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Veröffentlicht am 18.07.2021

Ein Hoch auf die Freundschaft

Der Shelly Bay Ladies Schwimmclub
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Seit ihrer Jugend geht Marie täglich schwimmen. Schon seit fünf Jahren ist ihr Mann Norm tot. Marie merkt, dass ihr Leben ärmer wird. Doch als die junge Theresa am Strand auftaucht und fragt, ob sie gemeinsam ...

Seit ihrer Jugend geht Marie täglich schwimmen. Schon seit fünf Jahren ist ihr Mann Norm tot. Marie merkt, dass ihr Leben ärmer wird. Doch als die junge Theresa am Strand auftaucht und fragt, ob sie gemeinsam schwimmen wollen, ist Marie sehr erfreut. Zu ihren Treffen kommen bald auch Leanne und Elaine. Theresa nimmt sich diese morgendliche Zeit, obwohl sie mit ihren Kindern und ihrem Ehrenamt sehr eingespannt ist. Zum ersten Mal ins Meer wagt sich Leanne, die gerade erst schwimmen gelernt hat. Und Elaine ist gemeinsam mit ihrem Mann nach Australien gekommen, heimisch fühlt sie sich noch nicht.

Welch glückliche Fügung, dass diese vier unterschiedlichen Frauen ihr gemeinsame Liebe zum Schwimmen im Meer finden. Zunächst sind sie eher zurückhaltend und sie konzentrieren sich aufs Schwimmen. Doch nach und nach geben sie mehr von sich preis. Je mehr Vertrauen sie zueinander fassen, desto mehr ändert sich auch ihr Leben und das nicht nur in Bezug auf ihre aufblühende Freundschaft, sondern auch im Hinblick auf ihre Familien und Freunde. Ihre Zeit schweißt sie zusammen und öffnet sie für Neues. Natürlich ist nicht immer alles leicht, doch gemeinsam angegangen wird vieles leichter.

Ruhig beginnt dieser Roman, doch in der Ruhe liegt die Kraft. Man hat Zeit Marie, Theresa, Leanne und Elaine näher kennenzulernen. Und sie wachsen einem alle ans Herz mit ihren Problemen und ihrem Mut diese anzugehen. Nicht alle handelnden Personen sind sympathisch und manche wirken etwas oberflächlich, aber die vier Freundinnen reißen wirklich alles raus. Aus einer Phase des Innehaltens schaffen sie es, ihr Leben anzupacken und neu zu ordnen. Dabei sind sie warmherzig und einander zugewandt. Das macht die Lektüre zu einer berührenden Erfahrung. Solche Freundschaft wünscht man sich, die an den schlechten Tagen ebenso unterstützt wie an den guten.

Dieser schöne gefühlvolle Familienroman kann nur wärmstens empfohlen werden.

Veröffentlicht am 16.07.2021

Aus Graz

Das Buch des Totengräbers (Die Totengräber-Serie 1)
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Im Jahr 1893 kommt der Polizeiinspektor Leo von Herzfeldt aus Graz nach Wien. Und mit ihm kommen neue Methoden, von denen allerdings kaum jemand etwas wissen will. Gleich wird Leo zu dem Auffindeort eines ...

Im Jahr 1893 kommt der Polizeiinspektor Leo von Herzfeldt aus Graz nach Wien. Und mit ihm kommen neue Methoden, von denen allerdings kaum jemand etwas wissen will. Gleich wird Leo zu dem Auffindeort eines Mordopfers gefunden. Dummerweise fängt er den Kollegen gegenüber an, zu dozieren, was dazu führt, dass er wieder im Präsidium zu Arbeiten eingeteilt wird, welche niemand sonst verrichten will. Um von Herzfeldt aus dem Weg zu haben, wird ihm der Auftrag erteilt in einem offensichtlichen Selbstmord zu ermitteln. Am Zentralfriedhof lernt Leo den etwas knurrigen Totengräber kennen, der ihm zu unverhofften Einsichten verhilft.

Dieser Kriminalroman ist so aufgebaut, dass sich der Beginn einer Reihe vermuten lässt. Das wird auch bei einem Blick auf die Verlagsseite bestätigt. Inspektor Leopold von Herzfeldt musste aus Graz verschwinden, weil er seine Eltern sehr enttäuscht hat. Deshalb kann er von dort keine große Hilfe erwarten. Deshalb findet er sich in Wien in eher bescheidenen Verhältnissen wieder und hat nicht viel Unterstützung unter den Kollegen. Nur die Telefonistin Julia ist dem Kontakt nicht abgeneigt, doch auch sie ist zurückhaltend. Doch besonders dem Totengräber gegenüber benimmt sich Leo zunächst eher abweisend, obwohl dieser sich als intelligenter Denker erweist, der so manchen Hinweis zu geben vermag.

