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Veröffentlicht am 15.01.2022

Schach dem Herrn

Das Damengambit
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Beth Harmon wächst in einem Waisenhaus auf. dort hat sie es nicht leicht. Die Lehrer sind streng und bei ihren Mitschülern gilt sie als unsportliche Streberin. Ein Trost sind nur die grünen Pillen, die ...

Beth Harmon wächst in einem Waisenhaus auf. dort hat sie es nicht leicht. Die Lehrer sind streng und bei ihren Mitschülern gilt sie als unsportliche Streberin. Ein Trost sind nur die grünen Pillen, die sogar schon an die achtjährigen verteilt werden. Jedenfalls bis das Jugendamt dahinter kommt und es nur noch Vitamintabletten gibt. Ein kleiner Lichtblick sind die Stunden, die sie mit dem älteren Hausmeister verbringen kann. Er bringt ihr das Schachspiel bei und bald merkt Beth, dies ist genau die Ablenkung, die ihr eine kleine Flucht erlaubt. Als Beth fast schon die Hoffnung aufgegeben hat, wird sie von einem älteren Ehepaar adoptiert wird.

Ungewöhnlich, dass ein kleines Mädchen ans Schach spielen kommt und dieses Spiel nach kurzer so gut beherrscht, dass es auffällt. Ihre Lehrer angefangen von dem zurückhaltenden und wortkargen Mr. Shaibel werden nach und nach besser. Beth saugt sämtliche Informationen, die sie über das Spiel und verschiedene Schachpartien bekommen kann, förmlich auf. Und noch ist sie ein Kind. Nach ihrer Adoption durch die Wheatleys entdeckt Beth, dass die Möglichkeit besteht, auf Schachturnieren zu spielen. Ob das etwas für sie sein könnte? Als Mrs. Wheatley in finanzielle Schwierigkeiten gerät, bietet sich für Beth sogar die Möglichkeit, zur Verbesserung der Lage beizutragen.

Gerade die Geschichte der frühen Kindheit und Jugend von Beth Harmon zieht einen in ihren Bann. Wie das junge Mädchen durch das Schachspiel sich selbst entdeckt und dass es noch eine andere Welt gibt da draußen, das ist toll beschrieben. Zwar verliert das Ganze etwas an Fahrt als Beth beginnt, gegen stärkere und renommoriertere Schachspieler anzutreten. Wenn man selbst nicht Schach spielt, geraten die Beschreibungen von Zügen und Partien etwas weniger spannend. Dennoch bleibt die Darstellung von Beths Entwicklung zu einem besonderen Menschen und einer außerordentlichen Schachspielerin bemerkenswert und mit den Höhen und Tiefen von Beths Entwicklung hat man ein Bild von einem Mädchen wie aus dem Leben.

Veröffentlicht am 09.01.2022

Geschichte ruft

Miss Maxwells kurioses Zeitarchiv
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Madeleine Maxwell bekommt von ihrer ehemaligen Lehrerin ein unerwartetes Jobangebot. Das St. Mary’s Institut betreibt Archäologie der ganz besonderen Art. Dafür muss Madeleine jedoch erstmal die Zusatzausbildung ...

Madeleine Maxwell bekommt von ihrer ehemaligen Lehrerin ein unerwartetes Jobangebot. Das St. Mary’s Institut betreibt Archäologie der ganz besonderen Art. Dafür muss Madeleine jedoch erstmal die Zusatzausbildung bestehen und bevor sie die überhaupt antreten kann, gilt es die Verschwiegenheitserklärung zu unterschreiben. Und jeder Fehler kann bedeuten, dass sie raus ist. Wie schnell das gehen kann, erfahren einige Mitbewerber gleich am Anfang. Doch Madeleine „Max“ boxt sich durch. Auch wenn sie sich nicht überall Freunde macht, ihre Jungfernreise besteht sie mit Bravour. Ihre erste echte Zeitreise. Archäologen und Archäologinnen wie sie dürfen bei historischen Ereignissen dabei sein.

Madeleine „Max“ Maxwell betritt die Bühne der Reihenheldinnen. Und schon bei ihrem ersten Auftritt hat sie einige gefährliche Abenteuer zu bestehen. Auf ihren Reisen sollen sie Informationen sammeln und Fragen klären, die in der Geschichte Rätsel aufgeben. Doch wie alle Zeitreisenden dürfen sie nicht eingreifen. Der Fluss der Historie muss erhalten bleiben, damit die Zukunft wie bekannt stattfinden kann. Natürlich gibt es eine Grauzone, denn wer würde einem Kind, das stürzt nicht wieder aufhelfen. Schnell muss Max feststellen, dass es nicht so einfach ist, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Und sie bemerkt auch, dass in den Zeitläufen mehr Reisende unterwegs sind als geahnt.

