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Veröffentlicht am 28.08.2021

Bald Schriftstellerin

Die Schwestern von Mitford Manor – Unter Verdacht
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Die junge Nancy Mitford, Älteste von sieben Geschwistern, möchte gerne Schriftstellerin werden. Doch mit sechzehn braucht sie erstmal ein neues Kindermädchen. Im Jahr 1920 ist es noch ungewöhnlich, dass ...

Die junge Nancy Mitford, Älteste von sieben Geschwistern, möchte gerne Schriftstellerin werden. Doch mit sechzehn braucht sie erstmal ein neues Kindermädchen. Im Jahr 1920 ist es noch ungewöhnlich, dass sie dieses mehr oder weniger von der Straße aufliest. Louisa Cannon ist heilfroh aus London wegzukommen, denn sie wird von ihrem Onkel übelst drangsaliert. Während der Fahrt zum Landhaus der Mitfords wird ihn dem Zug, mit dem auch Louisa unterwegs ist, die ehrbare Krankenschwester Florence Nightingale Shore überfallen. Sie stirbt nach wenigen Tagen im Krankenhaus. Die Ermittlungen übernimmt der junge Bahnpolizist Guy Sullivan und heimlich Nancy und Louisa.

Dies ist der erste Band von Geschichten, welche die Autorin um die Mitford-Schwestern rankt. Nancy als erste steht an der Schwelle zum Erwachsenwerden. Sie ist forsch und unbekümmert wie jede junge Frau. Im Gegensatz zu Louisa, die nur wenig älter ist, wächst Nancy sehr wohlbehütet und gut situiert auf. Louisa ist heilfroh, dass sie die Stelle bekommt und so aus London verschwinden kann. Aber so ruhig wie erwartet ist das Leben als Gouvernante der Mitford Kinder natürlich nicht, dafür sorgt schon Nancy, die immer wieder nachbohrt, um mehr über den tragischen Todesfall in Erfahrung zu bringen. Dass Louisa Kontakt mit dem Polizisten Guy Sullivan geknüpft hat, ist durchaus hilfreich.

Der erste Band der Reihe führt die Leser und Leserinnen ist die Zeit kurz nach dem ersten Weltkrieg, die sowohl von den Leiden geprägt ist, die der Krieg verursacht hat, aber auch von der neuen Leichtigkeit, von der gerade die Frauen sehr profitieren. Dabei hat die Autorin der Handlung einen Rahmen gegeben, der einen interessanten Bezug in der Wirklichkeit hat. Doch zu Beginn kann man den Eindruck gewinnen, die Handlung hätte etwas gestrafft werden können. Erst nach und nach wird das Interesse geweckt und man beginnt selbst ein wenig nachzuforschen. Und so wie es langsam, aber sicher mit der Lösung des Falles vorangeht, so wird man langsam tatsächlich gefesselt und lernt die Einblicke ins Landleben einer englischen Gutsherrenfamilie zu schätzen. Auch ist es immer abschreckend welch grausame Spuren in den Seelen der Menschen ein Krieg hinterlässt. Die Autorin hat eine schöne Mischung aus Drama und behütetem Landadel geschaffen, wobei der reale Hintergrund überzeugt.

Veröffentlicht am 27.08.2021

Das letzte Geheimnis

Die Leuchtturmwärter
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Im Jahr 1972 verschwinden drei Leuchtturmwärter vor der englischen Küste spurlos. Es sieht so auch als sei der Leuchtturm eben verlassen worden. Die Ehefrauen der Wärter sind schockiert und die Chefs entsetzt. ...

Im Jahr 1972 verschwinden drei Leuchtturmwärter vor der englischen Küste spurlos. Es sieht so auch als sei der Leuchtturm eben verlassen worden. Die Ehefrauen der Wärter sind schockiert und die Chefs entsetzt. Der Leuchtturm steht zwar komplett in der See und ist damit schwer zugänglich, aber er ist doch sicher. Die drei Männer bleiben unauffindbar und die Frauen bleiben zurück, einigermaßen abgesichert durch den Arbeitgeber der Männer. Zwanzig Jahre später beginnt ein Schriftsteller, in der Sache von Neuem nachzuforschen. Er beginnt mit den ehemaligen Beteiligten zu reden, wobei er besonders den Frauen das Wort gönnt.

Auf den beiden Zeitebenen 1972 und 1992 ist die Handlung dieses Romans angesiedelt. Jenny, Hanna und Michelle müssen mit dem Verlust ihrer Männer leben. Der Schock und die Trauer bleiben bestimmend für die Hinterbliebenen. Auch zwanzig Jahre später sind die Ereignisse so gegenwärtig als seien sie gerade erst geschehen. Vielleicht liegt es daran, dass das Verschwinden ihrer Männer nie richtig aufgeklärt wurde. Natürlich ist das Leben irgendwie weitergegangen, aber es ist doch eine späte Genugtuung, dass sie jetzt ihre Gedanken mit dem fremden Autor teilen können. Was hat den Schriftsteller dazu bewogen, sich gerade dieses Themas anzunehmen?

