatz gut. Der Fall erweist sich als kompliziert und nicht leicht zu entschlüsseln. Zwar werden einige Schilderungen hin und wieder etwas zu ausführlich vorgenommen, doch grundsätzlich baut sich Spannung auf und die Auflösung überrascht. Vielleicht sollte man im Blick behalten, dass es sich um den Start einer Reihe handelt, bei dem noch nicht alles offenbart werden soll, so dass das Vage durchaus gewollt ist. Ob einem eine Reihe mit einer fortlaufenden Rahmenhandlung gefällt, muss jeder selbst entscheiden. Insgesamt liest sich dieser Thriller flüssig und kurzweilig.

Veröffentlicht am 13.10.2022

Ein Jahrhundertbauwerk

Zwischen den Meeren
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Ende des neunzehnten Jahrhunderts verdichten sich die Pläne einen Kanal von der Nordsee zur Ostsee zu bauen. Vier Frauen sind auf unterschiedliche Weise mit dem Bauwerk verbunden. Beu Mimi Dahlström handelt ...

Ende des neunzehnten Jahrhunderts verdichten sich die Pläne einen Kanal von der Nordsee zur Ostsee zu bauen. Vier Frauen sind auf unterschiedliche Weise mit dem Bauwerk verbunden. Beu Mimi Dahlström handelt es sich um die Tochter des Planers. Sanne ist eine junge Frau mit großen Träumen, sie möchte die Entwürfe für den Kanal fertigen und eigentlich auch mitbauen. Justine dagegen zieht es zu Handel und Wandel, ihr Großvater eröffnete einen liebevoll eingerichteten Trödelladen, den Justine gleichzeitig modernisieren und in Ehren halten möchte. Regina ist gezwungen eine Ehe einzugehen, die sie nicht wollte. Dennoch bleibt sie immer geradlinig und ehrlich.

Der Bau einer künstlichen Wasserstraße ist auch heute noch ein großes Projekt, schon der Neubau einer Schleuse kann Jahre dauern. Wie muss es da erst vor mehr als hundert Jahren gewesen sein. Da ist es beinahe selbstverständlich, dass sich die Geschichte eines solch riesigen Bauwerks nicht in ein Buch zwängen lässt. Bei dem vorliegenden Band handelt es sich um den ersten Teil einer Trilogie. Hier geht es zum einen um den Beginn von Planung und Bau des Kanals. Gleichzeitig lernt man die vier Frauen kennen, deren Schicksale auf unterschiedliche Weise mit dem Bau verbunden sind. Vier junge Frauen, die etwas erreichen wollen im Leben, denen die Zeit und das Leben etliche Steine in den Weg legen.

Dieses Hörbuch wird sehr lebendig vorgetragen von Svantje Wascher. Auch wenn man vorher ahnte, dass hinter Planung und Bau eines solchen Bauwerks eine Menge Arbeit steckt, so wird einem beim Lesen/Hören dieses Romans erst richtig bewusst, wie viel Herzblut die Beteiligten in das Projekt gesteckt haben müssen. Und es tritt auch hervor, dass durchaus nicht alle mit dem Bau einverstanden waren oder mit seinem Verlauf. Es gab nicht nur etwas zu gewinnen, man konnte auch Grundstücke verlieren oder seine Geschäftsgrundlage. Manche haben sich vielleicht auch einfach verkalkuliert. Auch wenn es hier erst um den Beginn der Entstehung des Kanals geht, deutet sich dies schon an. Bestens verpackt ist der geschichtliche Hintergrund in die Lebensläufe der vier Protagonistinnen. Ihre Lebenswege, auf denen sie mal mehr und mal weniger leichtfüßig schreiten, sind wirklich lebensecht und mit Empathie geschildert, so dass man gerne wissen möchte, wie es mit Mimi, Regina, Justine und Sanne weitergeht.