Der Autor ist mit seinen historischen Kriminalromanen bekannt. Und auch mit dem Beginn dieser neuen Reihe ist ihm ein toller Wurf gelungen. Er versteht es einfach, authentische Charaktere zu in einem ebenfalls authentischen Umfeld zu entwickeln. Man fühlt sich in die Zeit versetzt und hat das Gefühl, dass man wirklich einen Einblick in die Lebensweise bekommt. Dazu werden Kenntnisse von dem eher im Verborgenen wirkenden Berufsstand des Totengräbers vermittelt. Ja, der Tod gehört zum Leben. Das sollte man nicht vergessen. Wenn man es dann noch mit einen intelligent verwickelten Fall zu tun bekommt, vergrößert das die Freude am Lesen zusätzlich. Hier wird ein sympathisches Team in einem interessanten Setting vorgestellt, welches man sich unbedingt merken sollte.

Veröffentlicht am 10.07.2021

Friesen schaffen alles

Wattenmeermord
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Gemeinsam mit seiner Frau Laura hat es Kommissar Jan Benden nach Pellworm verschlagen. Nun ist Jan der einzige Polizist auf der Insel und somit immer im Dienst, aber auch immer für einen Schnack zu haben. ...

Gemeinsam mit seiner Frau Laura hat es Kommissar Jan Benden nach Pellworm verschlagen. Nun ist Jan der einzige Polizist auf der Insel und somit immer im Dienst, aber auch immer für einen Schnack zu haben. Laura betreut die Ferienwohnungen und die gemeinsame Tiermenagerie. Die beiden Nordrhein-Westfalen sind froh, den Großstadtstress los zu sein. Bis eines Morgens ein Toter auf einer Parkbank auf dem Deich sitzt. Natürlich ruft dies Tamme, den selbsternannten Polizeiassistenten, auf den Plan. Dieser wortkarge Hüne macht sich so seine Gedanken und er wäre allzu gerne ein richtiger Polizist. Schnell stellt sich heraus, dass der Tod nicht ganz so natürlich war.

Aus der Stadt sind Jan und Laura eine andere Schlagzahl gewöhnt. Dennoch genießen sie in ihrem ersten Fall die Ruhe der friesischen Insel, auf der es Mord und Totschlag eigentlich nicht gibt. Allerdings ist durchaus merkbar, dass es Beiden in den Fingern juckt, mal wieder in eine ernsthafte Ermittlung einzusteigen. Als Inselpolizist ist Jan dafür aber nicht zuständig, er muss die Kollegen der Kriminalpolizei aus Flensburg hinzu rufen. Zwar übernehmen die und lassen Jan spüren, wo sein Platz ist, zum Glück hält das Jan nicht davon ab, seine Nase in die Untersuchung zu stecken. Immerhin hat er nach einem halben Jahr den Flensburgern eine gewisse Ortskenntnis und einige plattdeutsche Sprüche voraus.

In der NDR Mediathek ist ein kleiner Film über das Buch und seine Autoren zu sehen, mit dem ein Eindruck gegeben wird, wie dieser Roman entstand. Fast als hätte eine höhere Macht es verfügt, traf die Autorin den Inselpolizisten, der gleichzeitig ihre Ferienwohnung vermietete. Und so steckt viel authentisches Pellworm und Inselpolizist in diesem Buch. Man spürt die Verbundenheit zu Land und Leuten. Auch wenn zu Beginn etwas zu reichlich so geben die Beschreibungen doch einen schönen Eindruck von der Landschaft und den teilweise urigen Schauplätzen. Je mehr Hinweise Jan und - natürlich kann es auch die ehemalige Polizistin nicht lassen - Laura finden, desto mehr gewinnt der Kriminalroman an Fahrt und nimmt einige überraschende Wendungen. Von dieser Reihe ist bereits der zweite Band angekündigt, was in Anbetracht der sympathischen Ermittler und des tollen Settings sehr erfreulich ist.

Veröffentlicht am 04.07.2021

Flüchtige Erinnerung

Das unsichtbare Leben der Addie LaRue
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Im Jahr 1714 soll Adeline LaRue heiraten, sie soll in ihrem kleinen französischen Dorf bleiben, Kinder haben und relativ früh ausgezehrt sterben. Nein, das ist nicht ihr Weg. Obwohl ihre mütterliche Freundin ...

Im Jahr 1714 soll Adeline LaRue heiraten, sie soll in ihrem kleinen französischen Dorf bleiben, Kinder haben und relativ früh ausgezehrt sterben. Nein, das ist nicht ihr Weg. Obwohl ihre mütterliche Freundin Estele sie warnt, sich an die Geister zu wenden, die nur in der Dunkelheit hervorkommen, schließt Adeline mit eben einem solchen einen Pakt. Sie darf frei sein, doch die Freiheit hat einen hohen Preis. Addie gewinnt Jugend und möglicherweise ewiges Leben, doch sie schwebt durch die Zeit wie ein Geist, niemand erinnert sich an sie. Bis eines Tages alles anders ist.