Vage auf einem wahren Geschehen beruhend ist die Idee zu diesem Roman sehr spannend und dramatisch. Wie ergeht es Menschen, die nach einem solchen Ereignis, dass keinen richtigen Abschluss hat. Gedanken nach dem wirklichen Geschehen, die nie vergehen. Nach langer Zeit ein Ansatz, ein Versuch zu einer späten Klärung zu kommen. Leider jedoch ist besonders der Beginn des Romans etwas langatmig, für einen Familienroman zu distanziert, für einen Kriminalroman nicht so packend. Gefühlt erst nach der Hälfte wird es fesselnder, weil sich ein paar neue Informationen ergeben. Wegen der durchgängigen Berichte auf beiden Zeitebenen und der kürzeren Kapitel beginnt man die Dramatik des Geschehens nachzuempfinden. Was ist die Wahrheit, was glauben die Überlebenden. Können sie sich schließlich doch noch arrangieren? Eine Idee, die neugierig macht und die bald in einem spannenden Roman mündet.

Veröffentlicht am 26.08.2021

Philomena

Seht ihr es nicht?
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Nach einem Fall, der sie traumatisiert hat, ist Philomena Schimmer in einer Sondereinheit des BKA. Ihre Aufgabe ist es, vermisste Personen ausfindig zu machen. Bei einem Mordfall wird festgestellt, dass ...

Nach einem Fall, der sie traumatisiert hat, ist Philomena Schimmer in einer Sondereinheit des BKA. Ihre Aufgabe ist es, vermisste Personen ausfindig zu machen. Bei einem Mordfall wird festgestellt, dass die elfjährige Tochter der Familie verschwunden ist, und Philomena wird zu der Ermittlung hinzugezogen. Dabei trifft sie auch ihren Ex-Freund wieder, von dem sie auch nicht so richtig lassen kann. Natürlich kommt Philomena Schimmer nicht umhin, sich auch um den eigentlichen Fall zu kümmern, wenn sie etwas über das Mädchen erfahren will. Der Mord hat eine unbescholtene Familie getroffen, die Mutter zwar getrennt, aber Wissenschaftlerin, die es vorgezogen hat, sich auf dem Land eine andere Existenz aufzubauen.

Ein erster Fall für Philomena Schimmer, mit drei Schwestern an der Backe, die ihr aber doch sehr lieb sind. Noch immer leidet sie unter ihrem Trauma, mit dem sie zum Glück zu leben gelernt hat. Nur manchmal überwältigen sie die Ängste und dass sie immer etwas gegen ihre Besucher hat, kann man auch nicht sagen. Mitunter helfen sie ihr sogar, einen anderen Blickwinkel zu finden. Doch nun stehen Philomena und ihre Kollegen vor einem Rätsel und sie hoffen das junge Mädchen schnellstmöglich zu finden, sie hoffen, dass die Kleine noch am Leben ist.

Der Autor ist vielleicht von seinen Kriminalromanen um Major Schäfer bekannt und nun schickt er eine neue Ermittlerin an den Start. Es mag nicht für jeden oder jede ganz leicht sein, sich mit ihr anzufreunden. Man schwankt vielleicht zwischen Mitgefühl und der Schwierigkeit, ihre Besucher zu verstehen. Etwas schwierig ist es auch, das Beziehungsgeflecht der betroffenen Familie zu entschlüsseln. Zum Glück blitzt auch der spezielle Humor Philomenas immer wieder auf und ihre Bande zur Familie sind bemerkenswert. Der Fall ist kompliziert und überraschend und die tragischen Opfer erwecken Mitgefühl. Möglicherweise werden Major Schäfer und Philomena Schimmer einmal die Gelegenheit bekommen, ihre Kräfte zu bündeln, aber auch alleine ist Philomena eine spannende neue Persönlichkeit am Krimihorizont.

Veröffentlicht am 24.08.2021

Die Familie

Das Nest
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Der 15jährige Oscar ist nach der Schule nicht heimgekommen. Seine Eltern nahmen an, er übernachte bei einer Freundin und so ist wertvolle Zeit verloren gegangen, bevor sie ihn als vermisst gemeldet haben. ...

Der 15jährige Oscar ist nach der Schule nicht heimgekommen. Seine Eltern nahmen an, er übernachte bei einer Freundin und so ist wertvolle Zeit verloren gegangen, bevor sie ihn als vermisst gemeldet haben. Jeppe Kørner und Anette Werner werden mit der Organisation der Suche betraut. Sie befragen die Eltern, Geschwister und die Freundin, bei der Oscar eigentlich übernachten wollte. Doch fließen die Informationen zunächst spärlich. Dann wird eine männliche Leiche in einer Müllverbrennungsanlage gefunden. Und ausgerechnet der Vater von Oscars Freundin Iben informiert die Polizei. Nun wird fieberhaft ermittelt. Es gilt herauszufinden, um wen es sich bei dem Toten handelt.

