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Veröffentlicht am 16.05.2022

Notausgang

Flug 416
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Flugkapitän Bill Hoffman ist einer der dienstältesten Piloten seiner Airline. Etwas, worauf er stolz ist. Ebenso stolz ist er auf seine Familie, Frau und zwei Kinder. Den Flug 416 übernimmt er als Vertretung. ...

Flugkapitän Bill Hoffman ist einer der dienstältesten Piloten seiner Airline. Etwas, worauf er stolz ist. Ebenso stolz ist er auf seine Familie, Frau und zwei Kinder. Den Flug 416 übernimmt er als Vertretung. In keiner Weise rechnet er damit, dass irgendetwas nicht so läuft, wie geplant. Sein Entsetzen und seine Angst sind groß, als Bill Hoffman kurz nach dem Start mit einem Anruf überfallen wird. Ein Fremder hat die Familie Hoffmans in seine Gewalt gebracht und fordert nun, der Pilot solle sein Flugzeug zum Absturz bringen. Die näheren Umstände werde er noch erfahren und jemand sei an Bord, der oder die überwache, ob die Anweisungen getreu erfüllt werden.

In der Situation Bills möchte man wahrlich nicht stecken. Seine eigene Familie in großer Gefahr, allerdings auch die Passagiere, für die er die Verantwortung trägt und noch ein Maulwurf in seinem Flugzeug. Wem kann er überhaupt trauen? Vielleicht seiner Chefstewardess, mit der er fast seit Beginn fliegt. Doch wie soll er sie unauffällig informieren? Die Reisenden dürfen so lange es sich vermeiden lässt nichts erfahren. Eine Panik muss verhindert werden und auch, dass Nachrichten nach außen gelangen. Es kann kaum möglich sein, alle Aufgaben zu bewältigen und immer das Wohl der Lieben im Auge zu behalten.

Dieses Buch sollte man besser nicht mit auf eine Flugreise nehmen, während eines Fluges wäre die Lektüre wohl doch zu nervenaufreibend. Nervenaufreibend ist das Lesen dieses Romans auch am Boden, aber man muss nicht denken, was wäre wenn. Sehr fesselnd schildert die Autorin die Ausnahmesituation, in der Bill Hoffman und letztlich auch seine Crew stecken. Und sie deutet auch an, was der eigentliche Zweck, der Anwesenheit der Kabinenmannschaft ist. Auch wenn es schwierig ist, die Beweggründe des Entführers nachzuvollziehen, da mag es an den eigenen Kenntnissen fehlen, auch die Begebenheiten am Boden packen. Gewisse hilfreiche Zufälle sind eben Zufälle, darauf kann man sich in der Realität sicher nicht verlassen. Dennoch handelt es sich bei diesem Thriller um ein ausgesprochen spannendes Gedankenspiel und Dilemma, in dem man nicht stecken möchte und das nach Möglichkeit auch ein Gedankenspiel bleiben soll.

Veröffentlicht am 13.05.2022

Hochzeitsinsel

Sommernacht
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Will Slater ist der Star einer Survival-TV Sendung. Und nun ist der große Tag gekommen, er und seine Freundin Julia werden heiraten. Sie haben eine außergewöhnliche Location, eine renovierte Burg auf einer ...

Will Slater ist der Star einer Survival-TV Sendung. Und nun ist der große Tag gekommen, er und seine Freundin Julia werden heiraten. Sie haben eine außergewöhnliche Location, eine renovierte Burg auf einer Insel vor der Küste Irlands. Es soll perfekt werden. Am Abend vorher reisen die engen Familienmitglieder und Freunde an. Will erscheint wie der strahlende Held, während Julia eher wie eine toughe Geschäftsfrau wirkt, die nun auch ein unerwartetes privates Glück gefunden hat. So unterschiedlich wie die künftigen Eheleute, so unterschiedlich sind auch die geladenen Gäste. Da machen sich bald Spannungen bemerkbar.

Die strahlend schöne Fassade täuscht. Jules fühlt sich von ihrer Mutter zurückgesetzt. Sie meint, ihre etliche Jahre jüngere Schwester sei immer bevorzugt worden. Diese jedoch hat gerade eine schwierige Trennung hinter sich und wahrscheinlich würde sie sagen, dass eine mögliche Bevorzugung ihr auch nicht geholfen hat. Will hat es irgendwie nie geschafft, seinem Vater zu genügen, der der Leiter der exklusiven Privatschule ist, die Will besuchen musste. Als Sohn des Chefs hatte Will eine Art Narrenfreiheit, was ihm nicht besonders gutgetan hat. Aber die Clique aus Freunden von damals besteht noch immer. Und sie sind alle da. Auch wenn nicht alles Gold ist, es kann doch nur ein wunderbarer Tag werden.