Archäologie mal anders - wie im Klappentext aufgeführt, so könnte man diesen ersten Band und sicher auch die anderen der Reihe betiteln. Zwar muss zunächst die Ausbildung bestanden werden, damit die handelnden Personen und mit ihnen die Leser erstmal erfahren, worum es geht. Doch dann entspinnt sich eine interessante Handlung um Gegenwart und Vergangenheit. In Institut muss man wirklich aufpassen, weil nicht alle mit offenen Karten spielen. Und so kann Max manchmal nur raten, wer Freund oder Feind ist. Das Leben im Institut mutet mitunter wie ein Dasein im Internat an, mit Aktivitäten ebenso wie Feiern oder Gelagen. Ein kleines Manko möglicherweise, denn es hat etwas aufgepfropftes. Insgesamt jedoch bietet dieser Roman eine klasse Idee, die gut und spannend in Szene gesetzt wurde.

Veröffentlicht am 08.01.2022

Alle Zeiten

Wolkenkuckucksland
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Immer lesen sie über Aethon, der achtzig Jahre als Mensch lebte, ein Jahr als Esel, ein Jahr als Zackenbarsch und ein Jahr als Krähe. Die Geschichte wird gefunden von Kindern und Jugendlichen im Konstantinopel ...

Immer lesen sie über Aethon, der achtzig Jahre als Mensch lebte, ein Jahr als Esel, ein Jahr als Zackenbarsch und ein Jahr als Krähe. Die Geschichte wird gefunden von Kindern und Jugendlichen im Konstantinopel des 15. Jahrhunderts, in den USA in unseren Tagen und in der Zukunft von der jungen Konstance. Die Fragmente, die von Aethons Historie erhalten sind, übersetzt Zeno für die amerikanischen Kinder, die mit ihm gemeinsam ein Stück schreiben, dass sie dem Publikum in einer einzigen und einzigartigen Aufführung darbieten wollen. Anna hat die Überbleibsel des Buches im 15. Jahrhundert in einer verlassenen Bibliothek entdeckt und gehütet.

Wie blicken die Kinder und Jugendlichen auf die Welt und wohin treibt es sie? Schon Anna, die im Mittelalter lebt, wirkt wie eine Entdeckerin auf der Suche nach den Buchstaben, während Zeno im Alter für seine Theatertruppe sorgt. Konstance, erfährt von den Geschichten aus dem gespeicherten Wissen, welches in die Zukunft gerettet wurde. Auch sie ist ein intelligentes Mädchen, das sehr wissbegierig ist. Dagegen wirkt Seymour, der schon als Kind anders ist, wie ein missgeleiteter Gegenpol. Und doch haben versammeln sich auch viele, die es im Leben nicht immer so leicht haben, weil sie arm sind, anders aussehen oder anders lieben.

Ein neuer Roman von Anthony Doerr, den muss man haben, auch wenn er vielleicht nicht ganz so mitreißend ist, wie der, den man vorher gelesen hat. Doch die Erzählungen aus drei Jahrhunderten, die über die Geschichte Aethons zusammengehalten werden, sind interessant und packend. Toll, wie sich eigentlich kleine Existenzen durch ihren Wissensdrang aus der Masse herausheben. Das gibt Zuversicht, dass man auch in weniger schönen Zeiten über sich hinauswachsen kann. Für manchen Schritt braucht es Mut und vielleicht auch Opferbereitschaft. In diesem Buch trifft man Charaktere, die eben hiermit ausgestattet zum Vorbild werden können. Am Schluss wirklich gefesselt, schließt man das Buch mit großer Zufriedenheit.

Veröffentlicht am 08.01.2022

Das Foto

Dunkelheit, nimm meine Hand
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Die Bostoner Psychologin Diandra Warren bekommt anonym ein Foto von ihrem Sohn zugeschickt. Das empfindet sie als sehr bedrohlich- Sie engagiert die Detektive Patrick Kenzie und Angie Gennaro, um ihrem ...

Die Bostoner Psychologin Diandra Warren bekommt anonym ein Foto von ihrem Sohn zugeschickt. Das empfindet sie als sehr bedrohlich- Sie engagiert die Detektive Patrick Kenzie und Angie Gennaro, um ihrem Sohn zu schützen. Die Detektive finden schnell heraus, dass es wohl nichts mit der Mafia zu tun hat. Allerdings finden sie keine Hinweise, von wem das Foto kam. Sie beobachten den jungen Mann eine Weile, um notfalls eingreifen zu können. Inzwischen erhält auch Kenzie unerklärliche Nachrichten und er beginnt zu überlegen, was er mit der Sache zu tun haben könnte. Bald gibt es einen ersten Todesfall.