Welch ungewöhnliches Schicksal erlebt Adeline LaRue, die viel lieber Addie ist. Wie ein flüchtiger Schatten reist sie durch die Jahre und Jahrzehnte. Menschen, die sie treffen, vergessen sie sobald sie ihr den Rücken kehren. Das gibt ihr große Freiheit, aber sie ist dadurch auch heimatlos und ohne Bezugsperson. Falls sie doch einen Bezug gewinnt, so merkt nur Addie dies, der andere vergisst immer wieder. Allerdings kann sie sich nehmen was sie braucht, selbst wenn sie mal was klaut oder in eine Wohnung eindringt, ist es sofort vergessen. Der, der ihr gab, will auch nehmen, doch Addie findet auch nach Jahrhunderten immer noch Dinge, die sie entdecken kann, sie gibt nicht auf.

Mit fast sechshundert Seiten ist dieser Roman mit phantastischen Einflüssen ein echter Brocken. Gerade zu Beginn stellt dies doch ein kleines Hindernis dar, denn die Handlung entwickelt sich recht langsam und zumindest eine gewisse Gefahr besteht, dass man aufgibt. Doch setzt man eine Weile ab und liest dann weiter, erschließt sich auf einmal der Reiz dieses ungewöhnlichen Werkes. Plötzlich gelingt es, sich in Addie hineinzuversetzen. Ihr langes Leben durch mehrere Jahrhunderte. Ihre Einsamkeit, selbst ihre Eltern können sich nicht mehr an sie erinnern. Die Schwierigkeiten sich mit dem Einfachsten zu versorgen. Doch auch ihre Freude an Neuem, sei es neue Sprachen, neue Länder oder neues Essen. Nur mit den neuen Menschen ist es schwierig, denn die erinnern sich ja nicht. Wird sie irgendwann ihre Seele aufgeben? Nach kleinen Anfangsschwierigkeiten bannt einen Addie LaRue vor die Seiten.

Veröffentlicht am 03.07.2021

Licht über der See

Die Stille des Meeres
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In Syrien kommt der Arzt Farouk zu dem Schluss, dass es das Beste ist, mit seiner Frau und seiner Tochter das Land zu verlassen. Es wird einfach zu gefährlich, denn seine Frau, die manche westliche Einstellungen ...

In Syrien kommt der Arzt Farouk zu dem Schluss, dass es das Beste ist, mit seiner Frau und seiner Tochter das Land zu verlassen. Es wird einfach zu gefährlich, denn seine Frau, die manche westliche Einstellungen pflegt, wird argwöhnisch beäugt. Die beschwerliche Reise soll sie über den Seeweg nach Europa führen. In Irland vermisst Lawrence einen Vater. Seine Mutter hat nie etwas erzählt und sein Großvater, der sich gut um ihn gekümmert hat, ist eben nicht der Vater. Auch sonst kommt sich Lawrence abgehängt vor. Schließlich ist da John, der weiß, dass er im Leben nicht viel Gutes vollbracht hat.

Drei Geschichten, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben. Und doch geht es um drei Männer, deren Schicksal ihnen schwere Momente auferlegt hat. Farouks Flucht verläuft dramatisch und tragisch. Lawrence hat es zu nicht so viel gebracht, hat ihm der Wille gefehlt oder doch ein Vater. Konnte ihm der gutmütige Großvater nicht genug sein. Es sind die Gelegenheiten, die er selbst nicht wahrgenommen hat, denen er nachtrauert. Und John sinniert über sein Leben, das gezeichnet ist durch den frühen plötzlichen Tod seines Bruders. Und die Unfähigkeit Johns wie sein Bruder zu sein oder gerade wie ein anderer.

Der Roman beginnt mit den Geschichten der drei Männer und führt zu einem mitreißenden Finale, welches die Fragen beantwortet, die sich während der Lektüre der anderen Abschnitte aufbauen. Äußerst stark ist der Beginn dieses Romans. Mit ungläubigen Schrecken erfährt man von einer fremden Welt, aus der für gemäßigte Kräfte tatsächlich die Flucht der einzige sich bietende Ausweg scheint. Die perfiden Machenschaften der Schleuser lassen einen sprachlos vor Entsetzen zurück und auch der weitere Verlauf lässt einen Schlucken. Dagegen wirken die beiden mittleren Kapitel etwas zurückgenommen, obwohl auch sie folgerichtig auf den abschließenden Teil hinführen. Dieser ist sehr gelungen, so zwingend, als hätten die vorherigen Berichte nur zu diesem Schluß führen können. Das ist klasse gemacht.