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Veröffentlicht am 19.03.2021

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Der silberne Elefant
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Vera ist eine Sünderin und ihr Verlobter Luke hat es erkannt, der Glaube kann ihr helfen. Lukes Mutter ist schwer erkrankt und sie sinniert über ihr Leben, zwei Söhne, ein guter Mann, doch war sie wirklich ...

Vera ist eine Sünderin und ihr Verlobter Luke hat es erkannt, der Glaube kann ihr helfen. Lukes Mutter ist schwer erkrankt und sie sinniert über ihr Leben, zwei Söhne, ein guter Mann, doch war sie wirklich glücklich? Schweren Herzens nimmt sie die Hilfe von ihrer Pflegerin an. Diese stammt aus Ruanda und musste den Genozid dort miterleben. Dennoch steht Emily der Älteren zur Seite. Sie ist es, die Johns Geheimnis auf den ersten Blick entdeckt. Vera ist unsicher, ob sie ihr Geheimnis teilen soll. Oder ist es etwa die gerechte Strafe, es für sich zu behalten.

Mit ihrem Debüt Roman nimmt sich die Autorin starker Themen an, wobei das Beeindruckendste wohl die Behandlung des Genozids in Ruanda ist. Die junge Emily hat als einzige ihrer Familie überlebt und ist durch eine glückliche Fügung in London gelandet. Doch schwer traumatisiert fällt ihr das Leben in England nicht leicht. Ihre Erinnerungen lassen sich nicht greifen und lassen sie doch nicht los. Möglicherweise könnte die Tätigkeit für Lynn ihre Rettung sein, denn obwohl diese sonst nicht sehr feinfühlig erscheint, ihrer Pflegerin wendet sie sich zu. Vera dagegen hadert mit ihrem Handeln und sie sucht Trost und eine Art Absolution in einem Glauben, den sie eigentlich nicht hat.

Sehr langsam entwickelt sich die Handlung zwischen den verschiedenen Personen. Sie alle haben mit Problemen und unbewältigten Gefühlen zu kämpfen. Wobei nicht alle Beweggründe klar werden und die handelnden Personen wohlmöglich nicht in jedem Leser Sympathie erwecken. Sehr berührend ist jedoch Emilys Geschichte. Mit ihrem Erlebnissen bekommt man einen Eindruck von den schrecklichen Geschehnissen in ihrem Heimatland. Ist man ruhig und sicher in Europa aufgewachsen, wird man wahrscheinlich nicht alles nachempfinden können, doch dass dieser Teil der Geschichte unvergessen bleibt, gibt dem Roman einen Sinn und man möchte der Autorin danken, dass sie sich dieses nicht ganz einfachen Themas angenommen hat.

Veröffentlicht am 18.03.2021

Green Man

Klima
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Er kämpft für die Umwelt und er hat einen Plan. Der Terrorist, der von allen Green Man genannt wird, hat einen Plan. Denen, die die Umwelt zerstören, seien es nun Kraftwerksbetreiber oder Industrielle, ...

Er kämpft für die Umwelt und er hat einen Plan. Der Terrorist, der von allen Green Man genannt wird, hat einen Plan. Denen, die die Umwelt zerstören, seien es nun Kraftwerksbetreiber oder Industrielle, muss ihr schädliches Handeln deutlich vor Augen geführt werden, um sie oder auch die Regierung zur Umkehr zu bewegen. Seine Ziele dokumentiert mit Bekennerschreiben, die ihm etliche Anhänger einbringen. Dagegen versuchen die Ermittler des FBI alles, um weitere Anschläge zu verhindern. Tom Smith, der wirklich so heißt, kommt aus einer Familie von Polizisten. Gerade weil er noch nicht sehr lange beim FBI tätig ist, bringt er neue Ansätze in die Untersuchung.

Dieser junge FBI Agent kann den Green Man in Teilbereichen sogar verstehen, trotzdem will und muss er weitere Anschläge verhindern, denn der Green Man nimmt in Kauf, dass Menschen sterben. Und da ist dann eine Grenze erreicht, an der Tom Smiths Verständnis aufhört. Allerdings handelt der Green Man äußerst klug und planvoll und bisher hat er kaum verwertbare Spuren hinterlassen oder den geringsten Fehler gemacht. Smith versucht sich in den Täter hineinzuversetzen. Was würde er an seiner Stelle tun?