Der zweite Band um die beiden Detektive Kenzie und Gennaro beginnt ganz harmlos. Zwar versteht man die Besorgnis der Mutter, aber nach der tagelangen Beobachtung ohne Ergebnis, scheint eben doch nichts dran zu sein. Angie Gennaro ist frisch geschieden und Patrick Kenzie verbringt jede freie Minute mit seiner Freundin Grace und deren Tochter Mae. Die beiden sollen nichts von der Gewalt in seinem Leben erfahren. Patricks Freund Bubba kann bei der vermeintlichen Mafiaspur helfen. Die Auskünfte der feinen Gesellschaft sind dabei überzeugend. Überraschend trifft Patrick die junge Kara aus seinem Kiez wieder. Sie scheint Hilfe zu brauchen, erzählt aber nichts weiter.

Kenzie und Gennaro sind ein tolles Team, mit Beziehungen in Verbrecherkreise, was bei ihren Ermittlungen mitunter hilfreich ist, aber auch Gefahren mit sich bringt. Ob man die Schilderungen einiger Brutalitäten so gerne liest, mag dahingestellt sein. Vielleicht gehört es bei so einem düster trockenen Krimi auch dazu. Doch die Geschichte ist geschickt aufgebaut. Da ahnt man nichts vorher. Man fühlt den Abgrund näher rücken und hofft, doch das Schlimmste verhindern zu können. Jedenfalls tut sich eine Story auf, die Kenzie und Gennaro einiges abverlangt. Und auch beim Lesen muss man manchmal tief durchatmen, ob so viel Bosheit. Man klebt gefesselt an den Seiten und fragt sich, wie das noch zu einem einigermaßen erträglichen Ende kommen kann. Zum Glück gibt es noch weitere Bücher aus der Reihe.

Veröffentlicht am 06.01.2022

Insulaner

Die Toten von Thunder Bay
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Die junge Journalistin Rebecca Connolly erfährt zufällig, dass ein mutmaßlicher Mörder auf seine Heimatinsel zurückkehrt, um an der Beerdigung seiner Mutter teilzunehmen. Damals wurde er aus Mangel an ...

Die junge Journalistin Rebecca Connolly erfährt zufällig, dass ein mutmaßlicher Mörder auf seine Heimatinsel zurückkehrt, um an der Beerdigung seiner Mutter teilzunehmen. Damals wurde er aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Das könnte die Story sein. Obwohl ihr Chefredakteur nichts davon hält, reist Rebecca auf die Inseln. Von Stoirm stammte auch ihr verstorbener Vater und er hat nie ein Wort über seine Heimat gesprochen. Nun will Rebecca endlich die Gelegenheit wahrnehmen, um mehr über ihr eigene Herkunft zu erfahren. Schon auf der Fähre trifft sie den Heimkehrer Roddie Drummond. Doch dieser verhält sich eher verschlossen und auch die Leute auf der Insel scheinen nicht gerade erfreut über die Ankunft der Fremden.

Mit diesem Band startet die Reihe um die Reporterin Rebecca Connolly. Die junge Frau macht gerade eine Phase des Umbruchs durch. Deshalb nimmt sie die Gelegenheit, für eine Weile fort zu sein gerne wahr. Auch wenn die Insel erstmal eher unwirtlich erscheint, versucht Rebecca doch, mit den Menschen in Kontakt zu kommen. Vielleicht kann sie je etwas erfahren, das eine Story ergibt oder sogar etwas Neues über den Tag, an dem eine junge Frau gewaltsam zu Tode kam. Doch schon der damalige und nun ehemalige Ermittler versucht, Rebecca von ihrem Vorhaben abzubringen.

Eine unwirtliche und auch ungastliche Insel, deren Bewohner ihre Geheimnisse hegen, ein etwas düsteres Setting. Die Beschreibungen von Land und Leuten beschwören gleich die entsprechende Stimmung herauf. Durch Rebeccas Augen sieht man die Entwicklungen, die vor fünfzehn Jahren zu dem tragischen Tod einer jungen Mutter geführt haben. Auch bekommt man Hinweise, weshalb ihr Vater die Insel verlassen haben könnte. Auch wenn ein paar Geschehnisse aus moderner oder festländischer Sicht eher antiquiert wirken, so ist man doch gefesselt. Die Darstellung des Lebens in der kleinen Gemeinschaft, in der jeder jeden kennt, wirkt lebendig und authentisch, auch wenn man auf den Gedanken kommt, dass man auf so einer Insel nicht leben möchte. Vielleicht ist noch ein wenig Luft nach oben, aber dennoch gefällt dieser spannende Reihenauftakt.