In ihrem vierten Fall müssen Anette und Jeppe einiges aushalten. Das rätselhafte Verschwinden des Jungen zerrt an ihren Nerven, zumal die Nachforschungen nicht so voran gehen. Und auch im privaten Bereich scheinen sich Probleme oder gar Umbrüche anzudeuten. Natürlich muss das Private zurückstehen, es heißt, dass bei verschwundenen Kindern die ersten Stunden und Tage am Wichtigsten sind, soll noch Hoffnung bestehen, den Jugendlichen lebend zu finden. Wieso aber arbeiten die Verwandten nicht aus ganzem Herzen mit der Polizei zusammen? Die beiden Beamten begeben sich in eine Welt, die ihnen fremd erscheint.

Bei ihrem vierten Auftritt sind Jeppe und Anette schon alte Bekannte, auf die man sich freut. Zwar müssen sie im Privaten mit einigen Problemen kämpfen und im Beruflichen bewegen sie sich auf unsicherem Terrain, aber der Fall ist spannend und in seinen Verwicklungen toll konstruiert. Beim Miträtseln liegt man regelmäßig falsch. Die Auflösung erwartet man nicht und was zu dem hauptsächlichen Handlungsstrang noch hinzukommt, macht einen betroffen. Man blickt in eine fremde Welt, die vielleicht nicht ganz so komprimiert, aber grundsätzlich schon so existieren kann. Man ist gefesselt und gleichzeitig etwas konsterniert, ob der Spuren, die sich auftun. Ein lesenswerter Kriminalroman aus einer Reihe, die unbedingt empfohlen werden kann.

Veröffentlicht am 23.08.2021

Astrids Welt

Die Glocke im See
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Astrid Hekne ist eine, die mehr will. Doch im kleinen Ort Butangen in Norwegen geht es nicht so schnell mit dem Fortschritt. Als im Jahr 1880 der neue Pfarrer Kai Schweigaard sein Amt antritt hofft Astrid ...

Astrid Hekne ist eine, die mehr will. Doch im kleinen Ort Butangen in Norwegen geht es nicht so schnell mit dem Fortschritt. Als im Jahr 1880 der neue Pfarrer Kai Schweigaard sein Amt antritt hofft Astrid auf eine andere Zukunft. Neue Ideen hat Schweigaard schon einmal. Er will die alte Stabkirche abbauen lassen und ein neues größeres und modernes Kirchengebäude errichten. Den Abbau überwachen soll der junge Architekturstudent Gerhard Schönauer. Und mit ihm weht der Wind des Unbekannten ins kleine Butangen. Astrid muss überlegen, wohin ihre Sehnsucht sie zieht. Sieht sie sich als Pfarrersfrau oder will sie lieber mit der Kirche ins ferne Dresden reisen.

Die Hekne Familie hat eine enge Bindung zu der Stabkirche. Einer ihrer Vorfahren hat die Kirchenglocken gestiftet. Allerdings sind nicht nur die Heknes wenig begeistert, dass die Glocken mit ihrer Kirche ins ferne Deutschland reisen sollen. Da war der neue Pfarrer vielleicht doch etwas zu schnell mit dem Verkauf. Astrid dagegen will irgendwie beides, das Moderne und die Heimat. Wie soll sie sich entscheiden? Ihre Phantasie lässt sie nicht im Stich, sie wird sich etwas einfallen lassen, so dass alle zufrieden sind. Auch die Schwesternglocken? Das ist der Plan.

Der Prolog dieses Romans ist spannend, dramatisch und tragisch. Wie kam es zu der Stiftung der Glocken? Und wieso werden sie die Schwesternglocken genannt? Welche Legenden ranken sich um sie? Dagegen verliert Astrids Geschichte fast zwangsläufig an Fahrt. Schließlich lässt sich der Autor viel Zeit sie zu entwickeln. Astrids forsche wissbegierige Art macht sie sehr sympathisch. Da hat es der Pfarrer mit seinen inneren Widerständen nicht nur bei den Dorfbewohnern schwerer zu punkten. Der angehende Architekt Schönauer wirkt dagegen wie ein frischer Wind, der um ein altes Gemäuer bläst. Auch ein gewisser Humor und die eigene Art zu sprechen der Leute aus Butangen runden die Geschichte ab. Auch wenn man das Gefühlt hat, die Handlung hätte eine gewisse Straffung vertragen, so ist sowohl die Geschichte der Schwesternglocken als auch die Astrids interessant und zum Ende hin ergreifend. Dieses vermag die Vorleserin Beate Rysopp bestens zu transportieren.