Dieser Thriller des Autors, der mit seinen Drehbüchern und Jugendbüchern bekannt ist, behandelt eine brandaktuelle Thematik. Eindringlich macht er auf die Umweltzerstörung aufmerksam, die durch Menschen gemacht ist. An Beispielen wird anschaulich dargestellt, dass der Profitgier vieles unterworfen wird und Natur und Klima dabei auf der Strecke bleiben. Es ist fünf vor zwölf und der Klimawandel ist kaum noch aufzuhalten. Letztlich kann er wohl nur noch abgemildert werden. Mit teilweise schon wissenschaftlichen Erläuterungen wartet der Autor dabei auf. Als Leser ist man dann etwas hin und her gerissen, weil diesen Erläuterungen doch einiges an Spannung geopfert wird. Dennoch weiß dieser Thriller zu überzeugen, denn mit ihm wird ein brisantes Thema angepackt. Man beschäftigt sich durchaus noch länger mit dem Inhalt dieses Romans und wünscht sich eine bessere Welt.

Veröffentlicht am 14.03.2021

Die Pointe

Hard Land
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Kurz vor seinem sechszehnten Geburtstag tritt Sam Turner seinen Aushilfsjob im Kino von Grady an. Sein bester Freund ist weggezogen und Sam sucht eine Abwechslung von seinem Zuhause. Annie, Sams Mutter, ...

Kurz vor seinem sechszehnten Geburtstag tritt Sam Turner seinen Aushilfsjob im Kino von Grady an. Sein bester Freund ist weggezogen und Sam sucht eine Abwechslung von seinem Zuhause. Annie, Sams Mutter, ist nicht bei guter Gesundheit und Sams Vater ist der ewig Schweigende. Außerdem wird es Zeit, dass Sam sich ein wenig abnabelt. Seine jugendlichen Kollegen sind älter als Sam und er befürchtet, nicht in die Runde zu passen. Doch bald sind er, Cameron, Hightower und Kirstie ein eingeschworenes Team. Bei ihrer Tätigkeit können sie tolle Filme schauen. Besonders „Zurück in die Zukunft“, der gerade rausgekommen ist, hat es Sam angetan. Schließlich ist Marty McFly auch kein Riese und trotzdem cool.

Gerade erst hat Sam seine neuen Freunde kennengelernt, doch für diese ist es der letzte Sommer nach dem Abschluss. Sie alle wollen Grady zum Studium verlassen und so ist der erste Sommer für Sam in einer Clique auch der vermutlich letzte. Doch gerade in diesen Tagen kann Sam nichts besseres passieren. Mit seinen Freunden kann er sich von der gedrückten Stimmung ablenken, die daheim herrscht. Er ist in großer Sorge um seine Mutter, aber er ist auch verliebt in Kirstie. Und manchmal ist es einfach angebracht, ein paar Mutproben zu bestehen.

Ein toller Roman über den Ausklang der Jugend und den Beginn des Erwachsenwerdens. Man fühlt sich beim Lesen in die eigene Jugend zurückversetzt, man lauscht sowohl Sams Mixtapes als auch den eigenen. Klasse Filme, klasse Musik, Partys alles könnte so unbeschwert sein. Doch auch in so jungen Jahren wird man schon mit dem Ernst des Lebens konfrontiert und dann kann das Leben aus der Balance geraten. Sams Ringen um seine Balance ist authentisch und emotional berührend dargestellt. Man kann sich gut in ihn hineinversetzen und vielleicht versteht man sogar die eine oder andere Anspielung. Dieser Roman nimmt den Leser mit auf die Reise eines Sommers.

Veröffentlicht am 13.03.2021

Die Kinder des Hauses

Das Holländerhaus
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Danny Conroy kann sich kaum an seine Mutter erinnern. Sie hat es im Dutch House einfach nicht ausgehalten und die Familie verlassen. Wenige Jahre nach dem zweiten Weltkrieg war das schon ungewöhnlich. ...

Danny Conroy kann sich kaum an seine Mutter erinnern. Sie hat es im Dutch House einfach nicht ausgehalten und die Familie verlassen. Wenige Jahre nach dem zweiten Weltkrieg war das schon ungewöhnlich. Maeve, Dannys Schwester, ist immer für ihren Bruder da. Doch immer bleibt das ungelöste Rätsel um ihre Mutter. Als der Vater allerdings einige Jahre später eine andere Frau mit nach Hause bringt, ändert sich einiges. Andrea scheint begeistert von dem Haus. Doch zwischen ihrer Stiefmutter und den Geschwistern läuft es von Beginn an nicht so richtig und nach der Hochzeit ziehen auch noch zwei neue Schwestern ein.