Die Autorin lässt unterschiedliche Teilnehmer der Hochzeitsfeier selbst berichten. Ob sie in jedem Roman ähnlich vorgeht, ist nicht bekannt. Sollte dieser Stil zu häufig verwendet werden, bleibt das Unverwechselbare auf der Strecke. Hier aber passt der Stil gut zur Handlung. Alle Personen haben unterschiedliche Erfahrungen, unterschiedliches Wessen. Und nach und nach entblättern sich so Charaktereigenschaften der Personen, die sie nicht immer sympathisch erscheinen lassen. Menschen, die sich nicht gut leiden können, obwohl sie doch zur Familie oder zu den Freunden gehören. Und wer steht im Mittelpunkt der Ereignisse? Genau dies ist spannend herauszufinden. Aus den Andeutungen und Erinnerungen der Gäste kristallisiert sich langsam eine sehr verstörende Geschichte heraus.

Ein fesselnder Thriller über eine Hochzeitsfeier, die voller Erwartung angegangen wird und etwas anders endet als gedacht.

Veröffentlicht am 11.05.2022

Neue Vergangenheit

Der Unbekannte
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Schon immer hatte Nathaniel das Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Seit seiner Kindheit, in der eine Familientragödie geschah, ist er blind. Mit seiner Freundin Gundula und seiner Blindenhündin Alisha ist ...

Schon immer hatte Nathaniel das Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Seit seiner Kindheit, in der eine Familientragödie geschah, ist er blind. Mit seiner Freundin Gundula und seiner Blindenhündin Alisha ist er ganz glücklich. Aber dennoch, er will endlich wissen, ob sich seine Geschichte oder die Geschichte, von der er glaubt, dass sie die seine ist, wirklich so zugetragen hat wie sie ihm erzählt wurde. Auch die Journalistin Milla Nova wird mit einem ungewöhnlichen Problem konfrontiert. Ihre Mutter ruft sie völlig aufgelöst an, Milla muss sofort zu ihr fahren. Der Wunsch ihrer Mutter schockiert sie dann doch. Milla soll einen Politiker fortschaffen, der tot im Bett ihrer Mutter liegt.

In ihrem vierten gemeinsamen Auftritt haben Nathaniel Brenner und Milla Nova jeweils eigene Probleme, was sie nicht davon abhält, sich zu unterstützen. Diesmal ist es allerdings eher Nathaniel, der Hilfe braucht. Er will endlich wissen, was damals passiert ist, als sein Vater seine Mutter und seine Schwester erschoß und ihn schwer verletzte. Doch wie soll er die Sache angehen. Die Polizeiakten sind jedenfalls verschwunden. Milla dagegen, fragt sich, wie sie es bloß hinkriegen soll, dass der Tote unauffällig aufgefunden werden kann. Ein Vorhaben, das irgendwie nicht so ausgehen kann, wie geplant. Schließlich war der Tote ein Mann des öffentlichen Lebens und da ermittelt die Polizei auf jeden Fall.

Sicher kann es etwas weit hergeholt erscheinen, dass eine Vergangenheit komplett auf den Kopf gestellt wird. Doch was die Autorin daraus macht liest sich tatsächlich außerordentlich spannend. Wie die unterschiedlichen Handlungsstränge verknüpft sind, ist häufig überraschend, aber in der Gesamtschau folgerichtig. Es gefällt auch, wie die Autorin aus zeitgeschichtlichen Fakten, eine so ausgeklügelte Story komponiert. Nathaniel, der seine Augen mit seinen anderen Sinnen ersetzen muss, erweist sich als gewiefter Ermittler und auch Milla überzeugt mit ihrem Ideenreichtum. Da muss die Polizei fast schon zurückstehen. Diese Reihe ist eine, die man gerne liest, mit ihren sympathischen Protagonisten und ausgeklügelten Plots.

Veröffentlicht am 09.05.2022

Des Rätsels Lösung

Der Tote aus Zimmer 12
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Seit einiger Zeit lebt Susan Ryeland mit ihrem Partner Andreas auf Kreta. Gemeinsam führen sie ein kleines Hotel. Doch so langsam wird es Susan, die eigentlich als Lektorin tätig war, etwas zu viel, sich ...

Seit einiger Zeit lebt Susan Ryeland mit ihrem Partner Andreas auf Kreta. Gemeinsam führen sie ein kleines Hotel. Doch so langsam wird es Susan, die eigentlich als Lektorin tätig war, etwas zu viel, sich immer um alles kümmern und zu wenig gemeinsame Zeit. Insgeheim überlegt sie, wie sie aus dieser Situation herauskommen kann. Da kommt ihr das englische Paar sehr gelegen, das sie bittet aufzuklären, was das Buch „Atticus unterwegs“ mit einem acht Jahre alten Mord zu tun haben könnte. Da Susan den Roman lektoriert hat, besteht die Hoffnung, dass sie vielleicht die versteckten Hinweise entschlüsseln kann.