Das Dutch House scheint auch ein niederländisches Haus zu sein, denn es hat viele große Glasfenster und Nachbarn und Passanten können in das Haus hineinschauen. Wenn man in die Niederlande fährt kann man tatsächlich Häuser - nicht so herrschaftlich wie das Dutch House - finden, bei denen große Fenster zum Schauen einladen. Vielleicht muss man es gewöhnt sein oder es toll finden, um sich wohl zu fühlen. Natürlich fragt man sich, wieso eine Mutter ihre Kinder verlässt, weil sie sich nicht wohlfühlt. Man fragt sich aber auch, wieso der Vater nicht in der Lage ist, mit seiner Frau gemeinsam ein Haus zu suchen, dass beiden gefällt. Es waren wohl andere Zeiten nach dem Krieg. Die Kinder sind es, die klarkommen müssen.

Auch wenn gerade die Wünsche und Ziele das Vaters im Ungewissen bleiben, so besticht dieses Buch mit einer vortrefflichen Sicht in die Welt zweier Kinder, die sich gegen unliebsame Veränderungen kaum wehren können. Es ist eines der seltenen Bücher, die einen über weite Strecken wahrlich einsaugen. Man liest und knirscht mit den Zähnen, weil man kaum glaubt, was passiert. Welche Wirkung hat die Kindheit auf das Leben, werden wir doch wie unsere Eltern oder können wir etwas ändern. Selbstverständlich kann ein Roman diese Fragen nicht klären, aber er kann den Leser emotional beteiligen und über weite Strecken so fesseln, dass das Buch an einem Tag verschlungen ist.

Veröffentlicht am 12.03.2021

Paradiesvogel

Als wir uns die Welt versprachen
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Die alte Dame Edna Weiß lebt allein in ihrem Haus mit Garten in Tirol. Der Papagei Emil, der sich manchmal wie ein Paradiesvogel fühlt, ist ihr einziger Gefährte. Ihr ganzes Leben lang hat Edna an Emils ...

Die alte Dame Edna Weiß lebt allein in ihrem Haus mit Garten in Tirol. Der Papagei Emil, der sich manchmal wie ein Paradiesvogel fühlt, ist ihr einziger Gefährte. Ihr ganzes Leben lang hat Edna an Emils ersten Besitzer gedacht, den Jungen Jakob, mit dem sie als Schwabenkind im fernen Deutschland geschuftet hat. Jakob hat ihr vor langen Jahren zur Flucht verholfen und sie haben sich nie wieder gesehen. Und nun hat sie in einer Zeitschrift von Jakob gelesen und endlich macht sie sich auf den Weg zu ihm, Emil im Schlepptau. Auf dem Weg ist es unvermeidlich, dass die Erinnerungen aufsteigen.

Die Autorin hat mit ihrem Debüt ein Thema aufgegriffen, von dem vielleicht nicht so viel bekannt ist. Bis ins letzte Jahrhundert hinein wurden Kinder aus kargen Gegenden Norditaliens nach Süddeutschland geschickt, um dort auf Bauernhöfen teilweise sehr schwere Arbeiten zu verrichten. Man kann sagen, die Kinder wurden verkauft und wie ein Besitz wurden sie dann häufig auch behandelt. Dass da der Gedanke an eine Flucht aufkommen kann, verwundert nicht. In welcher Zwangslage müssen die Eltern gewesen sein, um ihre Kinder zeitweilig gegen Geld aufzugeben. Um ihren Jugendfreund zu besuchen geht Edna diesen schweren Weg erneut und lässt die Erinnerungen auf sich wirken. Gleichzeitig steht sie neuen Begegnungen offen gegenüber.

Ein kleines literarisches Denkmal für Kinder, die auf dem Weg und auch bei den Bauern etliches durchleiden mussten, welche eine wunderbare Idee. Geschichtliches in eine berührende Geschichte verpackt, dass lässt einen sicher zu solch einem Roman greifen. Nur geraten manche Beschreibungen etwas verschwommen und Edna wirkt manchmal etwas sehr versponnen, so dass man ihr kaum abnehmen kann, dass sie diesen beschwerlichen Weg schaffen kann. Dennoch bleibt die sympathische alte Dame präsent und man drückt ihr die Daumen, dass sie ihr Ziel erreicht. Ein schöner Familienroman, mit dem ein Thema aus dem Vergessen geholt wird, dass diese Aufmerksamkeit wirklich verdient.