Nachdem Susan Ryeland mit den „Morden von Pye Hall“ zu tun hatte, war nicht unbedingt damit zu rechnen, dass sie nochmals die Bühne betritt. Doch hier ist sie wieder. Obwohl sie nicht mehr im Verlagswesen tätig ist, hat sie eine gewisse Sehnsucht nach der Welt der Bücher. Und wieder gilt es, ein Buch des bekanntlich verstorbenen Autors Alan Conway zu entschlüsseln. Wie hat er sein Buch mit dem tatsächlichen Mord in Verbindung gebracht? Welche Hinweise hat er versteckt? Die Tochter der Trehernes scheint es gewusst zu haben, doch diese ist seit einigen Tagen verschwunden. Auch hier hoffen die besorgten Eltern auf Susans Unterstützung.

Zwei Bücher in einem, das ergibt 600 Seiten oder 740 Minuten, ist spannend und von der Lösung her auch schlüssig aufgebaut. Insofern ähnelt dieser Band dem ersten der Reihe. Und doch ist er anders, denn Susan Ryeland muss sich unter Fremden zurechtfinden, die nicht immer sehr mitteilsam sind. Besonders nimmt man ihr die Erleichterung darüber ab, dass sie eine Ausrede hat, endlich mal wieder nach England zu reisen. Auch der Roman im Buch entwickelt eine Menge Charme, schließlich entführt er die Leser in eine vergangene Zeit, in der es auch mysteriöse Kriminalfälle zu lösen gab. Da scheint es Susan in der Gegenwart ungleich schwerer zu haben. Und doch verfolgt man gefesselt, wie sie schließlich den entscheidenden Hinweis entschlüsselt. Beim Lesen beziehungsweise Hören des Buches im Buch ertappt man sich, wie man selbst versucht, die Spur dieses Schlüssels zu erhaschen, doch da ist der Autor zu geschickt vorgegangen und man erlebt eine Überraschung.
Beim Hörbuch sollte man sich auf die Sprecherin Katja Danowski etwas einlassen, während der Sprecher Volker Hanisch seine Sache ansprechend und souverän meistert.

Veröffentlicht am 08.05.2022

Redaktionskonferenz

Russische Botschaften
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Bei einem Essen mit einem Kollegen geschieht das eigentlich Undenkbare. Vor den Augen der Journalistin Merle Schwalb stürzt ein junger Mann von einem Balkon und wird schwer verletzt oder gar tot abtransportiert. ...

Bei einem Essen mit einem Kollegen geschieht das eigentlich Undenkbare. Vor den Augen der Journalistin Merle Schwalb stürzt ein junger Mann von einem Balkon und wird schwer verletzt oder gar tot abtransportiert. Merle Schwalb versucht herauszufinden, wer der junge Mann war und was zu seinem Tod geführt hat. Es handelte sich wohl um einen jungen Russen, der sich dem Verfassungsschutz angedient hatte. Überraschend stellt Merle fest, dass ein Kollege von der Konkurrenz in einem ähnlichen Fall Nachforschungen anstellt. Entgegen der üblichen Handlungsweise bündeln die Beiden ihre Informationen und tatsächlich haben sie unterschiedliche Ansätze im selben Tatbestand.

In diesem spannenden politischen Thriller bekommt es die Journalistin Merle Schwalb mit einer brisanten Recherche zu tun. In ihrem Magazin „Globus“ ist sie gerade in die Riege der drei Fragezeichen aufgestiegen. Und von der Eigentümerin hat sie den Auftrag bekommen, die Sache anzupacken. Und nun hat sie eine Ahnung von einer Geschichte um einen russischen Informanten des Verfassungsschutzes, der unter ungeklärten Umständen zu Tode kommt. Merle Schwalb packt den Stier tatsächlich bei den Hörnern. Mit ihrem Kollegen Timur lotet sie die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit aus, denn immer mehr verdeutlichen sich die Hinweise, dass der Todesfall weniger mit dem Clan-Milieu im Zusammenhang steht als mit dem Tun russischer Agenten.

Gerade in den jetzigen Tagen liest sich dieser Roman vermutlich noch spannender als zum Zeitpunkt seines Erscheinens. Die Krake des russischen Machtstrebens zieht sich, so scheint es, insbesondere durch die meisten der freiheitlichen Länder. Und mit diesem Buch wird die Lage in Deutschland beleuchtet. Wenn man nicht auch schon in Zeitungen, Zeitschriften und im TV davon gelesen oder gehört hätte, würde man kaum glauben, in welch dreister Form eine Einmischung wohl stattfindet. Man fragt sich, was würden die den sagen, wenn man es genauso machte. Es wird einfach mit der Treudummheit spekuliert und das wahrscheinlich zurecht. Hier versuchen unbestechliche Journalisten, dem wenigstens die Suche nach der Wahrheit entgegenzusetzen. Dass dies alles andere als einfach ist, tritt deutlich zutage. Genau das lässt wünschen, dass es auch im realen Leben immer tapfere Journalisten geben wird, die den Lesern eine unvoreingenommene Sicht auf die Dinge ermöglichen.